Protokoll der Sitzung vom 11.09.2002

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schlicht falsch! Das wis- sen Sie auch! - Widerspruch bei der SPD)

Auch hier gilt: Versprochen - gebrochen!

Das nächste gebrochene Versprechen steht vor der Tür. Der noch amtierende Kanzler hat inzwischen angekündigt, dass vermutlich die geplante Erhöhung des Kindergeldes der schlechten Haushaltslage zum Opfer fallen wird. Das ist Politik von Rot-Grün: Ankündigen und hinterher nicht halten! Daran krankt diese ganze Politik.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Finanzminister hat eben die Fusion der Landesbanken erwähnt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass er 100 Millionen € als Nachzahlungen aus der Vergütung der Inanspruchnahme der Rücklagen der I-Bank eingestellt hat. Da frage mich: Wie ist das eigentlich zu sehen? Als wir das im vergangenen Jahr gefordert haben, waren wir ignorant.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das haben Sie nie gefordert!)

- Natürlich haben wir das gefordert, Herr Neugebauer. Ich kann nur sagen: Offenbar hat der Finanzminister keine Ahnung.

In dem Zusammenhang frage ich: Wie ist das in den Fusionsverhandlungen der beiden Banken gewesen? Kann die Landesbank so ohne weiteres für diese 100 Millionen €, die da nun eingestellt sind, aufkommen? Sind die überhaupt sicher? Ich denke, auch hier wird wieder eine Finanzpolitik ohne Fingerspitzengefühl gemacht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: § 28 Abs. 5 des Haushaltsbegleitgesetzes!)

- Genau so!

Auch das ist ein Wechsel auf die Zukunft, der längst nicht gedeckt ist. Ich will gar nicht auf die weiteren Hoffnungsträger dieses Haushalts wie globale Minderausgaben und globale Mehreinnahmen eingehen. Sie sind jetzt schon dabei, Ihre Notreserven zu verscherbeln. Mit dem Verkauf der NordwestLotto und weiterer LEG-Anteile eröffnen Sie endgültig den Räumungsverkauf des Landesvermögens.

Wer fälschlicherweise geglaubt haben sollte, dass diese Einnahmen endlich zum Schuldenabbau oder für Investitionen ausgegeben würden, sieht sich ein

(Martin Kayenburg)

weiteres Mal getäuscht. Eine Investitionsausgabe mit einer Quote von 9,1 % zeigt den katastrophalen Tiefstand dieser Regierung.

(Günter Neugebauer [SPD]: Wir erwarten von Ihnen Vorschläge!)

Ich prophezeie Ihnen, Herr Neugebauer: Im Haushaltsvollzug wird das noch sehr viel schlechter aussehen.

Besonders bedenklich sind Kürzungen, die der Finanzminister hier erwähnt hat, im Dachprogramm „ziel“ und insbesondere im Unterprogramm „ZAL“, Zukunft auf dem eigenen Lande.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo wollen Sie sparen?)

Mit Getöse hat Frau Simonis im Landtagswahlkampf ihr Superprogramm „ziel“, Zukunft im eigenen Lande, mit einem Volumen bis 2006 von insgesamt 2 Milliarden € angekündigt. Nach gerade einmal zwei Jahren wird alles wieder eingesammelt. Auch hier: Versprochen - gebrochen!

(Beifall bei der CDU - Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles haben wir nicht eingesammelt! Etwas! - Zu- ruf von der SPD: Wo wollen Sie sparen, Herr Kayenburg?)

- Unter Rot-Grün haben die Schleswig-Holsteiner, lieber Herr Hentschel, eben keine Zukunft mehr im eigenen Lande. Das gilt für die Werftarbeiter genauso wie für die Landwirte. Als einziges norddeutsches Küstenland schöpft Schleswig-Holstein die Möglichkeit der Werftenhilfe nicht voll aus.

(Günter Neugebauer [SPD]: So ist das!)

Bei der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ werden schon seit Jahren die angebotenen Bundesmittel nicht in vollem Umfang genutzt.

(Rolf Fischer [SPD]: Wo wollen Sie denn sparen?)

Das Beispiel für die gebrochenen Versprechen, Herr Fischer, liegt bei den LEG-Vorhaben doch auf der Hand. Hier hat die Landesregierung mit besonderer Unzuverlässigkeit gehandelt. Da gab es die Genehmigung zum vorzeitigen Baubeginn. Das alles soll nun nicht mehr wahr sein. Plötzlich wird die Finanzierung nicht mehr sichergestellt, ohne Vorwarnung werden Bürger und Kommunen allein gelassen. Ich kann nur sagen: Versprochen - gebrochen! So kann man mit investitionswilligen Bürgern und Kommunen im Land wirklich nicht umgehen.

(Beifall bei CDU und FDP - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein einziger Vorschlag! Kein einziger Vor- schlag, etwas zu sparen!)

- Herr Hentschel, ich habe eben schon einmal auf Ihren Parteitag hingewiesen. Ich will Ihnen noch eines mitgeben: Heute wird der Haushalt eingebracht. Dann wird die Detailarbeit gemacht. Dann kommen Vorschläge. - Sie haben offenbar keine Vorschläge. Das ist Ihr Problem.

