Protokoll der Sitzung vom 18.12.2002

Das Thema Arbeitsplätze ist ein wichtiges Thema. Ich gehe davon aus, dass das Hartz-Konzept auch durch den Vermittlungsausschuss im Bundesrat in dem Sinne umgesetzt wird, wie auch wir Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein dies immer wieder gefordert haben,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: 2:1!)

dass es mehr Anreize zur Aufnahme von Beschäftigung gibt, auch mit mehr verpflichtendem Charakter. Wir haben in Schleswig-Holstein gute Erfahrungen mit dem Elmshorner Modell gemacht. An diese Erfahrungen anknüpfend, wollen wir weiterarbeiten.

Lassen Sie mich kurz noch auf die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten eingehen, ein Thema, das kurz vor Weihnachten immer aktuell ist. Wir sind uns sicherlich einig darüber, Kollege Kubicki, dass wir mehr Konsum brauchen, damit zumindest die Binnennachfrage steigt. Die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten ist dafür kein taugliches Mittel.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Oh!)

Vielen Menschen fehlt es nicht an einem Zeitpunkt, zu dem sie einkaufen können, sondern es fehlt ihnen einfach das Geld, um einkaufen zu können. Eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, für die ich ja auch bin, kann man nur mit folgender Frage begründen: Mit welcher Berechtigung schreibt der Staat uns vor, wann was angeboten oder wann was gekauft werden darf?

(Beifall bei der CDU - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Was die Arbeitszeiten betrifft, so weiß ich, dass die Gewerkschaften andere Positionen vertreten. Nur, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden nicht durch das Ladenschlussgesetz fest

(Lothar Hay)

gelegt, sondern sie werden durch den Tarifvertrag festgelegt.

(Beifall bei der SPD - Demonstrativer Beifall bei der FDP - Roswitha Strauß [CDU]: Er hat es verstanden! - Weiterer Zuruf von der CDU: Eine ganze Menge gelernt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will meiner Einlassung zu den Ladenöffnungszeiten - auch weil ich gestern noch einen Kollegen Fraktionsvorsitzenden in der Innenstadt getroffen habe -

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich war es nicht! Ich habe noch gearbeitet!)

gern mit der Aufforderung verbinden, doch bis zum Heiligen Abend noch den einen oder anderen Euro in der heimischen Wirtschaft zu lassen. Sie sichern damit die Beschäftigung, Sie stärken den Mittelstand und gleichzeitig führt dies zu mehr Steuereinnahmen beim Land Schleswig-Holstein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie feststellen, dass es Übereinstimmungen zwischen Oppositionsfraktionen und Regierungsfraktionen gibt, so, glaube ich, sollten wir daran weiter arbeiten, um etwas für das Land Schleswig-Holstein zu bewegen. Dieses biete ich Ihnen jetzt wie auch in der Vergangenheit ausdrücklich an. Wir haben zumindest in einem Punkt nachgewiesen, dass dies auch bei unterschiedlichen Interessen möglich ist.

Ich darf mich bei allen Landesbediensteten für die Arbeit des Jahres 2002 bedanken und hoffe, dass wir ein erfolgreiches Jahr 2003 haben. Ich bedanke mich bei Ihnen für die konstruktive Zusammenarbeit.

(Lebhafter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Bevor ich weiter das Wort erteile, will ich eine geschäftsführende Bemerkung machen. Die Landesregierung hat mir mitgeteilt, dass sie infolge der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des Bundeszuwanderungsgesetzes ihren Antrag auf Änderung des Landesaufnahmegesetzes zurückzieht und er somit heute nicht weiter auf der Tagesordnung enthalten ist.

Ich erteile jetzt das Wort dem Oppositionsführer, Herrn Abgeordneten Kayenburg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst will ich dem Kollegen Hay gern zusichern,

dass wir uns mit dem zweiten Teil seiner Rede konstruktiv auseinandersetzen werden. Schön wäre es nur gewesen, wenn auch ein paar Termine für die Umsetzung genannt worden wären.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zum letzten Teil gibt es sicherlich die eine oder andere Übereinstimmung, auf die ich noch kommen werde. Gratulieren will ich ihm aber zu dem ersten Teil seiner Rede, zu der großen Ehrlichkeit. Denn jedem, der diese Rede gehört hat und richtig aufnimmt, ist klar geworden, in welcher Ratlosigkeit diese Regierung und diese Koalition stecken.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Hay, Sie haben ja Recht. Der Haushaltsentwurf, den uns diese Landesregierung heute vorlegt, ist nun wahrlich kein Zukunftsentwurf. Er bietet kein schlüssiges Konzept und bleibt im kurzfristigen Reagieren stecken. Damit werden Bürger und Wirtschaft verunsichert. Damit wird das wirtschaftliche Klima belastet und der auch von Ihnen angesprochene Konsum wird nicht angeregt und besonders Investitionen finden nicht statt.

