Thorsten Geißler
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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben heute eine Neuauflage einer Debatte, die wir schon einmal am 28. September 1995 geführt haben. Damals gab es einen fast identischen Gesetzesantrag der FDP-Fraktion.
Der Innen- und Rechtsausschuss hat damals eine Anhörung dazu durchgeführt. Diese Anhörung kam überwiegend zu dem Ergebnis, dass sich das geltende Richterwahlverfahren bewährt hat. Folgerichtig haben dann SPD und CDU in der Dezember-Tagung 1995 den Gesetzentwurf der FDP abgelehnt.
Ich habe in der damaligen Debatte darauf hingewiesen, dass es meine Fraktion war, die Wert darauf
legte, das Verfahren der Richterwahl in der Verfassung zu regeln, um es dem Zugriff der einfachen Mehrheit des Parlaments zu entziehen.
Das gilt gleichermaßen auch für die Richterwahl. Wir brauchen Sicherungsinstrumente dagegen, dass eine einseitige vornehmlich nach parteipolitischen Gesichtspunkten ausgerichtete Zusammensetzung der Richterschaft durchgeführt werden kann. Genau dafür brauchen wir die Zweidrittelmehrheit im Ausschuss. Sie hat sich bewährt und wir wollen an ihr festhalten.
Es hat immer wieder haltlose Spekulationsberichterstattung über eine angebliche Verknüpfungen gegeben. Wären sie gerechtfertigt, wäre die letzte Sitzung des Richterwahlausschusses anders ausgegangen. Wir sollten solche Spekulationen nicht nähren und streuen, sondern ihnen entgegentreten.
Herr Kollege Kubicki, Sie haben es eben auch eingeräumt: Selbstverständlich gelten die Kriterien Eignung, Befähigung und Leistung. Für mich und meine Kolleginnen und Kollegen ist dies eine Selbstverständlichkeit.
Sie sagen selbst, es sei ein Irrglaube, nur die besten Parteigänger würden Karriere machen. Sie haben Recht: Es ist ein Irrglaube. Aber, meine Damen und Herren, wenn so etwas verbreitet wird, muss man ihm entgegentreten. Dann darf man es doch nicht nähren und den Eindruck erwecken, das sei die Realität.
Das gegenwärtige Richterwahlverfahren stellt sicher, dass diejenigen, die die Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber beurteilen können, auch maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung des Richterwahlausschusses haben. Die Beurteilungen der Gerichtspräsidenten sind Grundlage für jede Stellenbesetzung. Würde sich der Richterwahlausschuss einfach darüber hinwegsetzen, so wäre die erfolgreiche Konkurrentenklage prognostiziert.
Im Übrigen, meine Damen und Herren: Dass die Entscheidungen des Richterwahlausschusses auf Akzeptanz stoßen, sieht man an der geringen Anzahl von Konkurrentenklagen und an der noch geringeren Anzahl erfolgreicher Konkurrentenklagen. Es wird sorgfältig gearbeitet.
Bereits heute nehmen die Gerichtspräsidenten eine starke Stellung ein. Sie noch weiter zu stärken wäre falsch. Gerade die richterlichen Mitglieder im Richterwahlausschuss nehmen die Beurteilung sehr ernst, aber sie verwahren sich gegen eine weitergehende Einflussnahme von Gerichtspräsidenten auf die Wahl des Richterwahlausschuss.
Meine Damen und Herren, es wäre systemwidrig, sie auch noch im Ausschuss mit einem Sitz zu versehen.
Kollege Puls hat es anklingen lassen: Unser jetziges geltendes Richterwahlverfahren ist ohne jeden Zweifel verfassungsgemäß. Alle Mitglieder des Richterwahlausschusses sind durch die Wahl durch ein seinerseits frei gewähltes Parlament demokratisch legitimiert.
Das gilt nicht für die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses, den der Gesetzentwurf der FDP vorsieht. Zwar sollen nach dem Willen der FDP die zwei ständigen richterlichen Mitglieder des Richterwahlausschusses auch weiterhin vom Landtag gewählt werden, zwei Mitglieder sollen dem Ausschuss jedoch kraft Amtes angehören. Wo ist die demokratische Legitimation für die Zugehörigkeit zu diesem Ausschuss, wenn man eine Mitgliedschaft kraft Amtes vorsieht?
Die gleiche Frage stellt sich im Hinblick auf das anwaltliche Mitglied, das durch die Mitgliederversammlung der Rechtsanwaltskammer gewählt werden soll, und auch auf die Vertreter der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die von den Unternehmensverbänden im kommunalen Arbeitgeberverband beziehungsweise vom Deutschen Gewerkschaftsbund und von ver.di benannt werden sollen. Meine Damen und Herren, wo ist da die demokratische Legitimation?
Ich kann nur auf die umfangreichen Anhörungen und Debatten aus den Jahren 1989 und 1990 verweisen, in denen von kompetenter Seite darauf verwiesen wurde, dass alle Mitglieder des Richterwahlausschusses demokratisch legitimiert sein müssen und dass eine solche demokratische Legitimation nur durch unmittelbare Volkswahl - das halte ich in diesem Fall für unpraktikabel - oder durch die Wahl durch ein frei gewähltes Parlament zu erzielen ist. Dem wird der Gesetzentwurf der FDP leider nicht gerecht.
Wir können im zuständigen Fachausschuss gern über manche Details reden. Vom Grundsatz her hat sich das gegenwärtige Richterwahlverfahren bewährt und daher wird meine Fraktion einer Verfassungsände
rung nicht zustimmen. Wir sehen auch keine Notwendigkeit für umfangreiche einfachgesetzliche Änderungen. - Dem Antrag auf Ausschussüberweisung stimmen wir selbstverständlich zu.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Internet hat die Wissens- und Kommunikationsgesellschaft revolutioniert. Nie war es so einfach und in so kurzer Zeit möglich, sich Informationen zu verschaffen und diese zu verbreiten. Nie war es so einfach, weltweit zu kommunizieren. Für jede demokratische Gesellschaft ist dies ein großer Fortschritt. Das Internet aber ist auch der Alptraum jedes Diktators. Nicht umsonst unternehmen autoritäre Staaten umfangreiche Bemühungen, um ihren Bürgern den Zugang zum Internet zu verwehren oder aber Nutzungsmöglichkeiten einzuschränken. Leider gilt dies auch für Staaten, in denen ansonsten hoffnungsvolle Zeichen einer Öffnung und Demokratisierung vorhanden sind. Gerade haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass in China in den letzten Wochen mehrere Tausend Internet-Cafés auf staatliche Anordnung
geschlossen worden sind. Darüber werden wir mit unseren chinesischen Freunden sprechen müssen.
Die ganz überwiegende Anzahl der Nutzer des Internets verhält sich rechtstreu. Ich hatte Gelegenheit, bei einer Anhörung zum Telekommunikationsgesetz in Berlin teilnehmen zu dürfen. Einer der Provider nannte mir folgende Zahlen: Er bekomme 75 Millionen Verbindungsdaten pro Tag. Wenn man die über einen Zeitraum von sechs Monaten archivieren, ausdrucken und in Ordner stellen würde, würde sich eine Kette von 1.500 km ergeben. Nur 6 m dieser Aktenbestände würden Daten beinhalten, in denen sich Hinweise für strafbare Handlungen ergeben, also eine kleine Zahl.
Die Internetkriminalität ist aber in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Im Jahr 2002 wurden über 57.000 Fälle von Computerkriminalität erfasst. Von einem immensen Dunkelfeld ist auszugehen. Dabei reicht die Bandbreite der Delikte von der Verbreitung von Kinderpornographie und extremistischer Propaganda über das betrügerische Anbieten von Waren und Dienstleistungen, den Kreditkartenbetrug und das verbotene Glückspiel bis hin zur unlauteren Werbung, Urheberrechtsverletzung sowie zum illegalen Verkauf von Waffen, Betäubungsmitteln und Medikamenten.
Wir brauchen wirksame Instrumente zu einer Bekämpfung der Computerkriminalität. Dabei dürfen wir nicht vergessen: In der Informationsgesellschaft ist das Telekommunikationsgeheimnis ein zentrales Grundrecht, das nicht nur das Individualinteresse, sondern auch das Gemeinwohl schützt. Manche Vorschläge schießen ohne Zweifel über das Ziel hinaus. Aber Gott sei Dank gibt es auch Vorschläge, die konstruktiv sind. Ich zitiere aus dem Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Mehr Wettbewerb, Wachstum und Innovation an Telekommunikation schaffen" vom Januar 2004:
„Eine generelle und undifferenzierte Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten ist aus Datenschutzgründen - Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit - sowie der Beschränkung der weiteren Verwendung auf wenige begründbare und nachvollziehbare Einzelfälle bedenklich und würde darüber hinaus zu einer unverhältnismäßigen finanziellen Belastung der Telekommunikationsunternehmen führen."
Meine Damen und Herren, ich bin sehr gespannt auf den Beitrag der Landesregierung, denn der Herr In
nenminister hat noch vor wenigen Wochen die Nutzung von Internetdaten, den Zugriff auf Providerdaten gefordert. Nun habe ich mir einmal die Protokolle des Bundesrates angesehen. Was hat SchleswigHolstein bei der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat gemacht? - Es hat sich der Stimme enthalten.
Das ist mir zu wenig. Ich will wissen: Was will die Landesregierung in dieser wichtigen Frage?
