Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Zu nennen ist auch das Plädoyer für eine bessere hochschulartenübergreifende Kooperation. Solche Hinweise sind zwar nicht neu. Aber wir können das Tempo bei der Umsetzung derselben durchaus ein wenig beschleunigen. Über die konkreten Einzelheiten, zum Beispiel was die Vorschläge zum Bereich Landbau und Agrarwissenschaft angeht, werden wir uns unterhalten müssen. Aber der Weg ist meines Erachtens richtig beschrieben.

(Günter Neugebauer [SPD]: Der Weg ist er- gebnisoffen, Herr Kollege!)

- Da sind schon wieder die lokalen Töne. Darauf gehe ich jetzt nicht ein, Herr Kollege Neugebauer.

Das gilt auch für die Vorschläge der Kommission, auf so genannte konsekutive Studiengänge, also auf Bachelor- und Masterabschlüsse umzustellen.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Konzentration und Aufmerksamkeit.

Herzlichen Dank, Herr Präsident.

Ob wir einen externen Hochschulrat SchleswigHolstein quasi als Dauerevolutionseinrichtung benötigen oder nicht, darüber werden wir sicherlich noch

(Jürgen Weber)

diskutieren müssen. Ob und wie wir die Leitungsstrukturen auf Hochschul- und Fachbereichsebene stärken können, wird auch noch Gegenstand von zu führenden Diskussionen sein.

An einer Änderung des Hochschulgesetzes - auch das ist sinnvoll und vernünftig - werden wir sicherlich nicht vorbeikommen. Ich betone aber ausdrücklich: Schnellere Entscheidungen sind kein Widerspruch zu Demokratie und Mitbestimmung an den Hochschulen.

Völlig unabweisbar ist, dass der Vorschlag der Kommission, einen Hochschulvertrag zu schließen, der nicht nur die Strukturveränderungen, sondern auch die planungssichere Finanzierung der Hochschulen verbindlich festschreibt, ein zentraler Punkt, sozusagen eine Conditio sine qua non ist. Ohne das wird es nicht gehen. Ich hoffe, dass wir im Parlament hinsichtlich dieser Frage Einvernehmen erzielen werden.

Ich habe das an mehreren Stellen öffentlich gesagt und ich bin froh, dass der neue Finanzminister diese Haltung unterstreicht. Wenn sich das Land und die Hochschulen gemeinsam auf den Weg der Strukturanpassungen machen wollen, dann müssen künftig die tariflichen Personalkostensteigerungen der Hochschulen vom Land übernommen werden. Daran führt meines Erachtens kein Weg vorbei. Deswegen begrüßt die SPD-Fraktion in diesem Zusammenhang, dass durch den Nachtragshaushalt eine kurzfristige Finanzhilfe für die Hochschulen in Höhe von 2,5 Millionen € vorgesehen ist.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist ein wichtiger und richtiger Fingerzeig für die Arbeit in diesem Jahr.

Ich möchte noch etwas zu konkreten Punkten, die einzelnen Hochschulen betreffend, sagen. Ich will jedoch, da wir gerade über Finanzen geredet haben, an dieser Stelle nicht vergessen zu sagen, dass ein Punkt aus den Vorschlägen der Erichsen-Kommission für uns in dieser Legislaturperiode nicht diskutierbar ist. Die SPD-Fraktion ist aus sehr gutem Grund - das haben wir oft genug deutlich gemacht - gegen Studiengebühren. Wir werden von dieser Position in dieser Legislaturperiode auch nicht abrücken.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun noch wenige Worte zu einigen konkreten Vorschlägen. Die Vorschläge zum Bereich Humanmedizin, die im Kommissionsbericht gemacht werden, können nicht wirklich überraschen. Der Vorschlag, den Landeszuschuss zu verringern und auch die Zahl der Studienplätze sowohl in Kiel als auch in Lübeck

zu reduzieren, durfte erwartet werden und dürfte weitestgehend unumstritten sein. Dass wir - Kollege Klug, auch da bin ich bei Ihnen - noch stärkere Anstrengungen unternehmen müssen, dass die Mittel, die für Forschung und Lehre gedacht sind, auch dafür ausgegeben werden, das ist, glaube ich, auch unstreitig.

