Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es um die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben geht und um die Verwirklichung einer eigenständigen Politik vor Ort, dann haben kleine Kommunen zuweilen ein Problem. Das haben die Kolleginnen und Kollegen zuvor schon gesagt. Weil sie zu wenig Finanzmasse haben, sind sie häufig wenig handlungsfähig. Deshalb ist es erfreulich, dass diese Debatte wieder in Gang kommt.
Bei der Diskussion über die Reform der kommunalen Verwaltungsstrukturen wird immer wieder gern darauf verwiesen, dass die Ämter gestärkt werden können, um eine effizientere und effektivere Verwaltungsstruktur zu sichern. Kommunale Aufgaben sollen auf die Ämter verlagert werden und die Zahl der Kreise soll durch Einbeziehung der kreisfreien Städte auf vier reduziert werden. So lauten einige der jüngsten Vorschläge.
Der SSW glaubt nicht, dass dies der richtige Weg ist. Das gilt vor allem für die Ausweitung der Zuständigkeiten der Ämter. Wir höhlen dadurch die kommunale Demokratie aus, wenn wir zunehmend Kompetenzen auf eine Ebene verlagern, die nicht durch eine unmittelbare Wahl der Bevölkerung legitimiert ist beziehungsweise unterstützt wird.
Wenn es wirklich so ist, dass die amtsangehörigen Gemeinden nicht mehr in der Lage sind, selbst ihre Aufgaben optimal zu erfüllen, dann muss man wirklich die heutige Aufteilung der Gemeinden infrage stellen. Kreise, Städte und Gemeinden müssen bestimmte Bedürfnisse erfüllen und danach müssen sie auch gestaltet werden.
Die Ausweitung der Zahl der Ämter in den letzten Jahrzehnten deutet schon stark darauf hin, dass die Kommunen in Schleswig-Holstein teilweise zu klein
sind. Das lässt sich auch an der Tatsache ablesen, dass wir in Schleswig-Holstein circa 1.100 Gemeinden haben, während unsere dänischen Nachbarn mit doppelt so vielen Einwohnern nur 268 Kommunen haben.
Niemand mit Kenntnis der Verhältnisse in Dänemark wird deswegen behaupten, dass die kommunale Demokratie in Dänemark weniger ausgeprägt ist.
Wir meinen, dass der richtige Weg eine Ausweitung der freiwilligen Zusammenarbeit zwischen den heutigen Gemeinden ist, aber eben nicht, indem sie ihre Kompetenzen abgeben, sondern indem sie von Gemeinde zu Gemeinde stärkere Bande knüpfen. Das kann durch freiwillige Kooperationen in bestimmten Feldern sein - zum Beispiel eine gemeinsame Planungspolitik -, das kann eine Arbeitsteilung bei konkreten Aufgaben sein. Es geht um einen Prozess, an dessen Ende die Fusion zu einer neuen starken Kommune stehen kann.
Die Verschmelzung von Kommunen betrifft sehr viele Aufgaben und ebenso viele Menschen - Politikerinnen und Politiker, Beamte, Angestellte, Bürgerinnen und Bürger. Deshalb geht es gerade nicht von heute auf morgen, sondern es erfordert langfristige Übergangslösungen. Der Innenminister hat in seinem Bericht bereits gesagt, dass nicht von heute auf morgen von oben durchregiert werden soll. Er hat wiederholt betont, dass dies nicht Sinn und Zweck der Überlegungen sei.
Deshalb muss das Ergebnis auch nicht immer eine Zusammenlegung sein. Schon eine verstärkte Zusammenarbeit ist ein wichtiger Schritt hin zu handlungsfähigeren Kommunen. Das Wichtige ist aber, dass damit endlich begonnen wird. Ich verweise wiederum auf das positive Beispiel Fehmarn.
Die enge Zusammenarbeit gibt den Kommunalpolitikern die Möglichkeit, politisch zu gestalten. Sie vermeidet Abstimmungsprobleme über Gemeindegrenzen hinweg. Sie ist die Basis einer leistungsstarken Verwaltungsebene. Sie garantiert einen fairen Wettbewerb zwischen den Kommunen im Land. Gerade eben wurde auf Abstimmungsprobleme hingewiesen, die entstehen, wenn man ein Amt oder eine amtsfreie Kommune zusammenlegt. Ich sage Ihnen aber, auch in größeren Städten gibt es Abstimmungsprobleme und unterschiedliche Sichtweisen in den Gemeinderäten beziehungsweise der Ratsversammlung, wo man sich heftig streitet, je nachdem, aus welchem Bereich man kommt.
Natürlich kommen wir nicht darum herum, dass sich die Begeisterung der Bürgerinnen und Bürger in den kleinen Gemeinden in Grenzen halten wird, wenn es um die Perspektive einer freiwilligen Zusammenlegung mit der Nachbargemeinde geht. Sie identifizieren sich mit ihrer Gemeinde und befürchten, dass sie diese Identität aufgeben müssen, wenn sie mit anderen zusammen gehen. Das dänische Beispiel zeigt nach unserer Ansicht aber deutlich, dass eine lebendige kommunale Demokratie nicht zuerst von der Größe der Gemeinden abhängt, sondern von den Gestaltungsmöglichkeiten der kommunalen Selbstverwaltung. Wenn die Menschen merken, dass ihre Kommunen wieder etwas bewegen können, werden sie auch eine größere Mitverantwortung auf die politische Gestaltung des Zusammenlebens in der Kommune verspüren. Dann wird die Zeit auch die Wunden heilen.
