Protokoll der Sitzung vom 23.01.2003

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch bei der Einsetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses im April des letzten Jahres hat Ihr Oppositionsführer, Herr Kayenburg, gesagt:

„Schnelligkeit und Sorgfalt stehen für uns bei jeder Aufklärung ganz oben.“

Ja, schnell sind Sie gewesen, als es darum ging, Verdächtigungen und Unterstellungen gegenüber der Ministerpräsidentin, dem Finanzminister oder ande

ren Personen im Dienste der Landesregierung auszusprechen. Nur an der Sorgfalt haben Sie es fehlen lassen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit einem unbestimmten Auftrag hat der Landtag auf Ihren Antrag hin den Untersuchungsausschuss eingesetzt.

(Zurufe von CDU und FDP: Sie haben doch zugestimmt!)

Für die Fraktion der SPD hat der allseits geschätzte Fraktionsvorsitzende Lothar Hay auf die verfassungsrechtlichen Bedenken der fehlenden Konkretisierung und Bestimmtheit Ihres Antrages hingewiesen. Sie haben sich darüber hinweggesetzt,

(Frauke Tengler [CDU]: Sie auch!)

Sie haben sich selbst dann darüber hinweggesetzt, als wir Ihnen das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zur Verfügung gestellt haben, das die Rechtsmeinung der SPD-Fraktion bestätigt hat. Bis zum gestrigen Tage haben Sie an Ihrer falschen Rechtsauffassung wider besseres Wissen festgehalten, denn wir haben Ihnen dieses Gutachten zeitig zur Verfügung gestellt.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Haben Sie eigentlich mitgestimmt?)

Sie wissen, dass wir uns der Einsetzung aber nicht verschlossen haben, weil wir die Minderheitsrechte der Verfassung natürlich respektieren wollten. Aber wer Rechte hat - Sie als Opposition -, der hat auch Pflichten, nämlich die Pflicht, dem hohen Haus einen rechtmäßigen und bestimmten Antrag vorzulegen. Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Sie haben das nicht getan. Nur deswegen sitzen wir heute hier beisammen und beraten Ihren Antrag auf Ergänzung oder Konkretisierung des alten Untersuchungsausschussauftrages. Denn wenn Sie von der Rechtmäßigkeit Ihres Anliegens so überzeugt wären, wie Sie, Herr Graf Kerssenbrock, das gerade eben wieder betont haben, frage ich mich nach der Sinnhaftigkeit des heutigen Antrages.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das frage ich mich auch!)

Warum haben Sie denn nicht den Klageweg beschritten, um Ihre Rechte durchzusetzen, wenn Sie so von

(Günter Neugebauer)

der Richtigkeit Ihres Untersuchungsausschussauftrages überzeugt sind?

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das möchtet Ihr gern! - Weitere Zurufe von CDU und FDP)

Den Gang zum Gericht scheuen Sie doch wie der Teufel das Weihwasser, weil Sie genau wissen, dass das Gericht die Auffassung der Mehrheitsfraktionen und der Landesregierung bestätigen würde. Sie wollen sich nur vor Gericht keine Blamage abholen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir stellen nach einer schnellen - weil wir das erst gestern bekommen haben -, kursorischen Prüfung Ihres Antrages fest, dass er vielleicht ein Ergänzungsantrag ist, vielleicht ein Konkretisierungsantrag, vielleicht ist es aber auch ein neuer Antrag, der natürlich rechtliche Folgen für den alten Untersuchungsausschuss hätte, der aufgelöst wäre.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Völliger Quatsch!)

Kollege Kubicki, Sie wären dann vielleicht in den Stand versetzt, Vorsitzender eines Dritten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses dieses Hauses zu werden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von CDU und FDP: Völ- liger Unsinn! - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann tagen wir täg- lich! - Zuruf der Abgeordneten Jutta Schü- mann [SPD])

Wir werden das sehr sorgfältig prüfen und der Innen- und Rechtsausschuss, dem dieser Antrag zu überweisen ist, wird das sehr sorgfältig, wie es seine Art und Weise ist, zu prüfen haben. Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihr bisheriges Vorgehen lässt den Untersuchungsausschuss mit einem Scherbenhaufen an Fragen und Problemen zurück.