Denn Veränderungsbedarf gibt es durchaus. Das sagen auch Datenschützer. Wenn im Internet verdachtsunabhängige oder auch begründete Kontrollen stattfinden und sich der Verdacht ergibt, dass Straftaten geplant und durchgeführt werden, müssen vorhandene Daten gesichert werden und es muss ein schneller Zugriff auf zukünftige Daten erfolgen. Das ist nicht zuletzt aufgrund der Flüchtigkeit von Internetdaten von großer Bedeutung. Oft geht es um Sekunden oder Minuten. Nach der gegenwärtigen Rechtslage ist dies nur nach richterlicher Anordnung möglich, bei Gefahr in Verzug durch die Staatsanwaltschaft. Wenn es um Sekunden und Minuten geht, ist das häufig ein zu großer Aufwand und macht eine effektive Strafverfolgung und Verhinderung künftiger Straftaten nicht möglich.
- Das ist kein Quatsch, Herr Kollege Kubicki. Darüber habe ich mich mit Polizisten und Datenschützern intensiv unterhalten. Sie haben das beide bestätigt. Das wird sich im Rahmen der Anhörung auch bestätigen, wenn wir sie denn durchführen werden.
Durch unseren Antrag würde eine umgehende Datensicherung ermöglicht. Die Auswertung wäre der richterlichen Anordnung vorbehalten. Im angelsächsischen Sprachraum firmiert dieses Instrument unter der Bezeichnung „Quick freeze fast thaw", schnelles Einfrieren, zügiges Auftauen.
Wir müssen darüber hinaus den Deliktkatalog des § 100 a Strafprozessordnung um einige schwere Straftaten ergänzen, die gerade bei der Bekämpfung der Internetkriminalität eine Rolle spielen. All dies tun wir in einer verfassungsrechtlich einwandfreien und datenschutzgerechten Form. Das werden die Datenschutzbeauftragten in einer Anhörung bestätigen. Wir wahren das Recht auf Anonymität all derje
nigen, die das Internet rechtstreu nutzen und keinen Verdacht auslösen. Zugleich ermöglichen wir ein zielgerichtetes und schnelles Vorgehen gegen Personen, die sich dem Verdacht ausgesetzt haben, das Internet für kriminelle Zwecke zu missbrauchen. Eine vergleichbare Regelung gibt es bei uns bereits im Wertpapierhandelsgesetz. Sie ist gleichermaßen von Strafverfolgern wie von Datenschützern begrüßt worden.
Terrorismus und Kriminalität bedrohen unsere offene und freiheitliche Gesellschaft. Wir müssen die Waffen des Rechtsstaates zur Bekämpfung dieser Übel beständig verbessern und schärfen. Aber wir müssen dies auf eine Weise tun, die den Freiheitsraum der rechtstreuen Bevölkerung nicht unangemessen einschränkt. Das sind schwierige Abwägungsentscheidungen. Wir tragen diesen Gesichtspunkten in unserem Antrag beidermaßen Rechnung. Daher bitte ich Sie alle sehr herzlich um Unterstützung für unsere Initiative.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Lütkes, die Kolleginnen Fröhlich und Hinrichsen und die Kollegen Kubicki und Rother haben freundliche Worte für mich gefunden und mir gute Wünsche mit auf den Weg gegeben. Dafür möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Ich habe mich über diese Worte sehr gefreut.
Ich habe mich ebenfalls zu bedanken. Ich habe dem Schleswig-Holsteinischen Landtag annähernd 17 Jahre lang angehört. Wir haben uns gerade im Bereich der Innen- und Rechtspolitik manche harte Debatte geliefert, aber auch ich habe die Zusammenarbeit mit Ihnen als fair, angenehm und bereichernd empfunden. Dafür möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Wenn es in Zukunft Formen der Zusammenarbeit geben sollte - Frau Ministerin Lütkes und Frau Kollegin Fröhlich, Sie haben das angedeutet -, dann freue ich mich darauf. Ich stehe jederzeit uneingeschränkt zur Verfügung. Ich wünsche Ihnen allen alles Gute!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die DNA-Analyse ist eine der besten und erfolgreichsten Waffen des Rechtsstaates im Kampf gegen das Verbrechen. Zahlreiche schwerste, teilweise lange zurückliegende Verbrechen in Deutschland und im Ausland konnten durch Nutzung der DNA-Analyse aufgeklärt werden. Der so genannte genetische Fingerabdruck ist ein verlässliches, effektives und unverzichtbares Mittel zur Aufklärung und Verhinderung von Straftaten und muss unter Wahrung rechtsstaatlicher Verfahrensregelungen und unter Berücksichtigung von Aspekten des Datenschutzes konsequent genutzt werden. Darum hatte es immer wieder auch im Bundesrat Initiativen von unionsgeführten
Bundesländern gegeben, um die Vorschriften zu modifizieren. Auch meine Fraktion hatte bereits im April vergangenen Jahres im Landtag den Ihnen vorliegenden Antrag gestellt, der heute erneut zur Beratung ansteht.
Bisher waren diese Vorstöße bei sozialdemokratisch geführten Bundesländern und auch im Deutschen Bundestag bei den Regierungsfraktionen nicht auf Gegenliebe gestoßen.
Umso erfreuter waren wir, als der Herr Innenminister - ich sehe ihn leider nicht, er ist nicht zugegen - Anfang Januar, als er den Vorsitz der Innenministerkonferenz übernahm, erklärte, er wolle die Möglichkeiten für einen Einsatz von DNA-Tests in der Verbrechensbekämpfung erheblich ausweiten. Der Beweiswert des DNA-Materials sei dem herkömmlichen Fingerabdruck und anderen Identifikationsverfahren weit überlegen. Hervorragend, Herr Minister, Sie haben dazugelernt.
Er hat auch Unterstützung bekommen von Herrn Wiefelspütz, Sprecher der SPD für Inneres im Bundestag. Otto Schily hatte bereits darauf aufmerksam gemacht, dass allein im Jahre 2002 66 Tötungsdelikte, 135 Sexualstraftaten und mehr als 3.000 Diebstähle durch DNA-Analyse aufgeklärt wurden. Überzeugende Zahlen, meine Damen und Herren.
Nun waren wir als Landtagsfraktion optimistischer. Wir glaubten, nun kommen wir in der Sache ein Stück voran und haben die Unterstützung auch der anderen Fraktionen dieses Hauses. Wir waren auch deshalb besonders optimistisch, weil wir eine Sitzung im Landeskriminalamt durchgeführt haben. Wir haben uns im Detail erklären lassen, wie dieses Verfahren dort betrieben wird. Uns war klar geworden, dass alle Bedenken, die noch im April hier vorgetragen wurden, unberechtigt waren. Das Verfahren ist beschränkt auf Untersuchungen des nicht kodierenden Bereiches des Spurenmaterials, dem eine Entschlüsselung des persönlichkeitsrelevanten Informationsgehalts überhaupt nicht zukommt. Das von den Ermittlungsbehörden getrennte Labor untersucht anonymisierte Proben, hat also überhaupt keinen Hinweis auf die Person, der das Spurenmaterial entnommen worden ist, beziehungsweise den Ort, an dem es entnommen worden ist. Der Landesdatenschutzbeauftragte hat das im Jahre 2003 bereits geprüft und sah nicht den geringsten Anlass zur Beanstandung. Durch technische und organisatorische Maßnahmen, so führte er aus, sei gewährleistet, dass - auch aus meiner Sicht verfassungswidrige - molekulargenetische Untersuchungen mit einer Entschlüsselung von persönlich
keitsrelevanten Erbinformationen überhaupt nicht vorgenommen werden. Die Ermittlungsbehörden erhalten lediglich Messergebnisse, die einen Identitätsabgleich mit gespeicherten Datensätzen ermöglichen.
Das haben wir dann noch einmal sehr eingehend im Innen- und Rechtsausschuss beraten. Die Qualität der Debatte litt ein wenig darunter, dass einige Ausschussmitglieder bei der Sitzung im LKA nicht anwesend waren. Einige waren aber immerhin informiert.
Auch Sie, Herr Minister Buß, haben Ihren Standpunkt noch einmal klargemacht. Sie sind allerdings ein kleines bisschen zurückgegangen. Sie sprachen plötzlich nicht mehr von einem klaren Willen der Landesregierung, sondern von erteilten Arbeitsaufträgen, von deren Ergebnis man manche Dinge noch abhängig machen müsste. Ich glaube, es ist alles bereits zwei-, drei-, viermal untersucht worden, die Fakten liegen längst auf dem Tisch. Wir hatten den Eindruck, dass Sie deshalb ein bisschen geeiert haben, weil Ihnen Ihre eigene Fraktion längst in den Rücken gefallen war.
Das kann man auch belegen, denn der Kollege Puls hatte am 6. Januar eine Presseerklärung herausgegeben. Bei der Sitzung beim LKA war er aus verständlichen Gründen nicht anwesend. Das hat leider Niederschlag gefunden im Inhalt Ihrer Presseerklärung. Was behaupten Sie darin, Herr Kollege Puls? Sie unterstellen, dass die DNA-Analyse Aussagekraft über Erbanlagen und Krankheitsdispositionen liefere. Nach der Strafprozessordnung sind solche Untersuchungen unzulässig, sie werden nicht durchgeführt und sie werden auch von niemandem gefordert.
Sie fordern Missbrauchsschutzregelungen. Lesen Sie die Bestimmungen der Strafprozessordnung. Im Detail ist alles geregelt, um Persönlichkeitsschutz und Datenschutz Rechnung zu tragen. Solche Regelungen gibt es bereits.
Sie, Herr Kollege Puls, sagen weiter, auf keinen Fall dürften der Polizei Befugnisse zur Analyse und Auswertung von Erbinformationen zugestanden und zugemutet werden. Das haben wir nie gefordert. Kein Mensch hat das hier gefordert. Daher kann ich Ihnen nur sagen, das ist eine Phantomdiskussion. Gleiches gilt für Ihre Behauptung, eine Erweiterung auf Bagatelldelikte und Kleinkriminelle sei weder notwendig noch verhältnismäßig. Das hat doch auch niemand gefordert, Herr Kollege Puls. Denn es wäre wahrscheinlich tatsächlich nicht verhältnismäßig. Warum
bemühen Sie solche Argumente, die in keiner Diskussion bisher ernsthaft eine Rolle gespielt haben? Meine Damen und Herren, das sind Scheinargumente, die einen tief greifenden Konflikt innerhalb der SPD verschleiern sollen. Aber sie werden ihn an anderer Stelle deutlich erscheinen lassen.
Herr Innenminister, Sie haben sich offenbar gründlich informiert, Sie haben CDU-Positionen übernommen. Dafür verdienen Sie Respekt.
Wir erwarten, dass Sie Ihren Anfang Januar eingeschlagenen Kurs weiterverfolgen. Wir erwarten auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, dass Sie unserem Antrag heute zustimmen. Es ist geradezu abenteuerlich zu sagen, er sei nicht hilfreich. Wir können heute gemeinsam dem Innenminister den Rücken stärken und das sollten Sie gemeinsam mit uns tun und nicht erklären, das sei nicht hilfreich. Das ist Unsinn.
An unserem Antrag erkennen Sie auch, wir nehmen den Aspekt des Daten- und Persönlichkeitsschutzes ernst. Wir wollen rechtsstaatliche Regelungen. Wir können sie gemeinsam vorantreiben, können sie gemeinsam verabschieden. Tun Sie uns den Gefallen, stärken Sie mit uns gemeinsam die Position des Innenministers und liefern Sie einen Beitrag für eine verbesserte Verbrechensbekämpfung auch in Schleswig-Holstein! Sie wären gut beraten, unserem Antrag zuzustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass es Streit zwischen dem Innenminister und den Koalitionsfraktionen gibt, war bisher schon hinlänglich deutlich geworden. Dass es auch Streit innerhalb der Landesregierung gibt, das klarzustellen, dazu hat diese Debatte jedenfalls beigetragen. Denn das, was Sie, Frau Ministerin, eben ausgeführt haben, ist von der Zielrichtung her so ziemlich das Gegenteil dessen, was Herr Innenminister Buß uns im Ausschuss mitgeteilt hat.
Ich frage mich zum Ersten: Wer ist eigentlich zuständig innerhalb der Landesregierung? Zum Zweiten frage ich mich: Was ist eigentlich die Haltung der Landesregierung? Einer redet so und die andere redet so. Meine Damen und Herren, was sollen wir denn damit anfangen?
Nun zur Kritik der SPD-Fraktion. Herr Kollege Puls, das ist ja schon Dialektik. Einerseits kommen wir zu spät, andererseits kommen wir zu früh. Was gilt denn nun in diesem Fall? Daraus könnte man doch den Schluss ziehen: Wir kommen gerade richtig. Dann sagen Sie auch noch: inhaltlich zu kurz. Mehr als einmal haben wir das Angebot an Sie gerichtet, über den Antrag zu sprechen und ihn möglicherweise zu erweitern. Es gibt ja weiter gehende Vorschläge aus Ihrer Richtung. Das haben Sie abgelehnt, meine Damen und Herren. Dann können Sie uns doch nicht sagen, wir würden zu kurz springen. Wenn Sie weiter springen wollen, springen Sie weiter; dann springen wir mit!
Was ist hier wieder alles an Beschwörungsformeln zu Protokoll gegeben worden, meine Damen und Herren. Da ist dick aufgetragen worden, auch von Ihrer Seite, Herr Kollege Dr. Garg. Dass sich ein Grundrechtseingriff nicht allein an Zweckmäßigkeits- und Nützlichkeitserwägungen messen lassen muss, das wissen wir auch.
Das haben wir im Studium gelernt. Und dass der Verzicht auf die Gefährlichkeitsprognose nicht bedeutet, dass die Verhältnismäßigkeitsüberprüfung unterbleibt, das wissen wir auch.
Geeignetheit, Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit - wie sieht es damit aus? Geeignetheit kann niemand infrage stellen. Erforderlichkeit: Ich weiß nicht, was Sie alles gelesen haben, aber die Studie vom Mai 2001 zur kriminellen Karriere von Sexualstraftätern haben Sie nicht gelesen. 80 % der wegen Exhibitionismus verurteilten Personen wurden innerhalb von zehn Jahren erneut wegen einer Straftat verurteilt. 56 % der Exhibitionisten begehen in diesem Zeitraum erneut ein nachgewiesenes Sexualdelikt. Das sollte Ihnen wirklich zu denken geben, meine sehr verehrten Damen und Herren von den übrigen Fraktionen des Hauses.
Nun zur Verhältnismäßigkeit! Die Abgabe einer Speichelprobe ist in der Tat ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, aber ein geringerer Eingriff als die Entnahme einer Blutprobe.
- Doch, darum geht es im Detail. Nicht mit solchen Beschwörungsformeln, sondern wir machen es im Detail, Herr Kollege Dr. Garg.
Speicherung und Auswertung: Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, gleiche Qualität wie beim daktyloskopischen Fingerabdruck. Lesen Sie nach, was das Bundesverfassungsgericht zum daktyloskopischen Fingerabdruck sagt!
Meine Damen und Herren, wer sagt, der mögliche Missbrauch müsse uns daran hindern, der muss auch die Blutproben bei Alkoholfahrten verbieten; denn da besteht ein ganz erhebliches Missbrauchsrisiko, Herr Dr. Garg.
Dann sagen Sie auch noch Vorratsdatenspeicherung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Entscheidung kennen wir auch. Vorratsdatenspeicherung heißt, der Staat sammelt irgendwelche Daten, ohne vorher eine Zweckbindung zu deklarieren. Das ist das Gegenteil dessen, was wir wollen. Die Zweckbindung wird im Gesetz genau definiert. Dabei soll es bleiben.
Also, meine Damen und Herren, Ihre Argumente gehen alle fehl. Sie arbeiten mit Beschwörungsformeln statt mit sachlichen Argumenten. Es ist leider nicht möglich, diesen Antrag noch einmal im Ausschuss zu beraten. Aber ich bin trotzdem optimistisch. Die Beratungen auf Bundesebene werden weitergehen. Ich bin sicher, im Ergebnis werden wir Erfolg haben. Ob Sie heute mitstimmen oder nicht, darauf wird es nicht ankommen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank für die guten Ratschläge, Frau Kollegin Franzen, aber heute wollen wir uns noch einmal mit dem JAG auseinander setzen.
Wir hatten bereits in der ersten Lesung Kritik geübt; das hat damals unser Kollege Dr. Wadephul für die CDU-Fraktion gemacht.
Zum einen haben wir den Zeitplan kritisiert. Die Landesregierung hat mehr als ein Jahr nach Verabschie
dung des Rahmengesetzes durch den Bund den Gesetzentwurf vorgelegt. Wir sind - das haben Sie eingeräumt, Frau Franzen - eines der letzten Bundesländer, die diese Reform in Landesrecht umsetzen. Aber wir hatten auch inhaltliche Kritik geäußert und die hat sich aus unserer Sicht voll und ganz durch die Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss bestätigt.
Die Ausbildungsreform wird natürlich im Grundsatz von vielen begrüßt. Die Argumente sind genannt worden, die Forderung von Schlüsselqualifikationen, der Nachweis von Fremdsprachenkenntnissen, die Ausdehnung der Anwaltszeit im Referendariat. Das sind alles positive Neuregelungen, die wir unterstützen.
Wir freuen uns auch, dass die Landesregierung zumindest einen Kritikpunkt aufgegriffen hat. Die Übergangsregelungen waren so, dass viele Studierende gesagt haben, wenn wir jetzt noch im Ausland studieren, werden wir dem neuen Prüfungsrecht unterworfen; deshalb verzichten wir auf den Erwerb von Schlüsselqualifikationen im Ausland. - Das kann nicht sinnvoll sein. Deshalb ist die Frist verlängert worden. Das tragen wir mit, auch wenn es in letzter Minute durch die Landesregierung passiert ist.
Aber unbeantwortet sind alle Fragen bezüglich der Umsetzbarkeit des Gesetzes, das heute beschlossen werden wird. Haben Sie denn - da habe ich mich schon gewundert, Frau Franzen - die Stellungnahmen der CAU gar nicht gelesen? - Auf die Rechtswissenschaftliche Fakultät der CAU werden nämlich durch die Umsetzung des Gesetzes erhebliche Mehrbelastungen zukommen. Die Dekanin der Fakultät hat dazu ja auch sehr detailliert Stellung genommen.
Es wird einen Mehraufwand für die Durchführung zusätzlicher Lehrveranstaltungen geben. Personeller Aufwand wird durch die Errichtung eines Prüfungsamtes für die Schwerpunktbereichsprüfung veranlasst. Durch die Einbindung von universitätsexternen Prüferinnen und Prüfern werden Vergütungskosten entstehen.
