Protokoll der Sitzung vom 20.06.2003

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Hentschel, ich spreche Sie noch einmal ganz persönlich an. Ich glaube, wir sind uns alle einig, nur haben Sie auch in den Sitzungen mehrfach gesagt, dass wir hier einen gewissen Bürokratieaufbau betreiben. Das möchte ich an dieser Stelle zurückweisen.

Schaut man es sich nämlich in der Praxis an, merkt man: Zur Verhinderung von nachträglichen Angebotsmanipulationen machen wir hier etwas vollkommen Simples, nämlich die Trennung von rechnerischer Prüfung und wirtschaftlicher Wertung. Wenn Sie so wollen, geht es hier um ein Vier-AugenPrinzip. Das ist eine ganz simple Angelegenheit und eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Ich bin Gemeindevertreterin in einem Amt. Auch dort ist es ganz simpel zu regeln. Die Submission findet im Amt statt, danach geht die Erstausfertigung zum Ingenieurbüro, während die Zweitausfertigung beim Amt verbleibt. Das ist überhaupt nicht bürokratisch, sondern ganz simpel. Es bedarf lediglich einer Kopie des Angebots. Bezogen auf unser eigenes Gesetz sollten wir den Begriff Bürokratieaufbau also nicht in den Mund nehmen, dem ist nämlich nicht so. Es

(Roswitha Strauß)

war uns in den Besprechungen sehr wichtig, dass wir keine Bürokratie aufbauen, sondern lediglich simple Dinge verlangen.

Da wir über Bürokratieaufbau reden, muss in diesem Zusammenhang natürlich das Tariftreuegesetz genannt werden. Das ist in dieser Beziehung ein Moloch.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer so, wie es einem passt!)

- Nein, nicht so, wie es einem passt. Sprechen Sie mit den Leuten und schauen Sie sich an, was in dem Gesetz steht. Das muss so sein, sonst würde es ja gar nicht funktionieren.

Das Gleiche gilt für die Informationspflicht. Auch hier sollten wir uns von den Kommunen nicht Bange machen lassen. Wir haben eine Änderung vorgenommen, sodass es die Informationspflicht bereits jetzt vor und nicht erst nach der Auftragsvergabe gibt. Das ist der entscheidende Unterschied für die Unternehmer, die damit arbeiten müssen. Sie haben jetzt die Chance, den Auftrag zu erhalten, und nicht erst von ihm zu erfahren, nachdem er bereits vergeben wurde. Das war das Ziel.

(Beifall bei CDU und FDP - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Sache sind wir uns ja einig!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Ich lasse über den Bericht und die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses gemäß Drucksache 15/2734 in der von der Berichterstatterin empfohlenen Fassung mit der veränderten Einleitung zu § 4 abstimmen, die da lautet, bevor es im Fließtext weiter geht: „Die öffentliche Hand im Sinne des § 3 dieses Gesetzes soll vorbehaltlich spezifischer Regelungen …“. Wer dieser Fassung des oben genannten Berichts und der oben genannten Beschlussempfehlung in der von mir vorgetragenen und von der Berichterstatterin dargelegten Fassung seine Zustimmung geben will, den darf ich jetzt um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Somit ist das vom Hause einstimmig so beschlossen worden.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich will kurz darauf hinweisen, dass mich die Geschäftsführung davon unterrichtet hat, dass Tagesordnungspunkt 33 ohne Aussprache an den zuständigen Ausschuss überwiesen werden soll. Haben Sie etwas dagegen, dass ich Tagesordnungspunkt 33 sofort aufrufe? - Da das nicht der Fall ist, rufe ich hiermit Tagesordnungspunkt 33 auf:

Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK)

Unterrichtung des Landtages über den Rahmenplan für das Jahr 2003

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/2685

Da wir festgelegt haben, dass keine Aussprache erfolgen soll, kommen wir nun zur Abstimmung. Wer diesen Tagesordnungspunkt zur abschließenden Beratung an den zuständigen Agrarausschuss überweisen will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Somit ist das vom Haus einstimmig so beschlossen worden.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 und 26 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Agrarreport 2003

Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/2702

b) Bericht über die Lebensmittelpreise und das Verbraucherverhalten

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/2741

Bericht der Landesregierung

Zunächst darf ich fragen, ob das Wort zur Begründung gewünscht wird. - Dem ist nicht so.

Ich möchte darauf hinweisen, dass beantragt wurde, die Berichte in dieser Tagung zu hören. Zunächst einmal erteile ich der Landesregierung das Wort. Auch hier gibt es eine gespaltene Zuständigkeit, und zwar einmal die der Ministerin Moser und einmal die des Ministers Müller. - Herr Minister Müller, zunächst haben Sie für die Landesregierung das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Aufgrund der gerade erwähnten Zusammenlegung der Tagesordnungspunkte teile ich mir den gewünschten Bericht mit der Kollegin Moser. Insofern bitte ich um Verständnis, dass der Bericht etwas knapper ausfällt; es stehen ja insgesamt nur fünf Minuten zur Verfügung.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Zweieinhalb Minu- ten!)

Durch unseren Agrarbericht entsteht kein statistischer Extraaufwand. Wir legen ihn jedes Jahr vor. Er ist eine Fundgrube für alle Menschen, die sich mit

(Minister Klaus Müller)

diesem Thema beschäftigen, und er ist bedingt durch Vorschriften des Bundes und der EU.

Vorweg gilt mein Dank natürlich dem Statistischen Landesamt, der Landwirtschaftskammer, dem eigenen Haus und allen, die damit beschäftigt waren, diesen Bericht so zusammenzuschreiben.

