Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Zukunft der maritimen Wirtschaft und zur Zukunft der Schiffbauindustrie hat die Landesregierung dem Landtag einen lesenswerten und in Teilen beachtlichen Bericht vorgelegt. Für diese Leistung möchte ich den entsprechenden Mitarbeitern an dieser Stelle ausdrücklich danken.
Insbesondere der Themenkomplex Schiffbauindustrie ist mit seinem weit vernetzten Ansatz verständlich und analytisch dargestellt. Ebenfalls hervorheben möchte ich den Bereich Forschungseinrichtungen und Hochschulen und die daraus resultierende Chancen und Perspektiven, die es zu realisieren gilt. Ein echter Ausrutscher aus meiner Sicht ist leider das Kapitel „Schifffahrt und Häfen“. Dieses Kapitel wird weder in der Analyse noch in den Perspektiven den gestellten Anforderungen gerecht. Die Gründe hierfür sind wohl weniger an mangelndem Sachverstand festzumachen als vielmehr politisch begründet. Das ist bedauerlich und muss nachgearbeitet werden. Ich werde darauf später noch näher eingehen.
Die Initiative zu diesem Bericht und die Festlegung der Inhalte ist nach intensiver und konstruktiver Diskussion im Wirtschaftsausschuss fraktionsübergreifend vom Parlament ausgegangen. Wichtigstes Ziel dieser Initiative waren und sind die Sicherung von Produktion und Beschäftigung im Schiffbau und der mit ihr verbundenen maritimen Wirtschaft, und dies insbesondere vor dem Hintergrund des Auslaufens der Wett
bewerbshilfe und der anhaltenden aggressiven Preispolitik südkoreanischer Werften. Die dadurch bestehenden Wettbewerbsverzerrungen sind nach wie vor akut. Die Zahlen belegen dies eindrucksvoll; auch der Herr Minister hat dazu schon einiges gesagt.
Die Koreaner haben ihre Produktion innerhalb der letzten fünf Jahre verdoppelt und bauen ihre Führungsposition weiter aus. Dies belegen sowohl die Zahlen für die Auftragseingänge als auch die Zahlen für die Auftragsbestände: bei den Auftragseingängen plus 35,9 %, bei den Auftragsbeständen plus 33,6 %. Insbesondere bei Containern und Öltankern hat Korea eine marktbeherrschende Position.
Inwieweit es gelingt, in naher Zukunft international einen fairen Wettbewerb zu erreichen, steht in den Sternen. Ebenso steht in den Sternen, ob es zu einer Wiedereinführung der Wettbewerbshilfe kommen wird. Es hängt an Frankreich. Möglicherweise fällt im nächsten Frühjahr die Entscheidung.
In Schleswig-Holstein haben sich sechs Werften behauptet, drei Werften mussten im Jahre 2000 Insolvenz beantragen. Erfreulich ist, dass alle drei Werften in reduzierter Stärke und unter anderem Dach dennoch weiterarbeiten. Im Jahre 2000 wurden von schleswigholsteinischen Schiffswerften 15 Schiffe abgeliefert und 28 Neubauaufträge akquiriert. Der Auftragsbestand beläuft sich auf 3,8 Milliarden DM.
Angesichts der schwierigen Situation im Weltschiffbau kommt dem Marineschiffbau eine wichtige Rolle zu. Der Produktenmix zwischen zivilem und Marineschiffbau ist ein stabilisierender Faktor und natürlich auch Innovations- und Technologiemotor. Die hier erzielte Marktführerschaft - die will ich gern erwähnen - beim Export von Fregatten und konventionellen U-Booten, aber auch bei Minenabwehrfahrzeugen, Korvetten und Schnellbooten ist beachtlich.
Allerdings sind die Auftragsreichweiten und Perspektiven der einzelnen Werften sehr unterschiedlich. Während die Perspektive bei HDW als stabil betrachtet werden kann, sind die Auftragsreichweiten der mittleren Werften deutlich kürzer und deren Perspektiven entsprechend labil.
Mit circa 6.600 Beschäftigten und 400 darin enthaltenen Auszubildenden stellt der Schiffbau einen hervorragenden Anteil der Hightech-Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein. Ohne Übertreibung gehört die
Dies gilt zumindest in Teilen auch für die Zulieferindustrie. Besonders stark sind wir bei Navigationsanlagen, Motoren und Kompressoren. 11.200 Arbeitnehmer haben in diesem Bereich ihren Arbeitsplatz; das sind etwa doppelt so viele wie im reinen Schiffbau.
Eines will ich gerne erwähnen: Erfreulich ist die beachtliche Stärke der schleswig-holsteinischen Zulieferindustrie im Konzert der anderen Bundesländer. Dies ist insbesondere bemerkenswert, da die Zulieferindustrie keine reine Küstenindustrie, sondern eine bundesweit angesiedelte Branche ist, die sich international behaupten muss. Nach Baden-Württemberg und Hamburg belegt Schleswig-Holstein mit einem Anteil von 16 % den dritten Platz und schlägt Bayern mit einem Prozentpunkt. Das ist eine tolle Leistung der betreffenden Unternehmen.
Der Schiffbau ist der Kern der gesamten maritimen Wirtschaft. Er ist als Hightech-Markenzeichen für unser Land unverzichtbar.
