Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

Zum Beihilfestreit: Anstaltslast und Gewährträgerhaftung fallen weg, die Wettbewerbsverzerrung zugunsten der öffentlichen Banken wird abgebaut. Beide Instrumente bewirken, dass die öffentlichen Banken sich günstiger refinanzieren können als private. Herr Buß hat es noch einmal ausdrücklich gesagt: Das Rating wird sich verschlechtern, wenn die Instrumente wegfallen. Das war eine Form der günstigen Refinanzierung, das ist offenkundig. Sie konnten sich besser refinanzieren, weil Private, die das Geschäftrisiko haben, ein anderes Rating haben als die öffentlichrechtlichen Banken, die dieses Geschäftsrisiko dem Steuerzahler aufgedrückt haben. Es ist gut, wenn das ein Ende hat, wenn auch erst in vier Jahren. Die Gewährträger der Sparkassen werden jetzt Träger. Frau Kollegin Schmitz-Hübsch, das entscheidet die Frage, wer Eigentümer der Sparkassen ist. Das war in den Diskussionen zum Gesetzentwurf strittig. Einige meinten sogar, die Sparkassen würden sich selbst gehören. Jetzt steht fest, dass die Träger der Sparkassen deren Eigentümer sind, genau wie die Träger der Schulen deren Eigentümer sind. So einfach ist das.

Auch die Aufgaben der Sparkassen werden modernisiert. Der alte Schwerpunkt der Förderung des Sparsinns schwindet und die Sparkassen dürfen jetzt einfach Banken sein. Sie sollen das Geld derjenigen, die mehr haben, als sie gerade brauchen, zu denjenigen schleusen, die mehr Geld brauchen, als sie gerade haben, und aus der Differenz von Einlagen- und Kreditzinsen Gewinne erzielen. Jetzt fehlt nur noch die Verwirklichung des FDP-Vorschlags, die Möglichkeit,

Sparkassen als Aktiengesellschaften in Teilen zu privatisieren. Dann könnten die Sparkassen ihren Auftrag auch längerfristig erfüllen, Herr Innenminister und Herr Finanzminister, weil sie einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt bekämen. Die Bordesholmer Sparkasse hat das mit genau dieser Begründung gerade vor.

(Beifall bei der FDP)

Ohne einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt wird es den Sparkassen immer schwerer fallen, der Bevölkerung und der mittelständischen Wirtschaft ihre Dienste anzubieten, weil sie im Wettbewerb immer weiter zurückfallen. Aber es ist für die Sparkassen noch nicht zu spät. Der Innenminister hat die Tür zum Kapitalmarkt einen Spalt offen gelassen. Ich zitiere:

„Eventuelle weitergehende Folgerungen aufgrund der geänderten Haftungsbedingungen für die Rechtsgrundlagen der Sparkassen und der Landesbank sollen einer späteren Änderung des Sparkassengesetzes vorbehalten bleiben.“

Nun wissen wir aber, Zeit ist Geld - auch in diesem Bereich. Je später wir beginnen, desto schwieriger wird es, anschließend im Wettbewerb zu bestehen. Die Landesregierung behält sich eine spätere Einsicht in ökonomische Zusammenhänge vor. Ich meine, es wäre besser gewesen, sie hätte diesen mutigen Schritt bereits jetzt bei der Novelle des Sparkassengesetzes getan.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Zur Landesbank, das Lieblingsprojekt der Landesregierung - Geld verbrennen und die Landesinteressen zurückstellt: Die Landesbank soll fittgemacht werden für den internationalen Wettbewerb. Sie soll mit der Hamburgischen Landesbank fusioniert und dann in eine AG umgewandelt werden. Die Landesbank erhält den Zugang zum Kapitalmarkt, der den Sparkassen noch verwehrt wird. Das schafft die Vorraussetzungen für den vollständigen Rückzug des Staates aus dem Geschäft des Einlagensammelns und Weiterverleihens. Denn dafür brauchen wir keine staatliche Bank mehr, diese Geschäfte brauchen nicht mit Steuern finanziert oder abgesichert zu werden - Private können das in der Tat besser.

