Thomas Rother

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach nunmehr zwei großen Polizeireformen wird mit dem Beschluss eines neuen Polizeiorganisationsgesetzes die Umsetzung der Ergebnisse der dritten großen Polizeireform eingeleitet. Mit der Reform wird die Chance genutzt, in diesem Land Polizeiarbeit in einer zweckmäßigen Struktur, mit den erforderlichen Arbeitsmitteln, an zeitgemäß eingerichteten Arbeitsplätzen und mit ordentlich bezahlten Mitarbeitern zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger besser zu leisten.
Bereits in unserer Juni-Tagung wurde in der ersten Lesung gewürdigt, dass die schleswig-holsteinische Landespolizei das alles ohne externe Beratung, aus eigener Kraft erarbeitet hat. Allen an diesem Prozess beteiligten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten - manche haben dabei sogar ihren eigenen Arbeitsplatz infrage gestellt - gebührt Anerkennung, Dank und Respekt.
Aber damit sind wir noch nicht am Ende. Auf die betroffenen Mitarbeiter wird in der Umsetzungsphase noch einmal eine Menge Arbeit zukommen. Ich denke, dass die Perspektive, die diese Reform bietet, die hohe Motivation, mit der diese Arbeit bis jetzt geleistet wurde, weiter erhalten wird.
In den gut vier Monaten zwischen den Lesungen ist eine Reihe von Fragen erörtert worden. Auf ein paar aus meiner Sicht wesentlichen Punkte möchte ich im Folgenden kurz eingehen.
Erstens: Das Tempo der Beratungen. Es bestanden Befürchtungen, das Gesetz werde „durchgepeitscht“, es bestünde zudem „Dauerstress“ und „politische Hektik“. Festzustellen ist hingegen: Der Gesetzentwurf wurde eingehend, ohne besonderen Zeitdruck, mit allen und wirklich jedem, der sich dazu zu Wort gemeldet hat, in einem musterhaften Beteiligungsverfahren erörtert und im Ausschuss entschieden.
Ich bin den Oppositionsfraktionen dafür dankbar, dass sie das Ganze verfahrensmäßig nicht in die Länge gezogen haben. Das war manchmal ein wenig zu befürchten. Aber ich denke, das hätte niemand verstanden; denn die positiven Ergebnisse dieser Reform für die Polizeiarbeit hätten wir - unabhängig von irgendwelchen Wahlen - schon viel früher gut gebrauchen können.
Zweitens: Der Verbleib des so genannten Umsteuerungspotenzials. Die Gewinne aus der Reform III werden komplett im Polizeihaushalt verbleiben. Das ist immer wieder betont und festgestellt worden.
Herr Kubicki, ein Aufrechnen mit allgemeinen Bewirtschaftungsvorgaben des Etats ist ohne Zusammenhang und wirklich nichts als Angstmacherei. Die Aussage Ihrer Seite, die Polizistinnen und Polizisten würden in dieser Frage vom Ministerium belogen, ist wirklich abenteuerlich und absurd. Vielleicht nutzen Sie die Gelegenheit, das nachher hier vorn richtig zu stellen.
Was unter dem Strich zählt, ist die Tatsache, dass 160 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in den ersten beiden Schritten aus den Stäben herausgenommen werden und damit faktisch dem operativen Dienst, also im Streifenwagen und auf der Straße,
zusätzlich zur Verfügung stehen. Nach unserem Gesetzesbeschluss beginnt die Umsetzungsphase. Sie werden erleben, dass alle Maßnahmen aus der Reform nachvollziehbar bleiben. Später werden wir sicherlich noch feststellen können, wer in dieser Debatte den Mund voll genommen und vielleicht auch etwas Falsches erzählt hat.
Unser Regierungsprogramm für die Jahre 2005 bis 2010 beschreibt, dass wir weiterhin das Personal in den Führungsstäben verringern wollen, um mehr Polizistinnen und Polizisten auf der Straße einzusetzen. Zudem werden wir für die Verbesserung der Personalstruktur sorgen. Das steht, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das befindet sich ganz im Gegensatz zu den Versprechungen von CDU und FDP in Niedersachsen, in Hamburg oder im Saarland. Dort hätte ein Untersuchungsausschuss „Wahlbetrug“ in Bezug auf den öffentlichen Dienst wahrhaftig viel zu tun.
Drittens: Die Organisation der Flächendirektionen. Das 8 + 1-Modell ist der Vorschlag von Polizeifachleuten und keine politische Vorgabe. Das Ergebnis ergibt sich aus der Kombination einer maximal zu handhabenden Führungsspanne und einem maximal zu erreichenden Umsteuerungspotenzial. Im Vergleich zum 13 + 1-Modell sind das 50 ganze Stellen, 50 Stellen, die in der operativen Aufgabenwahrnehmung vor Ort dringend gebraucht werden.
Das 4 + 1-Modell ist aufgrund der enormen Führungsspanne nicht funktionsfähig und bestenfalls Zukunftsmusik. Organisation ist ja ein Dauerprozess, Herr Schlie, und endet nicht mit dem Gesetzesbeschluss. Hierauf wird man in Zukunft sicherlich noch weiter schauen müssen. Auch die Leitstellenfrage ist an diesem Punkt nicht entscheidend. Ihre Fragen gerade zu diesem wichtigen Teil der Organisationsreform müssten eigentlich beantwortet sein, und damit könnten Sie dem Gesetz nach dieser Debatte auch ihre Zustimmung geben.
Viertens: Die Einordnung des Landeskriminalamtes. Die organisatorisch gleichwertige Einordnung beider Ämter in die neue Aufbauorganisation wurde insbesondere vom SSW kritisiert. Sie ist aber im dienstlichen Alltag unproblematisch. Wer sich in welchem Fall nach den Vorgaben des anderen richten muss, ist in der Polizeidienstvorschrift klar geregelt. Auch wenn sich der Titel eines Polizeipräsidenten von Schleswig-Holstein, den es dann vielleicht geben könnte, schön anhört, sollte dies nicht die Grundlage für eine Organisationsentscheidung sein.
An dieser Stelle möchte ich Innenminister Klaus Buß in seiner Haltung in Bezug auf eine mögliche Kompetenzerweiterung des Bundeskriminalamtes bestärken. Die bisherige Aufgabenteilung ist vor dem Hintergrund neuer Bedrohungslagen natürlich zu optimieren. Darauf wird der Bundesstaatsanwalt schon aufpassen. Angesichts der „normalen“ Aufgabenwahrnehmung bei der Bekämpfung der Kriminalität ist der Weg einer engen Zusammenarbeit mit der Schutzpolizei und der Staatsanwaltschaft, also einer engen Zusammenarbeit von Landesbehörden, weiterhin der richtige Weg.
Fünftens: Die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft, Richterschaft und Polizei. Bei der Umsetzung des 8 + 1-Modells wurden Reibungsverluste in dieser Zusammenarbeit befürchtet. Hierzu liegt uns ein umfassender Projektgruppenbericht mit ganz konkreten Vereinbarungen für die verschiedenen Fälle vor, der genau diese Befürchtungen zerstreut. Zudem werden sogar weiterhin Schnittstellen verringert, auch im Bereich Segeberg/Pinneberg - dort hat ja immer ein besonderes Problem bestanden - werden diese Zuständigkeiten detailliert geregelt, und es gibt auch eine Evaluation, das heißt man kann im laufenden Verfahren noch weiter korrigieren.
Sechstens: Die Aufgaben der Verkehrspolizeidirektion. Es gab Befürchtungen, die Qualität der Arbeit der Verkehrspolizei könne darunter leiden, dass nunmehr eine Anbindung des operativen Geschäfts an die Flächendirektionen erfolgt. Wir vertrauen der Polizeiführung, vertrauen ihr darin, dass sie diese Führungsleistung erbringen kann. Andere Flächenbundesländer fahren mit dieser Organisationsform gut. Sie machen das genauso. Ich habe bis heute nicht verstanden, warum in Schleswig-Holstein immer alles anders sein soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich auf den enormen Umfang des Reformprozesses III hinweisen, der ja nicht das einzige laufende organisatorische Vorhaben in der Landespolizei ist und für den in zwei Jahren - ich hatte es bereits angesprochen - der Evaluationsprozess ansteht. Laufbahnrechtliche Fragen werden in der nächsten Zeit wohl als weiteres bedeutendes Arbeitsfeld im Organisationsbereich hinzukommen. Das macht auch deutlich, dass die Pressekonferenz des Innenministers vom 28. Oktober 2004 anlässlich der 590 Beförderungen bei der Landespolizei zum 1. Dezember keine Abschiedsvorstellung des Ministers war, wie von einigen angemerkt worden ist. Es war vielmehr eine Zwischenbilanz zu aktuellen Fragen des polizei
lichen Geschehens und der Verbesserung der inneren Sicherheit.
Und es war eine Erfolgsbilanz, insbesondere wenn man an die Verbesserung der Sachausstattung und Gebäudesituation bei der Polizei denkt.
- Herr Kubicki, Defizite in der Landespolizei sind ja von diesem Minister nie beschönigt oder klein geredet worden. Ganz im Gegenteil, das ist erkannt worden, das ist aufgearbeitet worden, das ist angegangen worden, und das ist sogar zu einem großen Teil auch abgearbeitet worden.
Das ist ein ehrlicher Umgang miteinander. Das sind keine falschen Versprechungen. Ich meine, diese Art von Amtsführung hat wirklich Anerkennung gefunden. Das hat innerhalb der Polizei, wenn man auch jenseits der Versammlungen mal mit den Leuten spricht, ein Mehr an Vertrauen ausgelöst und auch zum Teil Zufriedenheit geschaffen.
