Protokoll der Sitzung vom 23.01.2002

(Beifall bei der CDU)

(Minister Klaus Buß)

Ich bin darin einig mit meinen Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich eben sprechen konnte, insbesondere mit der Kultusministerin, die mir noch schnell das Protokoll der letzten Zusammenkunft der Ministerpräsidenten geben konnte. - Dafür bin ich sehr dankbar. Es immer nützlich, wenn man eine große Tasche hat. Die Frage ist auch Gegenstand in der Ministerpräsidentenkonferenz. Man hat dort schon einen Beschluss vorbereitet, der genau in die Richtung geht, die Sie angemahnt haben, dass man sagt: Wir wollen islamische Unterrichtsangebote an deutschen Schulen haben, aber in deutscher Sprache, damit Sie kontrollierbar bleiben. Ich kann das nur unterstützen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Ich glaube, Debatten über diese Frage in regelmäßigen Abständen sind sehr nützlich, damit die Gedanken, die dazu erforderlich sind nicht untergehen. Von daher, glaube ich, dass es auch jetzt wieder eine gute und nützliche Debatte war, auch wenn es, wie Herr Kubicki nachgezählt hat, in den letzten zehn Jahren 145 Debatten waren. Eine zu viel ist immer besser als eine zu wenig.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Zu einem Kurzbeitrag erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Innenminister, das „Getöse“, wie Sie es nennen, über das, was vorgekommen ist, mache nicht ich. Das Getöse macht im Zweifel das Bundesverfassungsgericht. Ich bitte Sie, auch einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass man ein Problem nicht kleiner reden soll, nach der Devise: Das räumen wir innerhalb von 14 Tagen wieder aus.

Ich will eine Passage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vorlesen, weil es einen solchen Beschluss in der Bundesrepublik Deutschland noch niemals gegeben hat. Die Passage lautet wie folgt:

Die Termine zur mündlichen Verhandlung sind aufzuheben, weil die Mitteilung des Bundesministeriums des Innern prozessuale und materielle Rechtsfragen auch hinsichtlich des Beschlusses vom 01. Oktober 2001

- des Eröffnungsbeschlusses, würde man untechnisch sagen

aufwirft, die bis zum Verhandlungstermin nicht geklärt werden können.

Was will das Bundesverfassungsgericht seinem geneigten Leser damit eigentlich sagen? Es will damit sagen: Wir müssen prüfen, ob wir überhaupt eröffnet hätten, hätten wir gewusst, was ihr uns vorlegt.

Eine gelbere als diese gelbe Karte kann es gar nicht geben. Einen deutlicheren Hinweis nach dem Motto: Überlegt euch gut, ob Ihr es weiter verfolgen wollt oder nicht, kann es eigentlich gar nicht geben.

Wenn ich noch etwas dazu sagen darf: Die Kommunikation zwischen Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht der letzten beiden Tage über die Medien ist nicht gerade dazu angetan, das Bundesverfassungsgericht davon zu überzeugen, dass die Bundesregierung sehr solide und sehr fundiert gearbeitet hat.

(Beifall bei der FDP)

Gerade wenn wir über Rechtsradikalismus reden, will ich noch auf einen Aspekt hinweisen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dies tue ich auch in Anbetracht dessen, was am 11. September passiert ist. Wir müssen die Menschen, und zwar viele Menschen in unserem Lande, da abholen, wo sie sind, und nicht so tun, als seien sie unmoralisch, wenn sie Ängste haben, und als sei es unmoralisch, diese Ängste zu artikulieren, als müssten wir Menschen verdammen, die ihre Kinder von Schulen nehmen, in denen mehr ausländischsprachige Kinder Unterricht erhalten als deutschsprachige. Wenn wir nicht aufpassen, wenn wir sie in eine moralisch verwerfliche Ecke stellen, nicht mit ihnen diskutieren, argumentieren, ihnen die Ängste nehmen, dann werden wir erleben, dass wir sie in die Hände der Rattenfänger hineintreiben, in die sie nicht gehören.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe darauf schon bei einer Debatte im Oktober 2000 hingewiesen. Ich muss das jetzt nicht nachvollziehen. Wir müssen die Menschen mit ihren Problemen und Sorgen in allen Stadtteilen abholen. Tun wir das nicht, sorgen wir dafür, dass die Rechten stärker werden, als sie eigentlich sind, weil wir als demokratische Parteien ihre Sorgen und Ängste nicht mehr aufnehmen, nicht mehr debattieren, ja sogar tabuisieren.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

