Protokoll der Sitzung vom 27.08.2003

(Holger Astrup [SPD]: Das wusste ich doch!)

- Ich nehme an, Kollege Astrup, dass Sie das gewusst haben; denn Sie haben es ja mit festgesetzt. Die Hälfte von 50 Minuten sind 25 Minuten. Das ist keine Provokation, sondern eine Unterrichtung.

Wird weiter das Wort gewünscht?

(Holger Astrup [SPD]: Gelten die 25 Minu- ten für eine Fraktion?)

- Nein, für alle Fraktionen.

Jetzt hat Herr Abgeordneter Kubicki für die FDP das Wort.

Herr Präsident, ich will nicht mehr als zwei Minuten sprechen.

Wie viel Sie von der Redezeit ausschöpfen, ist Ihre Angelegenheit.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine wirklich berauschende Debatte, die wir uns hier leisten.

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

- Ach, Holger, ich gehe davon aus, dass es auch dem parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion gelegentlich gelingt, etwas hinzuzulernen. Einige Debatten der Vergangenheit haben dazu geführt, dass er etwas hat hinzulernen müssen.

Die Anmerkung von Ihnen, Herr Finanzminister, was die Beratungsleistungen in Mecklenburg-Vorpommern angeht, war im wahrsten Sinne des Wortes Ihrer wirklich würdig.

(Zuruf von der SPD)

- Ja, das sind die Methoden, mit denen die Sozialdemokraten mit der SED-Nachfolgeorganisation mittlerweile in Mecklenburg-Vorpommern und darüber hinaus arbeiten.

Ich will zwei andere Dinge ansprechen. Anke Spoorendonk hat die glorreiche finanzpolitische Leistung des Landes gerühmt. Ich denke da an die Steuermehreinnahmen von 9,9 % in diesem Land. Anke, man sollte nicht immer nur die Überschriften, die aus dem Landesministerium kommen, lesen, sondern sich auch die Zahlen einmal genauer angucken. Dann würde man feststellen, dass sich hinter diesen PRÜberschriften immer andere Wirklichkeiten verbergen können.

Am 6. August ist uns zum Steueraufkommen der Umdruck 15/3514 vom Finanzministerium zugegangen. Danach haben wir bei den Gemeinschaftssteuern eine Abnahme von 1,8 % gegenüber dem ersten Halbjahr 2002. Bei den Landessteuern haben wir allerdings einen Zuwachs von 9,9 %. Die Landessteuern machen aber immer nur etwa 10 % der Gemeinschaftssteuern aus. Das muss man wissen. Der Zuwachs resultiert im Wesentlichen - der Finanzminister wollte es vorhin nicht wahrhaben - aus einem dramatischen Zuwachs bei der Erbschaftsteuer in Höhe von 85,2 %. Er hat vorhin, als ich sprach, durch Zwischenruf gesagt, das stimme bei der Erbschaftsteuer nicht. Ich will das aber deutlich machen.

Im Aufkommen der Landessteuern und der Gemeinschaftssteuern haben wir ein Minus von 0,9 %. Wir haben weniger als die Hälfte in den Haushalt 2003 eingenommen. Das wird aller Voraussicht nach dazu führen, dass wir bis Ende des Jahres weniger einnehmen werden, als im Haushalt veranschlagt ist. Anke,

(Wolfgang Kubicki)

mit der glorreichen Finanzpolitik des Landes kann das also nichts zu tun haben.

Nach zehn Jahren Regierungspolitik unter Heide Simonis erwarte ich von der Ministerpräsidentin oder von dem glorreichen Kronprinz Dr. Stegner eine Antwort darauf, was in den letzten zehn Jahren eigentlich passiert ist. Man muss sich die Haushaltsreden der vergangenen Jahre und Jahrzehnte durchlesen. Er hat gesagt, er habe das getan. Dann muss man sich fragen: Was haben Sozialdemokraten in diesem Lande eigentlich bewirkt?