- Es gibt ja nicht nur diese Veranstaltung, Herr Kubicki. Ich meine, das macht deutlich, auch in der Zusammenfassung vor kurzem anlässlich dieser Pressekonferenz, dass unsere Politik der inneren Sicherheit Perspektiven aufzeigt und dass diese Politik auch tatsächlich Akzeptanz findet. Das wird man uns am 20. Februar 2004 bestätigen. Da bin ich ganz sicher.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema mag hier in diesem Haus nicht für so furchtbar viel Spannung sorgen, aber der Hintergrund des Gesetzentwurfs des SSW
- ja, vielleicht gelingt es mir! - ist ein sehr realer. Denn bei oder nach der Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf Private ist es tatsächlich zu Problemen bei der Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes gekommen. Ein Bericht des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz hat hierzu entsprechende Anmerkungen enthalten. Und auch das Verwaltungsgericht in Schleswig musste sich laut einer
Pressemeldung in dieser Woche schon mit dieser Frage befassen.
Eigentlich sollte alles klar sein. § 3 Abs. 4 des Informationsfreiheitsgesetzes lautet:
„Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift“
- Behörde ist nach Landesverwaltungsgesetz jede organisatorisch selbstständige Stelle, die öffentlichrechtliche Verwaltungstätigkeit ausübt -
„steht eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient oder dieser Person die Erfüllung öffentlichrechtlicher Aufgaben übertragen wird.“
Wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt, scheint eigentlich alles klar zu sein. Aber eben nur fast, weil es noch eine Spur schwieriger wird, wenn es nicht nur um Sachverhalte auf öffentlichrechtlicher, sondern auch auf privatrechtlicher Basis geht. Dann sind nämlich sogar private und öffentliche Stellen gleichermaßen unabhängig von der Rechtsform betroffen. Daher ist die Initiative des SSW zu unterstützen, hier für klarere Regelungen zu sorgen.
Durch eine immer größere Regelungstiefe kann aber letztlich nicht jede Frage beantwortet werden. Die Begriffe im Vorschlag Nummer 2 des SSW - das ist der neue § 2 Nr. 5 - sind auch noch nicht endgültig geklärt. Die Abgrenzung von Aufgaben und Aufgabenträgern und wer zu welchen Sachverhalten informationspflichtig ist, sollte sinnvollerweise in einem Anhörungsverfahren im Innen- und Rechtsausschuss im Detail erörtert werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die Verwaltungsspezialisten schon jetzt auf so eine Erörterung freuen, darauf, so etwas einmal in aller Tiefe und Breite diskutieren zu können.
Dennoch wäre es gut, wenn wir uns beim Behördenbegriff prinzipiell an das Landesverwaltungsgesetz hielten. Die Entwicklung neuer Begriffe schafft nicht immer mehr Klarheit, sondern manchmal auch mehr Unordnung - selbst wenn der Artikel 2 des Entwurfs der Umweltinformationsrichtlinie der EU in der Nummer 2 eine durchaus sympathische Definition des Behördenbegriffs enthält, die vom SSW sinngemäß abgeschrieben wurde, und wir das mit dem Umweltinformationsgesetz bei uns wahrscheinlich umsetzen müssen.
Doch maßgeblich für das Handeln der Verwaltung unseres Landes bei der Ausführung von Landesaufgaben ist der Behördenbegriff des Landesverwaltungsgesetzes. Hier darf es durch unterschiedliche
Legaldefinitionen nicht zu Verwirrungen bei der Rechtsanwendung in der Praxis kommen.
In der Konsequenz und zu Ende gedacht müsste das nämlich dazu führen, gleich mehrere Vorschriften neu zu formulieren. Das wäre dann weitaus sinnvoller.
Auch der Hinweis, unsere Behörden-Landesdefinition weiche von anderen Landesdefinitionen und vom Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes ab, bringt nicht wirklich weiter. In § 1 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes heißt es:
„Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.“
Das ist schön schlank formuliert. Aber eine offenere Formulierung müsste natürlich von unseren Verwaltungspraktikern bewertet werden. Denn unser Landesverwaltungsgesetz ist inhaltlich weitaus umfassender als das Verfahrensrecht des Bundes und auf unsere spezifischen Bedingungen mit ganz vielen verschiedenen Trägern öffentlicher Aufgaben abgestimmt - Kommunen, kommunale Aufgaben -, die nicht der Bund regelt, sondern die wir als Land regeln. Das ist auf diese spezifischen Bedingungen abgestimmt.
Genau zu schauen ist auch auf die Begriffsbestimmung von „verfügen und bereithalten“ in der Nummer 7 des neuen § 2 des SSW-Entwurfs. Unter „Bereithalten“ wird vom SSW unter anderem verstanden, dass die informationspflichtige Stelle, wenn sie einen Anspruch auf Übermittlung von Informationen hat, diesen Anspruch geltend macht und diese Information dann zur Verfügung stellt. Auch dazu würde ich gern die Meinung der Praktiker hören, auch wenn diese Formulierung aus der EU-Umweltinformationsrichtlinie entnommen wurde. Das gilt eben nur für diesen Bereich und nicht für alle anderen.
Vor diesem Hintergrund mag die konkretere Kostenregelung, die der SSW vorschlägt, eine besondere Bedeutung erlangen - Änderungsvorschlag Nummer 6 -, weil dann alles sehr viel aufwendiger wird. Es wird - so denke ich - deutlich, dass das Anliegen des SSW ein richtiges Ziel verfolgt. Wir müssen sicherlich noch das eine oder andere Haar aus der guten Suppe fischen.
- Ja, noch viel Zeit für Beratungen! Ich hoffe, dass wir das tatsächlich noch bis Januar unter Dach und Fach bringen. Unabhängig von diesem Problem hat Anke Spoorendonk natürlich Recht. Die Erfahrungen
mit dem Informationsfreiheitsgesetz sind ganz überwiegend positiv. Die Anträge der Bürgerinnen und Bürger waren - so das Ergebnis unserer Großen Anfrage zum Datenschutz - zu über 90 % erfolgreich. Misserfolge lagen im Wesentlichen darin begründet, dass die gewünschten Informationen bei der Behörde oder bei den auskunftspflichtigen Privaten gar nicht vorhanden waren. Gebühren wurden tatsächlich auch nur in den wenigsten Fällen erhoben. Daher unterstützen wir alle Vorschläge, dieses gute Gesetz noch zu verbessern. Es muss nur handhabbar bleiben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Holger, wenn Klaus Schlie mich so lobt, muss ich tatsächlich etwas Falsches gesagt haben.
Nach zwei großen Polizeireformen wird mit der Vorlage eines neuen Polizeiorganisationsgesetzes die Umsetzung der Ergebnisse der dritten großen Polizeireform auf den Weg gebracht. Nach der Zusammenführung der Aufgabenwahrnehmung von Schutz- und Kriminalpolizei sowie der Neuordnung der Wachenstruktur wird nun in einem dritten, darauf aufbauenden logischen Schritt die Führungsstruktur der Landespolizei erneuert. Damit kann einerseits der Entwicklung moderner technischer Möglichkeiten Rechnung getragen werden, andererseits kann sich die Polizei aus eigener Kraft - ich finde, das ist wichtig - finanzielle Handlungsspielräume eröffnen. Alle Gewinne aus der Reform verbleiben im Haushalt der Polizei.
Mit der Reform der Führungsstruktur steht die Landespolizei Schleswig-Holstein im Bundesvergleich allerdings nicht allein. In vielen Ländern werden diese Strukturen überarbeitet. Allerdings ist der Eingriff in Schleswig-Holstein vergleichsweise am umfangreichsten, weil eine komplette Führungsebene durch die Reform III entfallen, eingespart und umgesteuert werden kann. Das ist beispielhafter Bürokratieabbau in Schleswig-Holstein.
Das alles - darauf ist schon hingewiesen worden - wurde ohne externe Beratung entwickelt, konnte aus eigener Kraft erarbeitet werden. Das hat personelle Kapazität gebunden, aber nicht zu zusätzlichen
Ausgaben geführt. Der Praxisbezug kann auf diesem Weg ebenso gesichert werden, weil Praktiker am Werk waren und sind.
Eine weitere Besonderheit: Rund 17,5 % der Polizeibeschäftigten, also gut 1.400 Personen, üben Führungsfunktionen aus. Gut 100 davon haben in den Arbeitsgruppen der Reformkommission mitgewirkt und sich dabei selbst infrage gestellt. Dafür gebührt den Führungskräften der Polizei, Herr Minister, ganz hoher Respekt. Denn sie zählen zu dem Umsteuerungspotenzial, das im Zuge der Reform neue Aufgaben wird übernehmen müssen.
Polizeiarbeit besitzt in Schleswig-Holstein einen hohen Stellenwert. Das wird nicht nur durch die „Focus“-Umfrage aus dem Jahr 2002 bestätigt, sondern ist auch ablesbar aus der Politik der Landesregierung, die vom Parlament - Herr Schlie hat in einem Punkt darauf hingewiesen - in dieser Frage fraktionsübergreifend unterstützt wird. Die Verbesserung der Sachausstattung der Polizei ist dafür ein Beleg. EDV, Kraftfahrzeuge, Schutzwesten und die Verbesserung der Gebäudesituation sind die damit verbundenen Stichworte.
Die personelle Situation ist etwas schwieriger zu beurteilen. Nach der Vorlage der Verteilungskriterien bei der Schutzpolizei ist zu Recht die Frage nach dem Bedarf an Polizeikräften gestellt worden. Auch wenn diese Frage wahrscheinlich nie gesichert und zufrieden stellend beantwortet werden kann, ist Bewegung in die Sache gekommen. Das 100-Mann- und -FrauPaket infolge der Terroranschläge des 11. September 2001 wird insbesondere die personelle Situation in den Bereichen Segeberg, Neumünster und Pinneberg verbessern. Die Umsteuerungspotenziale aus der Reform III werden ebenso der Polizei vor Ort zu gute kommen. Damit wird sich beispielsweise die Frage nach der Ableistung von Überstunden relativieren. Der Kernpunkt der Reform, Herr Schlie, mehr Beamte auf die Straße zu bringen - Sie haben es angesprochen -, kann so erfüllt werden.
