der Montanindustrie wurde ein Politikbereich nach dem anderen, manchmal über die Vorstufe der intergouvernementalen Zusammenarbeit, in die Kompetenz der EG beziehungsweise der EU überführt. Dieser sehr pragmatische Integrationsansatz stößt bei der Vielzahl der europäischen Politikfelder an seine Grenzen.
In Anbetracht der anstehenden Osterweiterung sind deshalb neben den institutionellen Reformen klare Kompetenzregelungen erforderlich, die auch die Interessen der deutschen Bundesländer berücksichtigen.
Ich bin mir sicher, dass wir zum Thema Föderalismus noch viele spannende Diskussionen haben werden. Dafür wird allein schon die Diskussion um die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs sorgen. Frau Kähler, ich wäre wirklich froh, wenn das schleswigholsteinische Parlament unter Führung von Landtagspräsident Arens, gerade was die europäische Ebene angeht, in die Diskussion nicht nur einsteigen, sondern sie massiv vorantreiben würde.
Vor einer weiteren Worterteilung möchte ich gern neue Gäste auf der Tribüne begrüßen. Das sind die Schülerinnen und Schüler der Realschule Satrup und der Krankenpflegeschule der Fachklinik in Heiligenhafen. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht der Landesregierung ist ein sehr guter Sachstandsbericht. Dafür an die Verwaltung vielen Dank. Aber der Bericht ist nicht nur eine Fleißarbeit, er ist auch ein politischer Bericht und nimmt vor allem zur Frage der Änderung des Länderfinanzausgleichs deutlich Stellung - das ist hier erwähnt worden - und er zeigt Perspektiven auf.
Das bisherige ausgewogene Finanzsystem in Deutschland, das in einem Kraftakt die neuen Länder einbezogen hat, ist ein ausgewogenes Zusammenspiel der Prinzipien von Eigenständigkeit, Kooperation und Solidarität. Wollen wir die bundesstaatliche Ordnung, vor allem aber den Finanzausgleich und die Kompetenzordnung modernisieren und den Anforderungen eines zusammenwachsenden Europas anpassen, so müssen wir darauf achten, dass dieses ausgewogene
Zusammenspiel von Eigenständigkeit und Solidarität nicht verloren geht. Da besteht mit Sicherheit ein Dissens zur F.D.P., die wohl einen anderen Weg einschlagen will.
Ein föderaler Bundesstaat braucht die Solidarität der Länder untereinander. Unsere Demokratie basiert auch auf vergleichbaren Lebensbedingungen innerhalb der Bundesrepublik. Dieser Anspruch gleicher Lebensbedingungen wird nun sogar - Stück für Stück - auf die EU übertragen.
- Ob Ihnen das nun passt oder nicht, Herr Kubicki, es ist so! - Strukturhilfemittel werden bereitgestellt, Arbeitsbedingungen werden angepasst und Umweltstandards werden angeglichen. Es wäre absurd, gerade jetzt in eine Kleinstaaterei zurückzufallen und den Wettbewerb der Länder vor die Solidarität zu stellen. Das Spannungsfeld zwischen dem Wunsch der Länder nach einer Stärkung ihrer Länderkompetenz und dem Ziel der Gleichgewichtigkeit der Lebensverhältnisse wird auch bei der Modernisierung des Föderalismus eine zentrale Rolle spielen müssen.
Natürlich erfordert ein größer werdendes Europa stärkere Regionen mit einer eigenen Identität. So werden die Länder in der anstehenden Diskussion eine Stärkung ihrer Kompetenzen einfordern, da die bisherige Staatspraxis zu einer immer stärkeren Zentralisierung geführt hat. Das ist ja nicht unter Rot-Grün geschehen, sondern unter CDU und F.D.P.
Interessant ist, dass die Diskussion um eine gerechte Aufteilung der Steuergelder zwischen Bund und Land exakt unserer Diskussion hier im Landtag im Sonderausschuss gleicht. Das geht aus dem Bericht hervor.
So ist eine Sachverständigenkommission aus Rechtsund Wirtschaftswissenschaftlern bereits Anfang der achtziger Jahre zu dem Ergebnis gekommen - so steht das in dem Bericht -, dass die vertikale Verteilung der Umsatzsteuer zwischen Bund und Ländern eine Aufgabe ist, die politischer Entscheidungen bedarf und keiner - wie es heißt - einfachen Rechenoperation. Genauso verhält es sich beim kommunalen Finanzausgleich.
Außer der Frage des vertikalen Finanzausgleichs steht auf Bundesebene auch der horizontale Finanzausgleich in der Kritik. Dabei ist für Schleswig-Holstein als Schwellenland - mal Nehmer-, mal Geberland - interessant, dass die Auffüllung der Finanzkraft der finanzschwachen Länder vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich begrüßt wird, so lange
Damit hat unter anderem Bayern, welches nach jahrzehntelangem eigenen Bezug von Ausgleichszahlungen meinte, nun klagen zu müssen, vor dem Bundesverfassungsgericht eindeutig verloren.
Dennoch werden wir die Forderung der vier großen Geberländer nach einer Umverteilung von zirka 2 Milliarden DM auch zulasten Schleswig-Holsteins nur abwehren können, wenn wir uns - wie geschehen mit anderen Ländern zusammentun.
Es geht bei der Föderalismusdebatte um mehr als nur um den Finanzausgleich. Das kommt in dem Bericht noch ein Stückchen zu kurz. Das werden wir aber gemeinsam nachholen.