Wie in jedem Jahr ist der durchschnittliche Unternehmensgewinn natürlich die wichtigste Kennzahl. 2001/2002 waren es 36.000 €. Es gilt, diese Kennzahl zu vergleichen. Hier gibt es einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr in Höhe von 16 %. Wir können aufgrund der Bedingungen, die Sie alle kennen, jetzt schon feststellen, dass sich dies in den kommenden Jahren wohl nicht in die umgekehrte Richtung entwickeln wird. Man muss aber auch wissen und es fairerweise zumindest im Hinterkopf haben, dass in der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein in der Zeit davor die höchsten jemals realisierten Gewinne erwirtschaftet worden sind.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Es gibt aber auch Branchen, die sich anders entwickeln. Als Stichwort sei hier der Ackerbau genannt, der sich mit plus 10 % in eine positive Richtung entwickelt hat. Das heißt, es reicht nicht aus, lediglich Durchschnittsgrößen zu betrachten. Diese würden ein Zerrbild liefern. Ich empfehle, sich den Agrarreport noch einmal im Detail anzuschauen.

Die CDU hat eine Frage bezüglich des Ökolandbaus hinterhergeschickt. Der Beantwortung komme ich natürlich besonders gern nach. Zurzeit gibt es 400 Betriebe, die ungefähr 2,3 % der Fläche bewirtschaften. Dieser Anteil steigt jedes Jahr. Wie erwartet, haben ökologisch wirtschaftende Betriebe im Vergleich zu den konventionellen Betrieben weniger Viehbesatz, größere landwirtschaftliche Flächen, niedrigere Erträge, weniger Aufwendungen für Betriebsmittel, mehr Arbeitskräfte und höhere Produkterlöse. Unter dem Strich ist festzuhalten, dass der Gewinn je Unternehmen so hoch ist wie im konventionellen Landbau. Allerdings gilt für beide Bereiche - wie eingangs erwähnt -, dass die Einkommen im Vergleich zum Vorjahr rückläufig gewesen sind.

Verehrte Damen und Herren, der Berichtsantrag der Koalitionsfraktionen zielt aber auch auf die Frage, wie es weitergeht. Was ist der Ausblick? In den letzten Tagen und Wochen waren natürlich alle Blicke auf Brüssel gerichtet. Wie Sie heute Morgen den Nachrichten entnehmen konnten, sind die Verhandlungen im EU-Ministerrat gescheitert. Insofern werden wir in der Hoffnung, dass die Regierungschefs am nächsten Wochenende eher Positives zu diesem

Thema beitragen und kein Unheil anrichten, abwarten müssen, wie es in der nächsten Woche weitergeht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In engen Gesprächen mit Frau Künast, Herrn Steensen und Frau Ketelhoth haben wir uns über die Interessen Schleswig-Holsteins verständigt. Wir haben sie in diesen Prozess laufend eingebracht und wir werden es auch weiterhin tun.

Nach den Berichten, die wir aus den bisherigen Diskussionen übereinstimmend mitbekommen haben, befindet man sich bezüglich der Modulation im Konsens; die Regierungen sind sich einig. Das heißt, es wird so kommen, wie es Rot-Grün gegen den Widerstand von anderen Institutionen immer vertreten hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Hier sind wir auf einem guten und richtigen Weg. Es geht im Kern darum, nicht mehr die Massenproduktion zu unterstützen, sondern das Geld unter qualitativen Gesichtspunkten in die Landwirtschaft hineinzuleiten. Sie hat es verdient und auch nötig.

Auch das Stichwort Cross Compliance scheint nicht mehr umstritten zu sein. Das stellt uns als Agrarverwaltung zwar vor große Probleme; es ist aber richtig. Wer gegen Bestimmungen und gültige Gesetze verstößt, der kann nicht mit einer staatlichen Unterstützung rechnen. Das ist ein vernünftiges rechtsstaatliches Prinzip. Es stellt uns aber, wie gesagt, vor große Probleme. Ich sage ganz deutlich: Gerade vor dem Hintergrund funktionalreformerischer Überlegungen muss das rechtzeitig mitbedacht werden.

Hart umstritten ist die Diskussion über die Entkoppelung. Ich habe immer die Position vertreten, dass wir in Deutschland eine regional einheitliche Grünlandprämie brauchen. Alle Acker- und Grünlandstandorte sollten angemessener als in der Vergangenheit berücksichtigt werden. Wir müssen aber deutlich sagen: Insbesondere wenn es zu einer Teilentkoppelung kommen sollte, wäre es für die Landwirte, für uns und für die Administration verwaltungstechnisch nicht leicht. Trotzdem ist der Weg richtig.

Was letztendlich dabei herauskommt, wird in der nächsten Woche wahrscheinlich spät nachts in Brüssel entschieden werden. Ich hoffe, die Entscheidung wird zum Wohl unserer Landwirte sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für den zweiten Bericht der Landesregierung erteile ich jetzt Frau Ministerin Moser das Wort.

Vorab will ich darauf hinweisen, dass die gesamte angemeldete Zeit fünf Minuten betrug.

(Zuruf von SPD: Wie viele hat der Minister verbraucht?)

- Er hat vier Minuten verbraucht. - Die Regierung muss sich nicht an die angemeldete Redezeit halten. Ohne, dass sich jemand dadurch provoziert fühlen sollte, will ich vor diesem Hintergrund auf § 56 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Landtages hinweisen. - Frau Ministerin, bitte.