(Martin Kayenburg [CDU]: Gegen den SPD- Genossen Friedel Neuber! - Wolfgang Kubi- cki [FDP]: Alles Freunde von Heide Simo- nis!)
(Lachen bei der CDU - Klaus Schlie [CDU]: Das ist keine Karnevalsveranstaltung, son- dern eine ernste Veranstaltung!)
Ich finde, der Anlass ist ernst genug, dass wir uns auf einen ernsthaften Gedankenaustausch einlassen sollten.
Herr Kayenburg, es geht darum, dass der HDW 520 Millionen € liquide Mittel entzogen worden sind, Mittel, die aus Vorauszahlungen des Bundes oder ausländischer Auftraggeber für U-Boot-Lieferungen im Militärsektor geleistet worden sind. Anders als im Handelsschiffbau, wo es keine Vorauszahlungen gibt und wir immer Bürgschaften geben müssen, ist die Situation im Marineschiffbau so, dass immer im großen Umfang Vorauszahlungen geleistet werden. Diese Vorauszahlungen sind dem Unternehmen offensichtlich entzogen worden. Wir reden hier über
750 Arbeitsplätze. 520 Millionen € bedeuten, dass diese Menschen, über deren Arbeitsplätze wir reden, 20 Jahre lang problemlos ihr gesamtes Einkommen hätten bekommen können. Ich sage dies, damit die Größenordnung klar wird.
520 Millionen € sind doppelt so viel, als von 1987 bis Ende 2002 insgesamt als Werftenhilfe in SchleswigHolstein geflossen sind, das waren nämlich 260 Millionen €.
Die doppelte Summe dessen ist einem Konzern wie HDW durch Übertragung von Unternehmensanteilen entzogen worden. Über diesen Vorgang muss man tatsächlich ernsthaft nachdenken.
sondern das sind Machenschaften, angesichts deren wir ernsthaft darüber nachdenken müssen, was in der deutschen Unternehmenskultur los ist.
Der Betriebsratsvorsitzende von HDW, Ernst-August Kiel, hat mir gestern erzählt, dass er vorher noch nie so wenig in ein Strukturkonzept eingebunden war. Wir haben in der Vergangenheit eine gute Unternehmenskultur in Deutschland gehabt. Viele wichtige Entscheidungen für Umstrukturierungen in der Industriegeschichte Deutschlands sind von Unternehmen und Gewerkschaften gemeinsam durchgeführt worden. Auch HDW hat durchaus schmerzhafte Prozesse durchgemacht. Der Betriebsrat hat Betriebsvereinbarungen unterzeichnet, mit denen die Beschäftigten auf Einkommen verzichtet haben. Sie sind mit ihren Arbeitsplätzen ins Risiko gegangen. Sie haben sich verpflichtet, bei Schiffen bestimmte Stundenzahlen einzuhalten und, wenn sie sie nicht einhalten, hinterher kostenlos weiter zu arbeiten. Es sind Zigtausende von Arbeitsstunden nicht bezahlt worden.
(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist gar nicht wahr! Das ist auf ein Arbeitszeitkonto ge- gangen! Verbreiten Sie nicht solchen Un- sinn!)
Der Unterschied liegt darin, dass es das sehr kreative Management in Flensburg zum Beispiel geschafft hat, in einer Serie das zehnte von zehn Schiffen in einem Drittel der Zeit des ersten zu bauen, und anschließend die Arbeitnehmer davon noch Vorteile hatten. Dagegen war es bei HDW so, dass die Planungen schlecht waren. Das muss man einfach sagen. Wenn es so ist, dass Fregatten gebaut werden - wie mir gesagt wurde - und in Hamburg und in Emden mit dem Bau dieser Fregatten Gewinne erzielt werden können, bei dem Bau der gleichen Fregatte bei HDW aber Verlust gemacht wird, dann liegen Managementfehler vor, über die wir ernsthaft nachdenken müssen.