Damit wird sich auch die Besoldungsstruktur der Polizei verbessern. Dort sind wir im Bundesvergleich in den letzten beiden Jahren abgerutscht. Beförderungszahlen von rund 1.000 wie in den Jahren 2000 und 2001 waren 2002 und 2003 und werden auch noch 2004 nicht zu finanzieren sein. Aber im Vergleich zu allen anderen Bereichen der Verwaltung
sind das stolze Zahlen. Allerdings ist das alles nicht so unmittelbar miteinander zu vergleichen. Denn die Tätigkeit der Polizistinnen und Polizisten ist anders. Wie anders sie ist, kann jeder bestätigen, der einmal eine Nacht mit einem Schutzmann auf Streife verbracht hat.
Es ist immer wieder kritisiert worden, dass zu wenig Polizei auf der Straße ist und dass diese Polizei nicht anständig bezahlt sei. Nun entsteht hier Bewegung nach einem Prozess, der seit gut zwei Jahren läuft. Es wäre gut, Herr Kollege Schlie, das nicht alles auf die lange Bank zu schieben. Ich persönlich wäre froh, wenn wir die Polizeireform schon vor zwei Jahren gehabt hätten.
In einem Beispiel gebenden Prozess der Beteiligung von Beschäftigten, von Gewerkschaften und von Politik sind die Ergebnisse der Reformkommission erarbeitet worden. Daher sollten sich manche Kritiker bei der Diskussion dieser Ergebnisse nicht überheben. Auf der rechten Seite - das ist klar - wird natürlich gestichelt. Sie gönnen der Regierung den Erfolg nicht. Das rechtfertigt auch die Existenz der Opposition. Aber mit einer Verzögerungstaktik verweigern Sie der Polizei die Ernte der Früchte dieses Erfolgs. Den Bürgerinnen und Bürgern verweigern sie damit ein Stück mehr Sicherheit.
Die neue Struktur der Polizei ist richtig, weil sie führungstechnisch machbar und wirtschaftlich ist. Die Gründung eines Landespolizeiamtes führt zentral wahrzunehmende Aufgaben in sinnvoller Weise zusammen. Die Beziehungen der Polizei zu Staatsanwaltschaften und Gerichten sowie der Schutz-, der Kriminal-, der Bereitschafts-, der Verkehrs- und der Wasserschutzpolizei untereinander sind durch Vereinbarungen und Vorschriften regelbar. Warum sollte das auch nicht so sein?
Es ist gut, dass dort, wo Strukturen nicht vollständig angepasst werden können, weil sie nicht ganz zueinander passen, ein Probelauf von zwei Jahren und eine Evaluation vorgesehen sind. Das heißt, es ist hier nichts in Beton gegossen worden. Natürlich wollen wir nicht, wie mancherseits befürchtet, das Gesetz im Schweinsgalopp durchziehen. Natürlich wollen wir ein ordentliches Anhörungsverfahren. Das ist ganz klar. Natürlich wollen wir im Ausschuss Fragen stellen wie beispielsweise nach der Notwendigkeit der Veränderungen bei der Mitbestimmung. Dennoch ist es richtig, schon jetzt Organigramme und Geschäfts
verteilungspläne zu erstellen. Das ist von Ihnen kritisiert worden.
Es ist genauso richtig, schon jetzt Daten für die personelle Umsetzung der Reformergebnisse zu erheben und die Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gespräche zu führen. Es ist richtig, schon jetzt Unterbringungs- und Umzugspläne zu erstellen. Es ist genauso richtig, schon jetzt die vielen Fragen, die sich mit den einzelnen Dienststellen befassen, einer Lösung oder einem weiteren Verfahren zuzuführen. Damit wird kein Parlamentsbeschluss vorweggenommen. Denn wer sich einmal mit Organisationspraxis befasst hat, wird wissen, dass zu seinem umfassenden Organisationsvorschlag natürlich auch die entsprechenden Detailregelungen gehören. Das ist Teil des Nachweises der Realisierbarkeit, im Projektauftrag enthalten und in den Informationsbriefen nachlesbar. Wie sollte sonst die Frage, wie das im weiteren Verfahren alles umgesetzt werden soll, qualifiziert beantwortbar sein?
Etwas abwegig ist auch die Kritik des Kollegen Schlie, in dem Gesetzentwurf würden zu viele Regierungsermächtigungen für weitere Regelungen stehen; das müsse alles ins Parlament gezogen werden. Sonst wollen Sie Überregulierung vermeiden, in diesem Fall anscheinend nicht. Wahrscheinlich haben Sie auch nicht in das Polizeiorganisationsgesetz von 1994 geguckt. Bei Google hat das nach dem Schweizer Polizeiorganisationsgesetz die zweithöchste Anklickzahl in der letzten Zeit gehabt. Gucken Sie nach, wie viele Ermächtigungen dort enthalten sind: genauso viele, bis auf die Ermächtigung für die Übergangsvorschriften in dem § 13. Ich frage mich, warum dieser Prozess nicht einfach weiterhin wie bisher vom Innen- und Rechtsausschuss begleitet werden kann.
In einem Unternehmen mit über 8.000 Mitarbeitern wie der Landespolizei ist Organisation ein Dauerprozess. Viele Details der Polizeireform III sind nicht für die Ewigkeit festgeschrieben. Gerade die Regelung durch Dienstvorschriften - auch hierfür gibt es Mitbestimmungsverfahren - macht eine flexible Handhabung möglich, weil manches ganz einfach erst erprobt werden muss.
Im Entstehungsverfahren hat es an der einen oder anderen Stelle bedeutende Korrekturen gegeben. Sie kennen die Stichworte. Die Nachvollziehbarkeit aller Entscheidungen ist gegeben.
Mein Fazit: Es muss niemand vor der Polizeireform Angst haben, aber es muss auch niemand Angst vor dieser Polizeireform verbreiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Reform gibt uns die Chance, in diesem Land Polizeiarbeit mit einer zweckmäßigen Struktur an zeitgemäß eingerichteten Arbeitsplätzen mit den erforderlichen Arbeitsmitteln und mit ordentlich bezahlten Mitarbeitern zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger besser zu leisten. Diese Chance werden wir nicht zerreden, sondern wir werden sie nutzen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal vielen Dank an die Landesregierung für den ausführlichen mündlichen Bericht. Der wird dann ja auch noch schriftlich ergänzt werden.
Kolleginnen und Kollegen, aus dem Tarifgeschäft haben wir uns als Politik eigentlich weitgehend herauszuhalten. Die aus der Koalitionsfreiheit des Grundgesetzes abgeleitete Tarifautonomie gebietet das auch. Tarifverhandlungen sind Sache der Tarifparteien. Wenn es um den öffentlichen Dienst geht, wird das manchmal etwas schwierig. Einerseits haben wir mit der Beamtenbesoldung ein besonderes System, auf das wir unmittelbar Einfluss nehmen können, andererseits zwingt uns nicht nur die Haushaltssituation, sondern auch die Gleichbehandlung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst zu Positionsbestimmungen. Mit diesen Zwängen sollten allerdings alle politischen Akteure verantwortungsbewusst umgehen.
Es ist richtig, dass wir im Beamtenrecht für eine Öffnungsklausel eingetreten sind. Wir halten eine Neuregelung beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld für Arbeiter- und Angestellte entsprechend der Regelungen für Beamte für erforderlich.
Es ist auch richtig, dass wir für ein eigenes Beihilferecht in Schleswig-Holstein eintreten, um die teilweise absurden Regelungen des Bundesrechts hier bei uns zu vermeiden. Und es ist weiter auch richtig, dass die Beförderungsstruktur nicht nur bundesweit, sondern auch innerhalb unseres Landes von Kommune zu Kommune sehr unterschiedlich ist.
Das sind alles Sachverhalte, die sich vor allem daraus ergeben, dass wir noch immer kein einheitliches öffentliches Dienstrecht haben. Das sind Sachverhalte, die aber den Rahmen des Bundes nicht verletzten. Dieser Rahmen wird nicht von der Regierung in Frage gestellt. Dazu gibt es auch den Antrag der CDU und ich verweise in diesem Zusammenhang auf das Papier der Landtagspräsidenten - Heinz-Werner Arens ist leider nicht im Raum - aus dem April, das hierzu eine Klarstellung enthält.
Was sich allerdings die Mehrzahl der öffentlichen Arbeitgeber – namentlich die B-Länder – im Tarifbereich gegenwärtig erlaubt, geht weit über diese Punkte hinaus und gefährdet die Tarifautonomie und den Flächentarifvertrag, die sich beide in der Vergangenheit bewährt haben.
Die B-Länder unterlaufen damit auch die Vereinbarung zur Neugestaltung des Tarifrechts vom 9. Januar 2003, in der unter anderem ausgeführt ist:
„Die Tarifparteien sind sich darin einig, dass der öffentliche Tarifverbund zu erhalten ist... Bei der Neugestaltung des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes lassen sich die Tarifparteien von folgenden wesentlichen Zielen leiten...
- eine Auswahl: „Lösung vom Beamtenrecht, einheitliches Tarifrecht für Angestellte und Arbeiter.“
Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder mit der CDU/FDP-Mehrheit pfeift mittlerweile auf diese Ziele, Herr Kayenburg. Damit wird die Gemeinsamkeit aller öffentlichen Arbeitgeber inklusive Bund und Kommunen - gucken Sie sich mal die letzten Mitteilungen des Landkreistages an - zerstört. Damit wird die Tarifgemeinschaft selbst zerstört, denn Hessen ist ja schon ausgetreten; andere reden über einen Ausstieg. Damit wird zu Regelungen zur Wochenarbeitszeit wie in Bayern ermuntert, was immer diese auch bringen sollen. Damit werden Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst gefährdet und betriebsbedingte Kündigungen immer wahrscheinlicher. Peter Harry Carstensen - je nachdem, wie der Wind gerade weht- lässt grüßen!