Der Haushaltsentwurf macht eines deutlich, Frau Simonis: Sie können es einfach nicht. Weil Sie im Kern keine konkreten Konsolidierungsvorschläge machen wollen, kommen Sie mit so unsinnigen Vorschlägen wie Kürzung von Beamtenbezügen, insbesondere beim Weihnachts- und Urlaubsgeld oder Einführung der Vermögen- und Erbschaftsteuer mit ideologischen Neidargumenten. Nach der Einführung der Ökosteuer - ich erinnere daran: Rasen für die Rente -, Tabaksteuererhöhung - Rauchen für die Sicherheit - haben wir jetzt Vermögen- und Erbschaftsteuer für die Bildung, im Klartext: Sterben für die Bildung.

Das Karussell der Vorschläge von immer neuen Steuern und immer neuen Abgaben dreht sich doch inzwischen schneller als das Riesenrad auf der „Kieler Woche“.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sie verlieren damit nicht nur Ihre politische Glaubwürdigkeit. Steuererhöhungen sind auch Gift für das Wachstum, das wir dringend brauchen.

Dabei weiß die Wahrheit doch jeder. Nicht die Terroristen, nicht die Wirtschaftsbosse und auch nicht die Banken, welche die Leitzinssenkung nicht weitergeben wollen, tragen Schuld an dieser Misere, sondern letztlich die Politiker, die Regierungen, welche die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht so setzen, wie sie erforderlich sind, um ein positives

(Martin Kayenburg)

wirtschaftspolitisches Klima zu gestalten. Wir haben ein Klima, in dem sich die Verbraucher scheuen, Geld auszugeben, weil sie sich vor Depression und vor der Arbeitslosigkeit fürchten. Das ist wahrlich kein Klima, das uns weiterhilft.

Je weniger Geld ausgegeben wird - das ist eine Binsenwahrheit -, desto weniger Aufträge gibt es für die Wirtschaft, desto weniger Arbeitsplätze entstehen. Es droht Arbeitslosigkeit. Wenn die Firmen nicht produzieren, nicht investieren, dann werden wir auch keine zusätzlichen Arbeitsplätze schaffen, die wir dringend nötig haben, auch um damit unser Steueraufkommen insgesamt zu erhöhen. Das ist der Teufelskreis, in dem wir stecken und den wir nach meiner Auffassung wirklich nur gemeinsam durchbrechen können.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen in Deutschland und in SchleswigHolstein ein positives wirtschaftliches Klima. Das ist die oberste Regierungspflicht,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

weil sich nur so das Wohl des Volkes, dem sich sowohl die Mitglieder der Bundesregierung als auch die Mitglieder dieser Landesregierung verpflichtet haben und was sie auch bei ihrem Amtsantritt geschworen haben, insgesamt mehren lässt.

Das positive wirtschaftliche Klima erreicht man aber nicht durch Diskussionen über Steuererhöhungen oder Abgabensteigerungen oder durch die, wie schon erwähnt, unsinnigen Diskussionen über die Kürzung des Weihnachtsgeldes. Klimaverbesserung braucht echte Steuersenkungen. Aber davon sind Sie weit entfernt.

Im Gegenteil: „Steuervergünstigungsabbaugesetz“, das ist doch Ihre euphemistische Umschreibung für Steuererhöhungen. Sie haben es nur immer noch nicht kapiert.

(Beifall bei CDU und FDP - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Wird doch nichts!)

Mit Ihrem Kampf für die Vermögensteuer haben Sie uns, Frau Simonis, in den letzten Wochen einmal mehr ein Beispiel dafür gegeben, wie man sich politisch verkämpfen kann.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Da ist sie auch ganz allein auf weiter Flur!)

Sie haben mit Ihrer Neidkampagne zum einen das Land schlechtgeredet und zum anderen Investoren abgeschreckt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Sie haben ja Recht, wenn Sie in der Zeitung sagen: „Wer den Standort ständig schlechtredet, darf sich nicht wundern, wenn Investitionen ausbleiben.“ Wer Vermögensteuer will, der redet den Standort schlecht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Auch wenn Sie es noch nicht gemerkt haben sollten, alle Ihre Verbündeten sind Ihnen doch längst von der Fahne gegangen. Weder Herr Gabriel noch Herr Steinbrück stehen noch zu Ihnen. Sie stehen auf verlorenem Posten. Sie wollen wieder einmal beides. Sie wollen die Zinsabschlagsteuer und die Vermögen- und Erbschaftsteuer. Sie sind die Steuererhöhungsministerpräsidentin in diesem Lande.

(Beifall bei CDU und FDP)

Frau Simonis, Sie haben dieses Land auch schlechtgeredet, weil Sie den Eindruck erweckt haben, dass Schleswig-Holsteins Überleben von der Vermögensteuer abhänge. Schauen Sie einmal genau hin: Das sind 1,04 % des Landeshaushalts. Das heißt, das Überleben des Landes hängt gerade einmal an 1,04 %. Das ist weniger - das garantiere ich Ihnen -, als Sie für die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst nachher real zu zahlen haben werden, Herr Minister.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Zinsabschlagsteuer könnte ja einen Vorteil für uns bringen, weil sie zumindest sozial gerecht zu sein scheint und die Flut des Kapitals ins Ausland stoppen wird, vielleicht sogar Kapital zurückführen wird.