Protokoll der Sitzung vom 21.06.2002

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der FDP-Fraktion, zum jetzigen Zeitpunkt über die Auswirkungen der steuerlichen Mindereinnahmen auf die Polizei zu berichten, überrascht ein wenig. Denn nach Artikel 37 unserer Landesverfassung - Sie wissen es genauso gut wie ich entscheidet über den Haushalt immer noch der Gesetzgeber. Die Entscheidung steht noch aus, da die Landesregierung den Entwurf des Haushalts 2003 Anfang Juli beschließen und dann dem Landtag zuleiten wird. Er wird ihn voraussichtlich, wie in den vergangenen Jahren auch, im Dezember endgültig beraten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Haushaltsvoll- zug!)

(Minister Klaus Buß)

Gleichwohl komme ich dem Informationsbedürfnis und -anspruch der FDP-Fraktion selbstverständlich gern nach, soweit dazu heute Aussagen möglich sind.

Vielleicht Folgendes allgemein vorweg: Es war ja der Presse zu entnehmen, dass jedes Ressort vom Finanzminister aufgrund der finanziellen Situation, der Steuermindereinnahmen, bestimmte Korridorvorgaben bekommt. Natürlich haben diese Auswirkungen auch auf die Polizei; das kann überhaupt gar nicht anders sein. Denn 75 % des Haushalts des Innenministeriums betreffen die Polizei. Ich möchte im Einzelnen versuchen - so gut es im Augenblick geht -, zu den in Ihrem Antrag genannten Punkten Stellung zu nehmen.

Erstens. Die Tariferhöhungen im Jahr 2002 werden durch Bewirtschaftungsmaßnahmen innerhalb des laufenden Haushaltsvollzuges gedeckt. Für das Jahr 2003 sind mir bisher keine Ergebnisse der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst bekannt, da die Verhandlungen frühestens im Herbst dieses Jahres beginnen werden. Zudem laufen, wie bereits erwähnt, die regierungsinternen Abstimmungen noch, sodass ich zum Personalkostenbudget 2003 und der Deckung eventueller Tariferhöhungen heute keine seriösen Aussagen machen kann. Selbstverständlich muss die Polizei im Rahmen des ihr Möglichen, ohne die Funktionsfähigkeit zu gefährden, ihren Beitrag leisten. Ich glaube, dazu muss ich nichts Weiteres ausführen; es geht gar nicht anders.

Zweitens. Den Begriff der zweigeteilten Laufbahn bei der Polizei habe ich vor kurzem im Innen- und Rechtsausschuss definiert. Wie in allen Polizeien der Bundesrepublik Deutschland bedeutet eine zweigeteilte Laufbahn, dass es im Polizeidienst einen gehobenen und einen höheren Dienst gibt. Die Frage der weiteren Umsetzung wird im Wesentlichen von den finanziellen Möglichkeiten kommender Haushalte abhängen. Eine Antwort dazu halte ich zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls für unseriös. Allerdings - darauf möchte ich dann doch hinweisen - haben wir durch die Umsetzungsschritte vor allem der letzten beiden Jahre bei der Kriminalpolizei die zweigeteilte Laufbahn bereits vollendet und bei der Schutzpolizei einen Anteil des gehobenen Dienstes von 40,9 % erreicht. Bis zum Jahr 2000 waren ursprünglich nur 25 % vorgesehen; Sie wissen das.

Drittens. Nach persönlichen und funktionalen Kriterien haben bei der Schutz- und Kriminalpolizei zum Stichtag 1. Juni 2002 im Statusamt A 10 155 und im Statusamt A 11 105 Polizeibeamtinnen und -beamte die Beförderungsreife erreicht. Seriöse Angaben über Beförderungsplanungen im Jahre 2003 sind aus den genannten Gründen zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls nicht möglich.

Viertens. Zu den Personalersatzterminen 1. August und 1. Oktober 2002 werden alle Vollzugsplanstellen im Personalhaushalt der Polizei besetzt sein; alle vorgesehenen Einstellungen finden statt.

Fünftens. Es ist weiterhin beabsichtigt, die Absolventen der Verwaltungsfachhochschule zeitgerecht nach erfolgreichem Bestehen des Studiums in das Eingangsamt des gehobenen Dienstes zu übernehmen.

Sobald sich die Zahlen konkretisieren lassen, bin ich selbstverständlich gern bereit, Ihre noch ausstehenden Fragen ausführlich zu beantworten.