Die B-Länder haben die Verhandlungen zu Urlaubs- und Weihnachtsgeld - wahrscheinlich sehr bewusst - gründlich missverstanden und nutzen dies zu einem Großangriff auf Tarifautonomie und Flächentarifvertrag. Maßnahmen, die gerade dazu dienen sollten, den Flächentarifvertrag - insbesondere den BAT; der Finanzminister hat darauf hingewiesen - zu entwickeln und zu stärken, werden zur Tarifflucht missbraucht. Es kommt einem vor wie die Rache für das Scheitern der Gesetzesinitiativen von CDU/CSU und FDP im Bundestag vor gut einem Jahr, als noch gefordert wurde, Tarifverträge zugunsten betrieblicher Regelungen aufzuweichen und auf diesem kalten Wege die Beteiligung der Gewerkschaften an der Regelung von Löhnen und Arbeitsbedingungen zu unterlaufen.
Ich erinnere mich noch gut an die Proteste vor dem Landeshaus zu Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Und ich erinnere mich auch noch sehr gut an die Krokodilstränen der Opposition an dieser Stelle. Das Ver
halten der B-Länder bestätigt leider, dass die Befürchtungen der Gewerkschaften, die damals geäußert worden sind, gerechtfertigt waren. Aber die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst und ihre Gewerkschaften werden wissen, wer mit ihnen in dieser Frage ehrlich umgeht und verhandelt und wer Beförderungen - gelegentlich das volle Urlaubs- und Weihnachtsgeld - verspricht und wie die Arbeitswirklichkeit in den Ländern aussieht, wo diese Leute regieren.
Lieber Herr Finanzminister, für Ihr geschildertes Vorgehen haben Sie unsere Unterstützung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte, der Minister beginnt,
aber dann darf ich beginnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie an den großen Beifall hier im Parlament zum Ausscheiden von Dr. Bäumler aus dem Amt des Leiters des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz bei unserer letzten Sitzung erinnern. Ich denke, das hat deutlich gemacht, dass der Datenschutz und die Datenschützer in unserem Land ein hohes Ansehen besitzen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch noch einmal Herrn Dr. Bäumler für seine Arbeit danken und Herrn Dr. Weichert für seine Funktion alles Gute und viel Erfolg wünschen.
Wahrscheinlich werden sich beide freuen, dass sie Freitagnachmittag hier nicht mehr zu erscheinen brauchen; vielleicht haben sie aber auch gar nicht erfahren, dass wir diesen Punkt jetzt schon beraten.
Beim Stichwort Erfolg sind wir auch schon beim Tätigkeitsbericht 2004 für das vergangene Jahr. Erfolgreich passt deshalb, weil es dem Datenschutzzentrum gelungen ist, sich aufbauend auf das Gütesiegel und das Datenschutzaudit zu einem Innovationszentrum - so nennt sich das - weiterzuentwickeln. Dafür erhält das Unabhängige Landeszentrum sogar Mittel aus dem Regionalprogramm. Und wir werden uns an das Kürzel ULDI gewöhnen müssen. Das Landeszentrum hat sich damit von einer reinen Aufsichtsbehörde zu einem innovativen Dienstleister weiterentwickelt. Das kann beispielhaft für andere Bereiche der öffentlichen Verwaltung sein - trotz aller Liebe zum Subsidaritätsprinzip.
Daneben gibt es im Datenschutzbericht natürlich eine ganze Reihe von Punkten des klassischen Daten
schutzes, zu dem eine etwas politischere Bewertung erforderlich ist. Da sind zuerst Themen wie DNAAnalyse, Überwachung der Telekommunikation und Speicherung der Verbindungsdaten - Themen, die uns im Landtag immer schon beschäftigt haben und die uns nach den Ergebnissen der Innenministerkonferenz im Juli erneut beschäftigen werden. Und dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir auch die vorschnellen, zum Beispiel bei der DNA-Analyse im Strafverfahren, und teilweise verworrenen, zum Beispiel bei der Überwachung der Telekommunikation, CDU-Initiativen zu diesem Themenbereich zu einer sinnvollen Abarbeitung
- ja, Herr Dr. Wadephul -, ganz sicherlich auch gemeinsam mit dem Innenminister, bringen.
Landesbezogen sind auch noch einige andere Punkte bemerkenswert. Die nach den Anschlägen des 11. September 2001 eingeführte Rasterfahndung hat bisher nicht zur Ermittlung von Tatverdächtigen geführt. Dieses relativ starke Eingriffsinstrument hat sich damit offenkundig nicht bewährt.
Daher müssen wir nach der Evaluation im kommenden Jahr auch die notwendigen Konsequenzen ziehen. Zu diesen Konsequenzen kann auch gehören, andere erfolgreichere Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung auszubauen. Deshalb sollte eigentlich eine Evaluation aller vor dem Terrorhintergrund eingeleiteten Maßnamen erfolgen. Die Rasterfahndung war da nur ein Punkt. Ich denke, das würde dem Rechtsstaat sehr gut bekommen.
Ein weiterer Punkt: Mit der Kommunalverfassungsreform wurden die Kontrollrechte der Gemeindevertreter gestärkt. Auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes war das auch so gewollt. Nun scheint es bei der Handhabung dieser Vorschriften Unsicherheiten zu geben. Ich kann mir aus meiner eigenen kommunalen Praxis auch gut vorstellen, wie diese Unsicherheiten aussehen. Soweit hier eine Klarstellung erforderlich ist - worauf im Bericht hingewiesen wird -, muss sie meiner Ansicht nach vor allen Dingen auch beinhalten, dass Bürgermeister und Verwaltung sich nicht hinter dem Datenschutz verstecken dürfen, was sie wohl manchmal sehr gern tun.
Unterstützen möchte ich die Aussage in dem Bericht, dass die Landesregierung die Realisierung von EGovernment-Lösungen weitgehend ohne elektronische Signatur voranbringen sollte. Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich das in Bremen einmal in der Praxis angeschaut. Dabei waren wir, Frau Vorsitzende Schwalm - sie guckt sich gerade Bilder an; vielleicht die von unserer Reise -,
eigentlich alle ziemlich ernüchtert von dem geringen Erfolg, den die elektronische Signatur in Bremen gezeigt hat, und vor allen Dingen auch von dem komplizierten und teuren Verfahren. Ich denke, die Erfahrungen anderer Bundesländer sollten bei dieser Frage beherzigt werden. Es gibt Dinge, die weit weniger kosten und Erfolg versprechender sind.
Gespannt bin ich auf die Ausschussdebatte über die erste Videoüberwachung eines Schulraumes, die in dem Bericht erwähnt wird. Kritzeleien und Einritzungen auf den Schultischen sollen so vermieden werden, da andere Anstrengungen dort nichts bewirkt haben. Da scheint es ähnlich auszusehen wie in unserem alten Landtagssitzungssaal auf den Bänken. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die Schülerinnen und Schüler trotz der PISA-Ergebnisse einen Weg finden werden, die Kamera auszutricksen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, dass sich Datenschutz mit vielfältigen und interessanten Themen befasst. Ich möchte nicht versäumen, zum Schluss meiner Rede nicht nur den Chefs des Datenschutzes, sondern auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre engagierte Arbeit zu danken, die sich hier in diesem Bericht widerspiegelt. Den Bericht sollten wir zur abschließenden Beratung an den Innen- und Rechtsausschuss überweisen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Thorsten Geißler, erst einmal möchte ich mich für Ihre Positionierung in vielen Debatten zum Thema „Datenschutz“ bedanken. Die Unterschiede in dieser Frage waren in der Vergangenheit zwischen unseren Fraktionen nicht allzu groß. Ich hoffe, dass mit oder trotz Ihrem Ausscheiden aus dem Landtag der Datenschutz auch weiterhin in der CDU-Fraktion Gehör finden wird.
Nichtsdestotrotz natürlich ein paar kritische Anmerkungen zum CDU-Antrag und vor allen Dingen auch für das Hineingemuse von etwas, was in dem Antrag gar nicht drinsteht, nämlich der Bezug auf die Diskussion über das Telekommunikationsgesetz im Bundesrat. Das habe ich in dem Antrag nicht wieder gefunden; die Vorratsdatenspeicherung, sechs Monate, die sogar im Entwurf der Bundesregierung mit drin ist, ist gar nicht Gegenstand des Antrages. Das sollte deshalb auch aus der Debatte herausgehalten
werden. Das werden wir sicherlich im Zuge der Diskussion der Vorschläge der Innenministerkonferenz, der Vorschläge, die auch Innenminister Buß gemacht hat, im Innen- und Rechtsausschuss tun. Das steht hier aber so nicht drin.
Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion will eine Erweiterung des Straftatenkatalogs, für den eine Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation angeordnet werden darf, wenn ein entsprechender Anfangsverdacht begründet wird. Diese Ergänzung erscheint auf den ersten Blick sinnvoll. Damit soll eine Anpassung der Strafprozessordnung an die technologische Realität erfolgen. Herr Geißler hat versucht, das zu begründen. Allerdings ist Telekommunikation nicht nur Internet, das kann man auch über das Fax-Gerät, über das Telefon machen. Alle diese Möglichkeiten sind in § 100 a der Strafprozessordnung zusammengefasst.
Es ist also sinnvoll, wenn wir im Innen- und Rechtsausschuss auch die Aussagen und den Sachverstand von Kriminologen heranziehen würden, um hier tatsächlich eine qualifizierte Auswahl für eine Bundesratsinitiative, die dann möglich werden könnte, treffen zu können. Diese Initiative sollte den Anforderungen einer wirksamen Strafverfolgung entsprechen, ein reiner Wunschzettel reicht hierfür nicht aus.
Dabei muss natürlich auch der Umfang des Grundrechtseingriffs durch eine solche Regelung vor Augen geführt werden. Außerdem darf man natürlich nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen. Man muss schauen, ob das wirklich relevant ist bei den hier aufgeführten Straftaten, eine solche Änderung vorzunehmen, oder ob man da nicht einmal ganz andere Dinge ins Visier nehmen müsste.