In diesem Zusammenhang möchte ich einen Satz der Kollegin Fröhlich aufgreifen, den sie in dieser Rechtsradikalen-Debatte in Bezug auf meinen Kollegen Jürgen Koppelin gebraucht hat. - Frau Fröhlich, wenn Sie glauben, in der Debatte über Rechtsradikalismus den Kollegen Koppelin des Rechtspopulismus zeihen zu müssen, mag das für Sie sprechen. Ich will das im

(Wolfgang Kubicki)

Namen der gesamten FDP-Landtagsfraktion zurückweisen.

(Zuruf der Abgeordneten Irene Fröhlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt - das können wir belegen, Frau Fröhlich -, was die Verteidigung des demokratischen Rechtsstaates, der Rechtsstaatlichkeit, der Gesetzgebung im Deutschen Bundestag angeht, keine Abstimmung, bei der sich der Kollege Koppelin anders verhalten hätte als ich oder die FDP-Landtagsfraktion. Aber es gibt mit Sicherheit eine ganze Reihe von Abstimmungen, bei denen Ihre Kolleginnen und Kollegen sich anders verhalten haben als sie.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich weise das auch von einer Vertreterin einer Partei und Fraktion zurück, in deren Organisationsbereich sich nach wie vor Mitglieder herumtreiben, die aus KGruppen kommen,

(Beifall bei der FDP)

angetreten, das System zu zerstören, es zu vernichten, um sich jetzt in dessen Sesseln warm und bequem hinzusetzen und hoch dotiert zu werden.

(Lebhafter Beifall bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit schließe ich die Beratung.

Es ist Abstimmung in der Sache beantragt. Die Antragslage sieht wie folgt aus: Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/1306, Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/1376, und Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/1529.

Ich habe das vorhin so verstanden, dass seitens der CDU beantragt wurde, den Änderungsantrag in der Drucksache 15/1376 zurückzuziehen. - Der Antragsteller stimmt dem zu. Damit hätten wir zwei Anträge, nämlich den Antrag in der Drucksache 15/1306 der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 15/1529.

Des Weiteren gehe ich davon aus, dass ich den Antragsteller richtig verstanden habe, dass über beide Anträge alternativ abzustimmen ist. - Dem ist so.

Ich rufe zunächst den Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/1306 auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Dieser Antrag hat die

Zustimmung von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gefunden.

Ich rufe jetzt den Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1529 auf. Ich frage, wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt. - Dieser Antrag hat die Zustimmung der Fraktion der CDU gefunden.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Ich habe Sie akustisch nicht verstanden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Es muss doch die Möglichkeit geben, beide Anträge abzuleh- nen!)

- Es hätte die Möglichkeit bestanden, gegen beide Anträge zu stimmen.

(Wortmeldung des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Bitte!

Herr Präsident, wenn die Frage des Präsidenten lautet, wer für den Antrag ist, dann können wir die Hand nicht heben. Wenn die nächste Frage lautet, wer für den Antrag der anderen Seite ist, dann können wir die Hand auch nicht heben. Wie wäre es denn, wenn einmal die Frage gestellt wird, ob jemand gegen beide Anträge stimmt?

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es ist doch alternative Abstimmung beantragt worden! - Unruhe)

Es geht sofort weiter. Ich will Ihnen nur kurz die Rechtsauffassung des Präsidiums darlegen. Es hat Einvernehmen im Hause darüber bestanden, dass alternativ abgestimmt wird.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wenn wir alternativ abstimmen, dann kann nur für den einen und für den anderen Antrag gestimmt werden. Das ist der Sinn der alternativen Abstimmung.

Herr Präsident, wir wollen das Verfahren nicht in die Länge ziehen. Die FDP-Fraktion erklärt zu Protokoll, dass wir gegen beide Anträge sind.

(Zuruf von der SPD: Das hättest du auch gleich sagen können!)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst