Protokoll der Sitzung vom 21.06.2002

(Beifall bei FDP, CDU und SPD)

Bei anderen Interpretationen der Daten darf ich mich dann ein wenig mit der Zustimmung zurückhalten und es etwas anders interpretieren, als Sie das getan haben.

Wir müssen feststellen, dass sich am Anfang des Monats, als Sie den Agrarreport vorstellten, die Mitteilungen überschlugen: Der Norden hat die erfolgreichsten Bauern. Schleswig-Holsteins Landwirte sind bundesweit Spitze. Rekordgewinne in der Landwirtschaft. - Das haben wir alle so gelesen. Es ist nur zu verständlich, Frau Ministerin, dass Sie sich gern mit diesen Daten schmücken wollen.

Leider aber, Kollege Wodarz, können wir die guten Leistungen der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft nicht mit guten Leistungen der schleswigholsteinischen Landwirtschaftspolitik, also der schleswig-holsteinischen Regierungspolitik gleichsetzen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Erfolge unserer Landwirte im vergangenen Jahr sind ihren eigenen Leistungen zuzuschreiben. Herr Kollege Jensen-Nissen hat dies dargestellt. Frau Ministerin, Sie sollten einmal versuchen, eigene Federn vorzuzeigen, statt sich mit fremden zu schmücken. Der Einsatz unserer Landwirte, ihre gute Ausbildung und ihr hoher Wissensstand, verbunden mit den ohne Frage günstigen agrarischen Strukturen, guten Bodenqualitäten, günstigen klimatischen Bedingungen und guter Produktionstechnik, sind Grund der herausragenden Ergebnisse für das vergangene Wirtschaftsjahr.

Ich erkenne durchaus an, Frau Ministerin, dass Sie in Ihrem Bericht auch diese Faktoren erwähnen. Das ist in Ordnung. Noch mehr würde ich mir jedoch wünschen, Sie würden diese Faktoren nicht nur loben, sondern bei der Gestaltung Ihrer Landwirtschaftspolitik auch berücksichtigen, mit anderen Worten: der Landwirtschaft weniger Steine in den Weg legen, als Sie dies in der Vergangenheit getan haben.

(Beifall bei FDP und CDU)

Nehmen Sie das Beispiel der Schweinehaltung. Schweinehalter gehören vor dem Hintergrund der BSE-Krise sicherlich zu den Gewinnern im Agrarbereich. Neben Milch- und Käseprodukten sowie Geflügel lag Schweinefleisch in der Gunst der Verbraucher ganz vorn. Entsprechend ist in den letzten beiden Jahren aufgrund höherer Erlöse auch ein Anstieg der Tierzahlen zu beobachten. Aber was machen Sie in dieser Situation? - Rot-Grün erlässt im Bund, Sie erlassen hier im Land eine Schweinehaltungsverordnung, die den Schweinen quasi einen Platz auf dem Sofa einräumt - das ist ein bisschen übertrieben; das ist mir schon klar - und die Schweinehaltung so aufwendig macht, dass Schweinefleisch künftig weniger in Schleswig-Holstein produziert wird und die Konkurrenzfähigkeit der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft im internationalen Vergleich geschwächt wird. Wir wenden uns nicht gegen günstigere Bedingungen für diese Tiere, aber wir wenden uns dagegen, dass unsere Betriebe Sonderleistungen erbringen müssen. Denn dies führt dazu, dass die Schweinehaltung ins Ausland verlagert wird. Auf dortige Haltungsbedingungen haben wir überhaupt keinen Einfluss. Gesundheitspolitisch ist dies - das wissen wir inzwischen auch - verfehlt. Ähnliches ist bei den Legehennen zu beobachten. Auch dort haben wir Produktionsverlagerungen ins Ausland. Das heißt, Arbeitsplätze gehen verloren, Eier werden eingeführt.

Das nächste Beispiel ist die Rinderhaltung. Nicht zufällig findet sich im Agrarreport auszugsweise Ihre Rede, Frau Ministerin, zur Wettbewerbsfähigkeit der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft und damit auch das Eigenlob, wie sehr sich die Landesregierung angeblich um die durch die Krise gebeutelten Rinderhalter gekümmert haben will. Wir müssen feststellen, dass Betriebe infolge von BSE in ihrer Existenz bedroht sind. Sie haben die Argumente, die wir Ihnen geliefert haben, nicht aufgegriffen.

Ohne Frage hat es in bestimmten Bereichen finanzielle Unterstützung gegeben. Ich nenne die finanzielle Entlastung der Tierkörperbeseitigungsanlagen und so weiter. Wir haben darüber gesprochen. Nur, bei den Landwirten ist tatsächlich nichts gelandet.

Ein weiteres trauriges Kapitel sind die Pannen bei IBR- und BHV-Sanierung. Auch dies geht wieder zulasten der Landwirte. Es stellt auch keinen Beitrag zur Stärkung der Landwirtschaft dar, wenn SchleswigHolstein von den vorhandenen Fördermöglichkeiten auf Bundes- und EU-Ebene immer weniger Gebrauch macht, weil es die erforderlichen Kofinanzierungsmittel nicht mehr aufbringen kann. Die Statistiken sprechen eine deutliche Sprache. Gerade angesichts der

(Dr. Christel Happach-Kasan)

angespannten finanziellen Voraussetzungen ist es erforderlich, die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Landwirtschaft zu stärken.

Ich erkenne ausdrücklich an, Frau Ministerin, dass Sie ausweislich Ihres Vorwortes zum Agrarreport erkannt haben, dass Bioprodukte mit einer Quote verordnet werden können. Das ist bei Rot-Grün nicht selbstverständlich. Meine Anerkennung für diesen Realitätssinn.

Tatsache ist, dass der konventionelle Landbau dominiert. Niemand kann ernsthaft behaupten, dass der Ökolandbau - er macht in Schleswig-Holstein knapp 2 % aus - an seine Stelle treten könnte. Deshalb muss es unser Ziel sein, auch in Zukunft die Landwirtschaft insgesamt so zu gestalten, dass sie den Verbrauchern Qualität und den Landwirten Einkommen sichert, unabhängig von „öko“ oder „konventionell“.

(Beifall bei FDP und CDU)

Schleswig-Holstein ist eben auch ein Agrarland. Politik für nur 2 % der Landwirte können wir uns nicht leisten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Rainder Steenblock das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesen Beiträgen der Opposition ist es, wie ich glaube, zunächst einmal notwendig, etwas über die Verantwortung in der Politik und dazu, wie die Opposition damit umgeht, zu sagen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, so geht es nicht. Er erinnere mich noch genau an die Debatten, die wir vor einem Jahr geführt haben. Damals war BSE eines der zentralen Themen. Sie haben damals zu Recht große Bedenken gehabt, wie sich das gerade auch auf die konventionelle Landwirtschaft auswirkt. Wir haben in diesem Lande eine Regierung unter der Führung im Landwirtschaftsministerium von Frau Franzen und Klaus Müller gehabt, die diese Krise in Schleswig-Holstein hervorragend bewältigt haben. Das haben alle bestätigt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Die Zahlen im Agrarreport zeigen es sehr deutlich, dass die konventionelle Landwirtschaft und die Öko

betriebe in diesem Lande große Schritte vorangekommen sind. Die Betriebsergebnisse sind sehr gut. Ich würde gerne wissen, wenn wir ein anderes Ergebnis gehabt hätten, wer Ihrer Meinung nach dann die Schuld dafür gehabt hätte. Dann wäre die Landesregierung schuld gewesen.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Jensen-Nissen [CDU])

- Kollege Peter Jensen-Nissen, das Einzige, was mir an Ihrer Rede gefehlt hat, war, dass Sie gesagt hätten, dass es an der Oppositionspolitik der CDU liegt, dass die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein so hervorragend funktioniert. Das hätte dem Ganzen die Spitze aufgesetzt.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SPD und SSW - Martin Kayenburg [CDU]: Bestimmt nicht an der Oppositi- onspolitik der Grünen! Lassen Sie das doch einmal!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Landesregierung hat mit ihrer Politik dazu beigetragen, dass es den Landwirten in diesem Lande gut geht, und das ist richtig so.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

- Lieber Claus Ehlers, es ist richtig und gut so, dass ihr in eurer Fraktion in die letzten Reihe gesetzt werdet. Da werdet ihr noch zehn Jahre sitzen und Oppositionspolitik machen.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SPD und SSW)

Hieran zeigt sich die Bedeutung, die die Landwirtschaft bei euch hat.

