Vielmehr haben Sie sich Zeit gelassen, um den Vorschlag für einen Untersuchungsausschuss in Ruhe auszuarbeiten, der sich dann mit den beiden Teilaspekten - Pröhl und Lohmann - beschäftigen kann. Es war richtig, die Einsetzung des Ausschusses auf eine Sondersitzung zu verschieben. Erwartungsgemäß ist der Fall Pröhl in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, weil sich die Vorfälle in unmittelbarer Nähe der Ministerpräsidentin und ihres Staatssekretärs abgespielt haben. Wer sich jetzt aber neunmalklug und entrüstet über die fehlende Kontrolle hinsichtlich der Arbeit von Herrn Pröhl äußert, darf nicht vergessen, dass es im Grunde die Aufgabe des EXPO-Beauftragten war, sich um schleswig-holsteinische Unternehmen und deren Geschäfte zu kümmern. Das heißt, dass es an sich keinen Anlass gab, die vielfältigen geschäftlichen Aktivitäten des EXPO-Beauftragten zu verdächtigen.
Verdächtig wird es, wenn der EXPO-Beauftragte anfängt, wie es scheint sogar gegen Entgelt, für verschiedene Firmen tätig zu werden, oder wenn er für Geschäfte, die er als Staatsdiener vermittelt, Provision kassiert. Ob diese Vorwürfe zutreffen, untersucht wie Sie wissen - die Staatsanwaltschaft. Eines ist aber klar: Für einen Beamten aus der Staatskanzlei sollte es selbstverständlich sein, dass er - genau wie jeder andere normale Beamte - Nebentätigkeiten anzeigt und um Genehmigung seitens seiner Vorgesetzten bittet. Man
Wenn er also schon im Herbst 2000 oder im Frühjahr 2001 als Vorstandsmitglied in dem Unternehmen des Herrn Brückner aufgenommen wurde, hätte er dies zeitnah seinem Arbeitgeber melden müssen. Wie wir wissen, ist dies erst sehr viel später geschehen. Ob die Staatskanzlei eine Mitschuld daran trägt, dass das Verfahren um den Antrag auf Nebentätigkeit erst im Frühjahr 2002 negativ beschieden wurde, wird man im Untersuchungsausschuss klären müssen. Ebenso geklärt werden müssen die Vorwürfe von Herrn Pröhl und Herrn Brückner, dass Staatssekretär Gärtner und Ministerpräsidentin Simonis schon im Frühjahr 2001 von der Vorstandstätigkeit gewusst hätten. Dabei muss man auch hier genau unterscheiden, ob Herr Pröhl angedeutet hat, er könne sich vorstellen, eventuell nach dem Ausscheiden aus der Staatskanzlei in den Vorstand des Brückner-Unternehmens zu wechseln, oder ob er definitiv gesagt hat, dass er bereits Mitglied des Vorstands sei.
Dass Frau Simonis Letzteres gewusst haben sollte, ist jedenfalls schwer zu glauben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ministerpräsidentin nicht stutzig geworden wäre, wenn ihr ein zentraler Mitarbeiter erzählt hätte, er arbeite neben seiner Tätigkeit als EXPO-Beauftragter in einem Unternehmensvorstand.
Ob dies auch für Staatssekretär Gärtner gilt, ist schwer zu beurteilen. Die übrigen in der Presse angesprochenen Aktivitäten von Herrn Pröhl müssen im Ausschuss untersucht werden. Da macht es wenig Sinn, wenn FDP und CDU sich jetzt schon mit Kleinen Anfragen zu den vielen Reisen des EXPO-Beauftragten überbieten.
- Ich denke, wir haben im Ausschuss etwas zu erledigen und brauchen das nicht über Kleine Anfragen zu machen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit dem Fall Pröhl ist natürlich auch die noch nicht vorliegende Schlussabrechnung für Schleswig-Holsteins EXPO-Beteiligung und die berechtigte Frage, ob alle Aktivitäten wirklich sinnvoll für das Land waren.
Der noch vom ehemaligen EXPO-Beauftragten vorgelegte Bericht gibt darüber keinen näheren Aufschluss - zumal viele der Zahlen, beispielsweise über die Anzahl der EXPO-Besucher in Schleswig-Holstein, in sich nicht stimmig sind.
Auch die Beschaffung des neuen Computersystems SAP R/3 für den Landesdienst wird den Untersuchungsausschuss eingehend beschäftigen. Dabei geht es nicht nur um die Rolle von Staatssekretär Dr. Lohmann oder einer ehemaligen Beschäftigten, sondern auch darum, wieso sich ausgerechnet das Finanzministerium nicht an seine eigenen Vergaberichtlinien gehalten hat.
In der Tat ist vieles an der Abwicklung der Beschaffung eines neuen Computersystems durch das Finanzministerium auszusetzen. Da sind von Schlampigkeit bei der Aktenführung bis zum Korruptionsverdacht bei der Vergabe des Computerauftrags eine ganze Palette von Vorwürfen in den öffentlichen Raum gestellt worden. Ich sagte schon: Alle diese Vorwürfe haben das Potenzial für einen richtigen Politskandal.
