Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Das Gleiche gilt im Übrigen zum Thema „Offshore Windkraftanlagen“. Welchen Einfluss hat und nimmt Schleswig-Holstein zum Beispiel bei der Wahl der Standorte, den Umweltinteressen, den Fremdenverkehrsinteressen und so weiter?

Man kann ja ein Fan von Windkraftanlagen sein; aber es ist nicht redlich, wenn verschwiegen wird, dass damit keine Grundlastsicherung herzustellen ist.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das bedeutet: Je mehr Windkraftanlagen bei gleichzeitiger Abschaltung der Kernkraftwerke aufgestellt werden, umso mehr Kraftwerke werden für die

(Roswitha Strauß)

Grundlastsicherung benötigt. Bezüglich der tatsächlichen Kosten empfehle ich uns allen, den Vortrag von Ulrich Hartmann, Vorsitzender des Vorstandes der e.on AG, zu lesen,

(Peter Jensen-Nissen [CDU]: Sehr gut!)

den er anlässlich des Grünkohlessens des Unternehmerverbandes am 28. November dieses Jahres im Kieler Schloss gehalten hat.

(Beifall des Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU]: - Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss.

Last, but not least: Erwähnenswert, wichtig und außerordentlich erfreulich ist das dichte Netz von Hochschulen und Forschungseinrichtungen rund um die maritime Wirtschaft in Schleswig-Holstein. Die Ansätze zur verstärkten Zusammenarbeit begrüßt die CDU-Landtagsfraktion ausdrücklich. Sie können und müssen weiter ausgebaut werden. Dies gilt auch für die Verbesserung der Prozessketten und die Vermarktung der Produkte im Interesse des Exportes. Die maritime Wirtschaft in Schleswig-Holstein ist - an der Stelle sind wir uns einig - trotz aller Probleme vielseitig und leistungsfähig. Nutzen wir diese Potenziale!

Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Rother.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Rohwer, zunächst möchte auch ich mich dem Dank für die Vorlage des Berichts anschließen. Denn mit diesem Bericht legt die Landesregierung als erste Landesregierung eines Küstenlandes eine umfassende Analyse der maritimen Wirtschaft vor. Ich denke, der Bericht ist eine gute Grundlage für Entscheidungen zur Stärkung der Wirtschaft in diesem Lande.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Gerade vor dem Hintergrund der EU-Entscheidungen - besser gesagt: der Nicht-Entscheidung - zur Schiffbauhilfe vor ein paar Tagen liegt der Bericht auch zu dem richtigen Zeitpunkt dem Parlament vor. Kern des maritimen Sektors, das ist schon angeführt worden, sind die Werften und die mit ihr verbundene Zulieferindustrie, die ja größtenteils außerhalb unseres Bundeslandes liegt. Auf der Grundlage der dynamisch wachsenden globalen Handelsbeziehungen haben

Schiffbau und Schiffsverkehr trotz der derzeit gedämpften konjunkturellen Situation eigentlich gute Perspektiven. Dennoch besteht - ausgelöst durch Dumpingpreise und Überkapazitäten von Unternehmen in Asien - eine Schieflage im Wettbewerb. Die deutschen Werften müssen sich mit diesem Nachteil herumschlagen. Trotz allem konnte sich der deutsche Schiffbau gut behaupten, wobei die derzeitigen Rekordauftragseingänge allerdings durch den „Schlussverkaufseffekt“, das heißt durch das bevorstehende Auslaufen der Schiffbauhilfen, bedingt sind.

Am 5. Dezember hat der Industrieministerrat der Europäischen Union eine Fortsetzung der weiteren Hilfen abgelehnt. Das auch hier schon oft angeführte Klageverfahren vor der Welthandelsorganisation gegen die Wettbewerbsverzerrungen im asiatischen Raum ist von der EU aber auch noch nicht auf den Weg gebracht worden. Wir müssen deshalb immer wieder deutlich machen, dass nicht nur für SchleswigHolstein, sondern auch für die übrige deutsche Schiffbauindustie von der EU erwartet wird, dass sie endlich tätig wird und die Erledigung ihrer Aufgaben nicht immer wieder hinausschiebt - mag es jetzt das Frühjahr oder der Frühsommer 2002 sein. Wir warten schon viel zu lange.

(Beifall)

Wir laufen Gefahr, vielleicht schon bald eine neue Variante oder eine neue Stufe der Werftenkrise zu erleben. Betroffen werden am ehesten die Werften sein, die nicht eine gute Grundauslastung durch den Marineschiffbau oder enge Kooperationsbeziehungen mit anderen Unternehmen vorweisen können, und auch die, die in den letzten Jahren kaum Diversifikationsanstrengungen unternommen haben. Frau Strauß, da helfen auch ein paar VEs für die nächsten Jahre leider nicht sehr viel. Sie helfen vielleicht mittleren Werften, etwas länger zu überleben, aber sie ändern an der Grundlage nichts.

(Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

Die Werftindustrie und auch die Politik müssen sich dieser neuen Situation stellen.

(Lothar Hay [SPD]: Sehr richtig! - Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

Betroffen wird hiervon auch die Zulieferindustrie sein, die ja vor allem in Baden-Württemberg sitzt. Von der so genannten Cluster-Bildung, der Bildung dynamischer Prozessketten in der maritimen Wirtschaft wie in den Niederlanden sind wir leider immer noch ein gutes Stück entfernt. Diese Sorgen können natürlich auch nicht vom nach wie vor boomenden Boots

(Thomas Rother)

bau für den Freizeitmarkt aufgegangen werden, wenngleich diesem Marktsegment noch viel größere Aufmerksamkeit gebühren müsste, als das im Bericht erwähnt ist.

(Rolf Fischer [SPD]: Sehr richtig! - Verein- zelter Beifall bei der SPD)

Zu begrüßen ist natürlich das verstärkte Engagement des Bundes im Bereich von Forschung und Entwicklung, das beispielhaft zum Erhalt der technologischen Spitzenposition des deutschen Schiffbaus beiträgt. Jetzt ist es notwendig, gemeinsam mit der maritimen Wirtschaft ein Szenario zu entwickeln, das aufzeigt, wie es auch ohne Schiffbauhilfen weitergeht, weitergehen könnte, auch wenn noch einige Unbekannte vorhanden sind, zum Beispiel die Gegenmaßnahmen der EU während des Klageverfahrens vor der Welthandelsorganisation, weil damit vielleicht wieder Subventionen verbunden sein könnten, oder die Entwicklung der Nachfrageseite angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung.

Diesen Bedingungen sollte natürlich auch die Mittelvergabe aus dem Regionalprogramm Rechnung tragen. Auch der Bund ist hier in der Pflicht, zumal er seinen Finanzierungsanteil für die Schiffbauhilfen ja zurückgefahren hat.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Sehr richtig! - Beifall der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] und Roswitha Strauß [CDU])

- Vielen Dank, Frau Strauß. - Die Schifffahrt ist ein dynamischer und wachsender Wirtschaftszweig. Ihr gebührt in unserem Land zwischen den Meeren - da stimme ich Ihnen zu - noch viel mehr Aufmerksamkeit. Gerade der zunehmende Fährverkehr - endlich auch mit den baltischen Staaten und Russland - zeigt eine positive Entwicklung. Doch hat die Schifffahrt ähnliche Probleme wie der Schiffbau. Änderungen beziehungsweise Ermäßigungen in der Unternehmensbesteuerung, bei der Lohnsteuer und der Erhebung von Sozialabgaben sind die Subventionskehrseite dieser Branche. Darüber hinaus sind vom Bund vor kurzem weitere Finanzhilfen bereitgestellt worden. Der Wirtschaftsminister hat es angesprochen. Zeitpunkt dafür war die Zweite Nationale Maritime Konferenz am 6. November in Rostock, nächstes Jahr vielleicht irgendwo in Schleswig-Holstein.

(Beifall der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Solche Veranstaltungen können Entscheidungen manchmal durchaus beflügeln. Daher ist es gut, dass es sie gibt.

Gut ist, dass die Kurzstreckenseeschifffahrt und die Binnenschifffahrt als Teil des „from road to sea“ oder auch „from road to channel“ Leitsatzes wieder entdeckt worden sind. Ich freue mich gerade als Lübecker ganz besonders, dass es vielleicht gelingen kann, dass der Elbe-Lübeck-Kanal einen zweiten Frühling erlebt.

(Beifall)

Dass der Nord-Ostsee-Kanal als eine der weltweit meistbefahrenen künstlichen Wasserstraßen eine besondere Bedeutung, ist klar. Aber auch das Thema haben wir vor den Hintergrund der Abgaben schon einmal diskutiert.

Die Erfolge in der Hafenwirtschaft sind enorm. Es war richtig, dass der Ausbau der Häfen in den vergangenen Jahren mit Hunderten von Millionen DM gefördert worden ist. Das hat sich rentiert. Allerdings hängt die Entwicklung der Häfen ganz wesentlich von der Entwicklung der Hinterlandverbindungen ab. Hier ist noch einiges zu tun. Maßnahmen für Straße, Schiene und Binnenschiff sind erforderlich und das ist nicht nur aus diesem Bericht, sondern auch aus den Bundesverkehrswegeplananmeldungen und dem Regionalprogramm zu entnehmen. Denn die Konkurrenzsituation ist trotz guter Zahlen nicht einfach. Frau Strauß, wir können uns als Lübecker über alles Mögliche beklagen und tun das auch oft und gern, aber die Förderung unseres Hafens ist gerade nicht der Punkt, wo wir dem Land als Lübecker irgendetwas Böses nachsagen müssten.

