Gleichwohl macht es natürlich Sinn, dass der Landtag - nicht zuletzt auch der Bildungsausschuss - die Entscheidungen der Hochschule begleitet, denn das neue Hochschulgesetz ist ja für alle eine neue Art der Hochschulpolitik.
Die F.D.P. traut der Universität offenbar nicht viel Eigenständigkeit zu, wenn sie ihr keinen Freiraum für eigene Entscheidungen lässt. Damit behindert die F.D.P. Attraktivität und auch Fortentwicklung der Christian-Albrechts-Universität, die gerade an der Schwelle zu einer neuen Selbstständigkeit steht. Die Herausforderungen des neuen Hochschulgesetzes bestehen ja in den neuen Freiheiten der Hochschulen, selbst entscheidend zu ihrer Profilierung beizutragen.
- Nein, nein, ich bin ja mit meiner Rede noch nicht fertig. - Das kann nicht gelingen, wenn die Universität schon bei der ersten größeren Entscheidung wieder ans Gängelband der Politik geklinkt werden soll.
Die Universität Kiel ist und bleibt die Volluniversität des Landes, aber sie ist nicht die einzige Universität unseres Landes und schon gar nicht der einzige Hochschulstandort Schleswig-Holsteins. Wie können die Profile der Universitäten von Kiel, Lübeck und Flensburg besser aufeinander abgestimmt werden und wie lassen sich die anderen Hochschulen des Landes dabei integrieren? Das muss eine zentrale Frage der Hochschulpolitik der nächsten Jahre, aber auch der Entwicklungskonzepte der Hochschulen sein. Der SSW erwartet einen verantwortungsvollen Umgang mit den neuen Freiheiten und eine Schärfung des Profils der CAU. Als Stichworte nenne ich: Norden, Ostsee, Gesellschaftswissenschaften. Es macht keinen Sinn, alles an allen Hochschulen zu haben. Strukturveränderungen sind dabei besonders wichtig, auch durch Umstrukturierung oder Neustrukturierung von Instituten.
Die Zielvereinbarungen der CAU mit ihren Qualitätsstandards, der Verbesserung und Internationalisierung von Lehre und Studium, den wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten, den innovativen Schwerpunktsetzungen in der Forschung und der Gleichstellung von Frauen stecken den Rahmen ab, innerhalb dessen Hochschulautonomie künftig gelebt werden soll. Die attraktive Fächervielfalt, der Ausbau von Multimedia, die Evaluation zur Verbesserung der Lehre, Modularisierung und „credit point system“ im Studium gehören dazu.
Es kann nicht nur darum gehen, die Entwicklung der Universität Kiel vor dem Hintergrund von Sparmaßnahmen und einem versteinerten Landeshaushalt zu sehen. Die finanziellen Spielräume sind eng - das wissen wir -, aber es ist nicht unmöglich, die dringenden Strukturreformen voranzubringen und die Universität zukunftfähig zu machen. Die Landesregierung hat dabei aber auch Goodwill bewiesen, etwa durch die jüngste Ankündigung weiterer Gelder für Sachmittel, aber auch durch die Standortentscheidung für Kiel beim Multimedia-Campus.
Es wird darauf ankommen, dass die Universität die strukturellen Herausforderungen positiv und energisch angeht, zu einem neuen Selbstbewusstsein und einem Identitätsgefühl gelangt und sich weder von Politikern noch von anderen den Schneid abkaufen lässt. Wenn sich aber Lehrstuhlinhaber in den wichtigen Fragen der Gesamtdarstellung und Profilierung in internen und manchmal kleinlichen Konkurrenzkämpfen verlieren und nur noch vertikale Schnitte für sinnvoll halten, weil es dann ein paar wenige trifft und der Rest nicht abgeben muss, dann kann man von den Studierenden keine verstärkte Identifikation mit ihrer Hochschule erwarten.
Lassen Sie mich jetzt auf die Agrarwissenschaftliche Fakultät zu sprechen kommen. Wir haben ein neues Hochschulgesetz, das den Hochschulen mehr Autonomie im strukturellen und finanziellen Bereich gewährt. Der SSW hat das Hochschulgesetz mitgetragen, dazu stehen wir. Als wir über das Hochschulgesetz debattiert haben, habe ich gesagt, dass es nun darauf ankommt, dass die Landesregierung zu ihrer Verpflichtung gegenüber den Hochschulen steht. Im Moment erleben wir offenbar heftige Anfangsschwierigkeiten in den neuen Abgrenzungen der Befugnisse von Landesregierung, Landtag, Rektorat, Hochschulgremien, Fakultäten und der Basis an der Uni Kiel. Die Finanzsituation des Landes gestattet nur einen deutlich kleineren Etat für die Universität Kiel, als sie ihn angefordert hat. Dennoch gewährt das neue Hochschulgesetz, gewähren die neuen Zielvereinbarungen der Universität Planungssicherheit. Man muss aber auch redlich sein und allen Pauschalkritikern von Einsparungen sagen, dass dies die bitteren, unabwendbaren finanziellen Tatsachen sind. Auch die Hochschulen müssen sparen, aber das kann nicht bedeuten, dass sie kaputtgespart werden sollen. Das wollen wir jedenfalls nicht.
Hochschule ausmachen, zerschlagen werden. Es kommt im Gegenteil darauf an, dass die einzelnen Hochschulen ihr Profil schärfen, damit sie sich dem Wettbewerb stellen können.