Ebenso sind die Stellungnahmen von Praktikern erforderlich, inwieweit die Polizei die Anordnung der Speicherung der Verbindungsdaten treffen sollte. Nach § 100 b der Strafprozessordnung darf das ja jetzt nur durch den Richter oder bei Gefahr in Verzug durch den Staatsanwalt angeordnet werden. Da sind wir bei einem Thema, das wir auch schon bei der Durchführung der DNA-Analyse hier diskutiert haben, das hier eine Rolle spielt, nämlich inwieweit von dem Richtervorbehalt abgewichen werden sollte oder ob man das Verfahren effektiver gestalten kann.
Ich denke, bei der letzten Möglichkeit werden wir uns sicherlich ein Stück näher kommen. Oder wollen Sie eine Differenzierung von der Erhebung von Verbindungsdaten, also wer wann und wie viel an Daten übermittelt hat und der Aufzeichnung der Inhalte? Soll das getrennt werden? Das wird aus dem Antrag alles nicht so klar. Der Antrag ist dort nicht so fürch
terlich präzise und es ist einiges an Sortierarbeit aus unserer Sicht notwendig, um aus diesem Antrag noch etwas Sinnvolles zusammenzubasteln. Wir brauchen uns an dieser Stelle aber nicht lange zu zerstreiten. Wir würden den Vorschlag gern im Ausschuss überprüfen und dort zu einer sachlichen Positionsfindung kommen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem ersten Absatz des Antrages der CDU-Fraktion, der Forderung nach einer Verbesserung der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Deutschland, können wir sicherlich alle zustimmen. Die Bundesregierung hat das in ihrem Bereich ja auch schon mit der Einsetzung eines Geheimdienstkoordinators getan.
Bei der Frage, wie so etwas auf Länderebene konkret aussehen kann, wird es dann schon etwas schwieriger, denn die Aufgabenstellung und Aufgabenwahrnehmung des Verfassungsschutzes ist etwas ganz Besonderes. Getrennt von der polizeilichen Exekutive
dient der Verfassungsschutz lediglich der Erhebung von Informationen. Dabei kann er nachrichtendienstliche Mittel einsetzen, und er macht damit schon einmal etwas ganz anderes als die 16 Staatsschutzabteilungen der Landeskriminalämter. Seine Aufgabenstellung ist schon gar nicht vergleichbar mit der eines Statistischen Landesamtes oder eines Eichamtes oder gar einer zu schaffenden Küstenwache.
Das Grundgesetz beschreibt in Art. 73 den Verfassungsschutz als gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern. Das schließt Länderzusammenarbeit natürlich nicht aus. Gerade im Quellenbereich geschieht das ja auch. Wenn es nun gerade dort zu Übermittlungsmängeln gekommen ist, wie bei dem NPDVerbotsverfahren ja leider deutlich wurde, müssen diese abgestellt werden, keine Frage, doch ist Schleswig-Holstein nicht für die Schwierigkeiten, in denen der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz steckte, verantwortlich. V-Mann-Berichte sollen normalerweise an alle Verfassungsschutzbehörden, auch an das Bundesamt, gehen. Hier bei uns funktioniert das auch. Daher kann unserem Verfassungsschutz auch für seine solide Arbeit gedankt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim norddeutschen Verbund käme als weiteres Problem hinzu, dass unterschiedliche Schwerpunktsetzungen miteinander konkurrieren müssten. In Hamburg stellt sich die ins Visier zu nehmende Szene in ihrer Konzentration auf die große Stadt ganz anders dar als bei uns oder in Mecklenburg-Vorpommern mit besonderen Lagen im Bereich des Rechtsextremismus, wo man aufgrund der Vergangenheit eine ganz spezielle Situation hat ebenso wie mit kommunistischen Resten, die es hier gar nicht so gibt. Das würde es auch praktisch schwierig machen mit der Zuteilung der Aufgabenschwerpunkte, wie von der CDU vorgeschlagen. Diese Probleme würden sich in einem gemeinsamen politischen Kontrollausschuss natürlich widerspiegeln. Die verfassungsrechtlichen Bedenken hierzu hat der Minister vorgetragen.
Unabhängig davon können die Verfassungsschutzbehörden natürlich viel voneinander lernen. Gerade in der Aufgabenwahrnehmung und in der Außendarstellung hat unser Verfassungsschutz viel von Hamburg gelernt von der Art, die die Herren Lochte und Uhrlau in den 80er-Jahren entwickelt haben.
Ich beantrage daher, Frau Präsidentin, die Überweisung, wie Herr Kollege Schlie das schon gesagt hat, an den Innen- und Rechtsausschuss; denn dem Ziel eines effektiven Verfassungsschutzes fühlen wir uns natürlich auch verpflichtet. Das ist gar keine Frage.
Wenn es dazu notwendig ist, Strukturen zu verändern, wollen wir das natürlich auch tun, aber vielleicht auch anders und auf einer sichereren Grundlage, als sie der CDU-Antrag bietet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten an dieser Stelle nach langer Zeit wieder einmal den aktuellen Verfassungsschutzbericht. In den verbleibenden zwei Minuten zwei kurze Anmerkungen dazu.
Erstens. Die Bedrohung durch rechtsradikale Gewalttäter ist immer noch vorhanden und auch die rechte Subkultur wächst. Von daher bleibt es wichtig, neben diesem Bericht regelmäßig über die Maßnahmen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zu berichten. Präventive Schritte, Aussteigerprogramme, Opferschutz und entschlossenes Vorgehen gegen diese Szene bleiben dabei die Eckpunkte für nachhaltige Maßnahmen. Die Verurteilung des Ex-NPD-Landeschefs Borchert ist angesprochen worden. Sie ist vor diesem Hintergrund eine gute Nachricht, zumal sich in seiner Person Verflechtungen von rechtsextremem und kriminellem Milieu spiegeln. Die dreieinhalb Jahre haben hoffentlich eine abschreckende Wirkung auf viele andere Menschen.
Die Ergebnisse der heute beginnenden OSZE-Konferenz zur Bekämpfung des Antisemitismus in Berlin sollten wir uns genau anschauen und vielleicht dann auch unsere Aktivitäten hier im Lande entsprechend ergänzen und schauen, was dabei herauskommt.
Zweiter Punkt. Mehrfach angesprochen wurden Muslime. Auch wenn die Ideen der gewaltbereiten Muslime in Schleswig-Holstein kaum Anhänger finden, so der Bericht, gibt es doch Entwicklungen, die Beachtung finden müssen. Die Tatsache, dass sich die islamische Gemeinschaft Milli Görüs, die bedeutendste nicht militante islamische Organisation, aufgrund von Entwicklungen in der Türkei in einer politischen Krise befindet, weist auf ein organisatorisches, aber nicht auf ein Potenzialproblem hin. Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht von rund 3.000 radikalen und rund 4.000 weiteren Islamisten aus. Der Soziologe Eberhard Seidel hat das im Vergleich auf die deutschstämmige Bevölkerung und den Rechtsextremismus umgerechnet und kommt dann zu dem Ergebnis, dass wir es dann mit 80.000 statt 10.000 gewaltbereiten Rechtsextremisten zu tun hätten und nicht nur 40.000, sondern 1,2 Millionen Menschen, die bei DVU, Reps und NPD und Co. organisiert wären. Die kleine Minderheit, die der Verfassungsschutzbericht auf Seite 63 beschreibt, darf also nicht unterschätzt werden. Daher macht der Innenminister an dieser Stelle nicht Politik aus dem Bauch heraus - wie es in einer Presseäußerung der
FDP zu lesen war -, sondern liegt an dieser Stelle genau richtig.
Wir haben gewiss eine Bringschuld in Richtung Akzeptanz des Islams in unserer Gesellschaft zu leisten; das hat die vorherige Diskussion deutlich gemacht. Das muss aber auch dazu führen, dass wir uns beim Thema Integration ebenso mit jenen Gruppen auseinander setzen, die mit den Grundsätzen unserer Politik in unserer Republik nur wenig gemein haben. Sonst wird das Unbehagen vieler deutscher Bürger gegenüber dem Islam nicht geringer werden, weil Islam und Islamismus gerne miteinander vermengt werden. Von daher sollten wir den Verfassungsschutzbericht weiter im Innen- und Rechtsausschuss diskutieren. Stoff dafür gibt es genug.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal der Dank der Fraktion an die Landesregierung, dass der Bericht so schnell schon zu dieser Tagung vorgelegt worden ist. Wer einmal die Nase in den Bericht gesteckt hat wird feststellen, dass dieser Bericht mit sehr viel Engagement geschrieben worden ist, was man an einigen Formulieren gut nachvollziehen kann. Die Kollegin Schwalm hat schon ein Beispiel gebracht.
Die wesentliche Erkenntnis aus diesem Bericht ist tatsächlich: Gesetzliche Krankenversicherung und Beihilfe sind zwei völlig verschiedene Leistungssysteme, die nicht miteinander kompatibel sind. Das macht es schwierig, beide Systeme für alle Versicherten inklusive Beamte gleichwertig zu gestalten. Alle Vergleiche sind mit Vorsicht zu betrachten. Nur auf den ersten Blick ist das System der Beihilfe das kostengünstigere. Die Übernahme der Änderungen des Beihilferechts des Bundes auf der Grundlage des GKV-Modernisierungsgesetzes ist durch die Regelung in unserem Landesbeamtengesetz - auf § 95 ist hingewiesen worden - zwar folgerichtig, aber inhaltlich nicht immer nachvollziehbar - der Finanzminister hat hier einige Beispiele genannt -, und ist bislang ja auch nur auf der Grundlage der 27. Änderung der Beihilfevorschriften erfolgt. Das ist im Amtsblatt Nummer 4 dieses Jahres schon veröffentlicht worden.