Eine Medizinerausbildung an zwei Standorten - so viel wird man sagen können - dürfte mit diesem Bericht wohl festgeklopft sein. Ich will das an dieser Stelle gar nicht bewerten. Umso mehr müssen jetzt alle Anstrengungen unternommen werden, mit ganz konkreten Schritten so schnell wie möglich mehr Effizienz und mehr Aufgabenteilung im Bereich Hochschulmedizin auf den Weg zu bringen.

Ein weiterer Vorschlag ist, die Realschullehrerausbildung in Flensburg zu konzentrieren und die Universität Flensburg im Wesentlichen auf pädagogische und lehrerausbildende Studiengänge zu beschränken. Ich halte diesen Vorschlag für schlüssig. Ob das auch für die Verlagerung des Heilpädagogischen Instituts und die Kieler Diplompädagogik gilt, darüber wird man noch im Detail reden müssen. Da besteht sicherlich noch Gesprächsbedarf.

Die Vorschläge, das gesamte Bauwesen an einem Ort zu konzentrieren, halte ich im Kern auch für schlüssig.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann aber nach Eckernförde!)

Das in Lübeck zu tun, ist - ich will einmal sagen - zumindest begründbar.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. - Mich persönlich - das muss ich sagen - schmerzt besonders der vorgeschlagene Einschnitt bei der Muthesius-Hochschule. Aber ich gebe zu, das kann nicht allein der Maßstab für Entscheidungen sein.

Man muss an dieser Stelle auch einmal selbstkritisch anmerken - das will ich abschließend sagen -, dass durch die Diskussionen und ständig wechselnden Modelle, was das Bauwesen angeht, den Lehrenden und Studierenden in Kiel, Eckernförde und Lübeck in den letzten Jahren doch einiges zugemutet worden ist.

(Beifall im ganzen Haus)

Deswegen muss das, was wir jetzt beschließen, über längere Zeit Bestand haben. Das gilt nicht nur für den

(Jürgen Weber)

Bereich Bauwesen, sondern für alle Strukturveränderungen im Hochschulbereich. Wir werden konstruktiv daran mitarbeiten. Ich hoffe, dass das für alle Fraktionen des Hauses gilt. Ich bin da relativ optimistisch und freue mich auf die weitere Beratung.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und vereinzelt bei der FDP)

Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten de Jager.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich auch im Namen der CDULandtagsfraktion bei den Mitgliedern der Expertenkommission und bei dessen Leiter, Herrn Professor Erichsen, für die vorgelegten Empfehlungen zur Entwicklung der Hochschulen in Schleswig-Holstein bedanken.

(Beifall bei CDU, SPD und SSW)

Ich glaube, dass selten ein so systematischer Überblick über die Hochschullandschaft in SchleswigHolstein vorgelegen hat. Bislang hat es eigentlich noch nie Änderungsvorschläge in einer so umfassenden und aufeinander abgestimmten Form gegeben. Unabhängig davon, ob man jeden einzelnen Vorschlag trägt, kann man das zu Beginn einer solchen Diskussion feststellen.

Ich möchte den Dank allerdings ausdrücklich auf die Rektorinnen und Rektoren der Hochschulen in Schleswig-Holstein erweitern, die schließlich zu Beginn des vergangenen Jahres die Initiative zu dieser Kommission ergriffen haben. Erst in letzter Minute ist die Landesregierung auf diesen Zug aufgesprungen. Es war damals die Vorstellung der Rektorenkonferenz, dass die Kommission das leisten sollte, was die Landesregierung eigentlich seit 1991 verschleppt: Die Fortschreibung des Landeshochschulplans, beziehungsweise einen Masterplan für die Weiterentwicklung der Hochschulen vorzulegen. Dieser Masterplan ist nun von Professor Erichsen vorgelegt worden. Dafür sind wir ihm dankbar.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

