Trotzdem bleibt mehr als ein fader Nachgeschmack: Welchen Sinn machen Ausschussberatungen, wenn sie im Ergebnis ohne jede Auswirkung auf die Entscheidungsfindung der parlamentarischen Mehrheiten sind? Wie wollen wir gemeinsam mit den Kreisen, Städten und Gemeinden weiterhin eine offene Debatte führen, wenn die Mehrheit die Offenheit der Landesverbände nur dazu nutzt, diese in die Pfanne zu hauen?
- Entschuldigung, Sie waren entweder nicht in der Lage oder einfach nur zu feige, den Kommunen den konkreten Kürzungsbetrag zu nennen. Das überlassen Sie der Landesregierung.
- Ich bin sofort fertig. - Ihren großen Vorsatz, die Rechte des Parlaments gegenüber der Regierung zu stärken und sich nicht auf Vorgaben zu verlassen, haben Sie - wie so oft in der Vergangenheit - auch dieses Mal über Bord geworfen.
Da bleibt als Letztes nur noch, den sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen alles Gute und viel Glück bei der Aufstellung des Landeshaushaltes zu wünschen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Sonderausschuss „Kommunale Finanzen“ hatte sich für eine relativ kurze Zeit viel vorgenommen. Wir wollten drei Themenkomplexe bearbeiten: die Kommunalverfassung, die Funktionalreform und die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen.
Zu einer Beratung der Kommunalverfassung und der Funktionalreform sind wir im Sonderausschuss leider gar nicht erst gekommen; wir hatten Mühe, uns durch die Vorlagen der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen durchzuarbeiten. Ich bedauere vor allem, dass das Thema „Änderung der Kommunalver
fassung“ erst einmal geschoben wird. Ich hoffe sehr, dass es mit der Überweisung an die Enquetekommission nicht auf die lange Bank geschoben wird. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN würden gern schnell zu einer Änderung der Kommunalverfassung kommen. Die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker warten darauf, dass es unter anderem eine Stärkung der Kompetenzen der Hauptausschüsse gibt. Der Vertreter der CDU hat hier noch einmal auf das Ehrenamt hingewiesen. Im Ausschuss schien das alles anders. Da meinte der Vertreter der CDU nämlich, man könnte sich ganz zum Schluss der Beratungen der Enquetekommission über die Kommunalverfassung unterhalten. Darüber werden wir mit Sicherheit diskutieren müssen.
Darüber hinaus wollen wir aber auch im Rahmen der Kommunalverfassung die Gleichstellungsbeauftragten endlich arbeitsrechtlich absichern. Auch dies ist nichts Neues und bietet genug Diskussionsstoff.
Auch die Funktionalreform darf nicht auf die lange Bank in der Enquetekommission geschoben werden. Sie muss schnell weiter angepackt werden. Erste Schritte sind ja getan. Mit unserem rot-grünen Antrag fordern wir die Landesregierung deshalb auf, uns neue Vorschläge zu machen.
Da wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt haben, dass das Konsensprinzip aufgehoben wird, hat die Landesregierung nun mehr Möglichkeiten, die Vorschläge umzusetzen. Das heißt nicht, dass eine Überstimmung mit allen drei kommunalen Landesverbänden nicht angestrebt wird, es heißt aber, dass auch gegen den Willen eines Landesverbandes gehandelt werden kann, und ich bin gespannt, wie sich die Opposition dann positionieren wird, wenn wir Funktionalreformen durchführen und Sie wahrscheinlich wieder den einen Landesverband, der nicht mitmacht, vertreten.
Für den dritten Themenbereich, die Überprüfung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen, haben uns Finanz- und Innenministerium in einem großen Kraftakt sehr viele Unterlagen zur Verfügung gestellt. Auch von mir noch einmal ein herzlicher Dank dafür. Das Ganze ist hier ja schon gewürdigt worden. So konnten wir im Ausschuss qualifiziert und ausführlich beraten. Dabei schwebte über der Diskussion immer das Damoklesschwert der ungeheuren Sparleistungen, die uns die verfassungsgerechte Erstellung des Landeshaushaltes 2001 abverlangt. In
einer solchen Situation müssen zumindest die regierungstragenden Fraktionen vor allem die großen Ausgabeblöcke im Landeshaushalt infrage stellen. Das sind nun einmal die Förderprogramme, aber auch Zuschüsse, Zuweisungen und der Finanzausgleich an die Kommunen, die insgesamt 27 % der Nettoausgaben des Landes ausmachen.