In der Gesetzesbegründung heißt es dazu lediglich:
„Zusätzlicher Aufwand wird bei der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der CAU durch die von ihr durchzuführende Schwerpunktbereichsprüfung und durch die Vermittlung von Fremdsprachenkenntnissen und Schlüsselqualifikationen entstehen. Der Aufwand ist schließlich in Abhängigkeit von der Anzahl der bereitgestellten Studienplätze zu betrachten. Dieser ist im Rahmen vergütbarer Mittel und Ressourcen des Hochschulbudgets zu decken.“
Der Deutsche Hochschulverband hat diese euphemistische Formulierung mit den Worten kommentiert: „Man gibt der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der CAU Steine statt Brot“.
Bereits jetzt befindet sich die CAU aufgrund der angespannten Haushaltslage, gemessen an den im Prinzip unveränderten Aufgaben, im Zustand völlig unzureichender Finanzausstattung. Das versucht man aufzufangen, indem man die Zahl der Studienplätze begrenzt. Im Wintersemester 2003/2004 wurde die Zahl der Studienanfänger von 360 auf 260 abgesenkt, aber damit hat die CAU noch keine zusätzlichen Mittel, um adäquaten Unterricht zur Vermittlung von Schlüsselqualifikationen und Fremdsprachenqualifikation zu erteilen.
Die CAU verfügt auch nicht über Personal, das diesen Unterricht in angemessener Weise geben könnte.
Es hat wenig Sinn, ein Gesetz zu verabschieden, wenn die Voraussetzungen für dessen Umsetzung nicht im Ansatz hergestellt sind. Wir hätten der CAU im Innen- und Rechtsausschuss gern noch einmal Gelegenheit gegeben, ihre Argumente vorzutragen und Fragen zu stellen. Sie haben das bedauerlicherweise abgelehnt - entgegen allem parlamentarischen Brauch. Wer gegen solche parlamentarischen Usancen verstößt, der kann nicht erwarten, dass wir heute zustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten.
Nun zu Ihrem Argument, das mich doch in Erstaunen versetzt hat, Frau Kollegin Franzen. Sie sagen, es sei moderne Gesetzgebungstechnik, ganz wenig im Gesetz und fast alles in der Verordnung zu regeln. Das kann ich nun beim besten Willen nicht teilen. Vom Grundsatz her - das hat das Bundesverfassungsgericht auch immer wieder festgestellt - muss alles Wesentliche durch Gesetz geregelt werden.
Es kann nur eine Ausnahme sein, dass die Landesregierung an die Stelle des Landtages tritt und dann natürlich nur durch eine Verordnungsermächtigung durch den Landtag. Dass Sie eine so weitgehende Verordnungsermächtigung hier erteilen wollen, bis an die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen, und das als Modernität verkaufen, das kann einen nur in Erstaunen versetzen, weil es ein eigenartiges parlamentarisches Selbstverständnis verrät.
Sie haben darauf aufmerksam gemacht, wir hätten von der Möglichkeit Gebrauch machen können, Änderungsanträge zu stellen. Aber dann hätten wir das
Gesetz von seiner Systematik her völlig verändern müssen. Das kann nicht sinnvoll sein. Wir halten es für wenig angemessen, dass eine so wichtige Frage wie beispielsweise die Gliederung des Vorbereitungsdienstes im Verordnungsweg geregelt sind, nicht hier durch diesen Landtag festgesetzt - möglicherweise im Streit, kontrovers zwischen den Fraktionen -, also nicht durch diejenigen, die durch eine Wahl durch das Volk dazu direkt legitimiert sind, sondern durch die, die nur mittelbar demokratische Legitimation besitzen, nämlich durch die Landesregierung.
Es kann keinen Zweifel an der Notwendigkeit einer Reform der Juristenausbildung geben. Es gibt auch keine Zweifel, dass das Bundesgesetz zur Reform der Ausbildung aus dem Jahr 2002 Verbesserungen darstellt. Ich habe auch - das gehört zur Fairness - die Verbesserungen herausgestellt, die die Umsetzung in das Landesrecht mit sich bringen werden. Aber zahlreiche Probleme bleiben ungelöst. Ungelöst bleiben die Fragen der Umsetzung, ungelöst bleibt die Frage der unzureichenden Finanzausstattung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der CAU. Daher werden wir uns der Stimme enthalten. Wir hatten erst erwogen, dagegen zu stimmen. Das werden wir nicht tun, weil es in der Tat eine Reihe von Gemeinsamkeiten gibt. Aber wir werden diesem etwas eigenartigen Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte den Kollegen Spoorendonk und Fröhlich herzlich für ihre sehr sachlichen Beiträge danken.
Denn dieses Thema ist es wert, hier in Fairness und Sachlichkeit und ohne Polemik erörtert zu werden. Es geht um die Interessen des gesamten Parlaments.
Es kann doch kein Zweifel daran bestehen, dass es einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf gibt. Frau Kollegin Fröhlich hat darauf aufmerksam gemacht. Die Landesverfassung fordert den Gesetzgeber auf, ein solches Gesetz zu erlassen. Nichts anderes wollen wir auf den Weg bringen. Natürlich gibt es hier im Haus bei allen Fraktionen Unzufriedenheiten bezüglich der Kompetenzen des Landtages und der Einwirkungsmöglichkeiten immer dann, wenn es um Staats
verträge geht. Sie werden uns erst dann vorgelegt, wenn kein Jota, kein Komma mehr geändert werden kann. Wir können nur noch zustimmen oder aber die Landesregierung auffordern, das Verfahren erneut in Gang zu setzen und erneut zu verhandeln. Das wird praktisch nie möglich sein, weil dann alle anderen Bundesländer aufschreien würden, der Bund aufschreien würde und die Landesregierung uns sagen würde, sie käme in Zeitverzug. Außerdem entstünde ein finanzieller Schaden. Deshalb müssen wir frühzeitig eingebunden werden.
Das Gleiche betrifft natürlich die Bundesratsangelegenheiten. Wir bekommen immer wieder schöne Übersichten darüber, welche Stellungnahmen die Landesregierung abgegeben hat und wie sie abgestimmt hat. Teilweise gibt es mündliche Anfragen in Ausschüssen, die dann schriftlich beantwortet werden, weil es so Vieles gibt, was da zu verhandeln ist. Wenn wir keinen reinen exekutiven Föderalismus haben wollen, müssen wir frühzeitig eingebunden werden. Nichts anderes möchte dieser Entwurf sicherstellen.
Nun aber zu Ihnen, Herr Kollege Kubicki! Es gibt einen Satz, der von Ihnen - glaube ich - völlig fehlinterpretiert wird. Dieser Satz lautet: Der Landtag sichert zu, dass die zur Verfügung gestellten Gesetzentwürfe nicht zum Gegenstand von Initiativen aus der Mitte des Landtages oder von Beratungen im Parlament gemacht werden.
Was heißt das? - Das heißt nichts anderes, als dass die Fraktionen zusichern, dass sie nicht einen Gesetzentwurf, der Ihnen parallel zur Anhörung der Verbände zugeleitet worden ist, mit einem anderen Etikett versehen und zu einer Gesetzesinitiative der Fraktion der SPD, der CDU, des SSW oder von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN machen. Keine Fraktion ist nach diesem Wortlaut gehindert, eigene Gesetzentwürfe zur gleichen Thematik vorzuschlagen. Keine Fraktion ist gehindert, das Thema an sich im Parlament oder in den Ausschüssen zur Beratung zu stellen. Ich möchte mich wirklich im Namen meiner Fraktion dagegen verwahren, dass hier bösartige Fehlinterpretationen unseres Gesetzentwurfes angestellt werden.
Es geht uns darum, einen Auftrag zu erfüllen, den wir selbst aus der Verfassung abzuleiten haben. Es geht uns darum, die Rechte dieses Parlamentes zu präferieren und zu stärken.
Liebe Anke Spoorendonk, natürlich wollen wir das zusammen mit den anderen Fraktionen des Landtages tun. Einer musste die erste Arbeit machen. Auf der
Grundlage unseres Entwurfes lässt sich hervorragend debattieren. Wir sind gern bereit, Änderungs- und Verbesserungsvorschläge entgegenzunehmen. Selbstverständlich werden wir die Spezifika des Landes berücksichtigen. Was wir nicht tun sollten, ist, bösartig am Text vorbei zu argumentieren. Damit kommen wir keinen Schritt weiter und das ist nicht im Interesse dieses Landtages.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Rahmenbeschluss über den europäischen Haftbefehl wurde erstmals ein Rechtsinstrument beschlossen, das auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung strafrechtlicher Entscheidungen gründet. Die gegenseitige Anerkennung justizieller Entscheidungen war bereits vom Europäischen Rat anlässlich einer Sondertagung über die Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union im Oktober 1999 als ein Eckstein der zukünftigen justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen bezeichnet worden. Der Europäische Rat hatte die Mitgliedstaaten aufgefordert, das bisherige Auslieferungsverfahren durch ein vereinfachtes System der Überstellung zu ersetzen.
Das tut der europäische Haftbefehl. Er wäre bis zum 31. Dezember vergangenen Jahres in nationales Recht umzusetzen gewesen. Im Gegensatz zu anderen Mitgliedstaaten hat die Bundesrepublik Deutschland diesen Zeitplan nicht eingehalten. Das Gesetz ist noch in der Beratung. Aber - insofern stimme ich der Kollegin Franzen zu - wir sind verpflichtet, diesen euro
päischen Beschluss in nationales Recht zu transformieren.
Meine Damen und Herren, vom Grundsatz her ist es wünschenswert, einen solchen europäischen Rechtsraum zu schaffen, vom Grundsatz her ist es auch wünschenswert, schneller und einfacher zu überstellen und auszuliefern unter Wahrung rechtsstaatlicher Garantien, damit schneller Prozesse geführt werden können, Täter abgeurteilt werden, Unschuldige wieder auf freien Fuß gesetzt werden können. Das ist rechtsstaatlich nicht zu beanstanden.
Nun gibt es in der Tat einen Problemkomplex. Wir haben bereits eine weitgehende Harmonisierung der europäischen Strafrechtsvorschriften, aber es gibt - das verkenne ich nicht - natürlich auch Unterschiede, gewachsen aufgrund unterschiedlicher historischer Traditionen und Wertvorstellungen. Es bleibt beim Grundsatz der Prüfung der Strafbarkeit im jeweiligen Land, im begehrenden und im ersuchten Land. Das ist der Grundsatz; Kollege Kubicki, Sie haben das zu Recht dargestellt. Bei 32 Delikten wird dieser Grundsatz aufgehoben. Da bestimmt allein das Land, das das Ersuchen stellt, ob eine Strafbarkeit für gegeben erachtet wird oder nicht.
Bei 28 oder 29 Delikten sind die Vorschriften so weit harmonisiert, dass ich keine rechtsstaatlichen Bedenken hegen kann. Bei zwei oder drei kann man in der Tat nachdenklich werden. Das sind Rassismus, Cyber-Kriminalität, Sabotage. Da muss auch ich meine ganze Phantasie anstrengen, um festzustellen, was im Ausland strafbar sein könnte. Aber die Problematik reduziert sich doch ein Stück weit.
Wo können Probleme auftreten? Bestimmt nicht bei von Deutschen in Deutschland begangenen Straftaten. Hier darf keine französische Staatsanwaltschaft ermitteln. Sie wird das auch nicht tun. Da treten keine Probleme auf. Auch nicht, wenn das Ausland die Auslieferung eines Ausländers begehrt. Er ist der ausländischen Rechtsordnung unterworfen. Da können sich keine Probleme ergeben. Auch nicht, wenn ein deutscher Staatsangehöriger wegen einer Tat im Ausland ausgeliefert werden soll. Es gibt keinen Anspruch auf Mitwirkung an der jeweiligen Strafgesetzgebung mit der Folge, dass man nur dieser unterworfen ist. Ich bin vielmehr der ausländischen Rechtsordnung unterworfen, wenn ich mich im Ausland aufhalte. Dementsprechend gibt es da keine rechtsstaatlichen Bedenken.
Rechtsstaatliche Bedenken können bei den so genannten Inlandsdistanzdelikten bestehen, also dann, wenn Tat-, Handlungs- und Erfolgsort nicht übereinstimmen. Denn wir haben die Ubiquitätstheorie: Tat
ort ist sowohl der Handlungsort als auch der Erfolgsort. Da kann es in der Tat ein paar Probleme geben. Dazu gibt es auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Ein Deutscher begeht in Deutschland eine Tat, die hier straffrei ist; in Frankreich tritt der Taterfolg ein, beispielsweise im Bereich der InternetKriminalität; die französische Staatsanwaltschaft ermittelt und begehrt die Auslieferung. In einem solchen Fall sehe auch ich ein gewisses Problem. Das wird natürlich durch das Prinzip verstärkt, dass die europäischen Staaten die Geltung nationalen Rechts für Auslandsstraftaten begehren. § 6 Strafgesetzbuch, Weltrechtsprinzip, das alles brauche ich Ihnen nicht zu erläutern.
Aber das sind Konstellationen, die wirklich nur einen Randbereich des insgesamt zu begrüßenden Regelwerks betreffen. Mir liegt die Originalstellungnahme des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins vor. Er hat das im Grundsatz begrüßt.
- Doch, Herr Kubicki, ich habe das wörtlich hier. Ich kann Ihnen das zeigen; ich kann es Ihnen auch zur Verfügung stellen.
Er hat darüber hinaus lediglich gesagt: Nur weil es in einigen Fällen Schwierigkeiten der Abgrenzung geben kann, brauchen wir anwaltlichen Beistand verpflichtend in allen Verfahren. Das ist keine originelle Forderung für einen Anwaltsverein, aber dem kann man in der Tat etwas abgewinnen.
Aber grundsätzlich gilt: Wir haben Rechtssicherheit auch unter den besonderen Bedingungen, die im Strafrecht gelten. Stichwort: Analogieverbot. Hier brauchen wir in der Tat besonders klare Maßstäbe. Das ist bei der Mehrzahl der Katalogstrafen unzweifelhaft der Fall. Hier können keine rechtsstaatlichen Bedenken auftreten. In den wenigen Punkten, die ich genannt habe, hätte ich mir gewünscht, dass vielleicht andere Regelungen zustande gekommen wären. Nur, da sind wir reichlich spät dran. Sie hätten Ihre Bedenken im europäischen Rechtsetzungsverfahren geltend machen müssen. Das aber liegt lange Zeit zurück
und die ersten kritischen Veröffentlichungen in Deutschland sind auch erst im Sommer vergangenen Jahres aufgetreten, als das Ausführungsgesetz der Bundesregierung auf dem Tisch lag. Den Schünemann-Aufsatz werden Sie gelesen haben. Das hätte
man übrigens damals auch schon thematisieren können. Das haben Sie nicht getan.
Jedenfalls: Der Antrag ist heute zu debattieren.
Ich muss leider zum Schluss kommen. Es ist ein außerordentlich spannendes Thema, wie ich finde. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist gut, dass wir einmal darüber reden.
Hätten wir es wesentlich früher getan, hätte man noch etwas bewirken können. So, denke ich, haben wir alle etwas dazu beigetragen, dass wir gegenseitig unseren Sachverstand erhöhen. Ich habe aufgrund Ihres Antrages viele Veröffentlichungen gelesen
und glaube, dass ich persönlich davon auch ein Stück weit profitiere. Insofern bedanke ich mich herzlich bei der FDP.
Dem Antrag auf Ausschussüberweisung stimmen wir natürlich zu.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist zutreffend, dass es unterschiedliche Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gibt. Ich glaube aber doch feststellen zu dürfen: Sämtliche Staaten der Europäischen Union sind demokratisch verfasste, rechtsstaatlich einwandfrei organisierte Staaten. Wenn wir so herangehen, dass wir glauben, alle müssten unsere Maßstäbe deckungsgleich übernehmen,
dann, glaube ich, machen wir einen verhängnisvollen Fehler. Nein, wir müssen auf eine Vereinheitlichung des europäischen Rechtsraumes hinarbeiten. Dazu gehört zunächst einmal dann, wenn rechtsstaatliche Verfahrensgarantien gegeben sind, und die sind gegeben, dass wir justizielle Entscheidungen gegenseitig anerkennen. Das wollen wir tun.
Ich verkenne ja nicht, dass es einen Problembereich gibt, den ich in meinem Redebeitrag auch genannt habe. Andere Beispiele, die genannt werden, auch in der Literatur, sind an den Haaren herbeigezogen. Ich will es noch einmal ganz klar sagen. Da wird das Beispiel Abtreibung in Irland genannt. In Irland haben wir eine sehr restriktive Abtreibungsregelung. Ein deutscher Arzt, der in Irland eine Abtreibung vornimmt, wird es sich gefallen lassen müssen, nach irischem Recht verurteilt zu werden.
- Kein Problem. Dementsprechend ist er natürlich dann auch dem Zugriff der irischen Justiz in Deutschland ausgesetzt. Ein deutscher Arzt, der in Deutschland eine Abtreibung vornimmt, wird von den irischen Behörden nicht verfolgt werden können und wird auch nicht ausgeliefert werden.
Beispiel Euthanasie. Ein niederländischer Arzt begeht in Deutschland aktive Sterbehilfe. Das ist nach unserer Rechtsordnung strafbar. Er wird es sich gefallen lassen müssen, dass er ausgeliefert wird an die Bundesrepublik Deutschland.
- Ich bin noch nicht ganz zu Ende mit dem Beispiel. - Begeht der Arzt die Handlung in Amsterdam, wird kein deutscher Staatsanwalt auf die Idee kommen, einen Haftbefehl auszustellen. Er kann es nicht und er wird es auch nicht tun.
Na, gut, Zwischenfrage.
Es gilt aber auch der Grundsatz, Herr Kollege Kubicki: Wenn ich mich im Ausland aufhalte, bin ich der Rechtsordnung dieses Staates unterworfen.
- Jetzt ist man im Inland, aber man war im Zeitpunkt der Tatbegehung im Ausland und war der ausländischen Rechtsordnung unterworfen. Das haben wir zu
respektieren und in einem Europa, das zusammenwächst, sollte man dem dann auch Rechnung tragen, indem man das gegenseitig anerkennt.
Ein weiterer Punkt ist mir wichtig. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, abgedruckt im 3. Band, im 59. Band, im 63. Band, wird ausdrücklich in der Gesetzesbegründung erwähnt, Herr Kollege Kubicki, sie wird nicht außer Kraft gesetzt. Sie können auf Seite 40 der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung nachlesen:
„Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch festgestellt, dass die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sind, eine ausländische Entscheidung dahin gehend zu überprüfen, ob die Auslieferung und ihr zugrunde liegende Akte gegen den völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard nach Artikel 25 Grundgesetz, der von den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland zu beachten ist, sowie gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze … auch nicht verstoßen.“
Es wird nicht außer Kraft gesetzt, meine Damen und Herren.