Die Übernahme der 28. Verordnung der Beihilfevorschriften - da geht es beispielsweise um die erhöhte Praxisgebühr - ist noch nicht erfolgt und sollte tatsächlich auch verhindert werden. Mit dieser Ände
rung würde eine ungerechtfertigte Höherbelastung der Beamtinnen und Beamten über die Praxisgebühr erfolgen, ohne dass darüber hinaus die angestrebte Beitragsentlastung bei der Krankenversicherung die Beamten wieder erreichen würde. Sie werden also quasi doppelt bestraft. Daraus sind Konsequenzen zu ziehen. Das Landesbeamtengesetz ist zu ändern, um eine eigene landesrechtliche Regelung zur Beihilfe zu ermöglichen, wie es in vielen Bundesländern schon der Fall ist. Die Anlage zum Bericht haben Sie sich vielleicht angesehen. Vielleicht wird das auch in einem norddeutschen Verbund möglich. Wie notwendig das ist, hat die Kollegin Schwalm gerade vor dem Hintergrund der Fusionen genannt, obwohl es bedauerlich ist, weil wir da zu einem Regelungsflickenteppich im Bund beitragen, was auch von den Gewerkschaften zu Recht immer wieder kritisiert wird. Es ist aber in diesem Fall der Bund, der sich wirklich einmal überlegen sollte, was er da tut, ob das inhaltlich und auch rechtlich überhaupt richtig ist. Mit der 28. Änderung des Beihilferechts ist eine Grenze des Zumutbaren überschritten worden. Von daher nehmen wir auch die Zustimmung von Frau Schwalm zu einer Gesetzesinitiative sehr gerne auf. Vielleicht können wir das Ganze zügig umsetzen, vielleicht auch im Verfahren um die Neufassung des LBG. Darüber müssten wir im Ausschuss noch einmal reden.
Die Eckpunkte der Landesregierung für eine solche neue Regelung sind genannt worden. Für uns ist es dabei ganz wichtig, dass eine sozialere Staffelung der Beihilfeanteile - diese gibt es in gewisser Weise auch schon - in das neue Recht aufgenommen wird. Bei der Weihnachts- und Urlaubsgeldregelung ist die soziale Staffelung zunächst ja auch auf Kritik gestoßen. Die Veröffentlichung eines Vergleichs der Bundesländer von vor ungefähr drei Wochen im „Focus“ hat aber deutlich gemacht, dass wir im Bundesvergleich am arbeitnehmerfreundlichsten gehandelt haben und dennoch die Landeskasse entlasten konnten.
Wie Sie den Rechenbeispielen des Finanzministers entnehmen können, bevorteilt die Beihilfe den jungen ledigen Beamten. Verheiratete, deren Partner Familienarbeit leisten, werden bestraft. Hier sind Korrekturen notwendig und über Selbstbehaltregelungen auch zu erreichen.
Es ist natürlich auch darauf zu achten, dass keine Bevorteilung von Beamtinnen und Beamten gegenüber anderen Krankenversicherten erfolgt. Der Finanzminister hat in seinem Beitrag einige Reizthemen - zum Beispiel die Brille, den Zahnersatz und Kurmittel - genannt. Hier muss ganz genau hingeschaut und geprüft werden, wie so etwas zu regeln ist.
Allerdings werden Unterschiede - zum Beispiel bei der Altersversorgung, bei der Besteuerung des Einkommens und aufgrund der fehlenden Arbeitslosenversicherung - systembedingt immer unvermeidbar bleiben. Dennoch sollten wir uns natürlich bemühen, den Vorurteilen gegenüber dem Beamtentum nicht noch neue Nahrung zu geben, sondern sie zu beseitigen.
Ich meine, diese Materie macht deutlich, dass wir eine grundlegende Reform des öffentlichen Dienstes über die Beihilferegelungen hinaus brauchen. Das haben wir hier ja vor kurzem diskutiert.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Drucksache 15/3110 als gemeinsamer Antrag der drei Fraktionen und des SSW geht tatsächlich über das hinaus, was der Ausschuss beschlossen hat. Darüber müsste noch abgestimmt werden, weil es auch das Landesverwaltungsgesetz betrifft.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie merken es: An einem „Stasi-Check“ auf der Grundlage der nunmehr vorliegenden RosenholzDateien scheiden sich die Geister. Der Kollege Schlie hat darauf hingewiesen. Wenn man die Presse der letzten Wochen anschaut, wird ersichtlich, dass sich die Meinungen hierzu quer durch alle Parteien bewegen. Dabei zeigt sich eine Art Ost-West-Konflikt. Ostdeutsche Politiker sind eher pro und westdeutsche Politiker eher contra einer Stasiüberprüfung von Mandatsträgern eingestellt. Das ist alleine schon aus der räumlichen Nähe und der daher unterschiedlichen Wahrscheinlichkeit von persönlichen Beziehungen zur Stasi nachvollziehbar. Aber den RosenholzDateien sind unter anderem rund 1.900 Namen von Westdeutschen - ich nenne sie einmal: - „Spionen“ genannt, die für die DDR tätig gewesen sein sollen. Daher besteht natürlich auch ein West-Interesse.
Auch wenn ein Großteil der daraus ermittelbaren Straftaten bereits verjährt ist, haben die Dateien eine besondere politische Bedeutung in Bezug auf Menschen, die, wie es so schön heißt, im Kriegs- und Spannungsfall eingesetzt werden sollten, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Dass aber nicht immer freiwillig eine Aufnahme in diesen Personenkreis erfolgte, wissen wir spätestens seit dem Fall Günther Wallraff. Dass das Material von einem Unrechtsregime unter Missachtung aller Bürgerrechte mit dem Ziel der Unterdrückung von politischen Bewegungen und auch zur Begehung von Straftaten zusammengetragen wurde, wissen wir auch. Daher gibt es auch keine Garantie, dass das, was da zusammengetragen wurde, auch stimmt. Vielleicht ist es nur stimmig gemacht worden. Deshalb ist auch der Aussage- und Beweiswert der Rosenholz-Dateien immer noch ungeklärt und umstritten. Selbst auf der Webseite der Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen wird gewarnt - ich zitiere -:
„Eine umfassende Aufarbeitung der Tätigkeit der Hauptverwaltung Aufklärung wird erst dann möglich sein, wenn alle o. g. Unterlagen zurückgegeben wurden und diese auch mit anderen bei der BStU schon vorhandenen Karteien, Dokumenten und Unterlagen in Bezug gebracht werden können. Bei nur punktueller Nutzung der Informationen kann es schnell zu Fehlinterpretationen kommen.“
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, das ist nun keine oder zumindest noch keine Basis für eine sichere Überprüfung.
Des Weiteren ist natürlich ein Stasi-Verdacht in der politischen Auseinandersetzung auch ein beliebtes Vehikel, um Politiker in Misskredit zu bringen. Denken Sie an die Vorwürfe gegen Björn Engholm, beispielsweise aus Richtung „Focus“die sich dann zwar vor Gericht in Luft auflösten; aber hängen bleibt natürlich immer etwas. Daher sollte man diesen Dingen wirklich sehr sensibel umgehen.
Wir gehen ja auch sehr sensibel mit den besonderen Methoden zur Verfolgung von Straftaten in diesem Land um. Denken Sie an die Rasterfahndung und auch andere Dinge im Bereich des Datenschutzes. Hierin sind wir uns oftmals weitgehend einig. Nun sollen wir also selbst ein solches Raster durchlaufen. Was soll das aber alles, wo Sie doch gerade gesagt haben, es gebe nicht den Funken eines Verdachts. Das lässt befürchten, Herr Schlie, dass es zur kommenden Tagung einen CDU-Antrag geben könnte, die Registrierung beim Verfassungsschutz - das ist ja auch sehr interessant - oder die Erfassung bei der Kriminalpolizei offen zu legen. Sollen wir uns das antun? Jeder Politiker ein potenzieller Spion, Straftäter oder Verfassungsfeind? Irgendwo gibt es auch eine Grenze.
Selbst wenn der Bundesrat in seiner Entschließung vom 26. September - Sie haben es angesprochen - Parlamentarier aus Bund und Ländern dazu aufruft, sich einer Stasi-Überprüfung zu unterziehen, muss das noch lange nicht angebracht sein. Stellen Sie sich einmal vor, wir beschließen den CDU-Antrag heute, einige Abgeordnete machen dabei nicht mit - das ist ihr gutes Recht auf informationelle Selbstbestimmung - und der Präsident veröffentlicht das. Dann sind wir nicht mehr bei einer notwendigen Aufarbeitung des DDR-Unrechts - da unterscheiden wir uns ja gar nicht -, sondern tatsächlich ein Stück weit der Stasi-Hysterie hinterhergelaufen, die niemandem gut tun wird.
Unabhängig davon wäre es für eine tatsächlich komplette Überprüfung der Landtagsabgeordneten beziehungsweise der Ministerinnen und Minister notwendig, das Abgeordnetengesetz beziehungsweise das Ministergesetz zu ändern; denn diese Überprüfung wäre eben ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Man kann also niemanden dazu zwingen. Dies einfach als Appell zu beschließen, steht also auch der Rechtssystematik entgegen. Selbst Sachsen und Sachsen-Anhalt, die diesen Antrag, soweit ich weiß, im Bundesrat mit eingebracht haben, führen Prüfungen nur verdachts
abhängig durch. In ihren eigenen Gesetzen haben sie das so geregelt. Dies nur als Hinweis.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist zweifellos sinnvoll und notwendig, die Geschichte der DDR und insbesondere das DDR-Unrecht aufzuarbeiten. Staatliche Straftaten sind zu verfolgen. Das ist ganz klar. Es darf keine Generalabsolution geben. Aber ein Generalverdacht gegen alle und jeden ist unverhältnismäßig und auch historisch unsachlich. Dies gibt nur jenen Kräften Auftrieb, die schon jetzt - es geht auch durch die Medien - die DDR verklären und von „Siegerjustiz“ sprechen.
Es gibt also wirklich viele gute Gründe, den CDUAntrag hier und heute abzulehnen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einer Diskussion, die wir nun seit mittlerweile über einem Jahr führen, kommen wir heute endlich zu
einem Schluss der Debatte über die Sonderzahlungen für Beamtinnen und Beamte. Angesichts der Heftigkeit der Auseinandersetzung möchte ich zu zehn kleinen Missverständnissen, die in diesem Jahr aufgetreten sind, Stellung beziehen.