(Beifall des Abgeordneten Joachim Behm [FDP])

Das Ziel ist gut und wir sollten es schnell verwirklichen, aber nicht so, wie die Landesregierung es plant. Die gute Geschäftslage der Landesbank wurde mit Steuergeldern erreicht. Deshalb sollte der Übergang ins Privatleben auch den Interessen der Steuerzahler

(Wolfgang Kubicki)

dienen, das heißt dem Land, dessen Menschen die Steuern gezahlt haben, möglichst viel einbringen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Genau das aber will die Landesregierung nicht. Das Konzept der Landesregierung hat vier Punkte: Haushaltslöcher stopfen, die I-Bank verselbstständigen, die Landesbanken Kiel und Hamburg fusionieren und die neue Bank in eine AG umwandeln.

Zuerst soll ein Haushaltsloch gestopft werden. Dazu will der Finanzminister 5 % der Landesbankanteile verkaufen und die Sperrminorität des Landes aufgeben. Dafür opfert die Landesregierung frühzeitig das wesentliche Instrument, mit dem die Interessen des Landes vertreten werden können, nämlich die Sperrminorität. Die Überlegung, nachdem das an den Sparkassen- und Giroverband verkauft worden ist wer auch immer das dann ist -, die Interessen des Landes dann noch wirksam umzusetzen, ist deshalb fatal, weil es insinuiert, dass der Landtag des Landes Schleswig-Holstein, dass die Regierung einen unmittelbaren weisungsdirektiven Einfluss auf den Sparkassen- und Giroverband hat. Das mag heute noch so sein. Aber es wird sich definitiv ändern - glauben Sie mir das -, wenn die Sparkassen in eine private Rechtsform umgewandelt worden sind.

Als Nächstes muss die I-Bank aus der Landesbank gelöst werden, denn sie soll die Anstaltslast und die Gewährträgerhaftung behalten. Doch die sind der Landesbank zukünftig verwehrt. Zusätzlich muss die IBank alle Wettbewerbsgeschäfte aufgeben, Herr Kollege Fuß; das ist Teil der Brüsseler Verständigung. Sie muss sich vom Liegenschaftsvermögen trennen. Das schlägt die Regierung vor, nicht die Opposition, nicht wir. Sie hätten vorher vielleicht nachfragen sollen.

Der Immobiliendeal wird zurückgedreht. Die Immobilien kommen wieder heim ans Land. Das strategische Geldverbrennen der Landesregierung geht in die zweite Runde. Das Land muss der I-Bank nämlich selbstverständlich die halbe Milliarde Euro zahlen, die es damals für die Immobilien bekam. Dieser Betrag wird abzüglich der Zweckrücklage als zusätzliche Verschuldung auftauchen: knapp 360 Millionen €. Dazu kommen Grunderwerbsteuer, Bewertungs- und Notarkosten von mindestens 50 Millionen € und die entgangenen Einnahmen wegen zu niedriger Verzinsung der Zweckrücklage.

Der Immobiliendeal hat keine Werte geschaffen. Dafür muss das Land fast einen dreistelligen Millionenbetrag zahlen. So verbrennt man Steuergelder. Im Herbst sollen dafür wahrscheinlich wieder die Armen und Blinden büßen und bezahlen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Aber es geht noch weiter: Die Landesbanken Kiel und Hamburg sollen fusioniert, dann in eine AG umgewandelt werden und zum Global Player aufsteigen. Hierzu will die Landesregierung private Anteilseigner einer Landesbank zulassen, und zwar bevor die WestLB und die Südwest-LB ihre Anteile verkaufen, damit die und nicht Schleswig-Holstein einen ordentlichen Reibach machen. Das Modell der öffentlichen Beleihung dient ausschließlich denjenigen öffentlich-rechtlichen Trägern, die ihre Anteile jetzt an eine private dritte Organisation übertragen wollen, nicht den Interessen des Landes Schleswig-Holstein. Wir haben nichts davon. Die können ihren Marktwert realisieren. Das heißt, die können ihren Windfallprofits realisieren und nicht wir.