(Beifall bei SPD, SSW und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die antragstellende Fraktion der FDP erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Im März diesen Jahres, also noch vor der Haushaltssperre, erreichte uns eine Pressemitteilung der Landesregierung, nach welcher bereits zum damaligen Zeitpunkt 27 Millionen € im laufenden Haushalt fehlten. Dazu kamen Minderausgaben für die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in Höhe von 7,4 Millionen. Dieses Loch im Haushalt sollte durch die Ressorts eingespart und erwirtschaftet werden. Eine Kleine Anfrage meiner Fraktion, Drucksache 15/1741, ergab, dass der vom Innenministerium einzusparende Betrag bei 4,7 Millionen DM lag. Über die zusätzlichen Versorgungsausgaben an die VBL wurden keine Angaben gemacht. Eines wurde aber festgestellt: Das Sicherheitspaket der Landesregierung, mit dem sowohl der Innenminister als auch der Kollege Rother regelmäßig in Veranstaltungen Eigenwerbung betrieben, und der Polizeihaushalt waren bereits zum damaligen Zeitpunkt von Einsparungen nicht ausgenommen. In der Kleinen Anfrage heißt es hierzu wörtlich:

„Ob Haushaltsmittel, die im Zusammenhang mit dem Sicherheitspaket im Haushalt 2002 zur Verfügung gestellt wurden, zur Erwirtschaftung zusätzlicher Einsparungen herangezogen werden, wird in Abhängigkeit von der Möglichkeit, die Minderausgaben außerhalb des Polizeihaushalts zu erbringen, sowie der Entwicklung der Sicherheitslage entschieden.“

Für uns als FDP waren die zusätzlichen Mittel des Sicherheitspakets nur das notwendige Minimum für

(Günther Hildebrand)

eine adäquate Ausstattung der Polizei. Diese war durch die Mitteilung des Innenministers bereits gefährdet. Auf der Suche nach Einsparungen machte der Innenminister zumindest vorübergehend auch vor der Überlegung, ländliche Polizeistationen zu schließen, nicht halt. Endgültige Klarheit herrscht hier allerdings seit der letzten Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses, in der der Innenminister klarstellte, dass es keine weiteren Planungen dieser Art gebe.

In der Ausschusssitzung gab er dann aber auch eine weitere interessante Mitteilung bekannt. Minister Buß stellte fest, dass er die Definition der zweigeteilten Laufbahn bei der Polizei, wie sie seinerzeit, in der letzten Legislaturperiode, vom damaligen Innenminister Wienholtz vorgegeben wurde, nicht teilt. Er hat ja eben auch dazu Stellung bezogen. Seiner Meinung nach sei die zweigeteilte Laufbahn erst dann umgesetzt, wenn die Polizeibeamten nur noch dem gehobenen oder dem höheren Dienst angehörten, sofern sie die Voraussetzungen dazu erfüllten. Ich glaube, das ist in diesem Zusammenhang eine begrüßenswerte Aussage des Innenministers, sodass diese etwas unsägliche Definition seines Vorgängers nicht mehr im Raum steht.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU)

Seit einigen Wochen haben wir in diesem Haus eine Haushaltssperre. Die Landesregierung muss 155 Millionen € steuerliche Mindereinnahmen erwirtschaften. In welchen Bereichen sie aber sparen will, legt sie nicht offen. Das ist schwach. Für mich ist es ein Ausdruck politischer Hilflosigkeit und finanzpolitischer Inkompetenz.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die Polizistinnen und Polizisten in unserem Land, die ja noch vor dem Hintergrund der Anschläge des 11. September neue Aufgaben erhielten, erhofften sich zumindest durch das Sicherheitspaket einen Ausgleich. Ihr Vertrauen wird aber ständig durch die neuen finanziellen Katastrophenmeldungen dieser Regierung erschüttert.

Wir wollen klare Aussagen des Innenministers, wo er seinen Beitrag zu den notwendigen Einsparungen leistet. Das hat er uns ja heute auch nicht erklärt. Herr Minister, Sie waren in diesen Punkten meines Erachtens sehr unverbindlich und haben nicht konkret gesagt, wie Sie beispielsweise die von mir eben aufgeführten Summen im laufenden Haushalt erwirtschaften wollen. Aber nur das würde dazu beitragen, dass hier für die Beamtinnen und Beamten der Polizei auch wirklich Klarheit besteht.

Eben selbst haben Sie wieder gesagt, dass diese Summen im Haushalt erwirtschaftet werden sollten.

Dabei sind uns jetzt einige Dinge besonders wichtig. Erstens. Die Polizeibeamtinnen und -beamten haben immer mehr zu leisten. Daher dürfen die Tariferhöhungen in den nächsten Jahren nicht gefährdet sein.

Zweitens. Die zweigeteilte Laufbahn muss angestrebt und in einem vorgegebenen Zeitraum auch umgesetzt werden. Ich glaube, nur der Hinweis darauf, Sie strebten die zweigeteilte Laufbahn an, reicht nicht aus. Es wäre hier wirklich erforderlich, konkret bestimmte Zeiträume zu benennen.

Drittens. In den letzten Jahren hat sich bei der Besoldung im Polizeikörper ein großer Bauch mit kleinem Kopf entwickelt. Es besteht also die Notwendigkeit, auch im Bereich der Besoldungsgruppen A 10 - die haben Sie eben auch mit 155 genannt - und A 11 - mit 105 - die Beförderungen fortzuführen, weil hier sonst wirklich ein massiver Überhang an Stellen besteht.

