Ich bin der Landesregierung und dem Landtagspräsidenten sehr dankbar dafür, dass sie diese Herausforderungen aufgenommen haben, die Transformierung nach unten, die Rücküberweisung von Aufgaben an die Basis, an die regionalen Parlamente ernst zu nehmen. Wir werden nur dann die Köpfe und Herzen der Menschen gewinnen, wenn sie merken, dass in ihrer Region Mitentscheidungen über das möglich sind, was in Europa passiert. Nur dann wird es gehen.
Zwischen Integration und Autonomie ist Balance notwendig. Wir werden die Frage der Integration im Rahmen der Entscheidungskompetenzen zu bewältigen haben. Wir werden aber auch eine stärkere Autonomie haben müssen, wenn wir zentrale Entscheidungen in einem größer werdenden Europa weiterhin in Brüssel treffen.
Die Frau Ministerpräsidentin hat im Gespräch mit den anderen Ministerpräsidenten in der Frage der Kompetenzabgrenzung wichtige Impulse gegeben. Diese Debatte müssen wir sicherlich weiterführen. Das ist aber auch nur dann möglich, wenn wir uns als Parlament einmischen. Deshalb hat der Landtagspräsident
Ich möchte noch ein kritisches Wort zur Kompetenzabgrenzung sagen. Sie darf nicht die Hintertür dafür sein, dass wir uns plötzlich in der Erwartung, dass wir Beitrittsländer bekommen, die unseren ökonomischen, ökologischen, sozialen Standards nicht entsprechen, aus der Angst vor Solidarität abgrenzen und wieder stärker eigene Entscheidungen treffen. Das darf nicht sein.
Die Balance zwischen Integration und Autonomie bedarf auch einer Balance zwischen Solidarität und Wettbewerb. Wir brauchen den Wettbewerb zwischen den Regionen. Das ist überhaupt keine Frage. Aber wir brauchen in diesem zusammenwachsenden Europa auch Strukturen der Solidarität. Sonst werden wir es nicht schaffen. Wenn wir in einen auch regional begründeten Kleinkrieg zurückfallen, werden wir das nicht schaffen. Deshalb sind Gesten der gemeinsamen Überwindung der europäischen Teilung wichtig. Deshalb habe ich große Hochachtung vor dieser Reise, die die Ministerpräsidentin mit einer Jugenddelegation nach Polen unternommen hat. Ich hatte leider nicht die Möglichkeit, daran teilzunehmen. Darin kam ein Stück Solidarität und gemeinsame Aufbereitung der europäischen Geschichte zum Ausdruck.
Nur dann, wenn wir Schleswig-Holstein so vertreten, nämlich auf der einen Seite dafür werben, dass unsere Wirtschaft mit Unterstützung der Landesregierung die Möglichkeit hat, dort ihre Arbeitskraft, ihre Erfahrungen, aber auch ihre Gewinnerwartungen zu realisieren, auf der anderen Seite aber auch diese Gesten des Zusammenwachsens mit Jugendlichen vor dem Hintergrund unserer gemeinsamen Geschichte machen, werden wir es schaffen, dieses Europa solidarisch zu gestalten. Solche Reisen, solche Initiativen der Landesregierung begrüße ich ganz ausdrücklich.
Ein zentraler Punkt für das Gelingen für das Zusammenwachsen Europas wird sicherlich die Agrarpolitik sein. Wir wissen, welche Schwierigkeiten gerade in den Erweiterungsländern noch bestehen, in der Agrarpolitik auf unsere Standards zu kommen. Auch dort gilt: Wettbewerb ja, aber wir brauchen auch Solidarität, Hilfestellung. Deshalb sind gerade die Aus
tauschprogramme, die wir von der Landesregierung, aber auch von vielen Initiativen durchführen, so wichtig. Der Kollege Claus Ehlers ist da ja auch sehr aktiv. Wir müssen Möglichkeiten schaffen, dass landwirtschaftliche Betriebe, landwirtschaftliche Betriebsleiter, Praktikanten zu uns kommen, sich auf den Standard der westeuropäischen Agrarproduktion vorbereiten, das technische Know-how erwerben. Die Leute in der Landwirtschaft wissen, dass Landwirtschaft heute ein anspruchsvolles Geschäft ist und dass Informationen darüber, wie Landwirtschaft in Zukunft zu betreiben ist, in die Beitrittsländer zu implementieren ist.