- Es erfolgt keine Überprüfung im Hinblick auf die Subsumierung unter den Straftatbestand, aber die vorgenannte Überprüfung findet - das ist die Auskunft der Bundesregierung - weiterhin statt. Ich habe überhaupt keinen Anlass, an dieser Stelle an den Auskünften der Bundesjustizministerin zu zweifeln und daher halte ich diese Kritik für unberechtigt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer der geistigen Väter unseres Untersuchungsausschussrechtes war Max Weber. Seine Vorschläge fanden Einklang in die Weimarer Reichsverfassung in einem Klima des Antiparlamentarismus. Und wir sollten uns davor hüten, bei der Erörterung dieses Komplexes antiparlamentarische Reflexe wieder wirksam werden zu lassen.
Denn bei unserem Untersuchungsausschussrecht ging es Max Weber darum, das Parlament von der Beschränkung von der Regierung vermittelter Informationen unabhängig zu machen. Es sollte eigene Sachermittlungskompetenzen erhalten, ihm sollte der Zugang zum Wissen der Verwaltung gewährt werden, um auf diese Weise eine effektive politische Kontrolle zu ermöglichen. Und davon haben viele Untersuchungsausschüsse Gebrauch gemacht, viele haben auch mit Erfolg gearbeitet. Nicht alle haben ihr Ziel
erreicht, aber auch in unserem Bundesland gibt es erfolgreiche Beispiele. Ich denke an den so genannten Schubladenausschuss unter Vorsitz des Herrn Landtagspräsidenten. Ich glaube, wir beschäftigen uns parteiübergreifend auch immer noch - -
- Herr Neugebauer, das war ein sehr gutes Beispiel, auch wenn Ihnen die Ergebnisse vielleicht nicht gepasst haben. Aber wir haben ein Stück politischer Ehrlichkeit in diesem Land wieder hergestellt und das ist wichtig.
Und das gilt natürlich auch für den „Pallas“Untersuchungsausschuss, der auch konkrete Schlussfolgerungen für unsere parlamentarische Arbeit gefördert hat.
Immer wieder hat es Reformdiskussionen gegeben, drei Juristentage haben sich mit diesem Thema befasst, auch der Juristentag 1988. Immer war es unstreitig, parlamentarische Untersuchungsausschüsse müssen mit Mandatsträgern besetzt werden. Denn es geht nicht um die Erforschung strafrechtlich relevanter Sachverhalte. Dafür haben wir Staatsanwaltschaften und unabhängige Gerichte. Das, was Sie fordern, gibt es bereits und daran will niemand rütteln. Aber Untersuchungsausschüsse haben einen gänzlich anderen Charakter. Es ist ein Mittel parlamentarischer Kontrolle.
Genauso wie wir Große und Kleine Anfragen stellen, genauso wie wir Berichtsanträge stellen - immer auch mit dem Ziel, Versagen und Fehlverhalten der Regierung offen zulegen und öffentlich zu debattieren -, ist auch das Parlamentarismus, gehört der Streit in der Sache mit den Mitteln, die dem Parlament dafür zur Verfügung stehen, dazu.
- Dazu gibt es auch reichlich Anlass und davon machen wir Gebrauch.
Es ist ein Minderheitsrecht. Und das Recht der Minderheit kann nicht darauf beschränkt werden, einen Untersuchungsgegenstand zu definieren und dann alle Rechte aus der Hand zu geben und Richtern zu übertragen.
Nein, das Parlament, die Opposition muss die Möglichkeit haben, den Gang der Untersuchung auch zu steuern. Das hat auch Einklang in unser Untersuchungsausschussgesetz gefunden. 1993, zehn Jahre bevor der Bund so weit war, ist es von den großen Fraktionen und vom SSW verabschiedet worden. Ich habe damals für meine Fraktion federführend daran mitgearbeitet und ich glaube, diese Minderheitsrechte haben sich voll und ganz bewährt.
Damit sind parlamentarische Untersuchungsausschüsse keine Gerichte, sondern sie sind Mittel der Ausübung politischer Kontrolle.
Das erfolgt im Parlament durch die Herstellung von Publizität und verlangt nach öffentlicher Debatte. Konstitutiv für den Parlamentarismus ist der Streit, das Ringen um Sachverhalte und Bewertungen. Von daher ist es kein Degenerieren, sondern ganz normal, wenn politische Untersuchungsausschüsse auch Kampfmittel der Opposition sind. Anders kann es in einem parlamentarischen System überhaupt nicht sein.
In Großbritannien gibt es in der Tat seit 1921 den Tribunal of Inquiry Act. Es gibt unabhängige Richteruntersuchungen. Aber - das hat schon Ziemske 1991 deutlich gemacht - 1979 wurde ein weiteres Instrument geschaffen, das Department of Select Committees Act, parlamentarische Untersuchungsausschüsse des Unterhauses. Und - darauf macht Ziemske 1991 aufmerksam - seit 1979, seitdem sich das Unterhaus die Möglichkeit parlamentarischer Kontrolle verschafft hat, hat es kein einziges Tribunal of Inquiry, keine unabhängige Richteruntersuchung, mehr gegeben.
Frau Kollegin Spoorendonk, die von Ihnen angesprochene Kelly-Affäre wurde nicht parlamentarisch untersucht. Die Regierung hat den Richter eingesetzt, die Regierung hat den Untersuchungsauftrag formuliert und später den Richter daran erinnert, er möge sich peinlich genau daran halten. In England mag das noch akzeptiert werden, da ist es völlig unvorstellbar, dass sich ein Richter auch noch außerhalb seiner Dienstzeit in irgendeiner Form politisch exponiert und engagiert. Dieses Richterbild mag Vorteile haben, in Deutschland ist das aber nicht der Fall. Wir hätten schon Streit bei der Einsetzung von Richtern.
Jeder stünde im Verdacht, der Seite zuzuarbeiten, die ihn eingesetzt hat.
In den USA gibt es natürlich auch parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Der Watergate-Skandal ist von einem Senatsuntersuchungsausschuss aufgeklärt worden. Die unabhängige Richteruntersuchung, die Sie benannt haben, Kenneth Starr, ist ein Fall für den Missbrauch richterlicher Macht zur Bloßstellung einer Regierung aus falsch verstandenem Ehrgeiz.
Und in Dänemark gibt es zwar Richteruntersuchungen, es gibt aber auch das Untersuchungsausschussgesetz von 1999. Das Parlament hat die Möglichkeit, auch parlamentarische Untersuchungsausschüsse einzusetzen, allerdings mit der etwas eigenartigen Konstruktion, dass in Dänemark diese Untersuchungsausschüsse vom Justizministerium besetzt werden. Also, das wollen wir wirklich nicht und das kann auch kein Vorbild für uns sein.
Kurz und gut: Die Einschätzung des SSW beruht auf einem Missverständnis unseres parlamentarischen Systems. Die beschworenen Beispiele im Ausland halten einer Überprüfung nicht stand. Es gibt sie so in dieser Form überhaupt nicht. Von daher können Sie mit meiner Fraktion über vieles diskutieren, in der Tat gibt es interessante rechtspolitische Ansätze dazu, wie man das Untersuchungsausschussrecht fortentwickeln kann, zum Beispiel die Frage der Anwendbarkeit strafprozessualer Vorschriften, die Ausgestaltung des Betroffenenstatus, die Aussagepflichten, die Einräumung der Befugnis, Strafbefreiung für den Fall einer Aussage zu garantieren, die Zuordnung von Ermittlungsbeauftragten.
Meine Damen und Herren, es lohnt sich, darüber zu diskutieren,
damit das Parlament wirksame parlamentarische Kontrolle ausüben kann. Darum muss es uns im Kern gehen: parlamentarische Kontrolle zu ermöglichen und zu verbessern und nicht abzulösen durch Instrumente, mit denen das Parlament dieser Möglichkeit gerade verlustig geht.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal in aller Sachlichkeit darauf aufmerksam machen, dass uns der SSW hier ein Modell vorschlägt, das es anderenorts überhaupt nicht gibt. Der SSW schlägt nämlich vor: Die Sachverhaltsermittlung erfolgt durch unabhängige Richter und dann hat das Parlament die Aufgabe der Bewertung. Meine Damen und Herren, das geht nicht.
Eine Beweisaufnahme zu bewerten, auf deren Verlauf man keinen Einfluss gehabt hat, an der man bestenfalls als Beobachter teilgenommen hat, kann entweder nur in Kritik an der Beweisaufnahme oder in deren Übernahme münden. Dann verbietet sich eigentlich jegliche sachliche Kritik. Das ist auch nicht das Verfahren im angelsächsischen Raum. Es hat dort niemals eine parlamentarische Erörterung der Berichte der Tribunal of Enquiry gegeben. Die Richterkommission hat bewertet. Hat sie der Regierung Fehlverhalten bescheinigt, ist das betroffene Kabinettsmitglied unverzüglich zurückgetreten und hat sich beim Parlament und bei der Öffentlichkeit entschuldigt. Hat die unabhängige Kommission festgestellt, es gebe kein Fehlverhalten der Regierung, hat die parlamentarische Opposition den Fall für erledigt erklärt und nie wieder Stellung dazu genommen. Meine Damen und Herren, es geht nur das eine oder das andere.
Ich spreche mich nachdrücklich und nachhaltig dafür aus, dass wir am bewährten Instrument parlamentarische Untersuchungsausschüsse festhalten.
Eines will ich sehr klar sagen. Der SSW ist bemüht, uns einen Vorschlag zu unterbreiten in dem Glauben, er würde uns einen Gefallen erweisen. An einer Stelle bin ich aber ein bisschen erschrocken. Frau Kollegin Spoorendonk, Sie formulieren: „lieber unabhängige Richter als parteiische Politiker“. Ich sage Ihnen, zu einer funktionierenden Demokratie gehört beides. Wir brauchen unabhängige Richter und wir brauchen parteiische Politiker. Es ist ein Irrglaube zu meinen, es gebe ein objektives Gemeinwohl, an dem sich alle gleichermaßen orientieren könnten.