Viertens. Wir haben auch Hinweise bekommen, dass die Stellenplanobergrenzen bei der Polizei nicht immer ausgenutzt werden. Es nutzt aber nichts, Stellenpläne auszuschreiben, wenn diese nicht besetzt werden.

(Thorsten Geißler [CDU]: Sehr richtig!)

Das täuscht die Menschen nur über die wahre Personalstärke der Polizei hinweg.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Fünftens. Zu guter Letzt wurde uns zugetragen - auch dazu haben Sie eben Stellung genommen -, dass Absolventen der Laufbahnprüfung II nach bestandener Prüfung nicht unmittelbar in die Planstellen des gehobenen Dienstes übernommen werden. Sie werden stattdessen weiter im Ausbildungsstatus geführt. Das ist unserer Meinung nach kein hinzunehmender Zustand. Wenn ich mir dann die Presseerklärung der DPG vom gestrigen Tag ansehe, dann gibt sie Zeugnis davon, dass genau diese Sache von der Polizei bemängelt wird und dass die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die jetzt diese Ausbildung ergreifen wollen, nicht die Möglichkeit haben, später direkt übernommen zu werden.

(Minister Klaus Buß: Das stimmt doch ein- fach nicht!)

Es gab auch eine Pressemeldung aus Lübeck, dass dort im Personalbereich eine - wie soll ich es sagen - große Vakanz und eine Belastung bestehe. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass unter den Beamtinnen und Beamten der Polizei eine große Unzufriedenheit herrscht.

(Beifall bei FDP und CDU )

Für die Fraktion der SPD erhält jetzt Herr Abgeordneter Thomas Rother das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal vielen Dank an Innenminister Klaus Buß für die Beantwortung der Fragen aus dem FDP-Antrag. Zumindest die Themen sind ja zum Teil schon im Innen- und Rechtsausschuss erörtert worden. Aber die FDP hat natürlich mit ihrem Antrag Recht, dass das Thema innere Sicherheit so wichtig ist, dass diese Fragen hier und nicht in Form einer Kleinen Anfrage zu beantworten sind; denn damit kann auch auf diesem Weg deutlich werden, dass die innere Sicherheit und die Situation der Polizei Schwerpunkte in der Politik der Landesregierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Den alten Fußballerspruch: „Erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu“, können wir auch auf die Haushaltssituation des Landes anwenden. Erst musste die globale Minderausgabe zu Anfang des Jahres erhöht werden, nun wird das Ergebnis der Steuerschätzung wahrscheinlich zu neuen Sparmaßnahmen führen. Dabei wird - davon gehe ich auch nach dem Bericht des Innenministers aus - natürlich auch trotz Schwerpunktsetzung die Polizei nicht ganz ausgenommen werden können.

Der Innenminister hat jedoch festgestellt, dass die Funktionsfähigkeit der Polizei dadurch nicht gefährdet sein wird und dass alle Planstellen fristgerecht besetzt werden - auch in Lübeck, Herr Hildebrand - zum 1. August. Das hat er gesagt und damit eigentlich auch die Kernfragen aus dem Antrag beantwortet.

Wichtig ist auch die Aussage - da haben Sie vielleicht auch nicht ganz zugehört -, dass das Laufbahnverlaufsmodell eingehalten wird. Die Beförderungen im mittleren Dienst zum 1. Juli 2002 sind ebenso beschlossene Sache wie die Übernahme der Absolventen der Verwaltungsfachhochschule auf Planstellen des gehobenen Dienstes. - Da nickt doch hoffentlich der Innenminister. - Ja.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Aber nicht so deut- lich!)

- Ja, nicht so deutlich.

Sobald sich die Zahlen zur Beförderungssituation im gehobenen Dienst konkretisieren lassen, müssen wir

uns damit natürlich im Innen- und Rechtsausschuss weiter befassen.

Unabhängig davon gibt es eine Polizeibilanz der letzten Monate, die sich wirklich sehen lassen kann.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Jährlich wurden bislang rund 1.000 Beförderungen ausgesprochen. Das leidige Beurteilungsproblem wurde endlich gemeinsam mit Personalräten und Gewerkschaften gelöst. Bei der technischen Ausstattung konnte in den Bereichen Schutzwesten, Dienstfahrzeuge, EDV-Ausstattung und Internetanschlüsse einiges abgearbeitet werden. Weiteres ist und bleibt natürlich notwendig.

Die gute Regierungsbilanz in der Politik für die innere Sicherheit und für die Polizei sollten wir uns nicht schlecht reden lassen. Die Ergebnisse der EmnidUmfrage, die im „Focus“ am 29. April 2002 veröffentlicht wurde, machen deutlich, dass wir hier in Schleswig-Holstein auf dem richtigen Weg sind. Dabei geht das Lob natürlich nicht nur an die Regierung - das ist ganz klar -, sondern vor allem an die Polizeibeamtinnen und -beamten, ohne die so ein Ergebnis einer Umfrage nicht möglich wäre. Bei all der Schwere ihres Dienstes muss man das Engagement der Beschäftigten hervorheben und das ist in diesem Haus auch schon Lob und Dank wert.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)