Die West-LB hat ihre Anteile vor Jahren sehr günstig erstanden, weil keiner mit der Privatisierung der Landesbanken und den entstehenden Wertsteigerungen gerechnet hat. Ich werfe Ihnen vor, Herr Minister - das habe ich schon einmal getan -, dass Sie keine Nachbesserungsklausel, keinen Nachbesserungsschein wie in anderen vergleichbaren Aktionen vereinbart haben. Das müssen Sie den Wählerinnen und Wählern des Landes Schleswig-Holstein heute schon einmal erklären.

Jetzt will die West-LB selbstverständlich zum Marktwert verkaufen und die Windfallprofits einstreichen. Das kann man der West-LB überhaupt nicht vorwerfen, denn das dient den Interessen des Landes Nordrhein-Westfalen. Aber, ich sage es noch einmal, es dient nicht den Interessen des Landes Schleswig-Holstein. Die Landesregierung, so scheint es mir, schert das wenig. Die irrsinnige Vision vom Global Player sollen sich die heimischen Steuerzahler ruhig etwas kosten lassen.

Der richtige Weg sieht nach unserer Auffassung anders aus; das habe ich mehrfach vorgetragen. So wie die West-LB ihre Anteile damals günstig gekauft hat, so sollte die Landesregierung jetzt anstreben, diese Anteile günstig zurückzukaufen. Damaliger Preis plus marktübliche Verzinsung - das brächte dem Land wahrscheinlich einen dreistelligen Millionenbetrag. Doch darauf verzichtet die Landesregierung großzügig und die Steuerzahler bluten dafür.

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, will die Landesregierung die neuen privaten Anteilseigner der Landesbank beleihen. Ihnen sollen pro forma öffentliche Aufgaben übertragen werden, damit sie bis 2005 Anstaltslast und Gewährträgerhaftung genießen können. Das Risiko der Privaten sollen die Menschen Schleswig-Holsteins absichern, auch wenn die An

(Wolfgang Kubicki)

teilseigner aus Nordrhein-Westfalen oder dem Ausland kommen. Diesen unverfrorenen Unfug macht die FDP nicht mit. Das ist Verrat an den Interessen der Menschen Schleswig-Holsteins. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden.

(Beifall bei der FDP)

Um es ganz deutlich zu sagen: Damit die West-LB ihre Anteile marktüblich bereits jetzt an einen privaten Dritten verkaufen kann oder aber in ihrer privaten Aktiengesellschaft eingliedern kann, um damit ihre Bilanzsumme zu verbessern, soll das Instrument der Beleihung dieses privaten Dritten oder der privaten West-LB durch das Land Schleswig-Holstein geschaffen werden.

Herr Finanzminister, wer dient hier eigentlich wem? Warum garantiert nicht das Land Nordrhein-Westfalen für diesen Anteil die Gewährträgerhaftung und die Anstaltslast? Warum muss das Land SchleswigHolstein dies tun? Haben Sie dafür eine sinnvolle Erklärung, die Sie den Menschen dieses Landes auch wirklich nahe bringen können?

Diese Landesregierung hat mit ihren Visionen schon Milliardenbeträge verbrannt. Landesbank, Provinzial, HDW-Wohnungen, Immobiliendeal und LEG sind die Stichworte. Damit muss jetzt Schluss sein. Es wird Zeit, dass wir uns an die Worte Helmut Schmidts erinnern: Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.

Ich kündige Ihnen an: Wir werden, und zwar nicht nur im Parlament, sondern auch im außerparlamentarischen Bereich, alles daransetzen, die Verabschiedung von Artikel 1 Nr. 10 Buchst. c - das ist die öffentliche Beleihung privater Dritter - zu verhindern.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach langer Diskussion im Land, im Bund und auf europäischer Ebene legt die Landesregierung dem Parlament heute einen Entwurf zur Änderung des Sparkassengesetzes vor. Damit ändern sich die Haftungsgrundlagen für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in SchleswigHolstein. Es besteht inzwischen bundesweit Einigung darüber, dass Gewährträgerhaftung und Anstaltslast der öffentlichen Kreditinstitute abgeschafft werden müssen. Dies ist für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute natürlich ein harter Einschnitt. Sie werden die vorgesehene Übergangszeit bis 2005 brauchen, um im

freien Wettbewerb unter gleichen Bedingungen wie die Privatbanken bestehen zu können.