Nein, in der partikulären Gesellschaft wird es immer Meinungsverschiedenheiten geben. Sie müssen in aller Offenheit und Sachlichkeit ausgetragen werden.
Wenn es im Zusammenhang mit der Ermittlung politischer Sachverhalte, politischen Fehlverhaltens überhaupt eine objektive Wahrheit gibt, wird deren Ermittlung nur im Streit und niemals im Konsens zustande kommen können. Das sollten wir in Sachlichkeit, in Respekt voreinander austragen. Dann tun wir dem Parlament einen Gefallen. Wir haben Instrumente dafür. Wenn wir sie vernünftig ausfüllen, werden wir Parlamentarismus auch so praktizieren, dass er in der Öffentlichkeit Akzeptanz findet, und ein Regierungsmodell haben, wie ich noch kein besseres gefunden habe.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute in zweiter Lesung den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesministergesetzes. Dieser Gesetzentwurf enthält eine Reihe von Punkten, denen wir selbstverständlich zustimmen können. So werden die erhöhten Zahlungen für einige Minister, die Beamte waren, in einem rechtlich vertretbaren Zeitrahmen schrittweise abgeschmolzen, Versorgungszahlungen für künftige Fälle
werden auf die vom Landtag gewollte Höhe begrenzt - auch das entspricht der Intention meiner Fraktion - und die Besserstellung von Ministern gegenüber Beamten wird beseitigt.
So weit so gut, meine Damen und Herren. Dem können wir vorbehaltlos zustimmen. Das hatten wir bereits in der ersten Lesung signalisiert und das haben wir auch in der Ausschussberatung deutlich gemacht. Aber dieser Gesetzentwurf geht an einigen Stellen nicht weit genug. Daher werden wir auch dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP zustimmen und werden unser endgültiges Votum davon abhängig machen, ob dieser Änderungsantrag hier im Hause eine Mehrheit findet; denn der Antrag der FDP ist für uns in jeder Hinsicht überzeugend.
Ich will einmal die beiden Punkte, die Kern des FDPAntrages sind, herausstreichen. Das ist die dauerhafte Streichung von Sonderzahlungen an Landesminister, also von Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, vermögenswirksamen Leistungen. Es ist ja durchaus anerkennenswert, wenn in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise freiwillig auf eine Leistung verzichtet wird, aber die FDP hat völlig zu Recht darauf aufmerksam gemacht: Minister sind keine Beamten. Daher halten wir es für vertretbar, diese Leistungen dauerhaft zu streichen. Wir bekommen als Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtages - wir haben es nie bekommen - weder Weihnachtsgeld noch Urlaubsgeld noch vermögenswirksame Leistungen. Das haben wir nie erhalten und werden wir auch nie für uns reklamieren.
Das kann man dann auch Landesministern zumuten.
Das Gleiche betrifft die von der FDP vorgeschlagene Regelung, denjenigen Landesministern, die gleichzeitig Abgeordnete sind, die Abgeordnetenbezüge nicht nur um 75 % zu kürzen, sondern sie völlig entfallen zu lassen. Ein Minister hat seine gesamte Arbeitskraft dem Land Schleswig-Holstein zur Verfügung zu stellen. Dann bleibt in der Tat keine Zeit mehr, dieses Abgeordnetenmandat auszuüben, und dann gibt es auch keinen Grund dafür, dass noch eine Vergütung gezahlt wird.
Das ist überhaupt keine Neiddiskussion und das ist auch nicht populistisch. Selbstverständlich wollen wir, dass Minister eine angemessene Vergütung bekommen. Das wird ja auch durch die geltenden Bestimmungen sichergestellt und das wird auch durch dieses Änderungsgesetz nicht infrage gestellt. Wir
brauchen qualifizierte Kräfte, wünschten sie uns auch - - Na ja, gut,
es ist im Moment nicht so, wie es sein müsste, aber man kann das ja nur abstrakt regeln und nicht auf den Einzelfall bezogen. Daher sind die gegenwärtigen Vergütungsregelungen durchaus angemessen.
Wir werden uns für den Fall, dass Sie dem Änderungsantrag nicht zustimmen, der Stimme enthalten, weil wir natürlich keine Verantwortung dafür übernehmen wollen, dass die unangemessenen, jetzt im Gesetz enthaltenen Punkte weiterhin Bestand haben. Deshalb können wir den Gesetzentwurf auch nicht ablehnen.
Ich will aber noch einige Anmerkungen zu dem machen, was sich abgespielt hat. Wir wissen alle: Dieser Gesetzentwurf kommt viel zu spät. Der Herr Minister Dr. Stegner hat das auch schon einmal in einer kleinen Nebenbemerkung in einer der Debatten, die wir vor einigen Wochen geführt haben, eingeräumt. Aber leider geht diese Landesregierung nicht so weit, deutlich zu machen, dass sie die Öffentlichkeit getäuscht hat. Ich hielte es für ehrenwert, wenn sie das einmal in einer Parlamentsdebatte einräumen würde.
Ich muss auch auf die Kleine Anfrage verweisen, die der Kollege Wiegard und ich an die Landesregierung gerichtet haben. Wir haben die Frage aufgeworfen: Wer war zu welchem Zeitpunkt über das Urteil des Oberverwaltungsgerichts informiert, das uns ja Anlass gibt, diese Beratung jetzt zu führen, weil Schaden angerichtet wurde, da die Landesregierung nicht gehandelt hat?
Es ist deutlich geworden: Das gesamte Kabinett war frühzeitig unterrichtet, die Unterrichtung des Landtages erfolgte aber nicht, weil es sich um reines Verwaltungshandeln im Einzelfall gehandelt habe, heißt es in der Antwort.
Das ist kein Verwaltungshandeln im Einzelfall, sondern das ist ein gravierender Vorgang und dieser Landtag hätte Anspruch darauf gehabt, unterrichtet zu werden! Das haben Sie unterlassen.
Sie haben uns auch in einem anderen Punkt getäuscht. Herr Möller hat immer behauptet, man habe keine Änderung eingeleitet, weil es auf Bundesebene bereits Beratungen gäbe; die bundesrechtlichen Regelungen sollten geändert werden. Wir haben uns darauf verlassen, dass das kurzfristig erfolgen würde. Wie lapidar liest sich das nun in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage? - Zitat!
„Die Landesregierung hat sich zu Fragen des Beamtenversorgungsrechts wiederholt öffentlich geäußert und eine Reihe von Anstößen gegeben. Die Lösung solcher Probleme war immer wieder Gegenstand regelmäßiger politischer Gespräche mit Kollegen auf Bundes- und Landesebene.“
Kein einziger Protokollvermerk! Keine einzige Drucksache, nicht einmal eine Pressemitteilung eines Verantwortlichen auf Bundesebene, dass dort tatsächlich Änderungen beabsichtigt waren!
Es ist eine einzige Täuschung der Öffentlichkeit, die hier vorgenommen worden ist.
Es stünde Ihnen gut an, Herr Dr. Stegner - Sie haben ja damals keine Verantwortung getragen -, wenn Sie einmal deutlich machen würden, dass die damalige Landesregierung falsch und verantwortungslos gehandelt hat, dass sie die Öffentlichkeit nicht richtig unterrichtet hat,
dass sie immer noch versucht, die Vergangenheit falsch darzustellen. Tun Sie das, stellen Sie das heute klar!
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.
Meine Damen und Herren von den regierungstragenden Fraktionen, stimmen Sie dem Änderungsantrag der FDP zu! Wenn Sie das tun, können wir dieses Gesetz gemeinsam verabschieden. Ich glaube, dass das ein gutes Signal an das Land Schleswig-Holstein wäre.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Heinold, um es klarzustellen: Wir wollen, dass die erhöhten Zahlungen für ehemalige Minister abgeschmolzen werden. Wir wollen, dass die Versorgungszahlungen für künftige Fälle auf das Niveau begrenzt werden, das der Landtag immer gewollt hat. Und wir wollen, dass die Besserstellung von Ministern gegenüber den Beamten beseitigt wird. Insofern können wir keine Alternativen zu diesen richtigen Vorschlägen der Regierung vorbringen. Es ist doch nur konsequent, dann noch einen Schritt weiter zu gehen und dem Änderungsantrag der FDP zuzustimmen.
Dann bekommen wir ein Gesamtpaket.
Natürlich können wir in diesem Hause auch über die Trennung von Amt und Mandat diskutieren, aber das hat nichts mit der Frage der Alimentierung von Landesministern oder Abgeordneten zu tun.
Es ist alles ein bisschen komplizierter, als Sie es dargestellt haben, Frau Heinold. Wir haben das hier im Haus auch schon unter verfassungsrechtlichen Fragestellungen diskutiert.
Es ist zutreffend. In Hamburg gibt es ein ruhendes Mandat. Aber das ist verfassungsrechtlich nicht unbedenklich. Es gibt eine Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofes, der das für verfassungswidrig erklärt. Warum? - Weil für den Fall des Ausscheidens eines Ministers aus der Regierung und der Wiedereinnahme des Abgeordnetensitzes die konkrete Zusammensetzung des Parlaments nicht aus der Wahl erfolgt, also direkt durch das Volk, sondern durch die individuelle Entscheidung eines Einzelnen, der das freiwillig machen oder von der Ministerpräsidentin oder vom Ministerpräsidenten entlassen würde.
