Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

ring. Es ist insbesondere auch viel zu gering, um auf dem Arbeitsmarkt voranzukommen. Deshalb ist es so wichtig, die Wachstumskräfte weiter zu stärken, auf Bundesebene mit den erwähnten Reformen und auf Landesebene mit einer konsequenten Politik zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein und zur Unterstützung unseres Mittelstandes.

Unser Bericht beschreibt unsere Strategie und die Maßnahmenfelder:

Erstens. Effiziente Wirtschaftsförderung der kurzen Wege mit intelligenten Finanzierungsinstrumenten und erfolgreicher Existenzgründungsförderung. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Spitzenplätze bei Neugründungen, Lob der Kunden über unsere Förderinstrumente. Ich höre immer wieder, dass unsere Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen in Schleswig-Holstein von den Unternehmen als gut beurteilt wird und teilweise sogar als besser als in benachbarten Ländern.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Modernisierung in der wirtschaftsnahen Infrastruktur, insbesondere durch das Regionalprogramm. Allein im Jahr 2002 haben wir mit einem öffentlichen Fördervolumen von rund 50 Millionen € ein Investitionsvolumen von rund 100 Millionen € bewegt und dies in den strukturschwächeren Bereichen des Landes von Lübeck-Ostholstein über die K.E.R.N.-Region bis hin nach Flensburg, Schleswig, Westküste: Erfolgreiche Maßnahmen, 100 Millionen € Investitionsvolumen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Drittens. Erfolgreiche und wirksame Förderung neuer Technologien in den Schwerpunktbereichen, wie sie in dem Bericht genannt sind. Wir haben 2002 auch hier wieder neue Arbeitsplätze geschaffen, 800 allein durch die direkte Technologieförderung. Unsere Patentverwertung, die wir eingerichtet haben, hat eine gute Zwischenbilanz vorzulegen. Der Schwerpunkt Mikrosystemtechnik in Itzehoe kommt voran mit einer zweiten Chipfabrik, das Stammzellenprojekt in Kiel setzt einen über die Region hinaus erkennbaren Schwerpunkt in einer Zukunftsbranche.

Viertens. Eine Neuausrichtung der Außenwirtschaftsförderung mit stärkerer Fokussierung auf bestimmte Länder und Branchen.

Fünftens. Es kommt hinzu eine erfolgreiche Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Ich komme darauf zurück beim Thema Ausbildungsplätze, denn hier müssen wir noch mehr machen.

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

Sechstens. Zukunftsorientierter Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Wir sind hier auch bei einer Bilanz 2002. Es sind viele Meilensteine begonnen worden: Baubeginn A 20 zweiter Abschnitt, Fortsetzung A 1 Oldenburg-Heiligenhafen, Ortsumgehung Gettorf, Ortsumgehung Groß Wittensee und Klein Wittensee, Trave-Querung, Herrentunnel, im SPNV neue Angebote, HVV-Erweiterungen, die Inbetriebnahme der Strecken Neumünster-Segeberg, die Entscheidung über die Holtenau-Flugplatzerweiterung und so weiter, das sind alles Meilensteine zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in SchleswigHolstein.

(Beifall bei der SPD)

Siebtens. Nicht zuletzt wird genannt die enge Kooperation mit Hamburg. Wir sind ein gemeinsamer Wirtschaftsraum. Das wird immer deutlicher. Wir haben dies mit konkreten Projekten im Jahre 2002 und jetzt schon 2003 deutlich gemacht. Die Zusammenarbeit wird immer besser und die Wirtschaft profitiert davon.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu dieser Sieben-Säulen-Strategie gibt es keine Alternative. Die hier nur stichwortartig vorgetragene Bilanz zeigt: Es ist viel passiert, um den Standort Schleswig-Holstein attraktiver zu machen.

Im Übrigen ist das Special zu unserem Bericht – wir machen in jedem Jahr einen Sonderteil – dem Unternehmensstandort Schleswig-Holstein gewidmet. Wer sich dies anschaut, wird feststellen, dass unser Standort in vielerlei Hinsicht gute Angebotsfaktoren bietet, von der Qualifikationsstruktur über günstige Gewerbeflächen, Kostenstrukturen, kurze Wege, ein gutes Gründerklima, die Nähe zu den Ostseemärkten, die Stärkung in bestimmten Branchen, all dies sind Dinge, auf die wir positiv aufbauen können.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen kein Schönreden der Situation, wir brauchen aber auch keine Miesmacherei. Wir können mit Selbstbewusstsein unseren Kurs der wirtschaftlichen Modernisierung fortsetzen und wir müssen konsequent auf Bundesebene und auf EU-Ebene für bessere Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen kämpfen. Nur dann werden wir auch auf dem Arbeitsmarkt die Lage verbessern können.

