Protokoll der Sitzung vom 21.03.2002

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1703

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/1740

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 15/1750

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schlie.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch vor knapp sechs Monaten stand das Thema innere Sicherheit ganz oben auf der politischen Prioritätenliste von Rot-Grün. Der 11. September 2001 und der Erfolg der Schill-Partei führten selbst in Schleswig-Holstein dazu, dass ein Sicherheitspaket zur inneren Sicherheit mit einem Volumen von 12,5 Millionen € aufgelegt wurde. Dem CDU-Antrag nach einer bedarfsgerechten Personalausstattung der Landespolizei wurde leider nicht entsprochen. Das so genannte Schwarz-Papier für eine bedarfsgerechte Personalverteilung - erster Entwurf - wurde eingesammelt. Zusätzlich sollten 100 Auszubildende in den Dienst der Landespolizei eingestellt werden. 26 davon sind im Februar eingestellt worden. Die anderen Einstellungen liegen ebenso wie alle Beförderungen und die groß angekündigten Verbesserungen in der Sachausstattung wegen der Haushaltssperre, die offiziell Haushaltsstopp genannt wird, auf Eis.

Unsere Landespolizei braucht keine Sprüche und leere Versprechungen.

(Thorsten Geißler [CDU]: Sehr richtig!)

Unsere Landespolizei braucht verlässliche und verbindliche Aussagen für ihre personelle und sachliche Ausstattung. Demotivation und Frustration bei den

(Klaus Schlie)

Beamtinnen und Beamten entstehen, weil die politische Führung dieses Landes, die noch amtierende Landesregierung, immer nur Versprechungen macht und sie nicht hält oder - was noch schlimmer ist - politische Zugeständnisse macht, diese aber Wochen später wieder einkassiert.

Das Verfallsdatum des Landeshaushalts hat rund zehn Wochen betragen. Alles, was im so genannten Sicherheitspaket und im Haushalt 2002 an Maßnahmen für die innere Sicherheit eingeplant wurde, ist schon jetzt wieder bloße Makulatur.

(Thorsten Geißler [CDU]: Sehr richtig!)

Die größte politische Sünde von Rot-Grün im Bereich der Landespolizei ist jedoch der Versuch, die Beamtinnen und Beamten für dumm zu verkaufen. Wer, wie unsere Polizisten, mit hohem Pflichtgefühl und einer kaum fassbaren Arbeitsmoral tagtäglich und ganz oft unter Einsatz des eigenen Lebens seinen Dienst für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes verrichtet, hat es nicht verdient, dass er keine verbindliche berufliche Perspektive hat, ständig in seiner Leistungskraft überfordert wird und sein Ausstattungsstandard darüber hinaus noch am Ende des Ausstattungsstandards der Bundesländer liegt. Wir wollen deshalb ein verbindliches Bekenntnis dieses Parlaments zur Umsetzung der zweigeteilten Laufbahn in einem klar und verbindlich definierten Zeitraum und nicht immer wieder abhängig ausschließlich nur von der jeweiligen zufälligen finanzpolitischen Lage, die Sie durch Ihre Regierung hinterlassen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

In Deutschland bezweifelt niemand mehr, der als Innenpolitiker ernst genommen werden will, dass die qualitativ hochwertige Aufgabenerfüllung der Polizisten eine derartige Besoldung erfordert.

Wir wissen, dass aufgrund der Haushaltssituation des Landes, Herr Kollege Astrup, für die Umsetzung der zweigeteilten Laufbahn ein mittelfristiger Zeitraum notwendig ist. Was wir aber als Parlament leisten müssen, ist eine zuverlässige politische Planung, auf die sich die Polizeibeamten tatsächlich auch verlassen können.

