Protokoll der Sitzung vom 21.06.2002

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Durch die Veröffentlichungen in den letzten Tagen wird noch ein Weiteres deutlich, nämlich, dass man mit vollmundigen Ankündigungen allein - wie man das ja in Hamburg gemacht hat - auch keine Politik der inneren Sicherheit machen kann. Die harten Tatsachen der finanziellen Realität werden in Hamburg festgestellt und holen nun auch den Innensenator ein. Luftschlösser lösen sich dort zurzeit nach und nach eines nach dem anderen auf.

Ich sage das auch ganz ohne Schadenfreude, denn ich hoffe ganz einfach, dass sich auch die Freie und Hansestadt Hamburg im Innenressort wieder auf den Weg der Kooperation mit den anderen Ländern begibt und nicht durch die eigene Lächerlichkeit - wie das ja manchmal so ausschaut - das ganze Politikfeld der inneren Sicherheit in Misskredit bringt.

Wir wollen die Kriminalität wirksam bekämpfen und moderne Arbeitsbedingungen für anständig bezahlte Polizisten gewährleisten. Wir erliegen in Zeiten des Wahlkampfes aber nicht der Versuchung, unrealistische und unfinanzierbare Versprechungen zu machen

(Thomas Rother)

und damit Polizeibeamte zum politischen Spielzeug zu degradieren.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das machen Sie doch die ganze Zeit!)

Die Themen des FDP-Antrages sollten wir im Innenund Rechtsausschuss weiter beraten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU erhält jetzt Herr Abgeordneter Thorsten Geißler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einer Vorbemerkung beginnen. Herr Kollege Rother, wenn wir hier Probleme debattieren, die von den Polizeigewerkschaften öffentlich erörtert werden, dann machen wir die Polizeibeamtinnen und -beamten dieses Landes nicht zum politischen Spielzeug, sondern artikulieren genau die Probleme, die von den Beamtinnen und Beamten der Landespolizei als lösungswürdig und lösungswert betrachtet werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Daran werden Sie uns auch nicht hindern und wir werden uns auch nicht mit den Leerformeln abspeisen lassen, die in dieser Debatte heute seitens der Regierung dem Parlament geboten wurden.

Nach dem 11. September konnte man zunächst davon ausgehen, als wäre diese Landesregierung entschlossen, zumindest einige der gravierendsten Versäumnisse zu beheben, die sie in den vergangenen Jahren im Bereich der Polizei und der inneren Sicherheit geleistet hat.

(Zuruf von der CDU)

- Daran sollte man denken.

Dabei war allerdings von Anfang an klar, dass selbst bei einer vollständigen Realisierung dieses so genannten Sicherheitspakets nicht die Planstellenzahl erreicht worden wäre, die wir noch vor einigen Jahren in Schleswig-Holstein gehabt haben; denn Sie, Herr Innenminister, und Ihr Amtsvorgänger haben in den vergangenen Jahren kontinuierlich Personal abgebaut. Weit mehr als 200 Planstellen sind im Bereich der Landespolizei gestrichen worden und dies trotz einer qualitativen Veränderung der Sicherheitslage in Schleswig-Holstein, die mit Terrorismus nichts zu tun hat. Sie selbst weisen ja seit Jahren darauf hin, dass wir bedenkenswerte Tendenzen im Bereich der Krimi

nalitätsentwicklung haben, Anstieg der Gewaltbereitschaft, steigende Jugendkriminalität, ein immer steigender Anteil von Jugendlichen unter Tatverdächtigen. Das hätte Ihnen eigentlich Veranlassung geben müssen, schon damals einen Schwerpunkt innere Sicherheit zu setzen. Das Gegenteil haben Sie getan.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Nun ist der Finanzminister erneut in schweres Fahrwasser geraten und versucht natürlich, das an die Ressortkollegen weiterzugeben. Alles, was Sie zu wissen scheinen, ist, dass Sie 4,7 Millionen € zusätzlich einsparen müssen. Aber wie Sie das einsparen wollen, wissen offenbar nicht nur die Polizeibeamten im Land nicht, das wissen Sie offenbar selbst nicht. Aber eines dürfte klar sein: Alle Ihre Ankündigungen im Zusammenhang mit dem Sicherheitspaket stehen auf tönernen Füßen. Das betrifft sowohl die vorgesehenen Personalverbesserungen, die ja ohnehin erst in drei Jahren wirksam würden, als auch das Thema der Beförderungen, das unsere Landespolizei ja seit langem plagt.

Eine Landespolizei, die keine verlässlichen Beförderungszusagen hat, bei der man immer noch jahrelang auf eine Beförderung warten muss, obwohl einem die Vorgesetzten bescheinigt haben, dass man hervorragende Arbeit leistet, obwohl bescheinigt wird, dass eigentlich alle Voraussetzungen für eine Beförderung gegeben sind, ist nicht motiviert.

