Protokoll der Sitzung vom 04.04.2003

(Holger Astrup [SPD]: Das stimmte damals noch!)

Es ist doch schön, dass die vorhandenen Zweifel schon ein Jahr später ausgeräumt waren und mit der Einführung begonnen wurde.

(Beifall bei der FDP)

Auch die Einführung der Mehrländer-Staatsanwaltschaft-Automation (MESTA), die das alte System GAST abgelöst hat, bewerten wir positiv. Die Übernahme der Rechtsreferendare ins Angestelltenverhältnis mit den dazu gekürzten Bezügen ist allerdings kein Erfolg, eher das Gegenteil. Viele Referendare können ihren Lebensunterhalt nur mit Unterstützung ihrer Familien oder mit Nebenjobs bestreiten. Darunter leidet letztlich die Qualität ihrer Ausbildung.

Meine Damen und Herren, bis 2004 soll ein weiterer Teil der noch vorhandenen 27 Amtsgerichte geschlossen werden. Dabei wird zu beachten sein, ob die Schließungen gerechtfertigt sind und auch zu den gewünschten Effekten führen. Wir werden das sehr kritisch beobachten.

Kommen wir zum Bereich des Innenministers. Aufgrund der miserablen Haushaltslage war der Innenminister gezwungen, in Kooperation mit der damaligen Landwirtschaftsministerin die Wasserschutzpolizei mit der Fischereiaufsicht zusammenzulegen. Diese Maßnahme haben wir unterstützt.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dadurch wurden letztlich Investitionskosten in Höhe von zirka 3,5 Millionen € eingespart.

Sorgen bereitet uns die weitere Zusammenlegung von Polizeibehörden. Nach der Reform I und der Reform II, die sich mit der Straffung der örtlichen Ebene und mit der Schaffung von Zentralstationen und Stationen beschäftigt hat, stehen nun die Ebenen des Ministeriums, der Direktionen und der Inspektionen auf dem Prüfstand. Insbesondere die Tatsache, dass der Digitalfunk noch nicht eingeführt ist, kann bei der Zusammenlegung der Polizeidirektionen zu Sicher

heitslücken führen. Ein schlüssiges Konzept scheint uns noch nicht vorzuliegen.

(Beifall bei der FDP)

An vielen Stellen wurden wir in der Antwort der Landesregierung über Erfolge der neuen Kommunikationstechniken informiert. Leider hat der Bericht nicht die Katastrophe INPOL-neu erwähnt. Mittlerweile scheint zwar hier eine abgespeckte Lösung zu funktionieren, was aber ist mit den Investitionen in die mangelhafte erste Lösung von INPOL-neu? Wie hoch sind diese Kosten, wer ist dafür verantwortlich und kann möglicherweise in Regress genommen werden?

Ein weiteres Thema im Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums ist der Bereich Gebietsreform. Die Kollegin Heinold hat in ihrer Pressemitteilung erneut darauf hingewiesen, dass eine Gebietsreform das erklärte Ziel der Grünen sei. Auch die Ministerpräsidentin hat in ihrer Presseerklärung vom 25. März darauf hingewiesen, dass ein bedeutender Teil der Kommunen mit ihrer Verwaltung die Herausforderung Europas alleine nicht bewältigen könne. Dies gelte in vergleichbarer Weise auch für die Kreisebene. Hier sollen doch ganz offensichtlich die Öffentlichkeit und die Kommunen auf entsprechende Veränderungen vorbereitet werden.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die FDP will, dass alles so bleibt wie es ist!)

Hier muss erst einmal Butter bei die Fische, damit wir wissen, wohin der Zug gehen soll.

Die FDP ist für Verwaltungsreformen, die aus Überzeugung und Einsicht in Notwendigkeiten von den Betroffenen vorgenommen werden. Eine von der Landesregierung mit mittelbarem oder unmittelbarem Druck verordnete Gebietsreform, zum Beispiel über die Finanzausstattung, lehnen wir ab.

