Protocol of the Session on July 14, 2000

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Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche allen einen schönen Morgen, ich wünsche allen einen guten Tag. Ich eröffne die heutige Sitzung. Bevor ich Tagesordnungspunkt 37 aufrufe, möchte ich auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer der Walther-LehmkuhlBerufsschule Neumünster sowie der Beruflichen Schulen am Ravensberg, Kiel, begrüßen.

(Beifall)

Genauso ein herzliches Willkommen Herrn Jürgen Koppelin, dem Landesvorsitzenden der F.D.P. und Parlamentarischen Geschäftsführer.

(Beifall)

Wir treten in die Beratung von Tagesordnungspunkt 37 ein:

Finanzsituation der kommunalen Gebietskörperschaften

Landtagsbeschluss vom 11. Mai 2000 Drucksache 15/93

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/200

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Buß das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Bericht hat die Landesregierung den Bericht der Finanzsituation der kommunalen Gebietskörperschaften vom 12. Januar 2000 aktualisiert und um die Daten der Gemeinden des kreisangehörigen Bereichs ergänzt, wie es gewünscht war. Damit kommt die Landesregierung dem Landtagsbeschluss vom 11. Mai 2000 nach.

Die wesentlichen Daten, insbesondere die Daten zum freien Finanzspielraum, beruhen auf Angaben der Kommunen. Lassen Sie mich die wesentlichen Ergebnisse des Berichts wie folgt zusammenfassen!

Erstens. Die schleswig-holsteinischen Kommunen haben die erheblichen Belastungen der neunziger Jahre wie die finanziellen Lasten der deutschen Einheit, die Rezession 1993 sowie den deutlichen Rückgang der Einnahmen aus den Gemeinschaftssteuern 1996 zufrieden stellend bewältigt und ihre finanzielle Handlungsfähigkeit bewahrt.

Zweitens. Das ist zu einem erheblichen Teil auf die großen Konsolidierungsanstrengungen der Kommunen,

zu denen auch die Veräußerung von Vermögen gehört, und die frühzeitig mit Unterstützung des Landes begonnene Verwaltungsmodernisierung zurückzuführen.

(Vereinzelter Beifall)

Aber auch die Zunahme der Einnahmen der Kommunen aus kommunalem Finanzausgleich und Steuern von rund 266 Millionen DM 1998 und rund 88 Millionen 1999 haben dazu beigetragen.

Drittens. Nachdem sich der freie Finanzspielraum der Kommunen in den Jahren 1996 und 1997 insgesamt merklich verengt hat, hat er in den Jahren 1998 und 1999 deutlich zugenommen. Er ist von rund 369 Millionen DM oder 134 DM pro Einwohner 1997 auf rund 546 Millionen DM oder 197 DM pro Einwohner 1999 angestiegen.

Viertens. Die schleswig-holsteinischen Kommunen tragen nach denen des Landes Baden-Württemberg mit 1.961 DM pro Einwohner Ende 1998 die niedrigsten Schulden pro Einwohner der Kommunen der alten Flächenländer; das sind 2.319 DM pro Einwohner.

Fünftens. Die Zinsausgabenquote der schleswigholsteinischen Kommunen liegt Ende 1999 mit rund 3,1 % deutlich unter dem Durchschnitt der Kommunen der alten Flächenländer von 3,8 %.

Sechstens. Die gewogenen Durchschnittshebesätze für die Realsteuern in Schleswig-Holstein liegen 1998 unter dem Bundesdurchschnitt.

Siebentens. Nicht übersehen werden darf, dass sich die Finanz- und Haushaltssituation der einzelnen Kommunen sehr unterschiedlich darstellt. So wiesen 1999 79 Kommunen Fehlbeträge aus, während 305 Kommunen schuldenfrei waren.

Achtens. Auch wenn die Kommunen nach ihren Planungen, bei denen sie dem Vorsichtsprinzip Rechnung tragen, für 2000 einen erheblichen Rückgang ihres freien Finanzspielraumes annehmen, ist im Hinblick auf den erwarteten Zuwachs bei den Einnahmen der Kommunen aus kommunalem Finanzausgleich und Steuern von 154 Millionen DM mit einer wesentlichen Anspannung der Finanz- und Haushaltssituation im Jahr 2000 nicht zu rechnen.

Neuntens. Die kommunale Finanzpolitik wird infolge des Steuersenkungsgesetzes auch in den nächsten Jahren unter Konsolidierungsdruck und Sparzwängen stehen.