Wir werden dort im sozialen Gefüge ausgesprochen radikale Brüche haben, wenn die ländlichen Räume nicht mit in die europäische Integration genommen werden können. Sie wissen, wie viele Menschen in den ländlichen Räumen, zum Beispiel in Polen, leben. Dort droht die Gefahr der „Überfremdung“, weil die großen Betriebe nur noch von Holländern, von Dänen und von Deutschen geleitet werden und die kleinen polnischen Betriebe nicht in der Lage sind, ihre soziale Existenz zu sichern. Das betrifft fast 20 % der dortigen Bevölkerung. Wenn dies geschieht, werden wir in diesen Ländern heftige soziale Probleme bekommen, die mit antieuropäischem Denken kombiniert sind.
Deshalb sollten wir die Aktivitäten der Landesregierung, von vielen anderen Akteuren, vom Bauernverband aus Schleswig-Holstein, aus unserem landwirtschaftlich sehr kompetenten Land weiter vertiefen.
Ich bin der Landesregierung auch sehr dankbar dafür, dass sie in dem Teil ihres Berichtes auf die Frage der CDU darauf hingewiesen hat, dass die Stärkung der zweiten Säule der europäischen Agrarpolitik ein ganz zentraler Bestandteil einer zukünftigen landwirtschaftlichen Entwicklung sein wird.
Ich wünschte mir, dass dies durch die praktische Politik der Landesregierung - das ist in dem Bericht richtig dargestellt - noch stärker ergänzt würde.
Wir müssen uns auf das vorbereiten, was Modulation bringt. Wir müssen diese Strukturerweiterung für unser Land, aber auch für den Erweiterungsprozess insgesamt nutzen. Dann werden wir nicht nur die landwirtschaftlichen Betriebe, sondern die ländlichen Räume in diesen Regionen stärken. Wir in SchleswigHolstein wissen, wie wichtig das ist und wie schnell
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin zwar noch nicht am Ende meines Manuskripts, aber am Ende meiner Redezeit angelangt. Wir werden in der nächsten Landtagssitzung die Möglichkeit haben, das Thema weiter zu vertiefen. Lieber Kollege Behm, ich glaube, man sollte über Europa diskutieren, indem man nicht nur von der Elbe bis nach Fehmarn denkt; denn die Probleme, die wir zu lösen haben, sind sehr viel größer.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Große Anfrage der CDU beschäftigt sich detailliert mit den Folgen der anstehenden EU-Erweiterung für Schleswig-Holstein. Natürlich ist es zu begrüßen - das tun wir auch -, dass sich dadurch auch der Landtag mit dieser Thematik beschäftigen kann. Dennoch - Kritik ist erlaubt - sind unserer Meinung nach einige Fragen weit über das Ziel hinausgeschossen; denn sie gehörten eigentlich an die Bundesregierung gerichtet. Bei allem Respekt vor der Bedeutung Schleswig-Holsteins in Europa ist immer noch die Bundesregierung für die Ausgestaltung der deutschen Europapolitik verantwortlich.
Schleswig-Holstein hat im Rahmen der Ostseepolitik im Konzert der Großen jahrelang eine positive Rolle gespielt und wir können die Landesregierung nur ermuntern, weiterhin in diesem Sinne aktiv sein.
Daher haben uns natürlich auch die Fragen am besten gefallen, in denen konkret und realistisch nach den Folgen der europäischen Entwicklung für SchleswigHolstein gefragt wurde. Wenn man sich die Fragen anschaut, dann stellt man fest, dass es solche und sol
In der Tat stehen wir im diesem Jahr vor historischen Weichenstellungen. Zum 1. Januar 2002 wurde der Euro in den meisten EU-Staaten eingeführt.
