Das ist nichts Neues, auch nicht in dieser Debatte. So betrachtet ist die Tariferhöhung sicherlich zu hoch.
Es gibt aber auch eine andere Sichtweise. Der Staat ist nicht ein beliebiger Betrieb. Wir wissen, dass der Staat in Zeiten drohender Rezession keine antizyklische Finanzpolitik betreiben darf. Er darf also nicht dann, wenn die Geschäfte ohnehin schon schwierig
Aus dieser Sicht betrachtet, kann man dem Tarifabschluss sicherlich auch positive Seiten abgewinnen.
Wir wissen, dass die Personalhaushalte der Ressorts gedeckelt sind. Theoretisch dürfte der Abschluss also - bis auf den Bildungshaushalt - nichts kosten. In der Praxis wird das schwer zu realisieren sein. Wir wissen, dass die Hochschulen kaum die Möglichkeit haben werden, das einfach umzusetzen.
Die entscheidende Frage ist an dieser Stelle natürlich, wie das mit den Gehaltserhöhungen bei den Beamtinnen und Beamten ausfallen wird. Herr Kayenburg, ich bin nicht ganz Ihrer Auffassung. Wir wissen, dass die Abzüge bei Angestellten und Arbeitern bei jeder Lohnerhöhung immer erheblich sind. Das heißt, eine Lohnerhöhung von 2 % bei Angestellten und Arbeitern bedeutet nicht, dass sie auch netto 2 % mehr haben. Bei Beamten ist das anders. Das muss man erst einmal festhalten.
In den vergangenen Jahren ist es auch so gewesen, dass Angestellte und Arbeiter erhebliche zusätzliche Lohneinbußen hatten - wie übrigens die gesamte restliche werktätige Bevölkerung - durch steigende Lohnnebenkosten. Das haben die Beamten nicht gehabt. Insofern gibt es gute Argumente zu sagen: Die Tarifabschlüsse müssen für die Beamtinnen und Beamten nicht eins zu eins übernommen werden. Ich glaube, das sollte man ernsthaft prüfen.
Zum Schluss eine Anmerkung zur Opposition. Wir sind in der Tat der Auffassung, dass für die öffentlichen Haushalte drei Konsequenzen gezogen werden müssen, nämlich die Reform des öffentlichen Dienstrechts, die notwendige Funktionalreform in Schleswig-Holstein und die Neuordnung der Länder- und Kommunalfinanzen. Mich würde an dieser Stelle auch interessieren, welche Vorschläge die Opposition dazu macht, wenn sie sagt, Einsparungen beispielsweise bei den Versorgungsbezügen der Beamten dürfe es nicht geben. Sie sind gegenüber Ihren Wählern Rechenschaft schuldig, auch wenn Sie nicht regieren.
Besonders erstaunt hat mich Herr Garg. Herr Garg, Ihr innenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion,
Sie kritisieren die Regierung, dass sie diesem Tarifabschluss zugestimmt hat. Ich möchte gerne wissen, was Ihre eigenen Leuten dazu gesagt haben, und denke, Sie haben wieder einmal die Notwendigkeit einer innerparteilichen Debatte.
(Dr. Heiner Garg [FDP]: Was hat eigentlich die eine Frage mit der anderen zu tun? Sind wir hier auf dem falschen Schiff?)
Noch mehr gewundert hat mich Herr Kayenburg. Herr Kayenburg, Sie sagen, es sei keine Vorsorge im Haushalt getroffen worden.
Ich erinnere mich noch sehr gut an Ihre Haushaltsanträge. Sie, Herr Kayenburg, haben in Ihren Haushaltsanträgen erstens keine Vorsorge getroffen
und zweitens haben Sie zusätzlich pauschale Einsparungen beim Personal in Höhe von 30 Millionen € gefordert, ohne zu beziffern, wo diese anfallen sollen.
Jetzt werfen Sie der Regierung vor, sie habe keine Vorsorge getroffen, und behaupten, der Haushalt würde nicht durchtragen. Das ist so widersprüchlich, dass Sie uns das überhaupt nicht plausibel machen können.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben es nicht kapiert! Wir reden über den Haushalt! - Weitere Zurufe von der CDU)
Die Opposition arbeitet sich wieder einmal an der Regierung ab. Das, meine Damen und Herren von der Opposition, ist Ihr gutes Recht. Ich glaube allerdings, es ist etwas wenig. Diese Taktik fällt langsam auf. Wir könnten natürlich froh sein, dass wir in Schleswig-Holstein eine zahnlose Opposition haben. Die Zeitungen berichten ja darüber.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden keine Tarifschelte betreiben. Dem SSW ist natürlich - wie allen anderen auch - die kritische, ja katastrophale Haushaltslage unseres Landes bewusst. Gleichwohl sind wir der Auffassung, dass das erzielte Ergebnis bei den Tarifverhandlungen sowohl aus politischer als auch aus volkswirtschaftlicher Sicht akzeptabel ist. Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass unter anderem auch der niedersächsische Finanzminister - er war an den Verhandlungen beteiligt - in seinem ersten Kommentar danach genau darauf aufmerksam machte und hinzufügte - auch das kann ich nachvollziehen -, er hätte diese guten Ratschläge, die hinterher von allen kämen, schon vorher gehabt.