Im Jahre 2002 waren – und damit bin ich jetzt beim Arbeitsmarkt – gut 120.000 Menschen in SchleswigHolstein arbeitslos, 4,7 % mehr als 2001 - natürlich viel zu viel. Es tröstet nur wenig, dass die Arbeitslosenquote in Schleswig-Holstein immer noch etwas

niedriger liegt als in vielen anderen Ländern. Die März-Daten, die gerade vorgelegt worden sind, trösten uns ja auch nicht. Die haben zwar eine leichte saisonale Aufwärtsbewegung, aber strukturell haben wir ein deutliches Minus gegenüber dem Vorjahr. Das heißt, hier wird deutlich, dass dieses Jahr auf dem Arbeitsmarkt sehr, sehr schwierig wird.

Die Frage ist natürlich: Was können wir neben der beschriebenen konsequenten auf Wachstum und Standortqualität ausgerichteten Wirtschafts- und Verkehrspolitik tun, um gezielt die Arbeitslosigkeit zu verringern? Diese Frage stellt sich vor dem Hintergrund, dass selbst bei allmählicher konjunktureller Erholung im zweiten Halbjahr des Jahres eine konjunkturbedingte Entspannung auf dem Arbeitsmarkt frühestens Ende 2003 oder 2004 zu erwarten ist.

Die Zeit reicht hier nicht aus, um auf alle wichtigen Punkte einzugehen. Ich kann hier in dem heutigen Bericht auch nicht auf alle Punkte eingehen, um deren Klärung gebeten worden ist. Wir werden das im Wirtschaftsausschuss vertiefen müssen. Ich möchte aber einige Essentials herausgreifen, die auch in den Anträgen teilweise genannt worden sind.

Erstens. Wir müssen es schaffen, allen Jugendlichen einen Ausbildungs- und/oder Arbeitsplatz in Schleswig-Holstein anzubieten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW sowie der Abgeordneten Sylvia Eisenberg [CDU])

Das wird in diesem Jahr verdammt schwierig. Für die Betriebe ist es konjunkturbedingt schwierig, neue Ausbildungsplätze anzubieten. Teilweise haben sie Schwierigkeiten, auch nur die vorhandenen zu halten. Die Zahl der Bewerber steigt. Und bei aller Unterstützung der Hartz-Reform - durch die Umschichtung der finanziellen Mittel der Bundesanstalt für Arbeit droht ein kräftiger Rückgang sowohl bei der Förderung benachteiligter Jugendlicher als auch bei der Förderung von ABM und SAM und bei den Weiterbildungsmaßnahmen durch das Gutscheinsystem und die 70 %-Quote. Ich habe zu diesen Themen den Bundeswirtschaftsminister angeschrieben. Es gibt noch keine definitive Entscheidung. Ich habe den Eindruck, dass zumindest einige Punkte noch einmal überdacht werden.

Ich begrüße ausdrücklich die Entscheidung von Frau Bulmahn, eine kleine Erleichterung dadurch zu schaffen, dass die Ausbildungseignung der Betriebe einfacher durch eine Prüfung durch die Kammern und nicht mehr über ein öffentliches Prüfungssystem fest

