Protokoll der Sitzung vom 13.07.2000

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

Drucksache 15/190, in der Fassung des Änderungsantrages Drucksache 15/253 ab.

(Konrad Nabel [SPD]: Nein, nein! - Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Der Änderungsantrag ist ein Ergänzungsantrag!)

- Ja, in der Fassung des Änderungsantrages der F.D.P.

(Martin Kayenburg [CDU]: Welche Druck- sachennummer ist das?)

Sehr geehrter Herr Hentschel, wir haben eben mit Zustimmung des Hauses über den Änderungsantrag der Fraktion der F.D.P., Drucksache 15/253, abgestimmt. Der ist vom Haus einstimmig angenommen worden. Dieser Änderungsantrag bezieht sich auf den Grundantrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/190, wie vom Präsidium vorgetragen.

Wir stimmen jetzt also über den Grundantrag, Drucksache 15/190, in der eben geänderten Form gemäß Drucksache 15/253 ab.

(Konrad Nabel [SPD]: Nein, nein! Das stimmt nicht! - Klaus-Peter Puls [SPD]: Unter Einbeziehung der Änderungen, Herr Kollege! - Weitere Zurufe)

- Ja, selbstverständlich, sonst hätten wir doch gar nicht über den Änderungsantrag abgestimmt.

(Zurufe)

- Ja, unter Einbeziehung der Änderungen oder in der geänderten Form. Das ist ja klar. Es gibt keinen Änderungsantrag ohne Grundantrag, und wenn die Änderungen angenommen worden sind, ist über den Grundantrag mit den Änderungen zu entscheiden.

Wer also dem Antrag Drucksache 15/190 unter Einbeziehung des Änderungsantrages - wie eben einstimmig beschlossen -, Drucksache 15/253, seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag unter Einbeziehung des Änderungsantrages der Fraktion der F.D.P. mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, F.D.P., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW bei Enthaltung der Fraktion der CDU angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt ist damit erledigt.

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 7.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich darf um etwas mehr Aufmerksamkeit bitten. Außerdem bitte ich die Abgeordneten, im Raum zu bleiben, weil wir beim nächsten Tagesordnungspunkt das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit haben. Wir

brauchen eine Zweidrittelmehrheit. - Man kann sich auch wieder hinsetzen; das wäre ganz hilfreich für die Übersichtlichkeit.

Ich rufe also Tagesordnungspunkt 7 auf:

Wahl der Mitglieder des Medienrates der Unabhängigen Landesanstalt für das Rundfunkwesen

Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, F.D.P. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/268 (neu)

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich schlage Ihnen vor, über den Antrag offen abzustimmen. Gibt es Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Ich weise darauf hin, dass nach § 54 des Landesrundfunkgesetzes eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Landtages für die Annahme des Wahlvorschlages erforderlich ist, also eine Mehrheit von 60 Stimmen.

Wer der Drucksache 15/268 (neu) seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, F.D.P. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, F.D.P. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der drei Abgeordneten des SSW und bei Enthaltung des Abgeordneten Hopp angenommen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 7 erledigt.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um Ruhe.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 34:

Bericht über die Unterrichtssituation an den öffentlichen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Schleswig-Holstein im Schuljahr 1999/2000

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/189

Ich erteile das Wort der Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, Frau Ministerin Erdsiek-Rave.

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es besteht nun Gelegenheit, in der Debatte etwas friedlichere Töne anzuschlagen.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Kötschau übernimmt den Vorsitz)

Ich würde gern mit einem Glückwunsch beginnen. Heute sind - ich vermute - an die 100.000 Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein nicht zur

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

Schule gegangen. Sie haben Arbeit als Unterricht in anderer Form mit Duldung nicht nur der Schulleitung, der Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch der Ministerin geleistet. Ich finde, gerade diejenigen, die dies organisiert haben, zeigen in einer unglaublich professionellen Art und Weise, wie man andere für ein Anliegen begeistern kann und das dann auch umsetzt.

(Beifall im ganzen Haus)

Das ist ein Zeugnis für jugendliches Engagement und Gemeinsinn, wie man es wirklich selten findet. Und ich finde, es ist auch ein Gegenbeweis für die These, dass die Jugend von heute mehrheitlich nur noch auf Fun, Action und solche Dinge aus ist und nur den eigenen Vorteil im Kopf hat. Ich finde, es ist eine tolle Chance zu zeigen, dass es Sinn macht, sich einzumischen, etwas für andere zu tun. Ich wünsche mir, dass Schule heutzutage gerade auch diese Art von Erfahrung vermittelt, nicht nur Wissen, sondern auch diese Art von Erfahrung.

(Beifall der Abgeordneten Jürgen Weber [SPD], Werner Kalinka [CDU] und Dr. Ek- kehard Klug [F.D.P.])

Der Bericht, den ich Ihnen heute vorlege, ist nicht nur ein Zahlenwerk. Indikatoren zur Unterrichtsversorgung und Aussagen zu Klassenfrequenzen, Tabellen, Relationen, Ländervergleichen und so weiter sind das eine. Darüber ist in der Vergangenheit - insbesondere im letzten Jahr - trefflich überall gestritten worden. Darüber kann man auch immer streiten. Ich finde, das Plenum des Landtages ist nicht der Ort, an dem man die Zahlen im Einzelnen bewerten und über Statistiken streiten sollte. Das sollten wir im Ausschuss tun. Die Zahlen sind natürlich wichtig, manchmal sind sie sogar - etwa bei der Personalbemessung - bis auf die Stellen hinter dem Komma wichtig. Das ist keine Frage. Aber ich denke, das sollten wir im Ausschuss tun.

