Protokoll der Sitzung vom 22.02.2002

Diese Vorgehensweise hat wesentlich dazu beigetragen, um den Verbrauchern zu versichern, dass ihre Gesundheit nicht in Gefahr ist. So reagierte auch Verbraucherschutzkommissar David Byrnes auf den Bericht, den Renate Künast im Agrarausschuss der EU Anfang dieser Woche gegeben hat. Wir können nur Vertrauen herstellen, indem wir sehr entschlossen und schnell diskutieren und hier nicht eine Diskussion anfangen, wie das einige Rednerinnen und Redner der Opposition getan haben, die eine Art Verteidigungslinie der Privatisierung staatlicher Leistungen errichten wollten.

Ich glaube, dass wir - das ist meine zweite Bemerkung - genau überlegen müssen, in welchen Bereichen eine Privatisierung staatlicher Leistungen möglich ist und in welchen nicht.

Frau Happach-Kasan, die Entscheidung darüber ist an dieser Stelle nicht so leicht, wie Sie es dargestellt haben. Ich glaube schon, dass wir darüber einmal fachlich diskutieren sollten, welche Aufgaben zum Beispiel im Kontrollbereich staatlicherseits zu erledigen sind und wo auch das operative Geschäft staatlicherseits zu erledigen ist und wo nicht. Ich bin sehr offen für diese

Diskussion und nicht darauf festgelegt, dass die private Erledigung dieser Aufgaben immer die bessere ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt Bereiche, in denen die staatliche Durchführung vernünftiger ist, weil sie das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher sichert.

Herr Abgeordneter Steenblock, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Happach-Kasan?

Herr Präsident, ich erlaube keine Zwischenfrage, bin aber gern bereit, das nachher privat mit Frau HappachKasan zu erörtern. Wir wollen doch schnell zum Schluss kommen.

Ich möchte als dritte Bemerkung noch auf eine Entwicklung zu sprechen kommen, die mich in diesem Zusammenhang ausgesprochen beunruhigt und für die ich keine Erklärung habe. Wenn wir uns - Frau Happach-Kasan, Sie haben ja auf die BSE-Tests und auch auf die Entwicklung von BSE in der Bundesrepublik abgehoben - auf der Zeitschiene ansehen, was da geschehen ist, bin ich ausgesprochen beunruhigt.

Wir haben vor einem Jahr, als die Tests begannen, im Januar 19 und im Februar 16 BSE-Fälle gehabt. Danach ging die Anzahl, obwohl immer mehr getestet wurde, im Laufe des Jahres - merkwürdigerweise im Zusammenhang mit der nachlassenden Aufmerksamkeit - immer weiter zurück, sodass wir am Ende des Jahres 2001 - im November, Dezember - in Deutschland nur noch fünf beziehungsweise sechs Fälle hatten. Im Januar gab es dann die - in Anführungsstrichen Skandale und sofort schnellte auch die Anzahl der positiv getesteten Tiere nach oben, sodass wir im Januar eine Verdreifachung der Fälle gegenüber dem Ende des Jahres 2001 zu verzeichnen hatten.

Allein in der ersten Hälfte des Monates Februar gab es wieder zehn Fälle. Das, was dort passiert, ist zumindest auffällig. Es verunsichert mich ausgesprochen stark. Daher hätte ich gerne irgendwann einmal eine Erklärung dafür. Es kann nicht sein, dass die Anzahl der BSE-positiv getesteten Tiere mit der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit für diese Testverfahren korreliert. Das stimmt mich nachdenklich. Daher besteht an dieser Stelle weiterer Diskussions-, Handlungs- und Aufklärungsbedarf.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade einmal ein paar Monate ist es her, da standen die Rinderhalter vor dem Ruin. Glücklicherweise beruhigte sich der Markt wieder und man sah schon Licht am Ende des Tunnels.