Unabdingbar notwendig ist allerdings ein Grundsatzbeschluss, dass wir ab dem Haushaltsjahr 2003 neue Polizeibeamtinnen und -beamte nicht mehr in den mittleren Dienst, sondern nur noch in den gehobenen Dienst einstellen. Die Konkurrenzsituation zu anderen Bundesländern und vor allem zu Hamburg beim Wettbewerb um junge Leute, die in den Polizeidienst wollen, erfordert dies, wie wir auch durch ein eigenes Konzept zur Attraktivitätssteigerung des Polizeiberufs dafür sorgen müssen, dass Schleswig-Holstein

von interessierten jungen Leuten nicht der Rücken zugewandt wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Dass wir in Schleswig-Holstein schon seit langem eine zweite ständig zur Verfügung stehende Einsatzhundertschaft benötigen, steht für alle Sachkundigen außer Zweifel. Die Vielzahl der besonderen Lagen in Schleswig-Holstein und im übrigen Bundesgebiet erfordert dieses Maßnahme. Natürlich wissen wir auch, dass eine zweite Einsatzhundertschaft nicht von heute auf morgen realisiert werden kann. Deshalb fordern wir, dass ein schrittweiser Aufbau dieser Einheit erfolgt. Diese Maßnahme würde auch eine Entlastung für den Einzeldienst bringen, weil sich die Beamten, die jetzt ständig aus dem Einzeldienst, vor allem an den Wochenenden, für besondere Lagen abgezogen werden, ihrer eigentlichen Aufgabe zuwenden könnten und keine Überstundenberge mehr aufbauen müssten. Außerdem könnte die neue Einsatzhundertschaft außerhalb des Einsatzes bei besonderen Lagen auch für den Einzeldienst vor allem in Kriminalitätsschwerpunkten eingesetzt werden.

Unsere Forderung nach der Einführung eines Modellversuchs Wachpolizei ist ein folgerichtiger Schritt einer verbindlichen Einführung der zweigeteilten Laufbahn. Es gibt - ich betone das - einige wenige Aufgaben, die heute von hoch qualifizierten Polizeibeamtinnen und -beamten wahrgenommen werden, die von angestellten Wachpolizisten, eingebettet in die Organisation der Landespolizei, auf einer anderen Qualitätsebene wahrgenommen werden können. Dazu zählen insbesondere Objektschutzaufgaben, eventuell aber auch die Begleitung von Schwertransporten.

Über diese und andere Fragen sollten wir insgesamt im Innen- und Rechtsausschuss beraten. Ich beantrage Ausschussüberweisung und sehe, dass wir insbesondere mit der FDP in großer Übereinstimmung sind.

(Holger Astrup [SPD]: Heute!)

Herr Kollege Astrup, ich befürchte, dass das auch nur eine Hoffnung ist, die Sie einmal hatten, dass Ihre Übereinstimmung größer wäre.

Ich gehe davon aus, dass wir uns insbesondere durch den Antrag des Kollegen Rother tatsächlich und sachlich mit diesen Fragen auseinander setzen müssen. Aber an einer verbindlichen Aussage zur zweigeteilten Laufbahn werden Sie nicht vorbeikommen. Das Rumgeeiere in dieser Frage muss aufhören.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rother.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Rahmen ihrer Kampagne „Keine Freiheit ohne Sicherheit“ versorgt uns die CDU ja zurzeit sehr häufig mit Anträgen. Meistens sollen rechtliche Regelungen verschärft werden. Jetzt ist die Situation der Landespolizei dran, und das, obwohl wir dieses Thema oft, vor allem nach der Großen Anfrage der FDP und auch bei der Beratung über Sinn und Unsinn einer Personalbedarfsermittlung, schon ausführlich im Innen- und Rechtsausschuss erörtert haben.

Aber nun zu den einzelnen Punkten. Ein Konzept der Landesregierung zur Personalgewinnung liegt bereits vor. Darüber wurde im Innen- und Rechtsausschuss auch schon gesprochen, genauso wie über die besonderen Maßnahmen für den Hamburger Rand. Das kann auch noch einmal schriftlich dargelegt werden.