Lassen Sie mich wegen der Kürze der Zeit nur drei Beispiele von vielen nennen, mit denen sich der Innen- und Rechtsausschuss aus unserer Sicht zu befassen haben wird.

Erstens. Wirkt sich die Rechtswidrigkeit eines Teils des Untersuchungsausschussauftrages auf den gesamten Auftrag aus? Immerhin - das lässt ein schnelles Studium des alten Antrages erkennen - bezieht sich sowohl der als rechtswidrig eingestufte PröhlKomplex wie auch der bisher unbeanstandete SAP/debis-Komplex mit Dr. Lohmann auf eben die

sen ehemaligen Staatssekretär Dr. Lohmann. Wäre auch dieser Teil - das wissen Sie, Kollege Kubicki - des Untersuchungsausschussauftrages rechtswidrig, dann wäre der Zweite Parlamentarische Untersuchungsausschuss aufgelöst.

(Thorsten Geißler [CDU] und Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Quatsch!)

Zweitens beschäftigt uns die Frage, inwieweit die bisherigen Aussagen der Zeugen und Anhörungen der Betroffenen noch für den Abschlussbericht verwendet werden können, wenn der Untersuchungsausschussauftrag - wie von der CDU vorgeschlagen - jetzt neu gefasst werden soll. Wird man jede bisher an Zeugen und Betroffene gestellte Frage neu zu gewichten haben, ob sie mit dem neuen Untersuchungsausschussauftrag vereinbar ist? Wie gehen wir damit um?

(Heinz Maurus [CDU]: Sprechen Sie mal mit dem Kollegen Gansel! Der kann Ihnen das sagen!)

Wenn ich in Erinnerung rufen darf, dass wir zwischenzeitlich Tausende von Seiten über die Vernehmung von Zeugen und Betroffenen angesammelt haben, sind wir uns wohl einig, dass der Untersuchungsausschuss - wenn er denn fortgesetzt werden sollte - mindestens zwölf Monate damit beschäftigt wäre, diese Seiten auf ihre Rechtsgemäßheit zu untersuchen.

(Widerspruch bei CDU und FDP)

- Ich verstehe ja, dass Sie das nicht hören wollen, weil ich Sie an Ihr Versagen erinnere, Herr Maurus.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Heinz Maurus [CDU]: Unsinn!)

Die dritte Frage, die wir beantworten wollen, ist, inwieweit die Ausschussmitglieder zur Herausgabe der bisher zu ihren Händen übersandten Ausschussmaterialien verpflichtet sind, Materialien der Regierung, wenn kein wirksamer Untersuchungsausschussauftrag bestanden hat. Das ist eine interessante Frage im Spannungsfeld des Verhältnisses zwischen Regierung und Parlament,

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

die mit Sicherheit auch durch Kollegen Kubicki nicht sofort zu beantworten ist. Unsere Fraktionsjuristen - das möchte ich hier einflechten - bedanken sich schon heute für eine Vielzahl neuer juristischer Fragen im Bereich des Untersuchungsausschussrechts,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dann müsst ihr neue einstellen!)

(Günter Neugebauer)

über die sie nun diskutieren können. Ich habe den Eindruck, dass dies aber die Einzigen sind, die sich bei Ihnen bedanken. Die Menschen in diesem Lande - das spüren Sie doch genauso wie wir - haben nach neun Monaten Untersuchungsausschussarbeit hingegen das Gefühl, dass die Opposition eine drittklassige Unterhaltungsshow auf Kosten der Steuerzahler geboten hat.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss.

Das ist schlimm genug, meine Damen und Herren. Es hält mindestens 13 gewählte Abgeordnete dieses Hauses von wichtigen Aufgaben in ihren Wahlkreisen und im Landtag ab.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Insofern kann man sagen: Neun Monate Untersuchungsausschussarbeit waren umsonst, aber leider nicht kostenlos.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich, weil die Präsidentin mich gebeten hat, zum Schluss zu kommen, nur noch einige wenige Abschlussbemerkungen machen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein, sonst ma- che ich das auch!)

- Wir haben keine Redezeit vereinbart, Herr Kollege Kubicki. Es ist mir nicht bekannt, dass wir es getan haben. Wir haben es hier mit einem ganz wichtigen Bereich zu tun, bei dem ich vielleicht noch eine Minute Redezeit in Anspruch nehmen kann.