(Beifall bei der CDU - Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie im letzten Jahr auch gesagt!)

Unabhängig davon: Auch der viel gepriesene Hightechstandort Schleswig-Holstein ist eher virtueller Art in der Presse Ihrer Staatskanzlei.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie reden alles schlecht!)

- Ich rede nicht schlecht. Sie können die Fakten haben.

Im Jahr 2000 waren in Schleswig-Holstein lediglich 15 Biotechunternehmen ansässig. In Bayern waren das 116. Selbst in jedem östlichen Bundesland gibt es mehr Biotechnologieunternehmen als in SchleswigHolstein. Das ist die Wahrheit.

Wenn Sie sich die Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnik anschauen, so sehen Sie, dass diese geradezu reihenweise vom Markt gehen. Jedem, der in Kiel an der Hörn entlang fährt, wird das deutlich sichtbar. Dies ist die Bilanz Ihrer Wirtschaftspolitik, Frau Simonis. Investitionsausgaben im Keller, Förderprogramme zurückgefahren, traditionelle Industrien wie beispielsweise die Werften, vernachlässigt, Landwirtschaft nicht ernst genommen und ein virtueller Hightechstandort! Mit dieser Politik machen Sie Schleswig-Holstein alles andere als zukunftsfähig.

(Beifall bei der CDU)

Aber auch die Bilanz der rot-grünen Landesregierung unter Gerhard Schröder ist in der Wirtschafts-, Arbeits- und Finanzpolitik verheerend. Das sehen wir jeden Tag. Deutschland ist in Europa inzwischen Schlusslicht beim Wachstum. 1990 bis 1998 stieg es im wiedervereinigten Deutschland um 2,2 %. Inzwischen liegen wir 1999 bis 2001 bei nur noch 1,8 %, während das übrige Europa - das ist eben der Beweis, dass das ganze Gerede von globalen Problemen falsch ist - ein Wachstum von 2,5 % zu verzeichnen hatte. Wir sind wirtschaftspolitisch inzwi

(Martin Kayenburg)

schen leider das Schlusslicht. Das Aufschwunggerede der Regierung Schröder ist nichts als Gesundbeterei.

(Günter Neugebauer [SPD]: Ihnen sitzen die neuesten Umfrageergebnisse im Nacken!)

Die schlechten Prognosen der wirtschaftswissenschaftlichen Institute machen doch die ganze Misere deutlich.

Der Kanzler hat in seiner Not seinen alten Freund, den VW-Personalvorstand Peter Hartz, angerufen und hat die Reformvorschläge seiner Kommission in eine plakative Botschaft verpackt. Dass das schief gehen muss, sieht man allein daran: Er macht das wieder einmal zur Chefsache. Das geht genauso schief wie die Chefsache Ost. Wenn Herr Schröder das anpackt, können wir das heute schon vergessen. Großspurigen Versprechen - das garantiere ich Ihnen - geht kein Bürger mehr auf den Leim. Die Quittung dafür werden Sie, meine Damen und Herren von der SPD, gemeinsam mit Herrn Schröder am 22. September bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Diese Vorschläge waren der größte Bluff aller Zeiten. Wir werden darauf am Freitag in einer eigenen Debatte zurückkommen.

Ein weiteres Feld rot-grünen Versagens in Deutschland ist die Bildungspolitik. Die nationale PISAStudie beweist, dass Sie auch hier versagt haben, Frau Simonis. Die Hochschulen in Schleswig-Holstein haben inzwischen so wenig Vertrauen in die rot-grüne Landesregierung, dass Sie ihrer gesetzlichen Verpflichtung, Zielvereinbarungen abzuschließen, geschlossen nicht mehr nachkommen. Der Stifterverband hat die Hochschulgesetze in Deutschland geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Schleswig-Holstein hinsichtlich der Autonomie der Hochschulen, aber auch hinsichtlich der Modernität und Zukunftsfähigkeit im Bundesvergleich weit abgeschlagen liegt.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: So ist das!)

Peinlicher kann das Ergebnis Ihrer Hochschulpolitik doch gar nicht ausfallen, Frau Simonis.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Das ist der Scherbenhaufen rot-grüner Schulpolitik und Hochschulpolitik in Schleswig-Holstein. Die hierfür verantwortliche Ministerin gehört inzwischen zu den meist überschätzten Mitgliedern im Kabinett Simonis. Heute blickt sie auf eine eindeutige Negativbilanz zurück: Unterrichtsversorgung ungenügend, systematische inhaltliche Defizite durch die PISAStudie belegt, Vertrauen der ihr nahe stehenden

Gruppierungen verloren, Planstellenlüge, hochschulpolitisches Chaos!

Das passt genau zum Politikstil auch von Heide Simonis: zögern und zaudern bei wichtigen Entscheidungen, kein Mut zu großen Reformvorhaben, viel Wind bei Kleinigkeiten und nichts wirklich umsetzen!

(Beifall bei der CDU)