Der Betriebsrat hat Ihnen allen - Herr Kayenburg, das wissen Sie sehr gut, Sie waren auch auf der Werft - gesagt, dass es hier nicht um die Frage der Werftenhilfe geht, sondern tatsächlich um Managemententscheidungen. Ich habe sehr viel darüber nachgedacht, was da eigentlich los ist. Und meine Überzeugung ist, dass in diesem Konzern folgende Situation vorherrscht: Es gibt zum einen den Marineschiffbau, der Milliardenaufträge - ich glaube, sie liegen zurzeit bei 3 Milliarden € - einfährt. Diese Milliardenaufträge verdrehen natürlich jedem Manager die Augen. Das ist so, das ist klar. Das ist auch der Grund, warum ausländische Firmen, wie die OEP aus den USA, bereit sind, in einen solchen Konzern einzusteigen, denn sie hoffen, bei solchen Aufträgen Geld herauszubekommen.
Zum anderen gibt es den zivilen Schiffbau, der in den letzten Jahren häufig Defizite eingefahren hat. Mein Eindruck ist, das gesamte Interesse des Managements und die gesamte Konzentration der Aktivitäten lagen auf dem Marineschiffbau. Dabei ist versäumt worden, zu erkennen, dass der Handelsschiffbau eine ganz wichtige Sparte ist, die durchaus Chancen bietet. Das zeigen die Erfahrungen mit anderen Werften. Ich bin der Überzeugung - und das zeigen auch gut geführte Werften in Deutschland -, dass die deutschen Werften mit einer entsprechenden Spezialisierung, mit einer entsprechenden effizienten Unternehmensorganisation und -struktur, mit modernsten Methoden und mit den modernsten Technologien - Deutschland ist ein Hightechnologieland und der Werftenbau ist heute eine Hightechnologiebranche - in der Lage sind, in
ternational konkurrenzfähige Schiffe zu bauen - auch heute. Das haben Werften auch immer wieder bewiesen, wie die Werften in Flensburg, wie die MeyerWerft in Papenburg oder auch die Tochter von HDW, Nobiskrug. Das ist HDW nicht gelungen. Die Kosten liegen bei HDW teilweise - weil man immer weiter reduziert und riesige Investitionen getätigt hat - beim Doppelten des Weltmarktpreises. Das ist eine Folge davon, dass in diesem Bereich das Management nicht intelligent gehandelt hat. Das, was auf anderen Werften gemacht worden ist, nämlich das Know-how der Belegschaft zu nutzen, um die Werft durchzurationalisieren, die Effektivität zu steigern und die Pläne so zu organisieren, dass tatsächlich Gewinne erwirtschaftet werden können, ist versäumt worden.
Es ist wichtig, dass wir in der Politik, wenn wir Gespräche führen und arbeiten, das mit berücksichtigen. Es gibt eine Reihe von wichtigen Menschen, die im Aufsichtsrat von HDW sitzen. Ich denke an den ehemaligen Chef der Landesbank, der ein sehr kluger Mensch ist. Sie alle müssen darauf hinwirken, dass über genau diese Fragen nachgedacht wird und daraus Konsequenzen gezogen werden. Das muss der erste Schritt sein.
Herr Präsident, es tut mir Leid, dass meine Rede so lang ist. Aber ich musste einige Dinge sagen, die ich ursprünglich nicht geplant hatte.
Ich glaube, es kommt in erster Linie darauf an, die Managementstrukturen bei HDW ins Reine zu bringen. Der Betriebsrat hat völlig Recht, wenn er diesen Punkt in den Vordergrund stellt.
Deswegen haben wir auch einen Antrag gestellt, der deutlich macht, dass wir für die Werftenhilfe sind, dass wir die Werften mit Bürgschaften unterstützen.
Es müssen aber Konzepte vorgelegt werden und es können nicht Defizite weiter unterstützt werden. Man darf nicht hinterher das Land mit einer Bürgschaft beanspruchen, aber die Arbeitsplätze sind verloren. Das kann keine Werftenpolitik sein.