Das ist verfassungsrechtlich bedenklich, weil die Zusammensetzung des Parlamentes immer dem Volkswillen und nicht der Entscheidung Einzelner entspringen muss.
Man kann das über eine strikte Trennung von Amt und Mandat umgehen. Das heißt, wer Minister wird, muss sein Abgeordnetenmandat aufgeben und kann es nicht wiedererlangen.
Das kann man machen.
Das ist auch einmal von einem Kollegen meiner Fraktion, dem Abgeordneten Haller, in diesem Haus beantragt worden.
Das haben wir sehr ausführlich diskutiert. Wenn Sie das in den Protokollen nachlesen, werden Sie Argumente dafür finden. Sie werden aber auch Argumente dagegen finden. Die Bereitschaft, Ministerämter zu übernehmen, die Stärkung der Stellung des Regierungschefs - all das muss man sehr differenziert betrachten und beleuchten. Das können wir tun. Wir können die Debatte führen. Auch in der nächsten Legislaturperiode können Anträge von Ihnen gestellt werden.
Aber, meine Damen und Herren, das hat nichts mit der heute anstehenden Entscheidung zu tun. Vermengen Sie das nicht. Verwursten Sie das nicht. Stimmen Sie dem Änderungsantrag zu. Wenn Sie andere Vorschläge haben, die die Stellung von Ministern oder Abgeordneten betreffen, dann sehen wir Ihren Vorschlägen gespannt entgegen. Dann müssen Sie es aber ausführlicher begründen, als Sie es heute getan haben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Freitag wird die Regierungskonferenz zusammentreten, um über eine künftige europäische Verfassung zu beraten.
Frau Kollegin Rodust, Sie haben die Probleme, die sich dabei stellen, völlig richtig beschrieben Es geht um die Stimmengewichtung im europäischen Gesetzgebungsverfahren. Es geht um die Größe der Kommission und ich kann Ihnen da fast nahtlos zustimmen.
Aber, meine Damen und Herren, was hat das eigentlich mit dem Resolutionsentwurf zu tun, den wir heute beraten wollen? - Da geht es um ganz andere Dinge. Die Dinge, die Sie beschreiben, sind überhaupt nicht streitig. Ich frage mich, welchen Sinn diese Resolution entfalten soll. Vielleicht schaffen wir es noch, sie rechtzeitig zuzuleiten. Der Parlamentsdienst arbeitet schnell und E-Mails sind auch schon erfunden worden. Aber es ist ein Stückweit eine Farce, in letzter Minute den Eindruck zu erwecken, als könne eine solche Resolution noch irgendeinen Einfluss auf die Verhandlungen auf europäischer Ebene haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bezüglich des Inhalts des Antrages wird es in diesem Haus wenig Differenzen geben. Wir haben darüber seit Monaten beraten und sehr schnell einen Konsens erzielt. Deshalb werden wir Ihrem Antrag auch zustimmen. Aber die Debatte wird folgenlos verlaufen.
Zur Sache selbst: Artikel 5 des Entwurfs der europäischen Verfassung streicht die Bedeutung der regionalen kommunalen Selbstverwaltung heraus. Wir haben die kommunale Selbstverwaltung als tragenden Pfeiler im Grundgesetz verankert. Es ist gut, dass dieser Verfassungsgrundsatz, der in Deutschland entwickelt worden ist, nun auch Bestandteil der europäischen Verfassungsordnung wird. Das ist für uns unverzichtbar. Ich kenne aber auch keinen Mitgliedstaat, der ernsthaft den Versuch unternehmen würde, diese Bestimmung wieder aus dem europäischen Vertragswerk herauszubekommen.
Föderalismus ist jedoch mehr als regionale Selbstverwaltung. Die Bundesländer sind Staaten im Sinne des Völkerrechtes. Einen föderativen Staatsaufbau hat innerhalb der Europäischen Union neben Deutschland nur Österreich; die belgische Verfassung hat föderative Züge. Alles andere sind regionalisierte Staaten, aber keine föderativen Staaten. Die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips in der europäischen Verfassung
hat daher für die Bundesländer eine besondere Bedeutung. Es ist vorprogrammiert, dass es in der Praxis immer wieder zu Streitigkeiten darüber kommen wird, ob Angelegenheiten durch die Europäische Union geregelt werden müssen oder ob es das Subsidiaritätsprinzip gebietet, die Regelungshoheit den Mitgliedstaaten, den lokalen Gebietskörperschaften oder im Fall der Bundesrepublik Deutschland den Bundesländern zu überlassen. Es ist nicht akzeptabel, dass die erforderliche nationale Subsidiaritätsprüfung allein von Organen des Bundes durchgeführt wird, wenn Rechte der Länder und Kommunen betroffen sind. Insofern unterstützen wir die Forderung nach einer Beteilung der Länder und Kommunen an der nationalen Subsidiaritätsprüfung.
In der Vergangenheit haben sich die nationalen Parlamente erst dann mit EU-Richtlinien beschäftigt, wenn diese längst auf europäischer Ebene verabschiedet worden waren und es nur noch um die Transformation in nationales Recht ging. Da hat es manche böse Überraschung auch in den Ländern gegeben. Darüber haben wir ja vor kurzem im Zusammenhang mit der FFH-Richtlinie Debatten geführt, da wir die Konsequenzen erst zu einem Zeitpunkt gesehen haben, zu dem nichts mehr zu beeinflussen war. Dafür gibt es auch andere Beispiele.
In Zukunft wird es einen Frühwarnmechanismus geben, um den nationalen Parlamenten die Möglichkeit zu geben, das Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene zu einem Zeitpunkt zu beeinflussen, wo Entscheidungen noch nicht definitiv gefallen sind. Es ist für uns auch eine Selbstverständlichkeit, Bundesrat und Bundesregierung aufzufordern, bei der Umsetzung und Anwendung dieses Frühwarnmechanismus die Länder und Kommunen regelmäßig und rechtzeitig einzubeziehen, damit wir als Landesparlamente nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden, sondern Kompetenzen erhalten können, wo auf europäischer Ebene darüber verhandelt wird.
Meine Damen und Herren, ich rege an, dass wir das in die Föderalismusdebatte einbeziehen und beispielsweise darüber nachdenken, eine ähnliche Norm ins Grundgesetz aufzunehmen wie Artikel 32 Abs. 2, der normiert, dass vor dem Abschluss eines Vertrages, der die besonderen Verhältnisse eines Landes berührt, das Land durch den Bund rechtzeitig zu hören ist. Eine solche Norm würde sicherstellen, dass wir auch im einfachen Gesetzgebungsverfahren ein institutionelles Recht auf Beteiligung hätten und wir dieses Recht geltend machen können.
Ich begrüße auch, dass dem Ausschuss der Regionen, dem die Aufgabe des Wächters über das Subsidiaritätsprinzip zukommt, in Zukunft ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof eröffnet wird. Noch wichtiger ist es natürlich, Rechtsstreitigkeiten durch Konfliktlösung im Gesetzgebungsverfahren zu vermeiden. Daher wollen wir die Einbeziehung in eine nationale Subsidiaritätsprüfung und wir wollen eine rechtzeitige Anhörung der Länder im Gesetzgebungsverfahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Sache gibt es hier einen breiten Konsens. Wir können diese Resolution einstimmig verabschieden. Dann ist der Parlamentsdienst gefordert, sie sehr schnell der deutschen Delegation zuzuleiten. Wir rennen offene Türen ein. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn nichts ist angenehmer, als wenn man weiß, dass sich die Regierung unseren Forderungen anschließen wird. Insofern kann ich nur sagen: Unschädlich ist die Debatte heute Morgen in jedem Fall. Darum haben wir auch überhaupt keine Probleme, Ihrem Antrag zuzustimmen.
- Zum Niveau will ich mich nicht äußern; das bleibt den einzelnen Mitgliedern des hohen Hauses überlassen. - Verabschieden wir den Antrag einstimmig und seien wir uns gleichzeitig bewusst, dass diese Debatte folgenlos sein wird!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die private Nutzung des PC und des Internet ist für viele Bürger mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Bereits mehr als jeder zweite Deutsche verwendet das Internet und die verbreitete Informations- und Kommunikationstechnik. Dies verändert auch die Erwartung der Bürger an die öffentliche Verwaltung. Mehr als die Hälfte der Deutschen kann sich bereits heute vorstellen, Behördenangelegenheiten zukünftig mit dem PC von zu Hause aus abzuwickeln. Der öffentlichen Verwaltung kommt damit eine Vorreiterrolle zu. Das Internet kann von der Verwaltung somit als wirkungsvolles Instrument genutzt werden, um öffentliche Dienstleistungen den Bedürfnissen der Bürger und der Wirtschaft anzupassen: serviceorientiert jederzeit verfügbar, einfach und schnell zu bedienen und zu handhaben. Darüber hinaus ist EGovernment im heutigen Wettbewerb der Regionen ein wichtiger Indikator für die Innovationsfähigkeit eines Staates und somit ein strategischer Standortfaktor.
Dies haben andere Staaten nicht zuletzt im Ostseeraum längst erkannt und entsprechende Umstrukturierungen vorgenommen. Nur Deutschland droht international im Bereich eEGovernment den Anschluss zu verlieren. Nach der Studie „E-Government 2003“ eines bedeutenden Management- und Technologiedienstleisters, der zum vierten Mal in Folge OnlineAngebote in insgesamt 22 Ländern untersucht hat, ist Deutschland nur Mittelmaß.