Protokoll der Sitzung vom 09.10.2002

Ich habe Ihre Stimme - es wäre ganz nett, wenn die Kollegen mich jetzt auch respektieren würden - respektiert. Ich wünsche Ihnen gute Besserung - ich denke, das ist selbstverständlich -, damit wir uns in Zukunft auch wieder im direkten Dialog streiten können. Aber es waren eben ein paar Punkte dabei, auf die ich noch einmal kurz eingehen möchte. Dabei will ich ausdrücklich Ihnen und auch Ihnen, Frau Spoorendonk, danken, dass Sie sich so intensiv mit unserem Antrag beschäftigt haben. Das freut mich außerordentlich. Dass der Umweltminister jetzt sogar zwei Minuten darauf verwandt hat, um festzustellen, dass das alles grüne Positionen wären, die wir dort hineinformuliert hätten, ist auch bemerkenswert. Übrigens, Herr Minister, ein Gutteil dieser Dinge stehen auch in einem Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Wahrscheinlich haben Sie das damals auch abgelehnt. Einfach verblendete Ideologie, bloß keiner Sache zustimmen, die die Opposition macht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Zurufe: Oh, oh!)

Das ist ein bisschen einfach, ist ein bisschen billig, ist ein bisschen zu wenig.

Aber jetzt noch einmal zu Ihnen, Frau Fröhlich, insbesondere zu den drei Säulen. Da sagen Sie, die CDU hätte sie endlich erkannt. Liebe Frau Fröhlich, Sie werden sich doch auch noch ein bisschen an Rio erinnern können. Damals hatten Menschen wie Klaus Töpfer und Helmut Kohl die Verantwortung. Ich glaube, keiner wird den beiden bestreiten, dass sie wesentliche Motoren für den Prozess bei der Konferenz von Rio waren und große Verdiente haben. Beide gehören der CDU an.

(Beifall des Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU])

Das will ich an dieser Stelle einmal ganz deutlich sagen.

Bei der Konferenz von Johannesburg hatte man, glaube ich, nicht den Eindruck, dass der Bundeskanzler Schröder in vergleichbarer Weise Motor des Prozesses war.

Ich will Ihnen gern zustimmen, Herr Minister, dass die Ursachen für das schlechte Ergebnis in Johannesburg sicherlich in anderen Ländern und deren Verweigerungshaltung gelegen haben. Das bedauern wir sicherlich auch gemeinsam. Aber ein derartiges Engagement, wie es das früher zu Rio gegeben hat, haben wir hier nicht feststellen können.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nur noch ganz kurz zu dem Punkt, liebe Frau Fröhlich, ob man nun von den drei Säulen den ökologischen Bereich vorgezogen hat. Sie haben ja bestätigt, dass es so ist. Frau Spoorendonk hat in ihrem Beitrag vorhin sehr deutlich ausgesagt, die drei Säulen - das war und ist der Geist von Rio - gehören eben zusammen und sie müssen vernetzt umgesetzt werden und es darf eine Säule nicht bevorzugt werden.

(Beifall des Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU])

Ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie mir hier aufgrund irgendwelcher Reihenfolgen unterstellen wollen, dort etwas anderes zu sagen und etwas anderes zu meinen.

Das ist nämlich die spannende Herausforderung, die wir aus meiner Sicht im Ansatz überhaupt noch nicht ausreichend angegangen sind, nämlich diese drei Säulen gleichzeitig, gleichrangig vernetzt zu betrachten und zu behandeln. Dazu sollten auch dieser Antrag und die heutige Diskussion anregen und einen Beitrag leisten. Ich mache Ihnen den Vorschlag.

Aus unseren sechs Punkten zur Energiepolitik haben Sie einzig und allein den - das verstehe ich auch; das ist Ihr wunder Punkt - der Kernenergie herausgezogen, aber - wie Sie es gesagt haben; Sie oder Frau Spoorendonk haben es nachher auch korrigiert - dazu kann man ja unterschiedlicher Meinung sein. Wir haben „Option“ gesagt und das ist schon ein Stück Bewegung. Ich finde, das können Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Zu den anderen Punkten haben Sie gar nichts gesagt. Das finde ich auch außerordentlich bedauerlich.

Ich glaube, es gibt eine Menge - der Beitrag des Ministers hat es auch deutlich gemacht - von Punkten in unserem Antrag, die durchaus auch Einigung hervorrufen können.