Nun aber, stehen wir wieder vor neuen Unsicherheiten. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und im agrarischen Musterland Bayern sind Schlampereien bei BSE-Tests in Privatlaboren aufgedeckt worden. Meldungen von dieser Woche sprechen auch von Unregelmäßigkeiten in Bremen und Nordrhein-Westfalen. Insgesamt zwölf von knapp 100 Laboren mussten inzwischen geschlossen werden. Nun sind wir wieder da, wo wir schon einmal waren. Die Landwirte müssen wieder einmal leiden; denn die EU wird möglicherweise Zahlungen für die BSE

Tests in Millionenhöhe zurückfordern. Das Problem droht dann wieder nach unten durchgereicht zu werden.

In Bayern hüllt man sich in Schweigen. Das ist vielleicht auch besser so, wenn man daran denkt, dass der letzte Antibiotikaskandal erst knapp ein Jahr her ist. In Baden-Württemberg geht man da schon viel lockerer mit dem Problem um. Der dortige Agrarminister sagte, die Privatlabore seien tipptopp. Man dürfe sie nur nicht alleine lassen. Na toll! Dann sind wir alle wieder beruhigt - oder auch nicht.

Die Skandale, die jetzt hochkommen, zeigen vor allem eines: Wir haben uns schon wieder viel zu schnell selbstzufrieden zurückgelehnt und dachten, es sei alles wieder in Ordnung. Im Gegenteil: Nichts ist in Ordnung. Die BSE-Test-Skandale beweisen, dass falsch verstandener Agrarlobbyismus der falsche Weg ist. Natürlich müssen die Kosten für die Landwirte im Vergleich zu ihren Kollegen anderenorts so niedrig wie möglich gehalten werden. Dafür gibt es auch Möglichkeiten. Aber die Frage der BSE-Tests zeigt wirklich klassisch, wie undifferenzierte Forderungen nach Kostenreduzierungen nach hinten losgehen können.

Als die BSE-Pflichttests ausgeweitet wurden und die einzelnen Bundesländer nach Strategien dafür suchten, wie man die riesige Menge an Pflichttests durchführen sollte, kam sofort die Forderung nach Kostenminimierung auf. Sofort wurden die Tests der einzelnen Labore untereinander verglichen und es wurden entsprechende Forderungen gestellt. Schleswig-Holstein entschied sich für den Aufbau von staatlichen Testkapazitäten. Diese sind zwar anfangs teurer. Aber man hat so die direkte Kontrolle über das, was dort geschieht.

Sofort wetterte der Bauernverband, dass die Tests viel zu teuer seien und die Landwirtschaft über Gebühr belastet werde. Auch in diesem Hause haben manche Abgeordnete diese Argumentation übernommen und entsprechende Aktivitäten entfaltet; das sollten wir nicht vergessen.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Hol- ger Astrup [SPD]: Wer war das denn?)

Kurzfristig populär bei den Landwirten, aber langfristig geschäftsschädigend für die Landwirtschaft.

Nun erklärt Bauernpräsident Sonnleitner, dass er nicht zwangsläufig dafür plädiere, die Tests nur noch in staatlichen Laboren durchzuführen, sondern dass die privaten Labore bloß noch besser kontrolliert werden müssten. Dazu sage ich nur: Keine Besserung in Sicht bei dem Mann. Kein Wort von ihm zu der Frage, warum die privaten Testlabore so getestet haben, wie sie es getan haben. Sie wollten ihren Gewinn maximieren und haben aus Kostengründen auf manches Detail bei den Tests verzichtet. Die Wahrheit ist einfach und bitter.

Wenn man dann betrachtet, welche Rolle beispielsweise der Bauernverband in der Diskussion um die BSETests und die Kosten spielte, könnte man eigentlich etwas mehr Selbstkritik erwarten. Erst möglichst niedrige Preise verlangen und staatliche Labore schlechtreden und sich dann noch über die Folgen wundern, das ist schon wirklich starker Tobak.

In Schleswig-Holstein ist man den richtigen Weg gegangen, indem man neue Testkapazitäten aufgebaut hat und weiter ausbaut, um in der Regel die Tests in staatlichen Laboren vornehmen zu können. Hierfür hat das Land trotz knapper Kassen 3,72 Millionen € aufgebracht; das sind 3,72 Millionen € auch für die Landwirtschaft.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Für diese Entscheidung möchte ich mich bei unserer Landwirtschaftsministerin bedanken. Sie findet die Unterstützung des SSW, wenn sie fordert, eine finanzielle Beteiligung Schleswig-Holsteins bei den möglichen Rückforderungszahlungen abzulehnen. Frau Ministerin, bleiben Sie in diesem Fall ein schleswigholsteinischer Sturkopf; denn Sie haben eindeutig Recht. Ich meine, die Bayern sollten für den Unsinn, den sie verzapft haben, aufkommen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion der CDU zur Beratung dem Agrarausschuss zu überweisen. Wir sollten den Bericht zur abschließenden Beratung ebenfalls in den Agrarausschuss überweisen.

Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe den für heute letzten Tagesordnungspunkt, den Tagesordnungspunkt 30, auf:

Einführung einer Maut für den Schwerlastverkehr und seine Folgen für die mittelständische Wirtschaft in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1597

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache. Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Strauß.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Verkehrsfinanzierungsgesetzgebung des Bundes wurden wiederholt Zweckbindungen der Mineralölsteuer für den Straßenbau verankert, zuletzt mit 50 % im Verkehrsfinanzierungsgesetz von 1971. Die betreffende Klausel wird seither jedes Jahr mit einer stereotypen Formulierung im Haushaltsgesetz außer Kraft gesetzt. Es gibt keine gesicherte Finanzierung für den Fernstraßenbau, ja für die gesamte Verkehrsinfrastruktur.

Dieser Missstand sollte mit der Umstellung von der Haushaltsfinanzierung auf die Nutzerfinanzierung zukunftsweisend behoben werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

So weit, so gut. Aber, meine Damen und Herren, was jetzt von der Bundesregierung mit dem Gesetz zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren für den Schwerlastverkehr auf Autobahnen auf den Tisch gelegt wurde, bedeutet nicht nur das Aus für die allermeisten einheimischen Speditionsbetriebe, sondern sichert auch in keinster Weise, dass die Einnahmen aus der LKW-Maut ausschließlich für Investitionen der Verkehrswege ausgegeben werden.

Die CDU-Landtagsfraktion begrüßt es daher ausdrücklich, dass die Bundesregierung mit diesem Gesetz im Bundesrat eine glatte Bauchlandung hingelegt hat und dass mit den Stimmen aller Bundesländer der Vermittlungsausschuss angerufen wurde.

(Beifall bei CDU und FDP)

Schon heute beziffert sich der Wettbewerbsnachteil deutscher Lastkraftwagen aufgrund der ausstehenden Harmonisierung jährlich auf etwa 8.000 €. Es kann nicht hingenommen werden, dass sich dieser ohnehin schon gravierende Wettbewerbsnachteil durch die Einführung einer Maut weiter zuspitzt. Eine LKWMaut ohne Harmonisierung wird nichts bringen, aber viel kosten, vor allem Arbeitsplätze.

(Beifall bei der CDU)

Schleswig-Holstein ist durch seine periphere Lage und durch die Struktur seiner Wirtschaft, die im Speditionsgewerbe überdurchschnittlich viele kleine und mittlere Betriebe aufweist, überproportional betroffen.

Die bisherigen Ankündigungen der rot-grünen Bundesregierung sind völlig unzureichend. Die äußerst nebulös in Aussicht gestellte Entlastung bei der Mineralölsteuer beläuft sich noch nicht einmal auf 8 % der tatsächlich zu Buche schlagenden Belastungen.

Darüber hinaus betrifft das Mautgesetz eine entscheidende Zukunftsfrage für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein. Wettbewerbsnachteile durch Transportkosten schrecken jeden Investor ab.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Dies gilt insbesondere für die Produktion von Niedrigpreisprodukten, zum Beispiel aus der Ernährungswirtschaft. „MORA C“, den Rückzug der DB Cargo aus der Fläche, dürfen wir bei der Bewertung der Verkehrsinfrastruktur auch nicht vergessen.

Die Folge werden Standortverlagerungen sein. Das kann sich Schleswig-Holstein als Schlusslicht bei der wirtschaftlichen Entwicklung nun wirklich nicht leisten.

Bislang sieht das Gesetz der Bundesregierung vor, die Einnahmen aus der LKW-Maut zu 100 % von Haushaltsentscheidungen abhängig zu machen.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])