Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

(Zuruf der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW])

Die Kompetenzen sind gesetzlich geregelt. Ich empfehle, in § 27 der Gemeindeordnung nachzulesen. Dort steht: „Die Gemeindevertretung trifft alle für die Gemeinde wichtigen Entscheidungen und überwacht ihre Durchführung.“

(Jürgen Feddersen [CDU]: Jawohl, Herr Puls, richtig!)

Das war vor den Direktwahlen so, das ist mit den Direktwahlen so und das muss und wird auch so bleiben.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Als Drittes komme ich zu dem Hinweis des SSW, es habe eine erschreckend niedrige Wahlbeteiligung gegeben. Auch dieser Hinweis ist mit den Tatsachen nicht in Übereinstimmung zu bringen. Der Landtagspräsident höchst selbst hat im März diesen Jahres zu einem Landtagsforum eingeladen und in diesem Zusammenhang eine Untersuchung vorlegen lassen. Dabei ging es um die bis dahin stattgefundenen - es waren wohl 73 - Direktwahlen von Bürgermeistern und Landräten. Dabei hat es eine durchschnittliche Wahlbeteiligung von 55 % gegeben. Bei Wahlen, die mit anderen Wahlen zusammengelegt worden waren, Bundestags-, Landtags- oder Kommunalwahlen, gab es eine durchschnittliche Wahlbeteiligung von 66,2 %. Bei den isolierten Wahlen für Bürgermeister und/oder Landräte, das waren immerhin 43, kam es zu einer durchschnittlichen Wahlbeteiligung von 46,7 %. Eine Zahl zum Vergleich: Die letzte Europawahl in Schleswig-Holstein hat eine durchschnittliche Wahlbeteiligung von 38,7 % gebracht.

(Günther Hildebrand [FDP]: Abschaffen!)

Ich habe vom SSW bisher nicht gehört, dass die Europawahlen abgeschafft werden sollen.

Zu dem anderen Gesetzentwurf des SSW möchten wir heute nichts sagen. Wir haben uns geeinigt, dass wir unsere Änderungsvorschläge zum CDU-Gesetzentwurf in den Sonderausschuss einbringen werden. Dorthin sollte auch der Gesetzentwurf des SSW überwiesen werden.

Wir werden mit unseren drei Grundpositionen auch bei den weiteren Verhandlungen zur Kommunalverfassungsreform weiter arbeiten.

Erstens. für die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde kommt es darauf an, dass die kommunale Selbstverwaltung insgesamt effektiv ist und reibungslos funktioniert. Es kommt weiter darauf an, dass Schulen ordentlich ausgestattet sind, dass genügend Kindergartenplätze geschaffen werden und alle verfügbaren kommunalen Dienstleistungen schnell und unbürokratisch erbracht werden sowie Amts- und Mandatsträger in den Rathäusern und Kreisverwaltungen gemeinsam verantwortlich handeln. Der Laden muss insgesamt laufen. Das Produkt öffentliche Dienstleistung muss stimmen.

Zweitens. Als Landesgesetzgeber sind wir dafür verantwortlich und haben dafür zu sorgen, dass innerhalb der Kommunalverwaltung eine vernünftige arbeitsteilige Organisation nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten besteht. Voraussetzung dafür ist eine eindeutige Zuordnung und klare Aufteilung der Verantwortungsbereiche zwischen Ehren- und Hauptamt. Das Hauptamt setzt um, das Ehrenamt entscheidet. Dabei muss und soll es bleiben.

Drittens und Letztens. Direktwahlen stärken unmittelbar die kommunale Mitbestimmung und Mitverantwortung der Bürgerinnen und Bürger und sorgen für eine gleichmäßige demokratische Legitimation der beiden Verwaltungsorgane: Bürgermeister und Landrat einerseits und Gemeindevertretung und Kreistag andererseits. Dabei wollen wir es belassen.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schlie das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erste Bemerkung: Die CDU hat nicht die Absicht, ihre Erfolgsstory bei den Direktwahlen von Bürgermeistern und Landräten zu beenden und deshalb lehnen wir Ihren Gesetzesantrag ab.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU - Holger Astrup [SPD]: Es geht also nicht um Inhalte!)

Zweite Bemerkung: Ich bin dem Kollegen Puls und den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten des Schleswig-Holsteinischen Landtages und auch der Landespartei dankbar. Sie haben dieses Jahr genutzt, Sie haben von uns gelernt. Was die Argumente gegen die Ablehnung der Direktwahl angeht, stimme ich absolut mit Ihnen überein. Das sind unsere Argumente,

(Klaus Schlie)

die wir in der Diskussion seit Januar dieses Jahres benutzt haben. Das ist alles richtig so.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch auch mal was anderes vertreten! - Zurufe von der SPD)

Ich denke schon, dass es lohnt, sich intensiv und nachdenklich mit der Auffassung des SSW zum Verhältnis der direkt gewählten Hauptverwaltungsbeamten und der ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker auseinander zu setzen. Ich habe den Eindruck, liebe Kolleginnen und Kollegen vom SSW, als sei es doch nötig, die kommunale Verfassungsgeschichte dieses Landes Schleswig-Holstein noch einmal etwas aufzuarbeiten.