Der Vorschlag der CDU, nun Aufgaben im Sicherungsbereich, insbesondere im Objektschutz, für die keine so intensive Ausbildung wie die eines Polizeivollzugsbeamten erforderlich sei, durch andere Kräfte erledigen zu lassen, müsste erst einmal geprüft werden. Im Rahmen dieser Prüfung muss auch erörtert werden, ob im Bereich des Objekt- und Einrichtungsschutzes, um den es eigentlich auch nur gehen kann, überhaupt eine Aufgabenstruktur in unserem Land vorhanden ist, die nennenswerte Entlastungseffekte erwarten lässt. Die Unterschiede zu Hessen, wo es eine so genannte Wachpolizei schon gibt, oder zur Bundeshauptstadt Berlin, wo so etwas auch in Ansätzen bereits vorhanden ist, bestehen zweifellos und müssen noch einmal herausgearbeitet werden. Vorher lohnt es sich tatsächlich überhaupt nicht, über einen Modellversuch zu reden. Wir wollen auch nicht - das betone ich hier - über die Hintertür eine vierte oder fünfte Billiglaufbahn bei der Polizei einführen.

(Beifall bei SPD und SSW)

In diesem Zusammenhang - das geht auch aus dem FDP-Antrag hervor - bleibt eine Umwandlung von Vollzugsstellen, soweit das möglich ist, in Arbeiterund Angestelltenstellen erforderlich und ist weiter zu betreiben, damit die ausgebildeten Vollzugsbeamten nicht in irgendwelchen Büros versauern, sondern das tun, wofür sie eigentlich ausgebildet worden sind. Aber auch das wird von der Landesregierung schon betrieben. Und das ist sogar im Haushaltsplan für dieses Jahr an einigen Stellen nachlesbar.

Die Demonstrationen von Rechtsradikalen, die CastorTransporte oder auch die Einsätze am 1. Mai in Berlin sind ein deutlicher Beleg dafür, dass die primären Arbeitsbereiche der Bereitschaftspolizei, also der Einsatzhundertschaft, nicht gerade die angenehmsten

sind. Das eigentliche Problem ist hier jedoch, dass für solche Großeinsätze - Herr Schlie hat das angesprochen - weitere Beamte zusammengezogen werden müssen, die natürlich besser vor Ort eingesetzt würden.

Aber genau aus diesem Grund wird aus den hundert Stellen, die angesprochen worden sind, für das Sicherheitspaket keine weitere Hundertschaft gebildet, sondern die Beamten werden in die Fläche gehen, dorthin, wo sie dauerhaft gebraucht werden. Die Forderung nach einer weiteren Einsatzhundertschaft, natürlich ohne jeden Finanzierungsvorschlag, geht daher in die falsche Richtung.

Genauso ohne Finanzierungsvorschlag legen FDP und CDU die Forderung nach einem verbindlichen Zeitrahmen für die Verwirklichung der zweigeteilten Laufbahn als gehobener und höherer Dienst bei der Landespolizei vor. Wir als SPD-Fraktion bekennen uns zu dem Ziel der zweigeteilten Laufbahn. Sozialdemokratisch regierte Länder haben das Erfordernis der zweigeteilten Laufbahn aufgrund der Untersuchungen Ende der 80er-Jahre als erste frühzeitig anerkannt. 1992 - Sie wissen das - haben wir uns das Ziel in Schleswig-Holstein gesetzt, bis zum Jahr 2000 die zweigeteilte Laufbahn bei der Kripo zu verwirklichen und bei der Schutzpolizei 25 % im gehobenen Dienst und höher zu erreichen. Bei der Kriminalpolizei ist das stellentechnisch schon erreicht, die Beförderung muss noch nachvollzogen werden. Bei der Schutzpolizei haben wir einen Anteil von über 40 % erreicht, sind also schon etwas über das Ziel hinaus geraten.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Aber es trifft uns jetzt auch Fluch der guten Tat. Andere Bundesländer haben das auch erkannt und sind schon einige Schritte weiter als wir. Das ist tatsächlich so. Das Innenministerium - das weiß auch die Opposition - hat vor kurzem berechnet, dass eine schrittweise Überleitung aller Beamtinnen und Beamten innerhalb von zehn Jahren in den gehobenen Dienst zu Mehrkosten von, über den Daumen gerechnet, 50 Millionen € führen würde. Wie das finanziert werden soll, wissen Sie auch nicht. Sie selbst fordern in Ihrem Antrag, Herr Schlie, unter Punkt 1 b eine Finanzierungsübersicht, die die Landesregierung liefern soll.

