Protokoll der Sitzung vom 18.06.2003

Hier kann ich nur sagen und um Unterstützung bitten: Das ist nicht schlank, nicht effektiv, nicht vernünftig. Darum ist diese Vereinbarung leider durch den Landkreistag an der Stelle geplatzt. Wasser- und Bodenverbände sowie Bauernverband waren alle mit im Boot. Das Umweltministerium auch. Eine dritte Ebene einzuziehen, kann meines Erachtens nicht im Interesse der hier herrschenden Akteure sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Herr Hildebrand, Sie singen hier immer das Lied von den StUAs, ALRs, LGA und wen Sie alles abschaffen und aufgeben wollen. Sprechen Sie einmal mit Herrn Driftmann und sprechen Sie einmal mit dem Bauern

verband zum Thema ALR und mit den Wasser- und Bodenverbänden über die Erfahrungen mit den StUAs. Hier geht es um qualifizierte Beratung für die handelnden Akteure vor Ort. Sie sind damit sehr zufrieden. Die Landesregierung hat zwei Dinge beschlossen und das wird dieses Kabinett auch klar durchziehen. Wir haben uns zum Thema Funktionalreform positioniert. Darüber hinaus hat das Kabinett gesagt: Angesichts der schwierigen Haushaltslage - das unterstreiche ich ausdrücklich - muss man sich die Frage stellen, ob nicht Ämter zusammengelegt werden müssen. Das ist ein Punkt, der nie schön für den einzelnen Mitarbeiter und die einzelne Mitarbeiterin ist. Aber in bestimmten Situationen sind Entscheidungen nötig und diese Landesregierung wird das nach dem nötigen Vorlauf auch tun.

Herr Minister, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Todsen-Reese?

Ja, das tue ich.

Frau Todsen-Reese, Sie haben das Wort.

Herr Minister, könnten Sie bitte noch einmal erklären, was Sie mit der dritten Ebene meinen angesichts der Tatsache, dass die Kreise eine Zuständigkeit als untere Wasserbehörde haben und sie jetzt eine neue Einheit geschaffen haben im Rahmen der Gebietseinheiten, wofür die Wasser- und Bodenverbände die Federführung haben? Ich würde gern wissen, was Sie mit „dritter Ebene“ meinen.

Das sage ich Ihnen ganz schnell und präzise, wir können das später noch individuell weiterdiskutieren. Unser Vorschlag lautet 34 Bearbeitungsgebiete. In den 34 Bearbeitungsgebieten sitzen Naturschutz, Bauernverband, Fischer, Angler und natürlich die Kreise. Die diskutieren den Sachstand, die Bestandsaufnahme, die Prioritäten, die Maßnahmen konsensual. Die werden, wenn sie im Konsens sind, an uns durchgeleitet, damit wir zum Beispiel das Geld bewilligen können. Das ist eine vernünftige Struktur.

(Zurufe von der CDU)

(Minister Klaus Müller)

Hier gab es die Bedingung, die Ergebnisse, obwohl in den Bearbeitungsgebieten die Kreise mit eingeladen sind, noch einmal quer durch die Kreise zu leiten und dann von den Kreisen erst ans Umweltministerium.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Die sind doch sowieso zuständig!)

Damit ist niemand in seinen Zuständigkeiten beschnitten worden, sondern hier sollte ein zweistufiges Verfahren in ein dreistufiges Verfahren umgeleitet werden. Das ist meines Erachtens weder effizient noch sinnvoll gewesen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was wird uns in Zukunft beschäftigen? Die Zielvorgaben der Wasserrahmenrichtlinie stellen Schleswig-Holstein nicht vor unlösbare, aber vor große Probleme. Bezüglich des chemischen Zustands der Gewässer sind wir ziemlich gut. Sie bereiten uns kaum Kopfzerbrechen. Hier wurde in der Vergangenheit durch den Ausbau von Kläranlagen, übrigens finanziert durch den Wasserpfennig, Vorbildliches geleistet. Aber wir haben Aufgaben bei den diffusen Einträgen. Wir werden unsere Landwirtschaft weiter modernisieren, weiter vorantreiben müssen, sodass wir hier nachher nicht reparieren müssen, was nachher unser aller Geld kostet.