Hinzu kommt der erhebliche Kostendruck der Sparkassen für die notwendige EDV-Einführung und -pflege, welche gerade kleinere Filialen stark belasten. Es wird für die Sparkassen also sehr schwierig werden, kleine Filialen zu halten. Wir müssen die Vorgaben der Brüsseler Verständigung aber umsetzen. Wir wollen sie so umsetzen, dass ein neuer Rechtsstreit vermieden wird.

Meine Fraktion ist sich einig, dass wir als Alternative zu den Privatbanken auch weiterhin Sparkassen mit einem öffentlich-rechtlichen Auftrag brauchen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade die Sparkassen gewährleisten in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein, dass vor Ort Kapitalgeber für kleine und mittlere Betriebe da sind, dass Existenzgründerinnen und -gründer vor Ort einen Ansprechpartner und Kapitalgeber haben, dass alle Bürgerinnen und Bürger, auch Menschen ohne eigenes Einkommen, ein eigenes Konto eröffnen können, dass Schuldnerberatung von denjenigen mitfinanziert wird, die an der Verschuldung von Menschen verdienen, und dass über den Verwaltungsrat kulturelle, soziale, ökologische und andere Projekte zur Förderung des Allgemeinwohls in der Fläche unterstützt werden.

Das Bankensystem in Deutschland konzentriert sich stark und wird von großen Banken dominiert. Diese stellen bereitwillig Kredite zur Verfügung, wenn mit großen Renditeerwartungen spekuliert wird, aber nicht für Investitionen in Arbeitsplätze, die keine so große Rendite bringen. Mittelständische Betriebe haben es schwer, sich bei diesen Privatbanken das notwendige Kapital zu beschaffen.

Länder, die nur Privatbanken haben, wie beispielsweise Großbritannien, haben erhebliche Probleme bei der Versorgung von kleinen Betrieben und von strukturschwachen Räumen. In den Vereinigten Staaten mit einem lokalen Geschäftsbankensystem und einem der am höchsten entwickelten Kreditmärkte war diese Lücke so gravierend, dass 1977 der Community Reinvestment Act verabschiedet wurde. Er verpflichtet die Banken gesetzlich dazu, diesen unterversorgten Gruppen und Gebieten Kredite anzubieten.

Dieses Beispiel sollte uns zu denken geben. Deshalb lehnen wir den Vorschlag der FDP ab, das alleinige Glück in den Privatbanken zu sehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Eine weitere Änderung im Sparkassengesetz betrifft die Anteilseignerstruktur der Landesbank. Künftig

(Monika Heinold)

können Stammkapitalanteile auch an juristische Personen des Privatrechts übertragen werden. Zudem erhalten Dritte die Möglichkeit, weitere Anteile am Stammkapital der Landesbank von bis zu 5 % vom Land zu erwerben. Dieser Schritt ermöglicht dem Land Mehreinnahmen von zirka 100 Millionen €. Der Zeitpunkt des Anteilsverkaufs ist umstritten; das wurde hier auch angesprochen. Auch wir würden lieber die Fusion mit Hamburg und die Umwandlung in eine AG abwarten und erst dann verkaufen.

Tatsache ist aber auch, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen wollen und werden, welcher sowohl innerhalb der von der Verfassung vorgeschriebenen Verschuldungsgrenze liegt als auch inhaltliche Schwerpunkte setzt. Dass wir dabei gerade die Finanzierung des Bildungshaushalts im Auge haben müssen, ist klar und selbstverständlich. Die Kritik der Opposition an der Finanzpolitik des Landes - von der FDP hier heute noch einmal deutlich vorgetragen - lässt meine Fraktion nicht gelten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das hätte mich auch gewundert!)

Hier predigt die FDP: Runter mit den Schulden und rauf mit den Bildungsaufgaben. - Aber da, wo die FDP mitregiert, setzt sie gemeinsam mit der CDU als Erstes die Verschuldung hoch.

Schauen wir nach Hamburg: Die Schulden steigen unter der FDP und bei der Bildung wird gekürzt.