Erstes Missverständnis: Sonderopfer öffentlicher Dienst.
Es stimmt, dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in der Vergangenheit für sie ungünstige Veränderungen, zum Beispiel in Sachen Arbeitszeit, hinnehmen mussten. Damit gewöhnt sich der öffentliche Dienst angesichts der wirtschaftlichen Lage an Situationen, die in der Privatwirtschaft alle Tage passieren, die aber dort bei weitem nicht so negative Konsequenzen haben. Die grundsätzliche Notwendigkeit, dass die Beamten einen Teil ihrer Besoldungserhöhung bei Weihnachts- und Urlaubsgeld wieder zurückgeben, ist vor dem Hintergrund der Haushaltssituation - darüber haben wir gerade gesprochen - genauso folgerichtig wie die Nullrunden für Regierungsmitglieder und Abgeordnete. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Landesdienst rauswerfen will bislang ja auch nur die CDU. Das wollen wir auf keinen Fall.
Zweites Missverständnis: Die Regelung sei im Vergleich zu anderen Ländern unsozial. - Ganz falsch!
Schleswig-Holstein hat durch die Staffelung und durch die relativ hohen Prozentsätze sowie durch den Sonderbetrag für Kinder die sozialste aller Regelungen.
Die Regelung in Nordrhein-Westfalen, Herr Kubicki, die höhere Prozentsätze bis zur Besoldungsstufe A 8 vorsehen soll - das alles ist ja noch nicht beschlossen -, würde auf Kosten der Versorgungsempfänger und durch geringere Urlaubsgeldzahlungen kompensiert. Bundesländer, die erst im nächsten Jahr in die Kürzung der Sonderzahlungen einsteigen - wie beispielsweise Bayern -, kompensieren dies durch Arbeitszeitverlängerungen - das ist schon angekündigt - oder durch Einschnitte bei der Beihilfe wie das Saarland. Der Grundsatz, dass starke Schultern mehr tragen müssen als schwache, bleibt beim Gesetzentwurf der Landesregierung gewahrt.
Drittes Missverständnis: Die Sonderzahlungsregelung führe in die Sozialhilfe. - Wieder falsch!
Der Regelsatz für die Sozialhilfe für den Haushaltsvorstand beträgt in Schleswig-Holstein zurzeit 296 €. Hinzu kommen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie gelegentliche Sonderbedarfe. Jemand, der beispielsweise in der Besoldungsstufe A 4 - also noch im einfachen Dienst - ist, allein stehend, 35 Jahre, erhält brutto etwas über 1.800 €. Selbst wenn man Steuern und Sozialversicherung abzieht, erreicht das nicht den Sozialhilfesatz von 600 €, den er wahrscheinlich beziehen würde. Wenn dieser A 4er verheiratet ist, zwei Kinder hat, eine Ehefrau hat, die zu Hause ist, käme er mit Wohngeld, Kindergeld und so weiter auf rund 2.600 €, während die Sozialhilfe bei vielleicht 1.500 € liegen würde. Selbst wenn man die dann geringen Steuern und die Sozialversicherung abzieht, wäre immer noch eine Differenz von gut 500 € vorhanden. Ein Sozialhilfesatz kann nur in Ausnahmefällen, wenn beispielsweise jemand mehrere Unterhaltszahlungen zu leisten hat, in Betracht kommen. Das Missverständnis weist eher auf andere Vorstellungen bei CDU und FDP hin, nämlich dass Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger in Saus und Braus lebten und wahrscheinlich viel zu viel Geld bekämen. Aber das ist eine ganz andere Debatte.
Viertes Missverständnis: Ein Verzicht auf das Weihnachtsgeld für Minister und Staatssekretäre könnte die alten Sätze für den einfachen und mittleren Dienst finanzieren.
Das ist schon rein rechnerisch nicht möglich, da man mit 70.000 € nicht 314.000 € von A 2 bis A 6 oder 5,3 Millionen € von A 7 bis A 9 finanzieren kann. Außerdem ist das tatsächlich eine Neiddiskussion. Es ist ganz putzig, dass sie gerade von der rechten Seite im hohen Haus angezettelt wird.
Fünftes Missverständnis: Der Finanzminister nimmt die Beschlussfassung des Parlamentes vorweg.
Nicht nur der Finanzminister, sondern auch die Kommunen werden sich auf die neuen Weihnachtsgeldsätze rasch einzurichten haben. Es ist klar, dass unser Beschluss dazu die Grundlage bildet. Es ist aber auch klar, dass Überzahlungen durch technische Bedingungen zu vermeiden sind. Die Folge wären Rückforderungen im Januar. Daran mag die Opposition vielleicht Spaß haben, die davon Betroffenen hätten daran bestimmt keine Freude.
Sechstes Missverständnis: Das neue Gesetz ist nicht befristet.
Das Gesetz hat in § 12 eine Überprüfungsklausel. Bis dahin ist auch klar, ob eine Festbetragsregelung, wie es sie bisher nur in Berlin gibt, eine Alternative ist.
Siebtes Missverständnis: Die Lebensarbeitszeit soll verlängert werden.
Den Antrag der CDU lehnen wir ab, weil wir das nicht wollen. Wir verkünden hier in aller Form, dass wir uns an die bestehenden Gesetze halten.
Achtes Missverständnis - die Gewerkschaften sind hier auch vertreten -: Die Gewerkschaften sind im Verfahren ausgebootet worden. - Im Gegenteil.
Seit einem Jahr laufen die Gespräche mit den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes. Im Ergebnis haben wir die vergleichsweise sozialste und höchste Variante bei den Sonderzahlungen und eine Überprüfungsklausel noch obendrauf. Die Gewerkschaften waren also ziemlich erfolgreich. Für das von Wolfgang Kubicki herbeigeführte Anhörungskuddelmuddel übernehmen wir keine Verantwortung. Das lassen wir uns auch nicht in die Schuhe schieben.
Neuntes Missverständnis: CDU und FDP haben ihre Liebe zur Gewerkschaftsbewegung entdeckt. - Ganz falsch!
Nur in der Opposition entdecken beide Parteien - das erkennt man auch an dem Verhalten in anderen Bundesländern - ihre Liebe zur Arbeiter- und Beamtenbewegung. Die Vorschläge ihrer Parteien zum Beispiel zu Tarifvertrags- oder Kündigungsschutzrecht sprechen eine ganz andere Sprache.
Ich komme zum Schluss. - Zehntes Missverständnis: Das Sonderzahlungsgesetz führe zu Korruption.
Dazu hat der Finanzminister schon etwas gesagt.
Die Fragen, die sich vor gut einem Jahr gestellt haben, haben wir mit diesem Gesetzentwurf mittlerweile sehr gut beantwortet. Wir wollen ihn umsetzen. Daher lehnen wir alle dazu vorliegenden Änderungsanträge ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat schon im März dieses Jahres als Punkt 2 ihrer Beschlüsse für mehr Bürgernähe und wirtschaftliche Verwaltungsstrukturen angegeben: Die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung durch Behörden des Landes und der Kommunen im Rahmen der Offensive für mehr Bürgernähe und wirtschaftliche Verwaltungsstrukturen in Schleswig-Holstein erhöhen sich, wenn die Ansätze von E- Government systematisch von Kommunen und Land weiterentwickelt werden. Die Landesregierung wird noch in diesem Jahr eine entsprechende Vereinbarung mit den Kommunen abschließen. Der
Minister hat hierzu einige Beispiele vorgetragen. Das Vorhaben wird von der SPD-Fraktion ausdrücklich unterstützt.
Zur wirksamen Umsetzung dieses Vorhabens ist es allerdings auch erforderlich, eine Vielzahl von Vorschriften zu ändern, was durch den vorliegenden Gesetzentwurf geschehen soll. Wir haben ja im Mai den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion - darauf ist schon hingewiesen worden - beraten und dieser Gesetzentwurf liegt im Innen- und Rechtsausschuss quasi auf Halde, bis die umfassendere Regelung durch das Innenministerium vorgestellt werden sollte, und die FDP-Vorschläge sind ja auch komplett übernommen worden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, schon im Mai waren wir uns einig, dass zweifellos immer mehr Bürgerinnen und Bürger über einen Internet-Anschluss nicht nur verfügen, sondern diesen auch zur Klärung von Behördenangelegenheiten nutzen möchten. Umfragen sprechen von 69 % der Bevölkerung, die dies wünschen. Staatliche Dienstleistungen sollen schneller und umkomplizierter in Anspruch genommen werden können.
Der Kollege Geißler hat auf eine Umfrage hingewiesen. 22 europäische Nationen sollen da geprüft worden sein. Auch die EU-Kommission hat geprüft, welche öffentlichen Dienstleistungen online verfügbar sind und hat in Deutschland 48 % dieser Dienstleistungen festgestellt. Das hört sich zwar relativ viel an, aber Deutschland belegt damit in dem EURanking nur Platz 16; führend sind die Schweden mit 87 %. Da ist also tatsächlich noch einiges zu tun. Da sind wir uns - glaube ich - einig.
Nach der Änderung der bundesrechtlichen Vorschriften sind nunmehr die landesrechtlichen Vorschriften zu verändern, insbesondere um den Gebrauch der digitalen Signatur umfassend zu ermöglichen. Das nützt nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, auch die IT-Branche sagt dem E-Government ein großes Wachstum voraus und hofft natürlich auf weitere Aufträge in einem Geschäft, das schon jetzt eine deutlich steigende Tendenz hat.
Was ich hier zurückweisen möchte, sind die Anmerkungen vom Kollegen Geißler, dass man da in der letzten Zeit sehr viel verschlafen habe. Das stimmt so nicht. Allein die Bundesregierung steckt zurzeit über 1 Milliarde € in das Projekt „bund online 2005". Die Chancen wurden wahrgenommen.
