Herr Kubicki, was gerade im Bundesrat geschehen ist, die Blockade eines großen Teils der Subventionsstreichungen durch die Union mit der verqueren Behauptung, es handele sich um Steuererhöhungen, war ein Trauerspiel. So etwas darf nie wieder passieren.
Drittens. Wir brauchen eine grundlegende Reform des Bildungssystems. PISA und IGLU haben klipp und klar deutlich gemacht, was getan werden muss. Wenn im gesamten ersten Drittel der PISA-Rangliste weltweit kein einziges Land vorkommt, das sich ein so teures und ineffizientes dreigliedriges Schulsystem leistet wie wir, ist es mir unbegreiflich, wenn hier im Land immer noch von vielen Seiten erzählt wird, darüber dürfe man überhaupt nicht reden.
Herr de Jager, bringen Sie bitte schön den Landrat Sager in Ostholstein zur Vernunft. Wo sind wir denn eigentlich, wenn Kinder in Schleswig-Holstein in Containern sitzen müssen, weil ein verbohrter Landrat gegen den Elternwillen Schulkampf auf dem Rücken von Kindern austrägt.
Alle Experten sagen uns, dass Autonomie der Schulen, Förderung der Kinder statt Sitzenbleiben, aber auch konsequente externe Evaluierung der Schulen die Schlüssel für eine gute Schule sind. Deswegen frage ich mich: Warum gibt es immer noch so viele Widerstände? Am Geld liegt es nicht. Ein gutes Schulsystem zu haben, ist ohne zusätzliche Kosten möglich. Finnland hat es uns vorgemacht. Frau Eisenberg, ich bitte Sie, hören Sie auf, im Lande herumzulaufen und zu erzählen, das 4-MilliardenProgramm des Bundes - 4 Milliarden! - für Ganztagsschulen sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein und man bräuchte 20 % mehr Lehrer, damit es umgesetzt werden kann. So machen Sie jede Reform kaputt.
Das tun wir auch, gerade in der Frage der Evaluierung. Und wir müssen bereit sein, das Schulsystem der Zukunft gemeinsam durchzufechten. Dazu lade ich Sie ein.
Viertens. Meine Fraktion ist bereit zu einer grundlegenden Novellierung des Kita-Gesetzes. Das jetzige System ist aus dem Ruder gelaufen.
Unsere Große Anfrage zeigt extreme Unterschiede in den Angeboten im Lande. - Das ist kein Vorwurf, das ist eine Beschreibung von Realitäten. Unter dem jetzigen System haben übrigens die Kreise genauso zu leiden wie das Land, Herr Kalinka. Wir wollen das System auf eine transparente, kindbezogene Förderung mit Anreizen für familiengerechte Öffnungszeiten umstellen. Dafür sind wir bereit, die vorhandenen Mittel und einen Aufwuchs, der die nötige Flexibilität sichert, in den kommunalen Finanzausgleich zu geben und mit den Kommunen Vereinbarungen über die Qualität der pädagogischen Arbeit und Betreuung abzuschließen.
Natürlich haben wir in der Koalition darüber geredet, ob es nicht einfacher wäre, eine solche Strukturveränderung nach der Wahl zu machen. Das wäre bequemer gewesen. Denn bei solchen Strukturänderungen hat man immer mit Protesten zu rechnen. Aber wir haben entschieden, es jetzt zu machen, denn wir sind überzeugt, dass unser Handeln von den Wählerinnen und Wählern letztlich belohnt wird und dass Blockadehaltungen bestraft werden.
Fünftens. Wir wollen die Reform der Hochschullandschaft auf der Basis des Erichsen-Gutachtens schnell umsetzen. Das führt natürlich auch vor Ort jetzt schon zu Protesten. Das wissen wir. Die heftigsten Kämpfe um Besitztümer sind an den Universitätsklinika und den Medizinischen Fakultäten zu erwarten, wo drastisch abgebaut werden soll. Ich habe deshalb mit Neugier gelesen, was Herr Carstensen am 28. März dazu sagte:
Was heißt das denn, Herr Kayenburg? Stimmt es, dass der geplante Landtagsantrag Ihrer Fraktion am Lokalpatriotismus einiger Abgeordneter bereits gescheitert ist? Sind Sie bereit, auch unangenehme Punkte vor Ort mitzutragen? Ich hätte mir gewünscht, dass Herr Kayenburg vor seiner Rede zumindest einmal gelesen hätte, welches Konzept die Bildungsministerin vorgestellt hat, anstatt etwas zu bekämpfen, selber keinen Vorschlag zu machen und sich darüber zu beklagen, dass andere etwas aufgeschrieben haben. Oder werden Sie von der Union vor Ort allen versprechen, nach der Wahl werde alles besser, und zur Blockade der Strukturreformen ermuntern?