Darum mache ich Ihnen den Vorschlag - ursprünglich sollte der Antrag hier abschließend entschieden werden -, den Antrag an den Ausschuss zu überweisen. So können Sie zeigen, ob Sie dazu bereit sind, im Ausschuss darüber zu debattieren. Der Minister hat ja eben gesagt,

(Beifall bei der CDU)

dass er darüber mit uns im Ausschuss diskutieren will. Herr Minister, das haben Sie ja eben deutlich gesagt.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich komme gleich zum Schluss. Das „Bohren dicker Bretter“, Herr Minister, haben wir in Opposition und habe ich in der Umweltpolitik gelernt. Aber es gibt auch noch einen anderen Spruch: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“. Das sollten wir bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie auch nicht vergessen. Das Wort „Resignation“ habe ich nicht in den Mund genommen. Da sollten Sie einmal klar bei der Wahrheit bleiben. Ich bin überhaupt nicht für Resignation, sondern immer für Aufbruch.

(Glocke der Präsidentin)

Den letzten Satz bitte!

Ich komme sofort zum Schluss.

Aber wenn Sie hier sagen, wir sollten wieder zum Begriff des „sustainable development“ zurück kommen, dann - das sage ich - resignieren die Menschen wirklich; denn manchmal können sie uns heute schon nicht verstehen.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Von daher sollten wir bei unseren deutschen Begriffen bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat Herr Kollege Nabel das Wort.

(Peter Jensen-Nissen [CDU]: Oh!)

Frau Kollegin Todsen-Reese, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Und was ist mit Ihnen? Ihr hoch gelobter Herr Töpfer, den wir hier immer wieder als Kronzeugen gegen Sie zu instrumentalisieren versucht haben, hat gesagt, das letzte Jahrzehnt war ein verlorenes Jahrzehnt für den Prozess von Rio. Warum? Weil acht Jahre dieses letzten Jahrzehnts Kohl in Bonn und Berlin regiert hat.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Da liegt der Hase im Pfeffer, wenn man das so sagen kann.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Die Politik der schwarz-gelben Bundesregierung in den 90er-Jahren hat dazu geführt, dass sich die Grundausgangslage für einen Prozess der nachhaltigen Entwicklung in der Bundesrepublik erheblich verschlechtert hat.

(Widerspruch bei der CDU)

Wenn Sie hier hergehen und so dramatisch sagen, die drei Säulen gehören gleichberechtigt, gleichzeitig und vernetzt zusammen - -

(Zurufe von der CDU)

- Ich habe noch eine ganze Menge Zeit für das, was ich sagen will. Kommen Sie daher erst einmal zur Ruhe.

(Zuruf von der CDU: Das müssen Sie Herrn Müller sagen!)

Wenn Sie sich also so pathetisch hier hinstellen und sagen, die drei Säulen gehören gleichzeitig, gleichrangig und vernetzt zusammen, dann lesen Sie doch Ihren Antrag einmal unter diesem Aspekt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] und Anke Spooren- donk [SSW])

Das ist ein Antrag der rein neoliberalen Denke. Damit können wir heutzutage keinen Blumentopf mehr gewinnen.

(Widerspruch bei der CDU)

Wer nachhaltig und zukunftsfähig sein will, muss sich an die „Ökologisierung“ der Ökonomie und an die „Ökonomisierung“ der Ökologie wagen. Das sind Dinge, von denen Sie hier nicht einen einzigen Hauch haben durchschimmern lassen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir haben sowohl in der Diskussion der letzten Jahre hier im Landtag als auch während der Bundestagswahl deutlich gespürt, dass Ihre Art und Weise des Umgangs mit der Umweltpolitik und auch mit der Politik der Nachhaltigkeit eine Blockadepolitik ist. Das lassen wir uns nicht gefallen. Deshalb fordern wir Abstimmung in der Sache.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist zum einen Ausschussüberweisung und zum anderen Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, wer für die Überweisung der Anträge an den Umweltausschuss ist. - Gegenstimmen? - Die Ausschussüberweisung ist mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den Vertretern des SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP abgelehnt.

Ich lasse jetzt alternativ in der Sache abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/1941, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer dem Antrag der CDU-Fraktion, Drucksache 15/2088, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Dem Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/1941, wurde mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW zugestimmt. Damit ist dieser Antrag angenommen.