(Minister Klaus Buß)

Zehntens. Das Steuersenkungsgesetz verbessert aber die Chancen für ein höheres Wachstum der Wirtschaft und einen weiteren Abbau der Arbeitslosigkeit in Deutschland und damit die Chancen für bessere Einnahmen auch der Kommunen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ab dem Jahr 2002 werden die Kommunen wieder mit deutlichen Zunahmen bei ihren Einnahmen aus kommunalem Finanzausgleich und Steuern rechnen können.

Damit werden die Aussagen des Berichts vom 12. Januar des Jahres bestätigt. Die Finanzlage der Kommunen hat sich in den letzten Jahren entspannt und ist insgesamt zufrieden stellend. Das gilt umso mehr im Vergleich zu den Kommunen der anderen Flächenländer.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor ich für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Klaus Schlie das Wort erteile, möchte ich bekannt geben, dass nach Mitteilung der Fraktionen folgende Abgeordnete wegen Erkrankung fehlen: Abgeordneter Dr. Trutz Graf Kerssenbrock, Abgeordnete Anna Schlosser-Keichel und Abgeordneter Rainer Wiegard. Wir wünschen allen von dieser Stelle aus eine baldige Genesung.

(Beifall)

Nun Herr Abgeordneter Klaus Schlie, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich bin davon überzeugt, dass der erweiterte Finanzbericht für die Arbeit, die wir vor uns haben, von großem Wert ist. Es ist schon notwendig gewesen, dass wir über das hinaus, was uns im Januar in der letzten Legislaturperiode vorlag, jetzt auch den kreisangehörigen Bereich in dieser Form erfasst haben.

Die Definition der freien Finanzspitze war für uns gemeinsam die Grundlage, um zu sagen, dass wir irgendwo eine Vergleichbarkeit herstellen können, wenngleich wir wissen - das ist bei den Beratungen im Sonderausschuss deutlich geworden -, dass die Vergleichbarkeit nach wie vor problematisch bleibt, weil wir in den einzelnen Kommunen selbstverständlich sehr unterschiedliche Einzelbereiche haben, die nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar sind.

Das Problem des geringen Aussagewertes der Zahlen ist in dem Bericht der Landesregierung angesprochen worden. Die Ausgaben sind nur in einem sehr begrenzten Rahmen miteinander vergleichbar. Und wegen des unterschiedlichen Umfangs der Aufgaben gilt dies noch mehr für einen Vergleich der Einnahmen der verschiedenen Gruppen der kommunalen Gebietskörperschaften. Es ist mir besonders wichtig, darauf hinzuweisen, weil ich glaube, dass die Schlussfolgerungen, die möglicherweise am Ende der Beratungen in der Enquetekommission daraus gezogen werden, mit diesem „Vorsichtsvermerk“ versehen werden müssen. Es muss gesehen werden, dass wir hier nur sehr schwer Vergleiche anstellen können.

Auch wenn das Merkmal Verschuldung aus den vorgenannten Gründen in seiner Aussagefähigkeit eingeschränkt ist, gibt es doch einen wesentlichen Hinweis für die Zukunftsbelastung der Haushalte der Kommunen durch Zins- und Tilgungsleistungen, schreiben Sie in Ihrem Bericht. Ich glaube, auch das ist ein ganz wichtiger Punkt, weil wir als Land die Verpflichtung haben zu schauen, wie die Finanzentwicklung der Kommunen mit seinen Ausgabenbereichen in Zukunft sein wird, vor allen Dingen vor dem Hintergrund der Belastungen, denen die Kommunen durch die Beschlüsse der Bundesregierung ausgesetzt sein werden.