Unsere größte Aufgabe ist die Umgestaltung der Gewässer hin in einen ökologischen Zustand. Wasserbauliche Sünden der Vergangenheit werden korrigiert werden müssen, als die Gewässer lediglich bloße Abflussrinnen waren, links Beton, rechts Beton und meistens noch ein Deckel oben drauf. Die Gewässer müssen ihren natürlichen Charakter zurückerhalten. Es muss Lebensraum geschaffen werden für die Pflanzen und für die Tiere, aber auch für uns Menschen im Sinne von mehr Lebensqualität. Das ist der Kernpunkt der Wasserrahmenrichtlinie.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir schaffen mehr Lebensqualität für ein schöneres Schleswig-Holstein, für uns, für zukünftige Generationen. Wenn meine Tochter hoffentlich irgendwann einmal volljährig ist, dann wird Schleswig-Holstein auch durch die Wasserrahmenrichtlinie ein ganzes Stück schöner sein als heute.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir treten in die Abstimmung ein. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/2755 abstimmen und darf fragen, ob Einzelabstimmung beantragt ist.

(Zuruf: Nein!)

- Also keine Einzelabstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU. Damit können wir in die Gesamtabstimmung des Einzelantrages der CDU auf der Drucksache 15/2755 eintreten. Ich frage, wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU seine Zustimmung geben will. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf der Drucksache 15/2755 mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von CDU und FDP abgelehnt.

Ich lasse nunmehr über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 15/2286, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung insgesamt abstimmen. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 15/2286, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der FDP beschlossen worden. Der Gesetzentwurf ist somit angenommen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/2694

Zur Begründung erteile ich Herrn Innenminister Buß das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung legt dem Landtag einen Gesetzentwurf zur ersatzlosen Abschaffung des Fehlbelegungsgesetzes vor. Es macht aus unserer Sicht einfach keinen Sinn mehr, eine Abgabe zu erheben, deren Nettoertrag immer kleiner wird. Wenn am Ende

(Minister Klaus Buß)

fast die Hälfte für Verwaltungskosten ausgegeben werden muss, dann erfüllt das Gesetz seinen ursprünglichen Sinn nicht mehr.

Einige Zahlen machen das sehr anschaulich. Zwischen 1992 und 2002 gingen rund 83 Millionen € an Fehlbelegungsabgabe ein. Nach Abzug der Verwaltungskosten und von Zahlungen an Dritte konnten rund 50 Millionen € zweckgebunden für die soziale Wohnraumförderung wieder eingesetzt werden. Ich denke, das ist eine stolze Zahl.

Seit Beginn der Erhebung hat sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und den Verwaltungskosten tendenziell verschlechtert. Nach Schätzungen der Investitionsbank können voraussichtlich schon im nächsten Jahr keine größeren Nettoerträge mehr erwirtschaftet werden. Die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe ist aber nur dann verfassungsgemäß, wenn das Verhältnis zwischen Verwaltungsaufwand und Ertrag angemessen ist. Überschreiten die Verwaltungskosten einen durchschnittlichen Anteil von 10 bis 15 %, ist das Verhältnis nicht mehr angemessen. Im Jahr 2002 lag der Verwaltungskostenanteil in Schleswig-Holstein bei rund 44 %.

Die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe wurde immer wieder kritisiert, sie vertreibe finanziell besser gestellte Mieterinnen und Mieter aus den geförderten Wohnungen und sorge für eine soziale Entmischung. Die Landesregierung hat dennoch in der Vergangenheit an der Fehlbelegungsabgabe festgehalten, da die mit der Abgabe erzielten Nettoerträge wieder für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt werden konnten.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Was hat nun zum Rückgang der Netterträge geführt? - Im Wesentlichen sind dies drei Dinge: Gebietsfreistellungen, weniger Leistungspflichtige aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation und Auslaufen der Bindungen für Sozialwohnungen. Die nach dem Kostenmietrecht geförderten Wohnungen sind ein Auslaufmodell, da das Land im öffentlich geförderten Wohnungsbau seit 1997 auf die vereinbarte Förderung umgestellt hat. Hierbei wird eine am Markt orientierte und zu dynamisierende Sozialmiete erhoben, ohne dass eine Fehlbelegungsabgabe notwendig ist. Der Verzicht auf die Ausgleichszahlungserhebung belastet nicht den Landeshaushalt, denn die Einnahmen aus der Erhebung der Ausgleichszahlungen sind für die soziale Wohnraumförderung zweckgebunden. Haushaltssanierung kann mit ihnen mithin nicht betrieben werden.