Die Diskussion im Ausschuss hat ergeben, dass wir übereinstimmend festgestellt haben, dass ein Vergleich mit den anderen Bundesländern kaum möglich ist, da die Aufgaben- und Ausgabenverteilungen zwischen den Kommunen und dem jeweiligen Land sehr unterschiedlich sind. Der Bund betrachtet Kommunen und Länder als Einheit, sodass die Länder erheblichen Gestaltungsspielraum haben. Das ist auch richtig, aber es verhindert natürlich einen Bundesvergleich, welches Land seine Kommunen am großzügigsten oder schlechtesten behandelt.
Dass Schleswig-Holstein seine Kommunen nicht ganz knapp hält, lässt sich - wenn überhaupt - allein aus dem Schuldenvergleich der Kommunen ableiten. Die Kommunen in Schleswig-Holstein liegen hinsichtlich der Höhe ihrer Verschuldung - zum Glück - fast an letzter Stelle. Da die Kommunen in den letzten Jahren aber viele Aufgaben ausgegliedert und somit Schulden verlagert haben, taugt auch dieser Vergleich nur bedingt.
Außerdem haben wir festgestellt, dass der Vergleich, ob es dem Land oder seinen Kommunen besser geht, nicht durch eine einfache Rechenformel zu bewältigen ist. Die Aufgabenstellung ist zu unterschiedlich, freie Finanzspielräume der Kommunen beziehungsweise freiwillige Leistungen des Landes kann man nicht ohne weiteres miteinander vergleichen. Die Diskussion gestern über den Länderfinanzausgleich hat gezeigt, dass dieser Vergleich auch zwischen Bund und Ländern so nicht einfach möglich ist.
Fazit ist deshalb, dass die Entscheidung über die Höhe der Zuweisungen, Zuschüsse und des Finanzausgleichs genauso eine politische Entscheidung ist wie die über die Höhe des Bildungshaushaltes oder der Förderprogramme des Landes. Wichtig ist der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN festzustellen, dass sowohl die Ausgaben des Landes als auch die Ausgaben der Kommunen den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes gleichermaßen zugute kommen. So ist es beispielsweise „Frauen in Not“ egal, ob die Kommunen oder das Land das Frauenhaus finanzieren; Hauptsache, es gibt dieses Angebot. Deshalb ist die Entscheidung nicht die, wer Geld ausgeben darf, sondern die, auf Landes- und auf kommunaler Ebene -
Deshalb liegt die Aufgabe darin zu definieren, wer die Aufgaben durchführen soll und welcher Betrag dafür zur Verfügung steht.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich dabei immer für eine starke Selbstverwaltung mit Entscheidungskompetenzen für die Kommunen ausgesprochen, aber wir stehen auch - das sage ich sehr deutlich - zu landesweiten Standards, vor allem im ökologischen und im sozialen Bereich.
Dafür werden wir gewählt und an dieser Stelle - das sage ich genauso deutlich - streiten wir uns auch gern mit Landräten, Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen, welche andere politische Prioritäten setzen wollen. Eine Landesregierung, die ein politisches Profil hat, erntet natürlich auch Kritik. Die Bürgerinnen und Bürger haben aber alle fünf Jahre die Möglichkeit, sich eine neue Landesregierung zu wählen. Bis dahin treten wir für unsere auch im Wahlkampf versprochenen Ziele ein und dazu gehört unter anderem, dass wir mehr in Bildung investieren, dass für uns Kindertagesstätten einen Bildungs- und Erziehungsauftrag haben und deshalb auch landesweite Standards gelten müssen und dass wir im Umwelt- und Naturschutz eindeutig Anwalt der ökologischen Belange sind, bei allem Verständnis dafür, dass dies möglichst in Kooperation mit der Wirtschaft und der betroffenen Bevölkerung geschehen soll.
Wir nehmen die Belange der Kommunen auf eine angemessene Ausstattung ernst, aber wir stehen auch zu unseren landespolitischen Zielen und scheuen die Auseinandersetzung mit den kommunalen Landesverbänden nicht.