Die Universität Kiel ist in ihren strukturellen Entscheidungen autonom. Aus Verantwortung für die Hochschullandschaft Schleswig-Holstein sowie für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein appellieren wir eindringlich an die Christian-Albrechts-Universität, Abstand davon zu nehmen, die Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät de iure oder de facto aufzulösen.
Wir sind der Meinung, dass die Agrarfakultät der Uni Kiel sehr erfolgreich gearbeitet hat und unbedingt zu dem Profil der Universität gehören sollte.
Die höchste Anzahl von Absolventen je Professor und die zweite Stelle an Drittmitteln im bundesweiten Vergleich der Agrarfakultäten sprechen eine deutliche Sprache. Die CAU wäre schlecht beraten, wenn sie diese erfolgreiche Fakultät einfach einstampfen würde. Agrarwissenschaften könnte man nach einer Schließung als nächstes nur in Göttingen studieren und das ist nicht zumutbar.
Wir werden uns später noch mit der Ostseezusammenarbeit befassen. Bekanntlich hat die Agrarwissenschaftliche Fakultät gerade mit der Universität Kaliningrad einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Auch wenn man die Ostseekooperation als Profil der CAU betrachtet, wäre es wenig sinnvoll, die Agrarwissenschaftliche Fakultät zu schließen.
In meinem Redebeitrag sagte ich mehrfach, dass der SSW zur Autonomie der Hochschulen steht, dass wir dem Hochschulgesetz zugestimmt haben. Schlussfolgerung muss aus unserer Sicht sein, dass wir dem Änderungsantrag der Mehrheitsfraktionen zustimmen; denn wir können nicht so tun, als gäbe es die Zielvereinbarungen nicht. Darum habe ich an die Universität appelliert, jetzt nicht zu kurzfristig zu handeln. So muss das Verfahren sein.
Es ist aber - auch das sagte ich bereits - für den Landtag wichtig, den ganzen Prozess zu begleiten und deutlich zu machen, dass die Schließung der Agrarwissenschaftlichen Fakultät nicht der richtige Weg ist,
dass es nicht richtig ist, einfach einen vertikalen Schnitt zu machen und alles andere beim Alten zu belassen. Auch die Hochschule ist jetzt gefragt, zukunftweisend zu handeln.
Vor diesem Hintergrund haben wir allen Grund zu bedauern, wie die ganze Debatte aufgekommen ist, nicht zuletzt weil vieles jetzt darauf hindeutet, dass wir den wenig fruchtbaren Konflikt zwischen Landwirtschaft und Politik bekommen. In so einer Auseinandersetzung gibt es ja genügend Feindbilder, die aktiviert werden können. Daher sage ich es einmal ganz platt: Die Agrarwissenschaftliche Fakultät ist nicht der verlängerte Arm der Landwirtschaft.
Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass sich der Bauernverband jetzt engagiert. Aber es sollte klar sein, dass wir es mit Hochschulpolitik zu tun haben, mit dem Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein, mit dem Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein. Darum geht es in der gesamten Debatte.
Ich habe volles Verständnis dafür. Die Demonstrationen sind okay. Die Agrarwissenschaftliche Fakultät ist mehr als nur Landwirtschaft;
(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
die Agrarwissenschaftliche Fakultät ist Wirtschaft und Wissenschaft. Ich will sie ja erhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Caroline Schwarz [CDU]: Aber warum stimmst du dann dem Antrag der Mehrheits- fraktionen zu? - Weitere Zurufe von der CDU)
Wir treten für den Erhalt der Fakultät ein, aber wir können nicht so tun, als gäbe es keine neuen Rahmenbedingungen in der Hochschulpolitik. Wir meinen es ernst mit den Zielvereinbarungen und erwarten von der Hochschule und ihrem Rektorat, dass auch sie es tun. Gleichzeitig appellieren wir an alle, keine sachfremden Geschütze aufzufahren. Damit meine ich
Zuletzt noch eine Bemerkung zu den vorliegenden Anträgen! Ich habe gesagt, dass wir wegen der Zielvereinbarungen dem Änderungsantrag der Mehrheitsfraktionen zustimmen werden. Ich möchte aber hinzufügen, dass der Ergänzungsantrag der CDU, die Präambel in den Antrag einzufügen, natürlich unsere Zustimmung erfährt. Das ist ja das, was ich in meinem Redebeitrag mehrfach gesagt habe.
Ich will nur deutlich machen: Nicht der Landtag oder die Landesregierung kann jetzt bestimmen, dass die Agrarwissenschaftliche Fakultät erhalten bleibt. Wir müssen den Prozess begleiten und wir müssen uns dann auch kritisch damit auseinander setzen. Dann können wir als Landtag - so hätte ich beinahe gesagt immer noch eingreifen.
Zu dem anderen Antrag der F.D.P.-Fraktion gehe ich davon aus, dass darüber im Ausschuss weiter diskutiert werden wird. Ich zumindest werde das beantragen.
(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD sowie der Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU] und Joachim Behm [F.D.P.])
Ich will kurz Gäste auf der Tribüne begrüßen. Ich begrüße Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer der Hannah-Arendt-Berufsschule Flensburg, der Berufsschule in Preetz sowie des Immanuel-KantGymnasiums Neumünster. Herzlich willkommen!
Mir liegen mehrere Anmeldungen zu Kurzbeiträgen vor. Diese werde ich nach dem Regierungsbeitrag aufrufen. Ich erteile jetzt zunächst der Frau Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, der Frau Abgeordneten Erdsieck-Rave, das Wort.