(Beifall bei der FDP)

Die Ämter arbeiten auch bei der heutigen, teilweise kleinteiligen Struktur gut und kostengünstig für die Bürgerinnen und Bürger, wie der Gemeindetag kürzlich festgestellt hat. Probleme bestehen allerdings bei den Ämtern durch häufige Übertragungen von Aufgaben von den ehrenamtlich verwalteten Gemeinden auf die Ämter. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Amtsausschüsse hierfür nicht ausreichend demokratisch legitimiert seien. Die Gemeinden müssen im Eigeninteresse darauf achten, dass sich diese Entwicklung nicht fortsetzt, und ihren

(Günther Hildebrand)

von der Gemeindeordnung eingeräumten Spielraum ausschöpfen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Nun zum Umweltministerium. Was haben eigentlich BingoLotto oder die Schaffung der Oberflächenwasserentnahmeabgabe in einer Großen Anfrage zur Verwaltungsreform zu suchen?

(Beifall bei der FDP - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Ein- nahmestruktur! Es geht immer um Einnah- men und Ausgaben! Auch um Einnahmen, Herr Kollege!)

Immerhin beinhalten fünf der elf Seiten des Umweltministeriums nur diese beiden Punkte. Das nenne ich Schwerpunktbildung! Dabei freue ich mich immer wieder, wenn besonders von den Regierungsfraktionen darauf hingewiesen wird, dass die Einnahmen aus dieser Oberflächenwasserentnahmeabgabe mittlerweile bei fast 38 Millionen € liegen. Der Großteil davon wird von den in Schleswig-Holstein gelegenen Kernkraftwerken gezahlt. Eigentlich müsste doch RotGrün ein vitales Interesse am Weiterbestehen dieser Kernkraftwerke haben. Oder wird, nachdem das letzte schleswig-holsteinische Kernkraftwerk vom Netz gegangen ist, möglicherweise eine Windbenutzungssteuer eingeführt?

Meine Damen und Herren, in der Pressemitteilung der Ministerpräsidentin der vorigen Woche steht auch etwas zur Umweltverwaltung. So soll innerhalb des so genannten Zehn-Jahres-Pakts mit den Kommunen auch eine Übertragung von Aufgaben im Umwelt- und Naturschutz auf die Kommunen zukommen. Wir als FDP-Fraktion haben vor etwas mehr als einem Jahr die Abschaffung der Staatlichen Umweltämter und die Aufteilung der Aufgaben zum einen auf die Kommunen und zum anderen Teil auf das Ministerium gefordert.

(Zurufe von der FDP: Das ist abgelehnt wor- den!)

Wir freuen uns, dass der Umweltminister offensichtlich seinen Widerstand aufgegeben hat und dass es nun zu vernünftigen Lösungen kommt.

(Beifall bei der FDP - Klaus Schlie [CDU]: Schau’n wir mal!)

- Genau. - Meine Damen und Herren, wir begrüßen das Pilotprojekt „Geld statt Stellen“ der Landesregierung. Mit diesem Projekt erhalten die Schulen ein Instrument, mit dem differenziert und flexibel auf die jeweilige Unterrichtssituation reagiert werden kann.

Die FDP-Fraktion hat eine solche Maßnahme schon seit langem gefordert. Nun wird sie umgesetzt, wenn auch sehr spät. Leider haben das unsere Kinder mit vermeidbarem Unterrichtsausfall bezahlt.

Wir sind auch dankbar dafür, dass die Landesregierung endlich die FDP-Forderung übernommen hat, Gesetze, Verordnungen und Erlasse mit einem Verfallsdatum zu versehen.