Ich komme zum Antrag der FDP-Fraktion. Die FDP scheint in manchen Debatten im Innen- und Rechtsausschuss nicht immer alles verfolgt zu haben. Anders sind die Forderungen in Sachen EDV und Personalverteilung nicht zu erklären. Die eingetretenen Verbesserungen in der Sachausstattung der Polizei, also Schutzwesten, Kfz, EDV, wissen FDP und CDU positiv zu würdigen, genau wie die 1.000 Beförderungen bei den Vollzugsbeamten in den letzten Jahren.

(Thomas Rother)

Vor dem Hintergrund der schwierigen Haushaltslage die notwendige Erhöhung der globalen Minderausgabe ist ja schon angesprochen worden - wird es schwer genug, das Sicherheitspaket einzuhalten; denn wir meinen es ernst mit den Maßnahmen zur Verbesserung der inneren Sicherheit in unserem Land. Stattdessen müssen wir uns hier zum Teil mit Luftschlössern befassen, die die CDU vorstellt. In dieser Hinsicht scheint die CDU ihren Realitätssinn etwas verloren zu haben.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir stehen für eine liberale Innen- und Rechtspolitik. Wir müssen die Ängste der Bevölkerung vor Kriminalität ernst nehmen und entsprechende Maßnahmen auf den Weg bringen. Die sich bessernde Kriminalstatistik ist vielleicht ein Indiz dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Zu unserem Weg gehört auch, dass Prävention an Bedeutung gegenüber der Pression gewinnen soll. Dazu gehört auch eine gute, modern ausgestattete Polizei, die anständig bezahlt wird. Sie muss jedoch bezahlbar bleiben. Deshalb finde ich es auch gut, wenn wir das Thema weiter im Ausschuss diskutieren und dort vertiefen, wie wir dabei ein Stück weiterkommen.

(Beifall bei der SPD)

Ich begrüße in der Loge für die Gewerkschaft der Polizei Herrn Karl-Hermann Rehr.

(Beifall)

Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Hildebrand.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, dass wir uns in diesem hohen Haus darin einig sind, die Attraktivität des Polizeiberufs steigern und die Einsatzfähigkeit der Polizei verbessern zu wollen. Insofern begrüßen wir ausdrücklich den Antrag der CDU-Fraktion, den wir in einigen Punkten in der Tendenz unterstützen, in einigen Punkten aber ablehnen müssen. Dabei muss ich heute wiederum feststellen, dass vonseiten der Regierungskoalition außer den Willensbekundungen ihrer Abgeordneten vor Ort - heute haben wir auch noch einen Antrag auf den Tisch bekommen - leider keine Initiativen sichtbar werden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Zur zweigeteilten Laufbahn. Wenn wir auch für die Zukunft sicherstellen wollen, dass sich ausreichend junge Leute für den Polizeiberuf interessieren und ihn anschließend auch ergreifen, müssen wir dafür sorgen,

dass erstens die Berufsbilder und die Aufstiegsmöglichkeiten auch im Vergleich zu anderen Berufen attraktiv sind und zweitens im Wettbewerb mit anderen Bundesländern bei den Karrierechancen innerhalb der Polizeilaufbahn mithalten können.