(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD], Jutta Schümann [SPD] und Jutta Scheicht [CDU])

Ganz im Gegenteil, wir sind dafür sehr dankbar. Die Probleme, die Sie angesprochen haben, sollten wir vielleicht einmal vor Ort besprechen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Jutta Scheicht [CDU])

Wichtig bleibt die Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsträger, gerade unter ökologischen Gesichtspunkten. Da ist noch einiges zu tun. Zu weiteren ökologischen Aspekten von Seeschifffahrt und Hafenwirtschaft haben wir vor anderem Hintergrund - „Pallas“ und so weiter - ja schon des Öfteren diskutiert. Anmerken möchte ich jedoch, dass eine emissionsbezogene Hafengebührengestaltung nicht erst nach einem großen Wurf auf EU-Ebene geschehen darf. Das Hamburger Subventionsmodell muss es auch nicht unbedingt sein, aber vielleicht kann eine Änderung des Landeswassergesetzes erfolgen - der Umweltminister sitzt da links von mir -, das die Gebührenkalkulation für die Häfen an das Kommunale Abgabengesetz kop

(Thomas Rother)

pelt. Da steckt das Problem Gleichheitsgrundsatz und so weiter drin. Der Vorgang liegt, soweit ich weiß, zurzeit ja schon im Umweltministerium. Vielleicht sind wir da bald ein bisschen schlauer.

Bei der Nutzung des Meeres als Energie- und Rohstoffquelle sind wir in Bezug auf die OffshoreWindenergiegewinnung - auch das ist schon angesprochen worden - wie in anderen Punkten noch in der Diskussion. Leider fehlt im Bericht - das ist auch für mich ein Kritikpunkt - der ökologische Blickwinkel, wenn es beispielsweise um die Verlegung der Stromkabel geht, die von den Offshore-Windkraftanlagen an Land gehen. Das können wir im Rahmen der Ausschussdiskussion sicherlich nachholen.

Das Thema Fischerei haben wir ebenfalls vor kurzem im Landtag beraten. Daher zu diesem Komplex nur ein paar kurze Anmerkungen zum Thema Aquakultur und maritime Bioressourcen. Im Bericht wird festgestellt, dass die Aquakultur in Deutschland bisher zu wenig systematisch entwickelt ist. Daher ist es gut, wenn das Wirtschaftministerium sein Augenmerk auf diesen Bereich richtet und vor allem Existenzgründungen unterstützt. Wären Sie bei der Verleihung des Schmidt-Römhild Technology Awards am 29. November in Lübeck alle dabei gewesen, hätten Sie einen kleinen Einblick in die Innovationskraft dieser interessanten Branche gewinnen können. Der Träger des ersten Preises war die Firma BlueBioTec aus Ellerbek. Es war sehr interessant, das einmal geschildert zu bekommen. Wirtschaftsministerium, Wirtschaftsförderung, ttz und TSH haben da - wie ich das sehe - schon die richtigen Leute im Blick.

Der maritime Dienstleistungsbereich ist vielfältig und reicht von Laborleistungen bis zu Freizeiteinrichtungen. Leider gibt es keine genauen Zahlen über Umsatz und Beschäftigung. Aber die Wechselbeziehungen zum Rest der maritimen Wirtschaft sind offenkundig. Freizeitwassersport macht nur in einer intakten Umwelt besonders viel Spaß, die Bewerbung um die Austragung von Olympischen Spielen hat nur dann eine Chance, wenn Hafen- und Tourismuswirtschaft zusammenarbeiten, denn die Leute wollen vom Land aus natürlich auch gern einmal ein Segelboot sehen, wenn es um Medaillen kämpft.

Daher ist es auch richtig, mit Messen wie der InWaterTec Wissenschaft und Wirtschaft zusammenzuführen, um die Meeresforschungsergebnisse zu vermarkten.

(Beifall der Abgeordneten Christel Aschmo- neit-Lücke [FDP])

Vielleicht kann das auch über ein maritimes Technologiezentrum zur Bündelung dieser Dienstleistun

gen geschehen. Darüber müsste man einmal nachdenken. Denn was nützen uns alle unsere tollen, innovativen und intelligenten Produkte, wenn niemand von ihnen erfährt und sie keine Nachfrage haben?

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall der Abgeord- neten Christel Aschmoneit-Lücke [FDP])

Mit dem Ruf von Schiffbau und Schifffahrt als niedergehenden Branchen hatte sich in den vergangenen Jahren auch die Bewerberlage für den beruflichen Einstieg und die Fortbildung verschlechtert. Umso erfreulicher ist es festzustellen, dass sich eine Trendwende abzeichnet. Sowohl bei den Schiffbauingenieuren als auch im Bereich der Schiffsoffiziersausbildung wie auch bei den Seeleuten haben sich die Bewerberzahlen beziehungsweise Lehrgangsteilnehmerzahlen erhöht. Es kommt nun auf die Wirtschaft unterstützt von der Politik - an, diesen Menschen tatsächlich eine langfristige berufliche Perspektive zu geben.