Von Anfang an hat Finanzminister Möller als verantwortlicher Minister klar-gemacht, dass er die politische Verantwortung für die Vorfälle in seinem Haus übernimmt.
Seit Bekanntwerden der Vorwürfe durch anonyme Hinweise auf einen äußerst kritischen Landesrechnungshofbericht an den Kollegen Kubicki und die gesamte Landespresse hat sich der Finanzausschuss in drei langen und anstrengenden Sitzungen um die volle Aufklärung bemüht.
Dabei ist der Finanzausschuss sogar von dem normalen Verfahren der Prüfung durch die Arbeitsgruppe „Haushaltsprüfung“ in nicht öffentlicher Sitzung abgewichen, um dem berechtigten öffentlichen Bedürfnis nach Klarheit und Wahrheit in diesem Fall Rechnung zu tragen. Der Finanzminister und seine Mitarbeiter haben den Ausschussmitgliedern in diesen Sitzungen ausführlich Rede und Antwort gestanden. Auch das darf man nicht vergessen.
Man kann kritisieren, dass nicht von Anfang an alle Aspekte auf den Tisch gelegt oder vollständig unter
sucht worden sind. Das hätte den Verlauf erleichtert. Aber es handelt sich eben doch um vielschichtige und komplexe Sachverhalte.
Die Diskussion um die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung in der Landesverwaltung begann Sie wissen das - schon 1997 mit der Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes. Alle Parteien des Landtags waren sich damals - und sind sich sicherlich auch heute noch - einig darin, dass zu einer modernen und effizienten Verwaltung die Einführung von modernen Steuerungsinstrumenten gehört. Die Einführung von betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumenten
wie Budgetierung oder Kosten- und Leistungsrechnung ist sozusagen ein Kernstück der notwendigen Verwaltungsmodernisierung. Herr Kollege, ich sagte: „Steuerungsinstrumente“!
Vor diesem Hintergrund mit voller Rückendeckung des Landtags und insbesondere des Finanzausschusses hat sich die Landesregierung 1997/98 darum bemüht, ein Mittelbewirtschaftungs- und Kostenrechnungssystem anzuschaffen. In der damaligen Diskussion spielte es eine wichtige Rolle - ich möchte auch das wiederholen -, dass man bei der Anschaffung eines Computersystems in Schleswig-Holstein keinen Sonderweg gehen wollte. Schlechte Erfahrungen mit der Anschaffung einer EDV-Lösung, die nur für SchleswigHolstein gilt, gab es leider genug.
Der Landesrechnungshof kritisierte in seinem Bericht das Vergabeverfahren als fehlerhaft und die gewählte Lösung als zu teuer für das Land. Es scheint aber, dass diese Kritik im Ausschuss nicht so stark vorgetragen wurde, sodass wirkliche Zweifel an der Entscheidung aufkamen. Deshalb begrüßt der SSW den heute vorliegenden Änderungsantrag der SPD, in dem gefordert wird, dass untersucht werden soll, in welchem Umfang und in welcher Form der Landesrechnungshof an den Beratungen und den Entscheidungen über die Ausschreibung des Computersystems beteiligt war. Alle Beteiligten sollten Interesse daran haben, dass auch in diesem Teilbereich Klarheit geschaffen wird.
Sowohl im Finanzausschuss als auch in der endgültigen Kabinettsvorlage ist auf den ersten Blick plausibel erklärt worden, warum debis/SAP den Zuschlag be
kam. Aus Sicht des SSW sieht es so aus, dass dem Land kein finanzieller Schaden durch die Entscheidung für diesen Bieter entstanden ist.
Die anderen Anbieter waren zwar formal billiger, aber konnten nicht den gleichen Service und die gleichen Leistungen oder eben nicht die Anforderungen nach Kompatibilität erbringen. Dazu kommt, dass Staatssekretär Döring im Finanzausschuss überzeugend auf die neuesten Erkenntnisse hinsichtlich des künftigen Personalbedarfs hingewiesen hat. Die Angaben über Gesamtkosten von über 800 Millionen DM lassen sich deshalb nicht mehr aufrechterhalten.
Der Landesrechnungshof mag hier anderer Auffassung sein. Vorläufig müssen wir von der Richtigkeit der Zahlen des Finanzministeriums ausgehen.
Recht hat der Landesrechnungshof allerdings mit seiner Kritik an einem mangelhaften Vergabeverfahren und insbesondere mit seinem Hinweis, dass eine Kabinettsvorlage keinen vorgeschriebenen Vergabevermerk ersetzt. Das ist für ein Finanzministerium, das selbst die Vergaberichtlinien für alle öffentlichen Behörden des Landes herausgibt, äußerst peinlich.
In diesem Fall ist zumindest sehr schlampig gearbeitet worden. Hier trägt der Minister formell die politische Verantwortung.
(Beifall der Abgeordneten Lars Harms [SSW], Martin Kayenburg [CDU] und Dr. Trutz Graf Kerssenbrock [CDU])
Allerdings hat der Finanzminister schon Konsequenzen aus diesem mangelhaften Verfahren angekündigt. Ich erinnere daran, dass schon gesagt wurde, dass beispielsweise die GMSH verstärkt als Beratungsinstanz bei der Vergabe von großen Aufträgen genutzt werden soll.