Herr Minister, in der Aktuellen Stunde hält sich die Landesregierung auch an die vereinbarte Redezeit von fünf Minuten. Sie haben vorhin um drei Minuten überzogen und jetzt um 45 Sekunden. Ich bitte Sie, Ihren letzten Satz zu bilden.
Das ist der Punkt. Insgesamt ist die Steuerquote nämlich gesunken. Aber wir müssen über direkte und indirekte Steuern sprechen.
Wir müssen auch die Frage diskutieren, warum wir die niedrigste Kapitalbesteuerung von allen Industriestaaten haben.
Ich darf darum bitten, dass Sie Ihren letzten Satz bilden, Herr Minister. Sie haben 1:30 Minuten überzogen. Wir haben eine Gesamtredezeit von 60 Minuten. Was Sie länger sprechen, wird anderen Rednern abgezogen.
Herr Garg, ich bleibe dabei: In dieser Situation bedarf es mehr Gemeinsamkeit aller politischen Gruppierungen, auch hier im Landtag.
Ich freue mich, dass sich gestern alle 16 Finanzminister auf ein gemeinsames Paket verständigt haben, das sie in das Gesetzgebungsverfahren einbringen werden.
Ich möchte darauf hinweisen, dass die Geschäftsordnung für den Ablauf einer Aktuellen Stunde eine eindeutige Regelung vorsieht. Die Gesamtdauer ist auf 60 Minuten festgelegt, ein Redebeitrag auf fünf Minuten.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 90 Minuten! - Martin Kayen- burg [CDU]: 60 bei einem, 90 bei zwei Themen! Gucken Sie in die Geschäftsord- nung!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie hier von Rednern der Regierungsfraktionen ungetrübt von jeder Sachkenntnis
über konjunkturelle und außenwirtschaftliche Zusammenhänge geschwätzt wird, das treibt einem evangelischen Realschüler mit Schuhgröße 43 die Zornesröte auf die Stirn.
Wenn Sie meinen, für die Steuereinnahmen des Landes Schleswig-Holstein sei die Außenwirtschaft maßgebend, dann nehmen Sie die Information des Statistischen Landesamtes von dieser Woche zur Kenntnis: Zuwachs des Auslandsumsatzes in diesem Jahr Monat für Monat um 8,9 %, Zuwachs der Auftragseingänge ausgewählter Wirtschaftsbereiche aus dem Ausland Monat für Monat von 27,4 %. Der Finanzminister müsste Schaufelbagger anschaffen, um die Steuereinnahmen im Finanzministerium umzuladen, wenn das stimmt, was Sie hier erzählen. Aber Sie erzählen das Falsche.
(Beifall bei der CDU - Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat ökonomisch nichts verstanden, Herr Wiegard?)
Aber zuerst, Herr Möller, will ich Ihnen persönlich sagen, dass ich mich sehr freue, dass Sie heute hier sind und dass Sie trotz der angespannten Lage, für die ich aus Ihrer Sicht durchaus Verständnis habe, recht guten Mutes hier sitzen. Denn ich habe mir ernsthafte Sorgen um Sie gemacht, als ich in einer schleswigholsteinischen Zeitung die Überschrift las: Kieler Bankrotteur auf der Flucht.
Meine erste Frage war: Wo ist Claus Möller? Ist der Finanzminister etwa abgehauen, seiner Chefin hinterhergereist? Hat er möglicherweise die 400 Millionen €, die an Körperschaftsteuer fehlen, mitgehen lassen?
Es ist gut, dass Sie da sind, weil wir dann die Auseinandersetzung mit dem Hauptverantwortlichen führen
Wo ist eigentlich die Neuigkeit Ihrer heutigen Nachricht, Herr Möller? Als Sie vor einem Jahr einen Haushalt mit einer Steigerung der Steuereinnahmen um 10 % hier vorgelegt haben, habe ich Ihnen das vorgehalten. Das Hohngelächter Ihrer Genossinnen und Genossen hat mich begleitet. Ich habe damals schon bezweifelt, dass das so geht.
