Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

(Martin Kayenburg [CDU]: Das hätte ich jetzt nicht gesagt! - Klaus Schlie [CDU]: Das war ein bisschen dicke!)

- Nennen Sie mir bitte ein Gegenbeispiel. Sie können mir wirklich nicht vorwerfen, dass ich beim Thema Verkehrspolitik nicht alles realisiere, was ich zugesagt habe. Manchmal, wenn das Geld aus Berlin nicht kommt, dauert es ein bisschen länger.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ebenfalls wichtig ist: Dänemarks Position zur festen Fehmarnbeltquerung ist in den letzten Monaten wesentlich eindeutiger und positiver geworden. Die dänische Regierung will diese Querung. Sie setzt sich gerade im Moment gegenüber der Bundesregierung für schnelle Entscheidungen ein.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Danke, Anke!)

Ich bitte Sie alle: Denken Sie bei diesem Projekt an die Zukunft Schleswig-Holsteins als Drehscheibe im Norden, als Drehscheibe im Ostseeraum, denken Sie an die Arbeitsplätze. Stimmen Sie möglichst geschlossen für dieses Projekt, damit Schleswig-Holstein gegenüber der Bundesregierung auch geschlos

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

sen argumentieren kann und geschlossen für dieses Projekt kämpft. Nur, wenn wir geschlossen sind, haben wir eine Chance, dieses Projekt zu realisieren. Bei der A 20 haben wir gesehen, wie wichtig es ist, dass wir geschlossen stehen. In diesem Sinne bitte ich Sie alle um Ihre Unterstützung.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke für den Bericht und eröffne die Aussprache. Zunächst - -

(Holger Astrup [SPD]: Zunächst die CDU- Kollegin!)

- Zunächst für die Fraktion der CDU der Herr Abgeordnete Uwe Eichelberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Minister Rohwer hat sehr deutlich dargelegt: Wir in Schleswig-Holstein wollen die feste Fehmarnbeltquerung. So haben wir hier beschlossen, weil wir aus dem Projekt heraus wirtschaftliche Chancen für die Region sehen und uns erhoffen.

Wir haben auch klare Aufgabenabgrenzungen beschlossen. Wir haben gesagt, die Privatwirtschaft ist verantwortlich für den Bau, für die Finanzierung und für die Betriebsführung und bekommt dafür die Maut, sie trägt das Unternehmerrisiko. Die Staaten Dänemark und Deutschland müssen dafür die Vorlaufstrecken finanzieren. Das sind erhebliche Beträge.

Der Bericht der Landesregierung, der im April oder Mai letzten Jahres gefertigt worden ist, enthält dazu nicht so klare Bestätigungen, sondern zeigt deutlich die verkehrlichen Veränderungen, die Veränderungen der Rahmendaten auf. Da heißt es wörtlich:

„Die Verkehrsbeziehungen zwischen Skandinavien und Kontinentaleuropa sind durch die deutsche Einheit und die Grenzöffnung nach Osten am Beginn der 90er-Jahre, durch die Norderweiterung der Europäischen Union und die festen Querungen des Großen Belts und des Øresunds wesentlich beeinflusst worden.“

Das hat natürlich Folgen. Eine Folge ist unter anderem, dass zwischen Mecklenburg und Skandinavien sehr gute Verkehrsrouten aufgebaut wurden. Die Hafenerweiterung in Lübeck-Travemünde und in Schlutup ist gerade jetzt besonders bedeutsam, wo 180.000 Container im Jahr umgeschlagen werden

können und sollen. Dieser wird in erheblichem Umfang Straßentransporte ersetzen.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sieht man sich die Statistik der Straßentransporte der letzten Jahre an, stellt man fest, dass diese seit Jahren zurückgehen.

Außerdem wird auf den Autobahnen Maut eingeführt. Auch das wird Verlagerungen vom Auto auf das Schiff nach sich ziehen.

Ein wichtiger Punkt, der unseres Erachtens nicht berücksichtigt wurde, ist die Lenkzeitengesetzgebung. Darauf haben sich die Skandinavier sehr eindeutig eingestellt, und zwar auf den Routen sowohl über Rødby als auch Malmö. Sie nutzen die Ruhezeiten, um die Fahrer entsprechend schnell durch Deutschland durchfahren zu lassen.

In dem Bericht wird aber auch deutlich dargelegt, dass sich gegenüber 1992 der Zugverkehr, der Personenfernverkehr erheblich reduziert hat. Waren es 1992 noch 26 Züge pro Tag, so sind es jetzt gerade noch einmal sechs.

Diese verkehrlichen Veränderungen haben auch Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit, auf die Kalkulation für eine feste Fehmarnbeltquerung.

Im Interessenbekundungsverfahren wird sehr deutlich, dass die Industrie nicht bereit ist, das Einahmerisiko, also das betriebswirtschaftliche Risiko zu übernehmen, wie wir das definiert hatten, ohne Einnahmegarantien durch Länder erhalten zu haben.

Vorausgesetzt wird auch, dass es in Zukunft keine parallelen Fährverkehre auf der Strecke geben darf. Das wird bei der Wirtschaftlichkeitsproblematik zwischen Dänemark und Schweden gerade deutlich.

Die Regierung muss - das hat sie auch versprochen; Herr Dr. Rohwer hat das eben noch einmal dargelegt - die Rahmendaten überprüfen. In dem kürzlich überreichten Landesverkehrsprogramm steht:

„Die Landesregierung tritt dafür ein, in die vergleichende Bewertung der Lösungsmöglichkeiten ein optimiertes Fährschiffkonzept einzubeziehen.“

Das war vorher nicht so. Ich halte es für wichtig, dies neu zu bewerten.