Die Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein wird nach dem Wegfall der Fehlbelegungsabgabe nicht leiden, denn für die Finanzierung müssen bis auf

weiteres keine Landeszuschüsse bereitgestellt werden, weil das Geld aus der Zweckrücklage Wohnraumförderung bei der Investitionsbank kommt. Als einheitlicher Ausstiegstermin für die Zahlung der Fehlbelegungsabgabe wurde im Entwurf der 31. Oktober 2004 festgelegt. Nach dem Gesetz würden sonst automatisch neue Leistungszeiträume beginnen. Der Termin garantiert neben der gebotenen Verwaltungsvereinfachung auch die Rechtssicherheit für alle Betroffenen.

Ganz nebenbei, meine Damen und Herren, tritt ein sicherlich kleiner, aber nicht unwichtiger volkswirtschaftlicher Effekt ein: Mieterinnen und Mieter von derzeit rund 10.000 Sozialwohnungen haben künftig mehr Geld im Portemonnaie, für den privaten Konsum. Das - so denke ich - ist in der jetzigen schwierigen Zeit durchaus auch ein Punkt, der mit erwähnt werden sollte.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich eröffne die Grundsatzberatung. Das Wort hat Frau Abgeordnete Schwalm.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Willkommen im Club, Herr Minister, sage ich Ihnen, nachdem Sie hier und heute den Gesetzentwurf zur Abschaffung der so genannten Fehlbelegungsabgabe eingebracht haben. Dieser Gesetzentwurf ist richtig und längst überfällig. Vor circa zwei Jahren, am 1. Juli 2001, haben wir hier - genau genommen nicht hier, sondern im alten Plenarsaal - einen Antrag meiner Fraktion beraten, die Fehlbelegungsabgabe einzustampfen.

(Werner Kalinka [CDU]: Doch was hat die Regierung damals gesagt?)

Ohne Erfolg. Schon damals war zu erkennen, dass sich die Schere zwischen Aufwand und Ertrag weiter öffnet. Schon damals lag es auf der Hand, dass immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen würden. Weniger Wohnungen, weniger Fehlbelegungsabgabe bei steigenden Verwaltungskosten!

Die Fehlbelegungsabgabe hat sich im Laufe der Jahre zu einem großen Ärgernis für viele Menschen in unserem Land entwickelt. 1992 haben wir die Einführung einvernehmlich beschlossen. Die Kosten haben sich entgegen der damaligen Ankündigung nicht entscheidend verändert. Viele Versuche sind unternom

(Monika Schwalm)

men worden und sind immer wieder gescheitert. Wenn jetzt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1988 umgesetzt wird, ist das nur folgerichtig. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass eine Herausnahme von Fehlbelegern aus der Abgabepflicht in Bezug auf den Gleichheitsgrundsatz Bestand haben kann, wenn der erforderliche Verwaltungsaufwand in einem unangemessenen Verhältnis zum erwarteten Ertrag der Abgabe steht. Das ist der Fall. Sie haben es selber ausgeführt. Aber auch schon 2002 wäre die Situation eingetreten und 2001 auch.

Wir haben einen Verwaltungskostenanteil von über 40 %. Der Anteil der zahlungspflichtigen Mieter ist im Laufe der Jahre kontinuierlich zurückgegangen. Waren es bei der Einführung 1992 noch 25 %, so sind es jetzt nur noch 15 %. Dieser Anteil wird weiter sinken. Die wirtschaftliche Lage und die hohe Arbeitslosigkeit sind die Ursachen dafür. Auch die Möglichkeit der Freistellung von der Fehlbelegungsabgabe wurde von Kommunen und Wohnungsunternehmen genutzt und hat so zu der Entwicklung beigetragen.

Circa 10.000 Haushalte in unserem Land zahlen zurzeit noch Fehlbelegungsabgabe. Sie haben ab November des nächsten Jahres mehr Geld in der Tasche und wir hoffen alle, dass sie das nicht ins Sparschwein stecken, sondern in den Konsum.