(Vizepräsident Stritzl übernimmt den Vorsitz)

Es gab immer ein Miteinander in der kommunalen Selbstverwaltung zwischen Hauptamt und Ehrenamt. Es wird auch immer ein Miteinander zwischen Hauptamt und Ehrenamt sein. Es wäre fatal, wenn Sie denjenigen einen Vorwurf machen, die aufgrund der Einführung der Direktwahl - aufgrund des Willens des Landesgesetzgebers, der das eingeführt hat -, das, was man ihnen als Instrumentarium zur Verfügung gestellt hat, dann auch genutzt haben.

Natürlich haben sie es genutzt. Das ist nicht nur ihr legitimes Recht gewesen, nein, das ist sogar ihre Pflicht gewesen.

Das schoss ein Stückchen über das Ziel hinaus. Dafür können wir aber nicht denjenigen einen Vorwurf machen, die das Gesetz ausgefüllt und angewandt haben. Da müssen wir uns als Gesetzgeber selber an die Nase fassen. Deswegen steuern wir ein Stückchen zurück.

(Beifall bei der CDU)

Es ist notwendig, dass wir uns noch einmal sehr genau darüber unterhalten, wie wir tatsächlich das Ehrenamt im Einzelnen wieder stärken können. Dazu gibt es unterschiedliche Vorschläge; auf der Basis unseres Gesetzentwurfs werden wir diese im Sonderausschuss beraten. Wir werden unter anderem die Frage der Berechnungssysteme, die für die etwas kleineren Fraktionen und Parteien auch in der Kommunalpolitik eine entscheidende Rolle spielen, behandeln. Ich glaube, das bisherige System hat sich auch da ganz gut bewährt. Wir haben jedenfalls nicht die Absicht, es zu ändern. Ich hoffe stark auf die Unterstützung der SPD. Die Beschlüsse auf dem Landesparteitag der SPD jedenfalls waren in dieser Hinsicht ganz ordentlich.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für die Fraktion der FDP hat jetzt Herr Abgeordneter Günther Hildebrand.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Der Kollege Puls hat eben schon darauf hingewiesen. Auch ich möchte ein bisschen meine Verwunderung über das Verfahren, die Vorlage dieses Gesetzentwurfs zum Ausdruck bringen. Wir haben Anfang des Jahres einen Sonderausschuss zur Kommunalverfassung auf der Grundlage des Gesetzentwurfs der CDU eingerichtet. Er tagt seit diesem Zeitpunkt mehr oder weniger.

Im Ausschuss wurde in der vorletzten Sitzung vereinbart, dass alle Fraktionen möglichst bis Ende des Jahres ihre Vorschläge einbringen sollen. Jetzt haben wir hier auf einmal einen Gesetzentwurf vorliegen. Meines Erachtens hätte dieser auch in den Ausschuss eingebracht werden können.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diese Vereinbarung ist nämlich auch dem SSW bekannt.

Nun starten Sie mit diesem Gesetzentwurf eine neue Gesetzesberatung, eine erste Lesung. Das ist zwar Ihr parlamentarisches Recht, aber im Sinne des Umgangs hätte ich mir das etwas anders vorgestellt, nämlich dass Sie Ihre Vorschläge gleich in den Sonderausschuss eingebracht hätten.

(Silke Hinrichsen [SSW]: Die haben wir dort eingebracht!)

- Das ist in Ordnung. Dann können sie auch noch in die Beratungen des Sonderausschusses aufgenommen werden. Dazu bedarf es keiner neuen ersten Lesung im Parlament.

(Holger Astrup [SPD]: Sehr richtig!)

Sonst müssten auch die anderen Fraktionen noch entsprechende Gesetzentwürfe einbringen.

(Holger Astrup [SPD]: Bloß nicht!)

Wir haben darauf verzichtet. Auch die Mehrheitsfraktionen haben darauf verzichtet.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter Hildebrand, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Spoorendonk?

Ganz schnell!

Ich meine, mich zu erinnern, dass auch die FDP einen Antrag in den Landtag eingebracht hat, der im Landtag diskutiert wurde. Sehe ich das völlig falsch?

- Das ist völlig richtig. Sie haben sich richtig erinnert. Aber damals hatten wir das weitere Verfahren im Detail noch nicht abgestimmt und wir haben hier einen Initiativantrag gestellt und keinen Gesetzentwurf vorgelegt.

(Holger Astrup [SPD]: Sehr richtig!)

Zu den einzelnen Positionen will ich jetzt gar nicht so viel sagen.

Zur Gleichstellungsbeauftragten - das wissen Sie wollen wir, dass die Kommunen das selber entscheiden sollen.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Sehr gut!)

Den Vorschlag zur Verlängerung bei der Frist für die Einrichtung des Bürgerbegehrens teilen wir. Das sind unsere Vorschläge.