Was ist nun das Ergebnis? Eine Landesregierung, die so sehr in das Mittel der externen Evaluation verliebt ist wie diese, sah nun auf einmal ihre eigene Hochschulpolitik einer externen Evaluation ausgesetzt. Die Diagnose: Schleswig-Holsteins Hochschulen sind in dramatischer Weise unterfinanziert. In der Hochschulstrukturentwicklung fehlt bislang eine landes

weite Steuerung. Das ist eine traurige Bilanz nach 15 Jahren SPD-Verantwortung für die Hochschulen in Schleswig-Holstein.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang zwei Zahlen nennen. Es wurden weitere genannt, ich möchte mich aber auf diese beschränken, weil sie für unser Verhältnis zu unserem Nachbarbundesland Hamburg interessant sind. Abgesehen von der Hochschulmedizin gibt das Land Schleswig-Holstein 88 € pro Einwohner für seine Hochschulen aus. Das ist ein Drittel dessen, was unser Nachbar Hamburg für seine Hochschulen ausgibt, nämlich 242 € pro Einwohner.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Hinsichtlich der vielfach beschworenen Zusammenarbeit zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg kann ich derzeit nicht erkennen, dass wir auf gleicher Augenhöhe in eine solche Kooperation gehen. Daher müssen bei uns die Alarmglocken läuten.

(Beifall bei der CDU)

Frau Erdsiek-Rave hat sich dagegen verwahrt, dass wir über ausgesprochene vernichtende Urteile sprechen. Insofern möchte ich sagen, der Landesregierung wurde ein weiteres Mal ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt, denn bereits im vergangenen Jahr war es so, dass der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft festgestellt hat, dass das schleswigholsteinische Hochschulgesetz im bundesweiten Vergleich eines der rückständigsten und restriktivsten dieser Republik ist, obwohl es erst drei Jahre alt ist. Deshalb lautet unsere Forderung: Wir dürfen die Diskussion in den kommenden Wochen und Monaten nicht allein auf die Verschiebung von Studiengängen reduzieren, sondern wir müssen sie zu einem umfassenden Modernisierungsschub für die äußere und innere Entwicklung unserer Hochschulen nutzen. Deshalb brauchen wir nicht nur eine Neufassung des Landeshochschulplans, sondern auch eine Änderung des Hochschulgesetzes. Nachdem Herr Weber sich so eindeutig positioniert hat, füge ich hinzu, wir brauchen auch eine grundlegende Diskussion über die Hochschulfinanzierung in diesem Land.

(Beifall bei der CDU)

Dazu gehört auch, dass wir den Einstieg in eine ernsthafte Diskussion über die Einführung von Studiengebühren hier in Schleswig-Holstein schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist nichts, was man am Rande einer solchen Diskussion in zwei oder drei Stichworten sagt, aber es ist ein Thema, in dessen Diskussion wir nach klaren

(Jost de Jager)

Kriterien einsteigen müssen. Wir können dies auf Dauer nicht immer wieder vor uns herschieben, wenn wir - wie bereits besprochen - zu einem Modernisierungsschub für Schleswig-Holstein kommen wollen. Wir fordern die Landesregierung auf und sind froh, dass es auch angekündigt wurde, sehr schnell einen Landeshochschulplan vorzulegen. Wir sind bereit, konstruktiv an den notwendigen Änderungen mitzuarbeiten, die erfolgen müssen, wenn es dadurch zu einer echten Verbesserung der Situation in diesem Lande kommt. Natürlich wird es bei der weiteren Diskussion um die Empfehlungen der ErichsenKommission auch um regionale Ansprüche gehen. Das ist schon jetzt der Presse zu entnehmen. Es wäre verwunderlich, wenn es nicht so wäre. Ich hoffe aber, dass es uns gelingen wird, die weiteren Erörterungen in erster Linie nach sachbezogenen Überlegungen zu führen, und zwar unter der Fragestellung, was für eine Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein am besten ist, und was der Weiterentwicklung der Kompetenzbereiche und der so genannten Zentren wissenschaftlicher Excellenz am meisten dient.