(Martin Kayenburg [CDU]: Dann sind die doch lange nicht mehr hier vertreten! - Weite- re Zurufe von der CDU)

- Liebe Kollegen, ich freue mich ja auch über das Fußballergebnis.

(Lothar Hay [SPD]: Was?)

- Ja, ich freue mich darüber. Ich freue mich auch darüber, dass wir heute noch ein schönes Fußballspiel vor uns haben. Das beflügelt den Unterhaltungswert und die Stimmung hier im Haus.

Lassen Sie mich aber zum Agrarreport noch einen Gedanken hinzufügen. Was mich ganz besonders freut - der Kollege Wodarz hat bereits darauf hingewie

(Rainder Steenblock)

sen -, ist, dass die Agrarwende in Schleswig-Holstein vorankommt.

(Zustimmung der Abgeordneten Irene Fröh- lich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf von der CDU: Was?)

Das ist ein mühsamer Prozess. Das ist gar keine Frage. Sie werden sich vielleicht daran erinnern, dass auch ich zu denen gehört habe, die von Anfang an gesagt haben, wir können diesen Prozess nicht mit Quotenfestlegung bestimmen, sondern das ist ein Prozess, den der Markt regeln wird. Aber wir kommen in Schleswig-Holstein voran. Ich möchte auf Folgendes hinweisen. Wir haben 11 % Steigerung, was die Erzeugerbetriebe angeht, und - was noch wichtiger ist - wir haben bei den Verarbeitungs- und Vermarktungsbetrieben eine Steigerung um 45 % gehabt. Das ist sicherlich auch ein Verdienst der Arbeit des Ökovermarktungsfonds. Wir haben uns geeinigt, wie es weitergehen soll. Aber das zeigt, dass die Kritik, die von einigen in überzogener Weise an der Arbeit dieser Organisation geübt worden ist, falsch war. Dieser Ökovermarktungsfonds hat in seiner Arbeit durchaus positive Ergebnisse erzielt. Das zeigt die deutliche Vermehrung der Betriebe in diesem Land. Wir werden uns als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiter für die Agrarwende einsetzen. Wir werden diesen Weg weiter unterstützen,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn der Ökolandbau ist die natürlichste, umweltfreundlichste und nachhaltigste Form der Landwirtschaft. Ich würde gern noch einmal deutlich darstellen, dass die Eindimensionalität in der Darstellung nicht gerechtfertigt ist. Ökolandbau hat den Vorteil, dass Sicherheit für Verbraucher und Verbraucherinnen durch gesunde Lebensmittel garantiert wird. Wir haben das gleiche Problem im Bereich Nitrofen-Skandal. Wenn in diesem Bereich die Kontrollen nicht so hoch gewesen wären, wäre das Ganze nie hochgekocht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Deshalb muss man dankbar sein, dass wir diesen Sektor so ausgebaut haben.

Die ökologische Landwirtschaft dient der Sicherung, der Erhaltung und der Schaffung neuer Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Auch das ist eines der zentralen Ziele, das die Landesregierung verfolgt. Gewässerschutz durch Verzicht auf synthetische und chemische Dünger und Pestizide ist ein weiterer Vorteil. Klimaschutz wird durch den Ökolandbau mehr gefördert als durch den konventionellen Landbau, und zwar durch den geringeren Ausstoß von klimaschädlichen Gasen. Der Atemschutz wird in dieser Form von Landwirt

schaft ernst genommen. Hohe Artenvielfalt und ökologisch bewirtschaftete Äcker und Wiesen zeigen das.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Jensen-Nissen [CDU])

Der Schutz der Kulturlandschaft ist ein weiterer Punkt. Das Gleiche gilt für den Bodenschutz. Wir reden im Ökolandbau häufig darüber, was nachweisbar ist und was nicht. Der Bodenschutz, der höhere Humusgehalt und mehr Bodenlebewesen werden in allen Untersuchungen deutlich nachgewiesen.