Lassen Sie uns auch die Knappheit der öffentlichen Haushalte vor Augen führen. Wir haben für Schleswig-Holstein vieles gewünscht und für den Bundesverkehrswegeplan Wünsche für Projekte für nahezu 10 Milliarden € vorgetragen, die in unserem Land alle

(Uwe Eichelberg)

wichtig sind. Dieses Projekt macht eine ganze Menge aus. Wenn wir Wünsche in Höhe von 10 Milliarden € haben und im Jahr vom Bund circa 75 Millionen € für Bundesstraßen, Autobahnen und ähnliche Projekte bekommen, ist das etwas, über das wir diskutieren müssen.

Deswegen sollten wir möglichst schnell zu einer Entscheidung kommen. Die Vertagung über die Beschlussfassung des Bundesverkehrswegeplanes hat uns etwas Probleme gebracht. Wir hätten uns das eher gewünscht, auch eine andere Gewichtung. Wir müssen die Projekte spätestens im Frühjahr abwägen und darüber entscheiden. Es zeigt sich deutlich, dass es durch den Zeitverzug Probleme gibt, unter anderem bei Scandlines, die den Bau von Schiffen nicht in Auftrag geben kann und existenzgefährdet ist. Die Bundesbahn verschiebt sämtliche Netzentscheidungen, wie wir in Berlin gehört haben, solange diese Entscheidung nicht getroffen ist. Deshalb bitten wir dringend darum, dass die Regierung das Thema weiter forciert und dass wir im Wirtschaftsausschuss entsprechend darüber diskutieren.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Bernd Schröder.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über die Planung einer festen Fehmarnbeltquerung haben wir in diesem Haus in den vergangenen Jahren mehrfach intensiv diskutiert. Wir als SPDLandtagsfraktion und als Landesregierung haben dabei ständig darauf hingewiesen und festgestellt, dass wir bei einer kombinierten Schienen- und Straßenquerung eine große Chance für SchleswigHolstein und weit darüber hinaus sehen.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Joachim Behm [FDP])

Wir wollen diese schnelle Verbindung zu unseren Nachbarn im Norden.

Ich will nicht all die Dinge aufzählen, die der Minister im Rahmen der bisherigen Planung für die Fehmarnbeltquerung hier eben vorgetragen hat. Auch der Kollege Eichelberg hat dazu einiges gesagt. Deshalb spare ich mir einige Seiten meines Redemanuskriptes und weise nur darauf hin, dass bis Anfang 2003 einige aufgetretene Fragen des Schienenverkehrs mit den nationalen Eisenbahngesellschaften geklärt werden

müssen und die Verkehrsstudie aktualisiert werden soll.

Danach wird die deutsch-dänische Entscheidung über die weiteren Planungsschritte kommen. Aus dem Interessenbekundungsverfahren heraus wird deutlich, dass eine privatwirtschaftliche Realisierung einer festen Fehmarnbeltquerung bei allen Schwierigkeiten, die schon genannt worden sind, möglich ist.

Lassen Sie mich die Aussagen des dänischen Staatsministers Anders Fogh Rasmussen in der aktuellen Ausgabe des „Skandinavienlink“ Nummer 1 vom September zitieren:

„Die dänische Regierung hat auf jeden Fall ein bedeutendes Interesse an einer Fehmarnverbindung. Eine feste Verbindung wäre eine starke Verbindung von Skandinavien nach Berlin. Wenn man daran denkt, dass die EU um Polen und die baltischen Länder erweitert wird, kann man sich das Baltikum als ein neues, starkes Wachstumsgebiet in Europa gut vorstellen - wie vor einigen Jahrhunderten, als die Hanse ein ökonomisches Kraftzentrum darstellte. Das sollten wir wiederholen. Ich glaube, dass eine solche Verbindung einen Beitrag zur Integration in der Ostseeregion leisten könnte, als Grundlage für echtes Wachstum.“

Zweifellos gehört eine feste Fehmarnbeltquerung auf Straße und Schiene ebenso zu den Schlüsselprojekten der Verkehrsinfrastruktur in Schleswig-Holstein wie die Fertigstellung der A 20 mit Elbquerung bei Glückstadt und eine Anbindung an die A 1.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW)

Nicht zuletzt ist es erforderlich - heute schon erforderlich -, den Ausbau und die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecken Hamburg-Lübeck-Puttgarden in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans einzubringen.

Ich schlage daher vor, dass wir den vorliegenden Bericht und den aktualisierten Bericht vom September 2002 zum Interessenbekundungsverfahren zur Kenntnis nehmen und uns so vereinbaren, dass wir beim Vorliegen der Antworten auf die Fragen, die der Minister hier aufgezeigt hat, zeitnah im zuständigen Wirtschaftsausschuss durch Minister Rohwer informiert werden und dass wir dann sehr schnell zu einer endgültigen Entscheidung über die Notwendigkeit einer festen Fehmarnbeltquerung kommen.

(Beifall bei SPD, FDP und SSW)

Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich jetzt Frau Abgeordneter Aschmoneit-Lücke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die feste Querung des Fehmarnbelts ist seit langem eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte in Schleswig-Holstein. Wir haben hierzu genauso lange eine eindeutige Haltung: Wir wollen die feste Fehmarnbeltquerung, wir wollen allerdings auch, dass der Betrieb privatwirtschaftlich finanziert werden kann. Wir sind bereit - vielleicht im Gegensatz zu dem, was wir vorher gesagt haben -, den Bau der Querung teilweise aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren. Anders wird sich der Bau nicht verwirklichen lassen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Bürgschaften reichen!)