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

gestellt werden kann. Das stellt gerade für die kleineren Unternehmen eine Erleichterung dar.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir werden aber auch in Schleswig-Holstein - das ist unser Thema hier - weitere Anstrengungen unternehmen müssen, gerade in diesem Jahr. Wir bereiten deshalb zurzeit eine Ausbildungsoffensive vor, indem wir zusätzliche Maßnahmen - teilweise aus ASH und teilweise aus anderen Bereichen finanziert - ergreifen, um zumindest die Effekte, die durch die Arbeitsmarktverwaltung eintreten, teilweise zu kompensieren, um unsere eigenen Ausbildungsleistungen im öffentlichen Bereich zu stabilisieren und um es den Unternehmen durch weitere professionelle Aquisiteure in einer schwierigen Lage zu erleichtern, mehr Ausbildungsplätze anbieten zu können.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Zweitens sind wir natürlich dabei, unser ASHProgramm zu überprüfen. Einige Ihrer Fragen, insbesondere in dem Antrag der CDU, zielen auf die Ausgestaltung der Arbeitsmarktpolitik. Es ist eine Anpassung des ASH-Programms sowohl wegen der Veränderungen auf Bundesebene als auch aufgrund der Zielsetzung - das ist mein dezidiertes Ziel -, dass wir unsere Arbeitsmarktpolitik auf den ersten Arbeitsmarkt ausrichten wollen, erforderlich.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich habe gesagt, dass ich zu diesem Programm, das in diesem Jahr überprüft werden soll - Herr Garg - und nicht vorher, auch mit Blick auf die EU, im Mai dazu einen Vorschlag unterbreiten werde.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Dieses Arbeitsmarktprogramm ist im Übrigen ein erfolgreiches Arbeitsmarktprogramm, das sich auch im Ländervergleich sehen lassen kann. Eine Überprüfung macht man nicht in Monatsabständen, sondern zu einem sinnvollen Zeitpunkt. Wir können gern im Ausschuss noch einmal über die Frage reden, wann ein solcher Zeitpunkt ist.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Im Niedriglohnbereich kann es im Jahr 2003 - auch das ist eines der Fragenkomplexe - eine Entlastung geben. Ich nenne das Stichwort Minijobs. Hinzu kommt - das ist noch viel wichtiger, wie

ich meine -, dass zurzeit beim Thema Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe über die Frage diskutiert wird, welche Anreizsysteme, aber auch welche Sanktionsmöglichkeiten bei dem Übergang von Sozial- und Arbeitslosenhilfe in den Arbeitsmarkt geschaffen werden sollen. Hierzu gibt es Vorschläge - wie ich meine: gute Vorschlage - in der Arbeitsgruppe, die dazu eingerichtet worden ist.

Von den sieben Spiegelstrichen des CDU-Antrages habe ich einige angesprochen. Und damit habe ich - glaube ich - auch einige Punkte des Ergänzungsantrages von Ihnen bereits angesprochen. Weiteres werden wir vertiefen müssen.

Zu den sieben Spiegelstrichen des CDU-Antrages möchte ich noch Folgendes bemerken: Ich stimme einigen dieser Punkte durchaus zu. Ich habe allerdings auch bei einigen dieser Punkte das Gefühl, dass sie mit etwas heißer Nadel genäht worden sind. Appelle an die Finanzinstitute sind schön und gut. Ich meine, das machen wir gemeinsam seit Jahren. Man kann das natürlich in einen Landtagsantrag noch einmal hineinschreiben, das schadet nicht. Aber ob das ein Essential der Arbeitsmarktpolitik ist, lassen wir mal dahingestellt.

Über die Ursachen der Insolvenz in eine tief greifende Analyse einzutreten - ich bin immer für eine Analyse, aber ich denke, wir sind uns darin einig, woran die Insolvenzen zurzeit liegen. Ich habe in meinem Mittelstandspapier und in anderem Zusammenhang auch immer wieder gesagt, wo ich die Probleme sehe. Wir sollten uns nicht mit Analysen aufhalten, sondern wir sollten über Konsequenzen reden.

Herr Minister, ich darf Sie bitten, langsam zum Schluss zu kommen.

Ja, ich komme jetzt zum Schluss, Frau Präsidentin.

Zum Thema Kündigungsschutz muss ich Ihnen nicht sagen, dass sich Schleswig-Holstein hier für eine Öffnung eingesetzt hat.

In Sachen Effizienzprüfung sage ich: Ja. Aber bitte schreiben Sie nicht einfach so locker, wir sollen die BSH auflösen. Die BSH ist keine Landeseinrichtung, sie ist eine privatwirtschaftliche GmbH, die das Land gar nicht auflösen kann. Es besteht ein Vertrag mit der BSH, der muss immer wieder nach einer gewissen Laufzeit überprüft werden. Wenn wir über Effizienz

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

reden, können wir das machen, aber nicht einfach so locker schreiben, was wir gar nicht machen können.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es bleibt dabei: Die Landesregierung wird ihren Reformkurs im Land fortsetzen. Wir werden auf Bundesebene alles dafür tun, damit auch dort die Dinge in unserem Sinne geschehen. Es bleibt insgesamt dabei: Schleswig-Holstein ist und bleibt ein attraktiver Wirtschafts- und Lebensstandort, den wir uns von niemandem zerreden lassen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)