(Beifall bei der FDP)

Konsequent wäre es allerdings, wenn die Landesregierung uns auch bei der Öffnung von Standards oder, wie der Gemeindetag es nennt, bei der Befreiung von Vorgaben folgen würde.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP-Fraktion wird die weitere Diskussion und die Durchführung von Verwaltungsstrukturreformen konstruktiv begleiten. Wir mahnen aber ein Mehr an Entscheidungskraft und vor allen Dingen ein höheres Tempo an. Schleswig-Holstein kann es sich nicht leisten, dass überfällige und erforderliche Reformen nicht angepackt oder auf die lange Bank geschoben werden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Verwaltungsstrukturreform und Modernisierung der öffentlichen Verwaltung ist ein Dauerbrenner auch in unseren eigenen Debatten. Angesichts der katastrophalen Finanzlage der öffentlichen Hand gibt es die bei vielen Medien, bei uns und bei der Bevölkerung weit verbreitete Haltung, dass gerade bei der Anzahl der Beschäftigten des Landes und der Kommunen ein großes Einsparpotenzial vorhanden ist. Die Stichworte, die dabei oft fallen, sind Abbau der Bürokratie und Rückbau des Staates, um die freigesetzten Ressourcen für die wirtschaftliche Entwicklung zu nutzen. Wie viel Staat können wir uns noch leisten, ist dabei oft der Tenor.

So weit die Theorie. Leider ist die Praxis anders und komplexer, als so mancher sich das vorstellt.

Von daher begrüßt der SSW ausdrücklich die Große Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu den Ergebnissen der Verwaltungsstrukturreform in den

(Silke Hinrichsen)

Jahren 1996 bis 2002. Das gibt dem Landtag die Gelegenheit,

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

sich weiter vertieft mit dieser Problematik auseinander zu setzen. Die übergeordneten Ziele der Verwaltungsreformen sind neben dem finanziellen Einsparpotenzial auch eine effiziente, transparente und bürgernahe Verwaltung für die Bürgerinnen und Bürger im Land.

Doch über eines muss man sich im Klaren sein: Die meisten Dienstleistungen, die unsere Verwaltungen anbieten, sind gesetzlich vorgeschrieben oder auch überwiegend von der Bevölkerung erwünscht. Das wird bei der oben genannten öffentlichen Diskussion häufig vergessen; denn wenn es drauf ankommt, dann wünschen sich die Menschen doch einen fürsorglichen Staat, der sie unterstützt.

Aber richtig bleibt es dennoch, dass diese notwendigen Dienstleistungen des Staates durch eine moderne und effiziente Verwaltung erbracht werden. In diesem Sinne hat der SSW auch in den vergangenen Jahren die Bestrebungen der Landesregierung bei diesem Modernisierungsprozess des Landes unterstützt. Wir haben dabei aber immer auf die Bedeutung der Bürgernähe der Verwaltung hingewiesen und auch darauf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Prozess mit eingebunden sein müssen. Ansonsten ist es nämlich nicht möglich, vernünftige Ergebnisse zu erzielen.

Diese beiden zentralen Punkte haben wir mit dem Satz „die Verwaltungsstrukturreform des Landes muss regional und sozial ausgewogen sein" beschrieben.

Dass das in der Vergangenheit nicht immer der Fall war, ergibt sich nicht unbedingt aus dieser Großen Anfrage, aber wurde durch unseren Bericht über den Abbau der öffentlichen Arbeitsplätze in SchleswigHolstein aus dem Jahr 2001 unterstrichen. Der Landesteil Schleswig war dabei überproportional vom Arbeitsplatzabbau betroffen. Deshalb bleiben wir bei unserer Position, dass man bei der zukünftigen Strukturreform auch regionale und soziale Aspekte berücksichtigen muss.

(Beifall beim SSW)

Dies haben die Kolleginnen und Kollegen im Innen- und Rechtsausschuss mit unterstützt. Das gilt insbesondere auch hinsichtlich des von der Landesregierung am 25. März vorgeschlagenen Maßnahmenkatalogs zur Weiterführung der Verwaltungsstrukturreformen.

Aber das ist streng genommen hier und heute nicht das Thema. Heute beschäftigen wir uns mit dem Erreichten. Dabei ist der Bericht so ausführlich und weitgefächert, dass es mir sehr schwer fällt, in der begrenzten Redezeit auf alle Bereiche seriös einzugehen. Aber dafür haben wir in allen Ausschüssen noch Zeit.