Protokoll der Sitzung vom 15.11.2002

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst zu Ihrer, wie ich meine, peinlich kleinkarierten Äußerung zur Reise der Ministerpräsidentin mit einer Wirtschaftsdelegation.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Als sie in Amerika war und die Möglichkeit genutzt hat, sich für Motorola zu verwenden,

(Holger Astrup [SPD]: Da war das richtig!)

da war das gut. Ich sage Ihnen: Wenn nur die beiden Vereinbarungen mit einer Lübecker und einer Husumer Firma zustande kommen über einen Exportauftrag von Windkraftanlagen, dann war und ist diese Reise ein Erfolg.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Lars Harms [SSW]: Ausge- zeichnet!)

(Minister Claus Möller)

Zur Redlichkeit in der Politik. Herr Garg, es ist starker Tobak, wenn Sie behaupten, ich hätte hier gelogen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Natürlich!)

Ich will zur Redlichkeit in der Politik nur eines sagen. Ich habe hier im Landtag und öffentlich immer wieder gesagt: In Zeiten eines geringen Wirtschaftswachstums ist es eine Quadratur des Kreises, wenn man gleichzeitig Steuern senken, Haushalte konsolidieren und mehr Geld für Bildung, Infrastruktur und innere Sicherheit ausgeben will. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Sie, die FDP, hat die Öffentlichkeit belogen, indem sie den Leuten vorgegaukelt hat, man könne noch ein Steuersenkungspaket in der Größenordnung von 90 Milliarden finanzieren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Die Quittung ist jetzt die Steuerschätzung. Meine Damen und Herren, wenn Herr Garg sein 18 % Trauma verdaut hat

(Martin Kayenburg [CDU]: Reden Sie doch mal zur Sache!)

- ich komme darauf -

(Lachen bei der SPD)

und der Pulverdampf der Bundestagswahl und der nächsten Landtagswahlen vorbei ist,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: So lange wollen sie warten?)

werden alle erkennen,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist nicht zu fas- sen!)

dass die Dramatik des Haushaltsdefizits in diesem Jahr nicht nur ein Problem des Bundes ist; es ist auch ein Problem der Länder und der Gemeinden, unabhängig von Mehrheiten im Bundesrat und im Bundestag. Daran führt überhaupt nichts vorbei.

(Holger Astrup [SPD]: So ist es!)

Ich will hier ganz deutlich anmahnen, dass das eine gesamtstaatliche Aufgabe ist.

Ich komme noch zu einem anderen Punkt. Natürlich ist es richtig, in dieser Situation nicht nur auf die Einnahmen zu schielen, sondern auch die Ausgaben zu betrachten. Der Bund ist natürlich in der Verant

wortung, dass wir in unserem Sozialversicherungssystem - bei Gesundheit, Arbeit und Renten - zu vernünftigen Reformen kommen. Hier ist die Bundesregierung gefordert. Aber auch Sie sind gefordert, sich dem nicht zu verweigern.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir sind in Bund und Ländern verpflichtet, über Leistungsgesetze und Subventionsabbau nachzudenken und auch zu handeln. Aber bitte nicht nur die Lippen spitzen, sondern auch pfeifen!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Klaus Schlie [CDU]: Aber Sie regieren doch!)

Die Tonnagesteuer lässt grüßen.

Wir brauchen - daran führt kein Weg vorbei - im Land und in den Gemeinden eine effiziente Verwaltung. Wir müssen in der Frage der Strukturreform vorankommen.

(Klaus Schlie [CDU]: Dann macht mal kon- krete Vorschläge! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Seit Jahren diese Luftblasen!)

Der letzte Punkt ist auch vor dem Hintergrund der gestrigen Demonstration zu sehen. Sie kennen die Problemblöcke in unserem Haushalt. Das sind die Zinsen, das sind die Personalkosten. Ich denke, wir kommen bei den Tarifverhandlungen und bei anderen Verhandlungen nicht umhin, auch über die Struktur des öffentlichen Dienstes nachzudenken.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ach nee! Das er- zählen wir Ihnen seit Jahren!)

Wir müssen in diesen Bereichen auch zu Absenkungen kommen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wer blockiert immer? - Martin Kayenburg [CDU]: Die Grünen! Das ist nicht neu! - Heiterkeit bei der CDU)

Das zum Ausgabenbereich. Hier gibt es kein Wenn und Aber. Ich höre Sie schon, wenn Sie im Nachtrag die Nachschiebeliste bekommen, was Sie zu den Kürzungsvorschlägen sagen werden.

Aber, meine Damen und Herren, vor diesem Gesamthintergrund sage ich auch: Wir brauchen eine ehrlichere Diskussion über die Aufgaben des Staates, über

(Minister Claus Möller)

die Staatsquote, über Abgabenlast und über Steuerquote.

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben die bisher verweigert! Nackter Hohn, was Sie da machen!)

- Freuen Sie sich nicht zu früh! Hören Sie einmal zu!

Die wesentlichen Verluste nach der jetzigen Steuerschätzung liegen erneut bei der Körperschaftsteuer. Wir müssen über die Unternehmensteuerreform reden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben die falsche Reform gemacht!)

Wir müssen natürlich das Wachstum steigern, damit die Lohnsteuereinnahmen wieder steigen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie und Frau Simonis haben zugestimmt!)

- Nun regen Sie sich nicht auf! Sie haben vor der Wahl gesagt, die Unternehmensteuerreform müsse revidiert werden.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Minister.

Jetzt, wo Vorschläge auf dem Tisch liegen, haben Sie plötzlich Angst vor Ihrer eigenen Courage, wir nicht.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Martin Kayenburg [CDU]: Kommen Sie mit Konzepten oder wir? - Glocke des Präsidenten)