Die kommunalen Landesverbände haben sich im Sonderausschuss konstruktiv in die Diskussion eingebracht. Auch ihre Papiere, die sie als Reaktion auf die Entscheidungen des Sonderausschusses herausgegeben haben, enthalten sehr interessante Aspekte. So formuliert der Gemeindetag, dass er es bedauere, dass der Sonderausschuss nicht den Mut gefunden habe, dass in den Fällen, in denen die Bürger durch steuerliche Maßnahmen entlastet würden, Einnahmeausfälle des Staates dazu führen, dass Leistungen für den Bürger entweder ganz oder vorübergehend reduziert werden müssen. Hier wünsche ich mir manchmal deutlichere
Worte von der CDU und der F.D.P., die auf Bundesebene so vehement für größere Steuerentlastungen eintreten und denen vor Ort der Mut fehlt, dies zu konkretisieren.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Lothar Hay [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])
Der Gemeindetag befürwortet in diesem Sinne eine radikalere Überprüfung aller Förderprogramme des Landes, um die notwendige Haushaltskonsolidierung zu erreichen. Da ist der Gemeindetag deutlich weiter als CDU und F.D.P., die die Steuererleichterungen nicht in Verbindung mit den Förderprogrammen diskutieren.
Der Städteverband nennt das Argument, dass der Landeshaushalt trotz Steuerreform um 1,4 % steigt. Seine Forderung, nun die Ausgabenpolitik der Einnahmenentwicklung anzupassen, ist natürlich richtig. Wir tun genau das, aber wir haben Zwänge, denen wir nicht entkommen können. Das sind die großen Blöcke an Ausgaben, die ohne unser Zutun steigen, wie zum Beispiel die Pensionskosten, die Zinsausgaben, Wohngeld, Schülerbeförderungskosten und anderes.
Dann haben wir den Bildungshaushalt, der steigen muss, weil steigende Schülerzahlen das erfordern. Wir haben den großen Block der Bundes- und EU-MittelKofinanzierung, wo die CDU bei jeder Mark schreit, die wir nicht kofinanzieren, und wo wir uns zum Ziel gesetzt haben, im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes diese Programme - wenn sinnvoll - möglichst auszuschöpfen. Diese Mittel kommen überwiegend den Kommunen zugute, sie kommen den Bürgerinnen und Bürgern zugute. Dann sehen wir uns den Rest an, der uns von den Einnahmen verbleibt, und versuchen, Einnahmen und Ausgaben - wie gefordert in Übereinstimmung zu bringen. Dabei sind wir im Sonderausschuss zu der Entscheidung gekommen, dass die Kommunen, die, wie bereits oben erwähnt, mit 27 % an den Nettoausgaben des Landes beteiligt sind, einen zusätzlichen Beitrag leisten müssen. Wenn Sie andere Lösungsvorschläge haben, legen Sie sie bitte auf den Tisch!
Herr Astrup ist schon darauf eingegangen, dass dieser Weg einer ist, der sicherstellt, dass eine gleichmäßige Belastung aller Kommunen herauskommt und nicht eine ungerechte, wie sie bei anderen Kürzungsvarianten zustande kommen würde.
Der im Sonderausschuss beschlossene Antrag enthält immer noch eine Reihe von weiteren Punkten. Zu einigen möchte ich kurz etwas sagen. Die Opposition ist darauf auch eingegangen. Ich lade Herrn Hildebrand ein, in der Enquetekommission dann auch
wirklich zuzuhören und mit zu diskutieren, denn er hat scheinbar einige Punkte noch nicht ganz verinnerlicht.
Herr Hildebrand, befassen Sie sich mit dem kommunalen Finanzausgleich und Sie werden feststellen, dass niemand abstreitet, dass es das Geld der Kommunen ist, dass dieses Geld aber aus dem Landeshaushalt gekommen ist und nur in Übereinstimmung aus ihm herausgelöst werden kann und dass diese Vereinbarung - die Pressemitteilung des Innenministers dazu nichts Neues ist. Das ist damals vereinbart worden. Ich kenne diese Pressemitteilungen und ich wundere mich seit etwa fünf Jahren darüber, aber das ist - wie gesagt - nicht neu oder unnormal, sondern beruht auf der Vereinbarung.
Beim interkommunalen Finanzausgleich werden Sie sich entscheiden können. Ich glaube, da befinden wir uns an der Seite der F.D.P. Die F.D.P. hat beim Länderfinanzausgleich gestern genauso argumentiert, sie hat gesagt, es darf nicht zu einer Verschiebung der Reihenfolge der Länder oder auch der Kommunen durch den Finanzausgleich kommen. Und ich hoffe, dass sich dort etwas bewegt. Wir haben konkretere Vorschläge dazu gemacht, als sie in dem Antrag drinstehen, und über die werden wir dann im Ausschuss diskutieren.