Mit der Analyse und Bewertung der Landesregierung über die Bedeutung des schleswig-holsteinischen Schiffbaus stimmt die CDU-Landtagsfraktion voll überein. Umso unverständlicher ist es, dass die Landesregierung nicht ihren Teil zur Zukunftssicherung des schleswig-holsteinischen Schiffbaus beisteuert,
obwohl die Landesregierung in ihrem Bericht klar darstellt, dass das Auftragsvolumen bis Ende 2000 die doppelte Förderung an Wettbewerbshilfe begründen würde.
Die Lage der mittleren Schiffswerften ist labil. Sie können ihre technologische Führerschaft nur behaupten, wenn es Ihnen gelingt, substanzerhaltend zu wirtschaften. Deshalb sind die von der CDU-Landtagsfraktion für den Haushalt beantragten 20 Millionen € als VE für die nächsten Jahre ein notwendiger Beitrag zur Zukunftssicherung des schleswig-holsteinischen Schiffbaus.
Richtig und unbenommen ist dabei, dass die Werften selbst erhöhte Anstrengungen unternehmen müssen. Auch aus unserer Sicht gibt es bei den Werften noch Produktivitätsreserven, die es auszuschöpfen gilt.
Wenn Sie, Herr Minister Rohwer, wirklich etwas für die Zukunft erreichen wollen, müssen Sie sich von dem Irrglauben verabschieden, dass die Summe der Suboptima das Optimum ergibt.
Das Thema „Häfen in Schleswig-Holstein“ ist in jeder Beziehung ungenügend behandelt worden und wird der Bedeutung des Themas für SchleswigHolstein nicht gerecht. Wegen der Kürze der Redezeit mache ich das am größten deutschen Ostseehafen Lübeck fest.
Es ist ja schön, wenn für den Lübecker Hafen ein Zuwachs von heute 25 Millionen t auf 38 Millionen t Güterumschlag in den nächsten zehn Jahren prognostiziert worden ist. Nur sieht die Realität, meine Damen und Herren, anders aus: Es geht leider rückwärts. In den ersten neun Monaten dieses Jahres sind die Umschlagszahlen um 3,7 % rückläufig.
Daher stellen sich einige Fragen: Was sind die Gründe dafür? Sind die Kunden weggebrochen? Wenn ja: warum? Hat sich die Wettbewerbsposition Lübecks zum Beispiel gegenüber dem Rostocker Hafen verschlechtert? Wenn ja: warum? Wie entwickeln sich die Hinterlandanbindungen? Welchen Realitätsgehalt hat die Studie „Integrative Hafenlogistik in SchleswigHolstein“, die Maßnahmen zur Untermauerung der Bedeutung des Lübecker Hafens als Logistikstandort aufzeigt, noch? Viele Fragen - keine Antworten! Mit der Methode des Verschweigens, Herr Minister Rohwer, löst man keine Probleme - im Gegenteil: Man verschlimmert sie und verschleppt Entscheidungen.
Auch bei der Entscheidungsfindung für einen Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven hatte die Landesregierung das Nachsehen, frei nach dem Motto: „Unerhört, mit uns hat keiner geredet!" Eine wahrhaft strategische Meisterleistung!
Natürlich wäre der Standort Cuxhaven im Landesinteresse besser gewesen. Aber alle Signale standen seit langem auf Wilhelmshaven. Also musste sich Schleswig-Holstein doch vorher strategisch darauf einstellen. Was ist danach passiert? Nichts - außer, dass man Folgendes der Ministerpräsidentin nach einem dpaGespräch lesen konnte:
dass Schleswig-Holstein bisher nicht in die Planungen zum Tiefwasserhafen in Niedersachsen einbezogen worden sei. Hamburg und Hannover hätten aber zugesagt, die Kieler in der nächsten Runde zu beteiligen.“
„Dabei gehe es für Schleswig-Holstein vor allem um die Straßenplanungen wie die Elbquerung. Gegen eine weitere Elbvertiefung, die sich Hamburg in den Gesprächen mit Niedersachsen vorbehalten hat, habe Schleswig-Holstein nichts einzuwenden.“
Meine Damen und Herren, es geht dabei um Schleswig-Holsteins wichtigstes Zukunftsprojekt: die Linienbestimmung und Realisierung der A 20. Dafür muss gekämpft werden, und zwar mit allen Pfunden, und wenn es sein muss, auch mit allen Bandagen.
Es ist daher strategisch falsch, Herr Kubicki, Hamburg schon im vorauseilenden Gehorsam die Genehmigung für eine weitere Elbvertiefung zu erteilen.
Was, Frau Ministerpräsidentin, lässt Sie eigentlich annehmen, dass Hamburg und Hannover Sie an den nächsten Gesprächsrunden als ernst zu nehmenden Gesprächspartner beteiligen? Was haben Sie, außer dem Prinzip Hoffnung, anzubieten?
Das Gleiche gilt im Übrigen zum Thema „Offshore Windkraftanlagen“. Welchen Einfluss hat und nimmt Schleswig-Holstein zum Beispiel bei der Wahl der Standorte, den Umweltinteressen, den Fremdenverkehrsinteressen und so weiter?