Wir wissen natürlich, dass dieser Tarifabschluss kurzfristig ganz negative Folgen für den Landeshaushalt und für viele Kommunen haben wird. Aber wir sind der Auffassung, dass die öffentlichen Arbeitgeber einsehen müssen, dass man keinen modernen und effektiven Staat bekommt, wenn man seine Beschäftigten nicht ordentlich entlohnt.
Aus unserer Sicht ist das eine ganz einfache Rechnung. Denn Beamte, Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst gehen doch nicht motiviert und positiv zur Arbeit, wenn man ihnen das Entgelt massiv kürzen will. Hinzu kommt die Frage: Wie will man denn neue, junge und qualifizierte Leute für den öffentlichen Dienst gewinnen, wenn man eine solche Tarifpolitik vorschlägt? Ich denke, die öffentlichen Arbeitgeber haben in dieser Tarifrunde zu kurz gedacht und auch gepokert.
Die Gewerkschaften haben ebenfalls gepokert. Der Meinung bin ich allerdings auch und dazu will ich gleich noch etwas ausführen.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht - ich sagte es schon - ist dieses Ergebnis zunächst in Ordnung. Denn wir können uns keinen Streik leisten. Jeder weiß, dass ein Streik zum jetzigen Zeitpunkt verheerende Folgen haben würde. Zum anderen hätte eine Nullrunde bei den Beamten und öffentlichen Angestellten auch
negative Folgen für unsere Binnenkonjunktur gehabt. Immerhin gibt es über 4 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Wenn diese Gruppe neben den Steuer- und Sozialbeitragserhöhungen nicht einmal mehr einen Inflationsausgleich bekommen hätte - wir haben für unsere Fraktionsmitarbeiter genau diese Argumentation angewandt -, dann würden diese Menschen und ihre Familien natürlich mit Kaufzurückhaltung reagieren. Bekanntlich ist die schwache Binnenkonjunktur insbesondere auf die Kaufzurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher zurückzuführen. Das heißt, eine Nullrunde im öffentlichen Dienst hätte eine fatale Signalwirkung gehabt und auch die Binnenkonjunktur weiter geschwächt. Das Wirtschaftswachstum von gerade einmal 0,2 % im Jahre 2002 ist doch nur durch gute Exportumsätze zustande gekommen. Es wird Zeit, dass wirklich alle erkennen, dass wir etwas zur Stärkung der Binnenkonjunktur tun müssen.
Natürlich bleibt jetzt das Problem der äußerst angespannten finanziellen Lage von Bund, Ländern und Kommunen. Aber diese Finanzmisere, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist doch nicht von den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes verursacht worden und kann nicht alleine ihnen zur Last gelegt werden. Es ist doch nachweislich richtig, dass die Beschäftigten, seien sie Beamte, Angestellte oder Arbeiter, in den letzten Jahren ihren Teil zum Sparkurs der öffentlichen Hand beigetragen haben. Das werden sie auch in Zukunft müssen. Natürlich wissen auch sie, dass nicht mehr jeder Arbeitsplatz sicher ist.
Unser Fazit lautet: Es kann nicht anders sein, als dass die Finanzprobleme durch Reformen und Strukturänderungen auf Bundes-, auf Landes- und auch auf kommunaler Ebene gelöst werden. Zu diesen Reformen gehört aus Sicht des SSW auch eine Reform des öffentlichen Dienstes. Dazu gehört auch, dass die Einzahlung in die Sozialkassen auf ein breiteres Fundament gestellt wird. Dazu gehört auch, dass ein neues Bündnis für Arbeit ein echtes Bündnis für Arbeit sein muss, an dem sich Staat, Gewerkschaften und Arbeitgeber beteiligen, das aus einem Geben und Nehmen besteht, sodass nicht nur einseitig zulasten der Arbeitnehmer Vorschläge unterbreitet werden.
Wir konnten gestern im „Tagesblatt“ lesen, die Bundesrepublik sei kein Hochsteuerland. Vielleicht sollte man sich diese Zahlen noch einmal durch den Kopf gehen lassen.
Meine Damen und Herren. Ich will auf einige Fragen noch kurz antworten. Ich denke, ich habe in der ersten Reaktion gesagt: Das Land Schleswig-Holstein hält diesen Tarifabschluss für zu hoch.
Es ist aber ein Gebot der Vertraulichkeit, nicht zu sagen, wie Schleswig-Holstein gestimmt hat. Es war ein mehrheitlicher Beschluss.
Natürlich ist die Interessenlage der Gebietskörperschaften unterschiedlich. Das hat zu einer Belastung in der Tarifgemeinschaft von Bund, Ländern und Gemeinden geführt. Ich teile die Auffassung: Den Letzten beißen die Hunde; am schlechtesten sind die Gemeinden dran. Es ist aber auch bekannt - es ist heute veröffentlicht worden -, dass es Leute gibt, die vorrechnen, dass die Tariferhöhung den Bund überhaupt nichts kostet, weil er mit 42,5 % an den zusätzlichen Lohnsteuereinnahmen partizipiert. Auch angesichts der unterschiedlichen Mehrkosten für Bund, Länder und Gemeinden hat es Spannungen gegeben. Ich will Ihnen sagen, Herr Garg, ich habe die Belastungen der Tarifabschlüsse und die Mehreinnahmen, die wir vielleicht durch etwas mehr Steuern haben, nicht gegengerechnet. Aber diese Rechnungen gibt es natürlich. Besonders für den Bund ist das günstiger.