Letztlich gilt aber auch für eine Reform hin zu effektiveren und effizienteren Kommunen, was in der vorangegangenen Debatte über die Gemeindefinanzen gesagt wurde. Wir müssen darauf hoffen, dass sich Bund, Länder und Kommunen in den nächsten Jahren darauf einigen können, die Aufgaben und Finanzen im Sinne einer handlungsstarken kommunalen Selbstverwaltung neu zu verteilen.
Unverständlich ist mir, dass wir in der letzten Landtagstagung einstimmig einen Antrag der FDP-Fraktion verabschiedet haben, in dem es genau um denselben Berichtsantrag ging. Er ist einstimmig verabschiedet worden. Dort wurde festgestellt, dass der schriftliche Bericht des Innenministers im Innen- und Rechtsausschuss beraten werden soll.
- Doch, ich verweise auf den Antrag der FDPFraktion. Das steht auf der Rückseite des Antrags. Auch die CDU-Fraktion hat diesem Antrag zugestimmt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz kurz einige Worte zu den Ausführungen von Herrn Wadephul. Herr Wadephul, erstens: Ich habe im Landkreistag nie von Gebietsreform gesprochen.
Zweitens: Herr Staatssekretär Lorenz hat in Sankelmark nach einem wörtlichen Zitat in der „Landeszei
tung“ von heute gesagt: „Es gibt keine Pläne für eine staatlich verordnete Gebietsreform“. Lesen Sie einfach die Zeitung nach, dann wissen Sie es genau.
Drittens: Irgendwelche Zusammenlegungen von Ämtern, die Sie hier zitieren, sind im Innenministerium nicht geplant.
Viertens: Ich sollte, so habe ich den Antrag der CDUFraktion interpretiert, einen Bericht über die Vorstellungen der Landesregierung geben. Das habe ich getan und mich sehr bewusst bemüht, das mit einfachen und klaren Sätzen zu tun, die von jedermann verstanden werden können und nicht auslegungsfähig sind.
Wenn Sie dann erneut davon reden, Herr Wadephul, ich wolle zwangsweise eine Gebietsreform einführen, dann empfinde ich das als ausgesprochen böswillig.
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zurufe von der CDU: Warum sind Sie denn so aufge- regt?)
- Weil mich das schon ein Stück geärgert hat. Wenn ich aufgefordert werde, einen Bericht abzugeben, dann kann man doch zur Kenntnis nehmen, was ich sage und darauf aufbauen.
Ich freue mich natürlich sehr, dass es durchaus Kräfte gibt, die genau derselben Auffassung sind, nämlich dass man die Verwaltungsstrukturen verbessern muss. Ich darf auf einen Zeitungsartikel verweisen, in dem es heißt: Joachim Behm plädiere für eine Zusammenlegung von Ämtern und er folge damit dem CDUOrtsverbandvorsitzenden Bornhöft. So hat er sich in einer Podiumsdiskussion in Bad Bramstedt geäußert. Ich freue mich, dass es auch solche Positionen bei FDP und CDU gibt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bisher war Herr Kollege Hentschel in dieser Diskussion der Ehrlichste. Er sagt nämlich Gebietsreform und er meint sie auch. Er sagt, Ziel sei die Zusammenlegung von Kreisen, und er wolle nur noch vier Kreise.
Der Kollege Hay, Herr Astrup, bevor Sie sich aufregen: Er sagt Gebietsreform, aber ganz offensichtlich meint er sie wohl nicht, sondern eine Verwaltungsstrukturreform. Der Innenminister allerdings sagt nicht Gebietsreform. Meint er sie denn? Er sagt - so wird er jedenfalls zitiert - Schleswig-Holsteins Kommunen seien nach Ansicht von Innenminister Buß zu klein. Sie seien nicht mehr zeitgemäß und nicht mehr europafähig. Bisher setzte der Minister auf Freiwilligkeit.
Dies soll nur noch für eine Übergangszeit gelten. Verwaltungseinheiten bis 25.000 Einwohnern müssten das Ziel sein. So wird Herr Minister Buß zitiert.
Weiter wird gesagt, Buß kritisiere, dass die kommunale Landschaft - die kommunale Landschaft! - in Schleswig-Holstein zu kleinteilig organisiert sei. Anschließend finden sich auch noch folgende Aussagen von Ihnen, Herr Minister: Schleswig-Holstein sei mit 1.129 Gemeinden sehr kleinteilig organisiert.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Schlie, sagen Sie doch einmal, was Sie davon halten!)
Es gebe 126 Gemeinden mit weniger als 200 Einwohnern - so wird er zitiert! -, immer stärker zeichne sich ab, dass ökonomisch sinnvolle Verwaltungen - das ist wieder gut - in kleinen Gemeinden - was soll das denn? - kaum noch zu finanzieren seien. Mit zunehmender Größe der Verwaltungseinheiten steige auch ihre Leistungsfähigkeit.