Nun haben wir heute nach den Prognosen von gestern und vom Mai einen Steuerrückgang gegenüber den Planansätzen von 400 Millionen €. Präzise das ist das Loch, Herr Möller, von dem Sie in den letzten Tagen verkünden, dass es auf den Rückgang der Körperschaftsteuer zurückzuführen sei. Die gesamten Steuerausfälle in Schleswig-Holstein gehen allein auf den Rückgang bei der Körperschaftsteuer zurück. Im Jahre 2001 hatten wir ein Minus von 100 Millionen €.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die Gewinne eingebrochen sind, Herr Wiegard! Das ist Ökonomie!)
Für das nächste Jahr haben Sie das fortgeschrieben. Sie haben zwar einen leichten Rückgang der Steuereinnahmen in Ihrem Haushalt auf der Basis der Zahlen von 2002 in Höhe von 158 Millionen € prognostiziert, aber allein 170 Millionen € Rückgang bei der Körperschaftsteuer. Sie schreiben das Problem einfach nur fort.
Nur vergessen Sie dabei mitzuteilen, Herr Möller, dass das nicht wie der Heilige Geist über uns gekommen ist, sondern das ist bewirkt. Das ist das Ergebnis von Politik. Das ist das Ergebnis Ihrer miserablen Politik.
Es ist ein hausgemachtes Problem, das dadurch verursacht ist, dass Sie der Steuerreform zugestimmt haben, obwohl alle Sie gewarnt haben. Ich zitiere Professor Kirchhof vom Jahresbeginn 2001, als wir die ersten Auswirkungen auf die Körperschaftsteuer kannten: Die Auswirkung der Reform auf die öffentlichen Haushalte hinsichtlich der Körperschaftsteuer ist in der Steuerwissenschaft trefflich analysiert und auch zahlenmäßig quantifiziert worden. Das ist die Aussage von vor einem Jahr.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Ihren Leuten war das noch zu wenig! Es ist unglaublich, was Sie da er- zählen!)
Ebenfalls vor einem Jahr hat sich Claus Möller die Frage gestellt, ob der Bundesfinanzminister die Steuergestaltungsspielräume der Unternehmen nicht unterschätzt hat. Das ist eine nette Auskunft, Herr Möller. Nur, Sie haben diesen Plänen im Bundesrat zugestimmt, entgegen unserer Empfehlung.
Herr Möller klagte in einem Interview am Jahresanfang, die Ländervertreter hätten vor zwei Jahren bei den Beratungen mit dem Bund auf die Risiken der Reform hingewiesen. Herr Möller, ich frage Sie heute: Was haben Sie in der Zwischenzeit eigentlich unternommen, nachdem Sie Anfang des Jahres den Schaden schon kannten, um das zu verändern? Wo ist Ihre politische Verantwortung? Wo ist Ihre persönliche Verantwortung in diesem Zusammenhang?
Das Problem des Steuerrückgangs in SchleswigHolstein ist hausgemacht, ist von dieser Regierung zu verantworten, weil sie dem Steueränderungsgesetz zugestimmt hat. Es ist allein ein Problem der Körperschaftsteuer. Es ist unredlich und es ist gesamtpolitisch auch eine Katastrophe, dass Sie diesen Fehler, den Sie selber verursacht haben, für den Sie verantwortlich sind, auf eine konjunkturelle Entwicklung schieben und damit dem ganzen Land, den Menschen, den Unternehmen signalisieren: Bloß nicht investieren, bloß keine neuen Mitarbeiter einstellen! Das ist genau der falsche Weg, den Sie gehen. Sie lenken nur von Ihren Fehlern ab.
- Ich komme zu meinem letzten Satz, Herr Präsident. - Wenn die jetzigen Zahlen berücksichtigt werden, haben wir im Jahre 2003 auf der Grundlage der Haushaltsplanaufstellung die höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten in Schleswig-Holstein.