Spätestens in der zweiten Jahreshälfte, in der Dänemark den Vorsitz des EU-Ministerrates übernimmt, treten die Verhandlungen über die EU-Osterweiterung mit den Beitrittsländern in die entscheidende Phase. Es besteht schon Grund zur Freude, wenn unsere ost- und südosteuropäischen Nachbarn, die seit dem Zweiten Weltkrieg im Grunde eigene wirtschaftliche und kulturelle Wege gegangen sind, bald wieder in das gemeinsame europäische Haus aufgenommen werden können.
Gerade diese Staaten gingen als die großen Verlierer aus den Ereignissen vor über 50 Jahren hervor. Sie verdienen es, dass sie wieder an den Hauptströmungen der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung in Europa teilnehmen können, wie sie dies über Jahrhunderte getan haben.
Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Die Osterweiterung als solches darf nicht infrage gestellt werden. Aber kritische Nachfragen über das Wie sind gerechtfertigt und sogar notwendig; denn mit dem Beitritt von bis zu zwölf neuen Mitgliedsländern aus Ost- und Südosteuropa steht die Europäische Union vor ihrer bisher größten Herausforderung. Der heutige institutionelle und finanzielle Rahmen der EU droht zu sprengen und dies alles wird erhebliche soziale Folgen haben; da sollte man sich nichts vormachen. Denn wie soll die demokratische Legitimität einer Union mit 25 oder mehr Mitgliedern gesichert werden, ohne dass die institutionelle Handlungsfähigkeit, die bereits heute äußerst problematisch ist, weiter verschlechtert wird?
Um diese Fragen zu klären, hat der Ministerrat im Dezember letzten Jahres einen so genannten EUKonvent mit dem früheren französischen Präsidenten Giscard d'Estaing als Präsidenten eingesetzt. Der Konvent, der aus mehreren hundert Mitgliedern besteht, soll bis zur Regierungskonferenz 2004 Lösungs
vorschläge erarbeiten. Leider bestätigt Giscard d'Estaing mit seinen Sonnenkönig-Allüren in Form von völlig überzogenen Gehalts- und Ausstattungsforderungen alle Vorurteile, die die Menschen gegen die EU-Bürokratie in Brüssel hegen. Kein guter Start also für ein Gremium, das ein historisches Ereignis vorbereiten soll.
Auch für die möglichen Beitrittsländer - wie Polen, Lettland, Litauen, Estland oder Tschechien - sind die Beitrittsvoraussetzungen, insbesondere im wirtschaftlichen Bereich, ein Kraftakt sondergleichen. Die Erweiterung der EU wird also weder für die Beitrittsländer noch für die jetzigen EU-Länder ohne Folgen bleiben. Um es kurz zu sagen: Wir werden eine andere Europäische Gemeinschaft bekommen.
Für Schleswig-Holstein ergeben sich vor allem erst einmal finanzielle Folgen dadurch, dass die EURegionalförderung nach 2006 kaum fortgesetzt werden kann. Sollte sie fortgesetzt werden, dann ist es jedenfalls nicht sehr wahrscheinlich, dass SchleswigHolstein zu den förderungswürdigen Regionen gehören wird; denn trotz des offenkundigen wirtschaftlichen Rückstandes einiger Regionen in SchleswigHolstein, ist festzustellen, des es in den neuen EUBeitrittsländern natürlich noch viel schwächere Regionen als in Schleswig-Holstein gibt.
Für den SSW heißt dies weiterhin, dass der nördliche Landesteil und die Westküste in den nächsten Jahren unbedingt ihre Strukturprobleme in den Griff bekommen müssen. Sonst ist der Zug für unsere Region abgefahren; denn angesichts der finanziellen Probleme des Landes werden wir ohne EU-Förderung nach 2006 nicht mehr viel bewegen können. Gerade deshalb ist die bisherige ungleiche Mittelverteilung im Regionalprogramm 2000 so ärgerlich.