Ich will alle Zahlen und Bewertungen gewissermaßen zusammennehmen und zu dem Fazit kommen: Die vielfältigen Investitionen, die wir in Bildung und Ausbildung unserer Kinder geleistet haben, können sich sowohl im nationalen als auch im internationalen Vergleich durchaus sehen lassen. Wir haben auch vor dem Hintergrund steigender Schülerzahlen die gute Unterrichtsversorgung der Vorjahre dadurch gehalten, dass wir jede freie Stelle wieder besetzt haben, dadurch, dass wir im letzten Jahr 100 Lehrerstellen zusätzlich bereitgestellt haben und 200 in diesem Schuljahr bereitstellen werden, dadurch, dass wir die Stundengebermittel im Berichtsjahr erhöht haben, und nicht zuletzt dadurch, dass Lehrerinnen und Lehrer mit einer Vorgriffsstunde helfen, den Schüleranstieg zu bewältigen. Ich denke, das kann man hier wirklich noch einmal erwähnen - und zwar durchaus mit Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Jürgen Weber [SPD] und Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.])

Zu den wichtigsten quantitativen Aussagen gehört auch - zumindest für das letzte Schuljahr -: SchleswigHolstein ist als Bewerbungsland für Lehrerinnen und Lehrer unverändert attraktiv. Wir hatten zum letzten Schuljahr ungefähr 5.000 Bewerbungen von Lehrerinnen und Lehrern, darunter weniger als die Hälfte - nämlich 2.200 - aus Schleswig-Holstein. Umgekehrt gesagt, mehr als die Hälfte kamen aus anderen Bundesländern und wollten nach Schleswig-Holstein. Soviel zur Attraktivität dieses Landes für den Lehrerberuf!

Beim Vorbereitungsdienst sah es ähnlich aus: 1.400 Bewerbungen, davon 790 von landeseigenen Hochschulen. Ich kann nur sagen, wir hoffen sehr, dass es bei diesem Bewerberandrang auch zum kommenden Schuljahr und in Zukunft bleibt.

Die quantitative Versorgung konnte also trotz gestiegener Schülerzahlen eingehalten werden. Es wurden sogar mehr Unterrichtsstunden erteilt als im Vorjahr.

Es gibt einen Punkt in diesem Bericht, bei dem man sagen kann, die Quantität schlägt in Qualität um. Das ist die Frage der Klassengröße. Sie ist nach wie vor günstiger als im Durchschnitt, und zwar - wenn man sich einmal die Tabellen und Zahlenvergleiche anschaut - deutlich günstiger als das, was in anderen Bundesländern beziehungsweise auf Bundesebene Durchschnittsgröße ist. Ich finde, daran sollten wir sehr bewusst - auch wenn es ein relativ teures Unterfangen ist, sich kleine Klassen zu leisten - festhalten, denn kleine Klassen sind pädagogisch richtig und etwas anderes würde hier im Land nirgendwo mehr akzeptiert werden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber für die Bewertung von Schule reicht natürlich eine quantitative Betrachtung überhaupt nicht aus, sondern da muss man über Qualität reden, über das, was im Unterricht tatsächlich stattfindet und was die Schulen von heute prägt.

Ich gehöre ja seit anderthalb Jahren als Vertreterin des Bundesrates dem Europäischen Bildungsministerrat an. Und es ist immer eine hoch interessante Veranstaltung, sich mit den Kollegen aus den anderen Staaten über die Fragen von Qualität der Schule auszutauschen. Im Mai dieses Jahres wurde diesem

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

Gremium ein Bericht über die Qualität der schulischen Bildung in Europa vorgelegt. Da ging es um Indikatoren, die man anlegen muss, wenn es um die Qualität von Schule geht. Ich werde den Bericht gern - wenn Sie daran interessiert sind - den Ausschussmitgliedern zur Verfügung stellen. Diese Indikatoren reichen von Kenntnissen und Wissen in den Grundfertigkeiten über die Fähigkeit zu lernen, wie man lernt, über die Teilnahme an Bildungswegen, über Abschlussquoten, Drop-out-Quoten, über Aus- und Weiterbildung von Lehrern bis zur Zahl von Schülern pro Computer in den einzelnen Ländern. Es gab sehr interessante Ergebnisse, die sicher noch nicht sehr valide sind, aber diese Untersuchung soll fortgesetzt werden.

Ich erwähne dies hier aus zwei Gründen, zum einen, weil wir bei allem, was wir tun, die europäische Dimension nicht außer Acht lassen dürfen, denn wir müssen uns dem internationalen Wettbewerb - nicht nur dem nationalen, sondern auch dem europäischen internationalen Wettbewerb - und den Vergleichen stellen. Wir wollen und müssen dies tun.

Ich erwähne das auch, weil hinsichtlich der Qualität unseres Bildungssystems auch zu prüfen ist, was bei den ungeheuren Ressourcen, die dort investiert werden - ökonomisch gesprochen -, der Output ist. Es handelt sich um ungeheuer hohe Investitionen, wenn man die Summen, die wir in Lehrerpersonal stecken, etwa in Relation zum Gesamthaushalt sieht. Das verpflichtet uns dazu, auf Qualität zu achten und zu sehen, ob der Output so ist, wie wir ihn uns vorstellen.

(Beifall bei der SPD)

Die Bereitstellung von jährlich 200 zusätzlichen Lehrerstellen in den kommenden fünf Jahren ist ein großer finanzieller Kraftakt, den wir leisten. Gerade deshalb sind wir verpflichtet, die Qualität zu sichern und zu steigern. Ich will das am Beispiel der Hauptschulen noch einmal verdeutlichen.