Die Bestimmungsfaktoren der öffentlichen Haushalte sind in diesem Bericht sehr eingehend dargestellt worden. Ich erspare mir, das im Einzelnen zu wiederholen. Wichtig scheint mir, darauf hinzuweisen, dass das - Herr Minister, das haben Sie eben dankenswerterweise auch noch einmal gesagt - zaghafte Wiederansteigen der freien Finanzspielräume zumindest in einigen Teilbereichen darauf zurückzuführen ist, dass die Kommunen selbst Konsolidierungsbemühungen unternommen haben. Ich glaube, das sollte uns als Landespolitiker vor Augen führen, dass wir es honorieren müssen, wenn die Kommunen selbst - egal ob in der Gemeinde, in der Stadt oder im Kreis - solche Anstrengungen unternehmen, und wir sie dafür nicht irgendwann einmal bestrafen dürfen, dass sie ihren Haushalt vernünftig und wirtschaftlich aufgestellt haben. Wir als Landespolitiker müssen das honorieren.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Die Verschuldungssituation der Kommunen ist ebenfalls sehr dezidiert dargestellt. Aber auch dort ist der Aussagewert nicht immer von absoluter Wahrhaftigkeit, weil wir zu Recht - wie auch hier im Bericht dargestellt wird - inzwischen berücksichtigen müssen, dass es viele Aufgaben gibt, die outgesourct worden sind. Deshalb kann die Vergleichbarkeit oftmals

(Klaus Schlie)

nicht mehr hergestellt werden. Aber ich denke, auch hieraus sollten wir keine falschen Schlussfolgerungen ziehen. Es war ein Wille des Landtages insgesamt, aber auch der Landesregierung, dass aus dem öffentlichen Bereich Ausgaben verlagert werden. Ich erinnere an die Enquetekommission zur Effizienz der öffentlichen Verwaltung. Wenn jetzt im kommunalen Bereich tatsächlich erreicht worden ist, dass Aufgaben verlagert worden sind, können wir daraus nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass sich die Haushaltssituation der Kommunen in einer mittelfristigen Perspektive positiv darstellt und eventuell die Einnahmesituation etwas schlechter geworden ist. Das ist zwar eine Schlussfolgerung, aber wir müssen natürlich auch sehen, dass das ein politischer Weg war, den wir gemeinsam gehen wollten.

Die Finanzsituation der Kommunen ist auch in der Weise beschrieben worden, dass gesagt worden ist: Wir haben immerhin noch relativ niedrige Hebesätze. Das ist richtig. Aber auch das ist ein Standortvorteil, der dem Land insgesamt nutzt.

Ich möchte noch ganz kurz auf zwei Teilgruppen von Gemeinden eingehen. Die erste Teilgruppe der Gemeinden bis 999 Einwohner weist die geringste Verschuldung und den höchsten Finanzspielraum auf. Ich glaube, das ist ein Beleg dafür, dass in kleinen politischen Einheiten vernünftig gewirtschaftet wird. Es gibt auch andere Gründe, die mit den Aufgaben zusammenhängen. Aber ich glaube, das ist auch für die politische Zielperspektive, für die Kommunalpolitik in Schleswig-Holstein, wichtig festzustellen. Dass die zweite Teilgruppe der Gemeinden zwischen 5.000 und 9.999 Einwohnern den geringsten Finanzspielraum und die höchsten Schulden hat, ist letztendlich darauf zurückzuführen, dass hier von engagierten Kommunalpolitikerinnen und -politikern die Aufgaben, die für die Bürgerinnen und Bürger dort in einem umfangreicheren Maße erfüllt werden müssen, trotzdem erfüllt worden sind.

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Meine letzte Bemerkung zu den Kreisen! Die Verschuldungssituation der Kreise - auch das sagt der Bericht aus - ist nach wie vor außerordentlich angespannt. Sie hat sich aber - auch durch das Maßnahmepaket, das wir in der letzten Legislaturperiode beschlossen haben - in der Tendenz etwas entspannt. Aber Hauptfaktor für die Kreise ist nach wie vor, dass die Konsolidierung, die dort eingetreten ist, letztendlich durch die verantwortliche Kommunalpolitik der Kreise selber entstanden ist. Herr Kollege Eichstädt, ich erinnere an die Beschlüsse, die wir im lauenburgischen Kreistag gefasst haben. Dort wurde in einem

perspektivischen Stellenplan immerhin eine Einsparung von 34 Stellen beschlossen. Ich würde mir wünschen, dass wir auch im Land Schleswig-Holstein ähnlich wie in der Kommunalpolitik so einen mutigen Weg gehen, um die öffentlichen Haushalte und den Landeshaushalt konsolidieren zu können.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die SPD-Landtagsfraktion danke ich dem Herrn Innenminister für den ergänzenden Bericht und die Darstellung der wesentlichen Ergebnisse. Der Berichtsantrag stammt ja von der CDU-Fraktion, die sich gern als Anwalt der Kommunen bezeichnet.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Ist sie auch! - Klaus Schlie [CDU]: Zutreffend, Herr Kolle- ge!)