Die Bundesergänzungszuweisungen stehen genauso auf dem Prüfstand wie die Mischfinanzierung. Die interessanteste Diskussion wird wohl die um die Frage der Steuerautonomie für die Länder werden. Dann wünschte ich mir, Herr Kayenburg, dass Sie nicht nur anmahnen, dass wir uns als Parlamentarier einmischen, sondern dass Sie auch mit Vorschlägen glänzen.
Der Bericht zeigt Argumente dafür auf, wie größere Gestaltungsspielräume genutzt werden können, aber er benennt auch Risiken. Ein Steuerwettbewerb hätte für die finanzschwachen Länder negative Auswirkungen. Es wird zu Recht die Frage aufgeworfen, ob das Ziel der Harmonisierung von Steuern auf europäischer Ebene nicht durch neue Ländersteuern konterkariert werden könnte.
Es bleibt also viel Diskussionsstoff, auch und gerade für uns Parlamentarier. Daher ist es gut - das habe ich beim letzten Mal schon gesagt -, dass die CDU diesen Berichtsantrag gestellt hat und so ein erster Sprung in eine erneute Debatte gelungen ist.
Unsere Gestaltungsmöglichkeiten im Land - da sind wir uns einig - hängen von der zukünftigen Finanzund Kompetenzverteilung ab. Lassen Sie uns uns also gemeinsam in die Debatte einmischen. Der Vorschlag einer interfraktionellen Runde mit dem Landtagspräsidenten ist ja einer, der sehr gut ist, Frau Kähler. Ich würde mich dem sofort anschließen wollen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bemerkung vorweg: Wegen der Kürze der Zeit werde ich mich jetzt hauptsächlich mit dem vorliegenden Bericht beschäftigen.
Ich begrüße es außerordentlich, dass wir den Bericht bekommen haben. Ich begrüße es auch außerordentlich, dass wir weiterhin diskutieren. Das Thema - das ist schon deutlich geworden - hat nicht nur etwas mit Finanzbeziehungen zu tun.
Aus dem vorliegenden Bericht geht hervor, dass die aktuelle Reformdiskussion über die Zukunft des Föderalismus auf zwei Ebenen diskutiert wird. Zum einen geht es darum, durch noch näher zu bestimmende Verfassungsänderungen die Gesetzgebungskompetenzen der Länder bei den Steuern und den Aufgaben gegenüber dem Bund zu stärken. Denn die Finanzreform von 1969/70 - das ist schon gesagt worden -, durch die ein klarer verfassungsrechtlicher Rahmen für das Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Aufgabenverteilung geschaffen wurde, hat trotz vieler positiver Ergebnisse im Laufe der achtziger und neunziger Jahre dazu geführt, dass die Kompetenzverlagerung von den Ländern auf den Bund weiter fortgeschritten ist. Heute gibt es ein außerordentlich hohes Maß an Verpflichtungen und Abstimmungsbedarf zwischen Bund und Ländern, was vielfach zu Bürokratismus und Aufgabenüberlagerung geführt hat. Dazu kommt noch die enorme Ausweitung von europäischen Kompetenzen im Zuge der EU-Reform.
Daher ist es wirklich an der Zeit, die bundesstaatliche Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverteilung einschließlich der bestehenden Regelungen der Finanzverfassung und des Länderfinanzausgleichs - zu überprüfen, so wie es die Ministerpräsidenten 1998
gemeinsam beschlossen haben. Aus Sicht des SSW geht es darum, das föderale System wieder übersichtlicher, transparenter und einfacher zu gestalten. Das muss das übergeordnete Ziel dieser ganzen Geschichte sein.
Ziel muss auch sein, den Ländern - für uns also Schleswig-Holstein - wieder mehr Handlungs- und Gestaltungsspielräume zu verschaffen. Nicht zuletzt müssen die Länder finanziell gestärkt werden. Wir wollen den Föderalismus also erhalten und ihn stärken. Dazu gehört, dass man eine höhere Eigenständigkeit der Länder im Steuer- und Ausgabenbereich anstrebt. Dass dies nicht so einfach ist, wie man es sich unmittelbar vorstellt, zeigt der Bericht der Landesregierung am Beispiel der möglichen Änderung der Steuergesetzgebung sehr plastisch.
Von den drei möglichen neuen Formen der Steuergesetzgebungskompetenz, die im Bericht erwähnt werden, ist eigentlich nur der Vorschlag überlegenswert, dass die Steuergesetzgebung von der konkurrierenden Gesetzgebung in die Rahmengesetzgebung des Bundes verlagert wird. Dieser Vorschlag würde es den Ländern ermöglichen, Abweichungen in der Steuergesetzgebung in Maßen zuzulassen.
- Auch das hat seine Schwierigkeiten, aber trotzdem! Dadurch würden die Länder verstärkt über eigene Steuern verfügen. Gleichzeitig bestünde allerdings der Nachteil, dass ein Steuerwettbewerb zwischen den Ländern ausbrechen könnte. So ein Wettbewerb würde vor allem für die finanzschwachen Länder - beispielsweise die ostdeutschen Länder - negative Effekte haben.
Man sieht also, dass solche Änderungen der Steuergesetzgebung sorgfältig überlegt werden sollten. Hier darf nichts mit heißer Nadel gestrickt werden. Da erscheint es leichter, Änderungen in der bisherigen Gemeinschaftsfinanzierung vorzunehmen. Auch das wurde heute bereits gesagt.