Und wir brauchen gut motivierte Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir wissen nicht, wie sich die Personalstärke im Bereich der Landespolizei verringern wird. Was wir allerdings wissen, ist, dass die Polizeigewerkschaften mit guten Argumenten Berechnungen aufstellen, nach denen die Kollegen, die in drei Jahren zur Verfügung stehen werden, noch nicht einmal den Pensionierungsersatz schaffen werden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Das ist ein Alarmsignal bei einer geänderten Sicherheitslage, die auch von Ihnen, Herr Minister, immer wieder beschrieben wird. Ich frage Sie: Wie wollen Sie die Ankündigungen des vergangenen Jahres eigentlich auch nur ansatzweise erreichen? Wir müssen mit Verschlechterungen und nicht mit Verbesserungen rechnen. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich bitte Sie sehr herzlich darum, wenigstens reinen Wein einzuschenken. Wir kennen seit einigen Jahren ein beliebtes Spiel dieser Landesregierung, auch aus

(Thorsten Geißler)

anderen Ressorts. Ich beschäftige mich immer gern insbesondere mit dem Justizhaushalt. Es gibt das Spiel, im Landeshaushalt Planstellen auszuweisen. Man guckt sich das an und hat den Eindruck: Na ja, es ist nicht gut, aber es ist vielleicht auch nicht so dramatisch, wie draußen geargwöhnt wird. Wenn man sich dann anguckt, wie viele dieser Planstellen tatsächlich besetzt sind, stellt man fest: Die Stellengrenzen, die das Parlament gesetzt hat, werden bei weitem nicht ausgeschöpft.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das müssen sie auch nicht!)

- Sie müssen es nicht. Im rechtlichen Sinn haben Sie Recht. Nur, politisch gesehen ist das keine ehrliche Politik. Ein Landeshaushaltsgesetzgeber, der Planstellen bewilligt, erwartet natürlich auch, dass die Regierung diese Stellen ausschöpft.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wie sollen wir sonst für Haushaltsklarheit und -wahrheit sorgen?

Mir ist wirklich schleierhaft, wie der Kollege Rother, der bisher immer mit bemerkenswerter Offenheit in Versammlungen gesagt hat - das habe ich ihm immer hoch angerechnet -, innere Sicherheit sei kein Schwerpunkt der Politik dieser Landesregierung, nun plötzlich angesichts dieser deprimierenden Bilanz zu der überraschenden Erkenntnis kommt, innere Sicherheit sei nun doch ein Schwerpunkt der Politik dieser Landesregierung. Wie katastrophal muss es dann erst in anderen Ressorts aussehen, wenn man schon diesen Bereich, der alles andere als Grund zur Zufriedenheit gibt, zum Schwerpunktbereich erklärt? Das ist doch ein Armutszeugnis für die gesamte Politik der Landesregierung.

(Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeord- neten Günter Neugebauer [SPD])

Immerhin haben Sie - das muss ich sagen - zum Bereich der zweigeteilten Laufbahn eine ehrliche Definition gewählt; das unterscheidet Sie von Ihrem Amtsvorgänger. Sie räumen im gleichen Atemzug ein: Wir sind weit davon entfernt, dieses Ziel der zweigeteilten Laufbahn zu erreichen. Wir sind weit unter 50 %. Sie haben nicht annähernd eine Perspektive, wann Sie diese zweigeteilte Laufbahn überhaupt verwirklichen wollen. Das ist die Wahrheit der inneren Sicherheit in diesem Land.

(Beifall bei der CDU)

In der Landespolizei herrscht Unruhe - und das zu Recht. Es gibt keine verlässlichen Angaben über die Personalentwicklung. Es gibt keine individuellen Perspektiven. Beförderungen sind ausgesetzt worden. Die

Polizeigewerkschaften werden das mit Sicherheit, weil sie Interessenpolitik machen - das ist ihre Aufgabe -, weiter thematisieren.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das ist schein- heilig!)

Wir werden sie dabei unterstützen - eben nicht, weil wir aus ihnen ein politisches Spielzeug machen wollen, sondern, weil wir uns um die innere Sicherheit in diesem Land sorgen und weil die Bilanz, die dieser Minister hier heute verkündet hat, alles andere als beispielhaft ist. Da widerspreche ich dem Kollegen Rother sehr deutlich. Es gibt Unsicherheit. Wir bekommen keine klaren Antworten. Diese werden wir anmahnen - hier, aber auch im Innen- und Rechtsausschuss. Wir werden Sie aus der Verantwortung nicht entlassen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Abgeordneten Rainder Steenblock das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Hildebrand dankbar, dass er diesen Antrag gestellt hat, damit die Landesregierung und die Fraktionen die Möglichkeit haben darzustellen, dass die Fragen der inneren Sicherheit bei dieser Landesregierung gut aufgehoben sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Aber werden nicht bearbeitet! Das ist das Pro- blem!)

Die Fragen sind hier gut aufgehoben. - Lieber Kollege Kayenburg, ich weiß nicht, ob Sie ab und zu bei der Polizei unterwegs sind. Sie würden sich wundern, was dieser Innenminister für ein Image bei Polizei hat, weil er sehr ehrlich, sehr offen ist und sich mit ganzer Kraft für die Interessen der Polizei einsetzt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Wo wa- ren Sie denn schon mal, Frau Heinold?)

Die Fragen der inneren Sicherheit sind sehr wichtig. An Ihrer Stelle, Herr Kayenburg, wäre ich ausgesprochen vorsichtig,

(Martin Kayenburg [CDU]: Ach nee!)

(Rainder Steenblock)