Wenn Sie im Juni beim E-Government-Forum der Landesregierung in Rendsburg dabei gewesen wären -
Ihre Kollegin Schmitz-Hübsch war dabei -, hätten Sie feststellen können, was im Lande alles schon passiert. Bremen in diesem Zusammenhang als Musterland zu nennen, ist ein bisschen verfehlt, weil Bremen tatsächlich das Musterland ist, nämlich für den gesamten Bund, und Bremen ganz bewusst nach vorn gestellt worden ist, auch von den Hochschulen. Bremen wird da auch in der nächsten Zeit immer noch führend sein, weil alle Forschungsmittel in Bremen konzentriert ausgegeben werden und nicht über alle 16 Bundesländer zu verteilen sind.
Ich denke, dass wir uns an diesem Punkt im Innen- und Rechtsausschuss schnell einig werden können. Ich mache es kurz, denn wir hatten im Mai eine große Einigkeit zur Veränderung dieser Rechtsvorschriften. Das werden wir im Innen- und Rechtsausschuss relativ rasch abarbeiten können.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich fange mit dem Bericht zur Zukunft des öffentlichen Dienstes an. Die Überschrift des Berichts führt allerdings etwas in die Irre. Denn der öffentliche Dienst hat natürlich eine Zukunft, solange es einen Staat und Aufgaben gibt, die dieser Staat zu erledigen hat.
Daran ändert auch die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips oder die Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf Private natürlich nichts. Es werden immer Kernbereiche des staatlichen Handelns bleiben und für ein soziales Gemeinwesen sind die Dienstleistungen des öffentlichen Sektors einfach unverzichtbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der öffentliche Dienst muss allerdings zukunftsfähiger werden, zumal er in manchen Bereichen - das wird zu Recht kritisiert - noch nicht einmal zeitgemäß arbeitet. Angesichts der relativen Leere der öffentlichen Kassen muss er effektiver und effizienter arbeiten. Das heißt, er muss mit weniger Personal mehr Aufgaben erledigen, ohne den Anspruch einer bürgernahen Verwaltung zu verlieren. Er muss die Vorurteile „zu teuer, zu ineffizient, zu wenig leistungsorientiert“ beseitigen, aber auch beseitigen können und vor allen Dingen
auch beseitigen dürfen. Dafür müssen wir den passenden Rahmen schaffen.
Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Fritz Behrens, hat den öffentlichen Dienst in einem Aufsatz kürzlich treffend mit einem Haus verglichen, welches in regelmäßigen Abständen einer Renovierung und Anpassung an zeitgemäße Erfordernisse bedarf. Er beschreibt die Situation nach der Auswertung der Ergebnisse der Regierungskommission zur Zukunft des öffentlichen Dienstes wie folgt:
„Nicht der Abriss des Hauses steht an, sondern dessen umfassende Renovierung. Noch kann sie gesteuert und planvoll durchgeführt werden. Man sollte nicht so lange warten, bis das Haus baufällig ist und die äußeren Handlungszwänge in der Folge so groß sind, dass keine Gestaltungsspielräume mehr bestehen.“
Diese Position Nordrhein-Westfalens ist auch auf Schleswig-Holstein übertragbar.
Bei diesen notwendigen Renovierungsarbeiten ist das öffentliche Dienstrecht - und um das geht es hier im Wesentlichen - einzubeziehen, damit das Gebäude keine statischen Probleme bekommt.
Auch die angestrebte Reform des Föderalismus - wir haben im Rahmen der Verwaltungsstrukturreform praktisch über unsere eigene kleine Föderalismusreform innerhalb des Landes gesprochen - sollte als Thema die Struktur des öffentlichen Dienstrechts aufnehmen, sonst bliebe das im Ergebnis nur halber Kram.
Eine Modernisierung des Dienstrechts - nicht nur des Beamtenrechts - ist also aus mehreren Gründen notwendig und folgerichtig. Daraus ergeben sich vor allem die Themenbereiche Bezahlung - um dieses geht es hier ja auch -, Leistungsgerechtigkeit, Aufstieg, Alterssicherung und Krankenversicherung. Zu all diesen Punkten hat die Bull-Kommission Vorschläge erarbeitet. Diese Punkte sind in SchleswigHolstein schon angegangen und teilweise umgesetzt worden; Herr Stegner hat darauf und auf die Initiativen im Bundesrat hingewiesen. Und Bundesgleichschritt ist wirklich notwendig. Das Beispiel der Lehrerbezahlung in unserem Land hat das deutlich gemacht.
Nur in nachgeordneten Bereichen wie beispielsweise bei den Sonderzahlungen, zu denen ich gleich noch etwas sagen werde, kann das ohne Grundgesetzänderung funktionieren; schon bei der Grundbesoldung fängt es leider zu haken an. Für eine Änderung des Grundgesetzes zur Änderung des Beamtenrechtsver
hältnisses ist bekanntermaßen ein parteiübergreifender Konsens erforderlich.
Herr Kayenburg hat in der Haushaltsdebatte vor vier Wochen von der Zukunft, die Vergangenheit sei, gesprochen. Wenn man Ihre Formulierung, Herr Kayenburg, auf das öffentliche Dienstrecht überträgt, wird man feststellen können,
dass das Beamtenrechtsverhältnis in herkömmlicher Form weitgehend Vergangenheit ist und tatsächlich nur noch in Teilbereichen eine Zukunft hat.
Es reicht völlig aus, wenn im Sinne der Rechsprechung des Europäischen Gerichtshofes Funktionen im diplomatischen Dienst, bei der Finanz- und Zollverwaltung, bei innerer und äußerer Sicherheit einschließlich Katastrophenschutz und Feuerwehr, Justiz sowie Leitungsfunktionen in den obersten Bundes- und Landesbehörden von Beamten wahrgenommen werden.
Es wäre gut, wenn Sie diesen grundlegenden Reformbedarf anerkennen würden. In Nordrhein-Westfalen reden nämlich Regierung und Opposition gemeinsam über diese Themen.
Wir haben vor vier Wochen auch über das Thema Bürgerversicherung gesprochen; das ist aus unserer Sicht ein guter Grundgedanke. Denn es darf nicht weiter möglich sein, dass sich bestimmte Personengruppen aus der gesamtgesellschaftlichen Solidarität verabschieden oder sogar - das ist total irrsinnig - verabschieden müssen.
Für die Masse der Beamtinnen und Beamten gibt es tatsächlich keinen Grund, sich weiter außerhalb der allgemein geltenden arbeitsrechtlichen, sozialversicherungsrechtlichen, tarifvertragsrechtlichen und mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften zu stellen.
Schleswig-Holstein hat das - wie schon gesagt - seit langem erkannt und viele Initiativen in Richtung Bund gestartet. Auch der Deutsche Städtetag, den Sie sonst gerne zitieren, sieht das so.
Schon seit den 70er-Jahren wird diese Diskussion geführt, und nach der Eiszeit der Kohl-Jahre wird sie hoffentlich bald zu einem guten Ende gebracht. Es müsste doch auch für Sie, Herr Kubicki und Herr Kayenburg, ein reizvolles und verlockendes Angebot
sein, gemeinsam mit uns in dieser Frage die Bundesregierung etwas auf Trab zu bringen.
- Warten Sie es ab, Herr Kubicki.
Weitere Änderungen des Landesbeamtengesetzes wie die Neuregelung zur Altersteilzeit - der Minister hat sie angesprochen - sind in der Pipeline. Daher sollten wir diesen Bericht natürlich auch zur abschließenden Beratung in den Innen- und Rechtsausschuss überweisen, um dort das Gesamtpaket öffentlicher Dienst zu beraten. Das passt dann dort auch gut zu den Themen Verwaltungsstrukturreform und Funktionalreform. Denn die Wirksamkeit dieser Vorhaben hängt natürlich auch davon ab, dass sie von motivierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die unter zeitgemäßen Bedingungen arbeiten können und nach einem leistungsgerechten Entgeltsystem entlohnt werden, umgesetzt werden können. Ein Verpuffen dieser Maßnahmen können wir uns nicht leisten.
Erinnern wir uns: In den „Lübecker Nachrichten“ vom 31. Oktober des Jahres 2002 wurde die Ministerpräsidentin in einem Interview über die Öffnungsklauseln beim Besoldungsrecht für Beamte befragt. Sie berichtete aus einer Arbeitsgruppe der Ministerpräsidentenkonferenz, die sich einen Tag zuvor mit einem entsprechenden Gesetzentwurf des Landes Berlin befasst hatte. Heide Simonis äußerte sich dazu wörtlich:
„Die Frage ist doch: Können wir die, die drin sind im System, immer weiter so besolden wie bisher? Zum Preis, dass niemand mehr zusätzlich hineinkommt und die öffentlichen Investitionen abnehmen. Oder wollen wir durch moderate, zeitlich befristete Nichtanpassungen an Besoldungs- und Tarifabschlüsse ein bisschen Freiheit gewinnen?“
Genau diese Fragen - sie sind richtig, weil sie sich jetzt stellen - beantwortet uns heute dieser zur Beratung vorliegende Gesetzentwurf.
Erinnern wir uns weiter: Es folgte vor dem Hintergrund der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und der Diätendebatte - das dürfen wir auch nicht vergessen - im eigenen Lande im November 2002 eine Landtagsdebatte, in der SSW, FDP und CDU Öffnungsklauseln im Besoldungsrecht durch entsprechende Anträge ablehnen lassen wollten.
Begleitet wurde die Landtagssitzung von Demonstrationen der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes; Sie erinnern sich. GdP-Chef Konrad Freiberg sprach von „Arbeitssklaven im öffentlichen Dienst“, und
DGB-Landesbezirkschef Peter Deutschland äußerte gar Folgendes: „Die wollen den öffentlichen Dienst hungern lassen.“ Das war eigentlich unfreiwillig komisch. Die Demonstration gestern vor dem Landeshaus war dagegen fast gemütlich.