Sechstens. Wir brauchen eine Fokussierung der Wirtschafts- und Strukturförderung auf Maßnahmen, die geeignet ist, ökologisch und ökonomisch nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen. Herr Kayenburg, Ihr ewiges Gejammer hilft uns nicht. Ihr ehemaliger Parteifreund Ludwig Erhard - vielleicht haben Sie da noch eine Erinnerung - sagte einmal:
In Nummer zwei des CDU-Kuriers ist Herr Carstensen abgebildet, wie er in Husum in eine Windmühle kriecht und von 6.000 neuen Arbeitsplätzen
schwärmt. Sie als Fraktion agieren hier im Landtag lautstark gegen die Windkraft. Lassen Sie das sein, das ist unglaubwürdig.
An dieser Stelle kann ich mir auch nicht verkneifen, einen Kollegen unserer Koalitionspartnerfraktion anzusprechen - ich gucke gerade, wo er ist -, Herrn Plüschau. Lieber Kollege Plüschau, glauben Sie wirklich, dass Sie mit dieser populistischen Truppe dort drüben die Probleme des Landes lösen? - Ich nicht.
Tatsache ist Folgendes. Schleswig-Holstein ist, allen Unkenrufen von Herrn Kubicki zum Trotz, ein guter Standort: gut ausgebildete Fachleute, geringe Arbeitskosten, ein hoher Freizeitwert, die niedrigste Gewerbesteuer im Bundesgebiet, die meisten Internetnutzer bundesweit, ein Spitzenplatz bei Existenzgründungen und ein kreativer innovativer Wirtschaftsminister und ein Umwelt- und Landwirtschaftsminister, die beide Wert darauf legen, der Wirtschaft den besten Service der Republik zu bieten.
Trotzdem müssen wir die Instrumente überprüfen. Viele Fördermaßnahmen sind immer noch ohne Effekte für die Wirtschaft, weil vor Ort deshalb Förderprogramme angenommen werden, weil man nun mal die Förderung bekommt. Ich begrüße, dass im Rahmen der Föderalismusdebatte darüber geredet wird, die Mischfinanzierung zurückzufahren und damit den Ländern mehr Freiheit beim Einsatz der Mittel zu geben. Dazu gehört auch, dass wir Ernst machen mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung. Umweltpolitik ist effiziente Wirtschaftspolitik, nicht nur weil sie enorme Kosten spart. Nur effiziente, ressourcensparende und umweltfreundliche Produkte und Technologien werden in Zukunft eine Chance auf den Märkten haben. Die Aufzählung, die die Ministerpräsidentin gemacht hat, welche Technologiezweige zurzeit führend sind, macht das auch exemplarisch deutlich.
Siebtens. Wir brauchen eine Neuausrichtung der Agrarpolitik. Am 29. April forderte doch tatsächlich Herr Carstensen in den „Kieler Nachrichten“ weniger Bürokratie. Recht hat er. Auf 15 Bauern in Schleswig-Holstein kommt immer noch ein Angestellter in der Agrarverwaltung. Wo aber war die CDU, als wir Bürokratie abgebaut haben? Bei der Reduzierung der
Kammerzuschüsse, bei der Zusammenlegung des Ministeriums, haben Sie da geklatscht? Da sind Sie landesweit in Protestgeheul ausgebrochen.
Zugleich kritisiert Herr C. die Pläne von EU-Kommissar Fischler, Subventionen mehr an Qualitätskriterien zu messen. Meister Harry, wer im Jahre 2 nach BSE immer noch nicht begriffen hat, dass Qualität und Naturverträglichkeit die Zukunftsgarantie der Landwirtschaft sind, wer immer noch denen nach dem Mund redet, deren Schlachtruf „Masse statt Klasse“ ist, der hat nichts begriffen.
Bei so viel Gestrigkeit fällt mir Karl Valentin ein. Er sagte einmal: „Die Zukunft war früher auch besser.“ So nicht, Herr Carstensen. Wir brauchen eine konsequente Neuausrichtung der Agrarpolitik hin zu Effizienz, hin zu Qualität, hin zu Ökologie, damit die Zukunft unseres ländlichen Raumes gesichert ist.