Ich will wiederum etwas aus der Rede der Ministerpräsidentin vom 28. Oktober 1993 zitieren - das ist zehn Jahre her -:

„Alle Sparanstrengungen nützen aber nichts, wenn wir nicht gleichzeitig die Wege zur Modernisierung der Verwaltung konsequent weitergehen. Wir müssen uns effizienter und preiswerter verhalten. Wir müssen ein Dienstleistungsunternehmen werden und Serviceangebote an die Bürgerinnen und Bürger machen. Wir müssen zu einer stärkeren Transparenz von Kosten und Nutzen kommen. Und wir müssen uns fragen lassen, ob wir wirklich alle Richtlinien, Verordnungen, Erlasse und sonstigen Papiere, die aus den Ministerien kommen, zu Nutz und Frommen unserer Gesellschaft brauchen.“

Was ist denn in den letzten zehn Jahren passiert, dass Sie heute bei der Staatskanzlei immer noch eine Reformkommission haben? Noch immer geben Sie heute Richtlinien und Erlasse heraus, von denen Sie selber sagen: Eigentlich können wir die ersatzlos streichen. Warum machen Sie das denn nicht, sondern verschieben es auf den 31. August des nächsten Jahres? Frau Ministerpräsidentin, Sie sind in diesem Land seit 15 Jahren verantwortlich.

Zum Schluss frage ich den Kollegen Neugebauer: Wie lange soll eigentlich die Politik der CDU aus der Zeit bis 1988 noch herhalten, um die Regierungspolitik der Sozialdemokratie zu erklären? Irgendwann muss damit doch einmal Schluss sein.

Bezogen auf die wirtschaftlichen Daten müsst ihr euch wirklich fragen: Was muss eigentlich verändert werden, damit wir aus der Misere, in der wir uns befinden, aus dem Auseinanderklaffen der Entwicklungen zwischen uns und den anderen Bundesländern herauskommen, damit wir den Trend umkehren können? Denn wenn es so weiter geht - da mache ich mir keine Illusionen -, dann ist es völlig egal, wer in fünf Jahren regiert; denn die Handlungsspielräume sind dann für diejenigen, die regieren, auf null gesunken.

Das heißt, unsere gemeinsame Kraftanstrengung muss darin bestehen, dass wir als Parlament dieses Landes die Investitionen erhöhen, die Wachstumsrate stärken und möglicherweise auch von Liebgewordenem für eine kurze Zeitspanne Abschied nehmen, damit wir die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und unsere Finanzkraft erhalten.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Rainer Wiegard.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde nur 23 Minuten in Anspruch nehmen und damit die volle Redezeit nicht ausschöpfen.

Herr Stegner, ich möchte auf Ihr Rechenexempel eingehen. Als meine Tochter ihren ersten Geburtstag feierte, war ich 38-mal so alt wie sie. Inzwischen bin ich nur noch 3-mal so alt wie sie. So kann man Rechenexempel anstellen. Das bringt uns aber nicht weiter.

Fakt ist, dass Sie es geschafft haben, in 15 Jahren so viel neue Schulden zu machen, wie wir in 45 Jahren Aufbauleistung für Schleswig-Holstein unter ganz anderen und viel erschwerteren Bedingungen geleistet haben. Aber das ist nicht das eigentliche Problem, sondern eine Zustandsbeschreibung.

Mich hat mehr die frage interessiert: Wo ist, nachdem man die Beschreibung gegeben hat, eigentlich das Ziel? Sie haben zu dem Ziel nichts gesagt. Wie ist es denn nun: Wollen wir in Schleswig-Holstein unseren Beitrag zum Stabilitätspakt in Deutschland und darüber hinaus in Europa leisten? Wollen wir das Ziel ins Auge fassen, in einem überschaubaren Zeitraum die Neuverschuldung zulasten künftiger Generationen nach Möglichkeit auf Null zu schrauben, oder nicht? Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass das bis 2010 gehen soll. Danach haben Sie es auf 2008 korrigiert. Aber inzwischen haben Sie das Ziel überhaupt aus den Augen verloren. Jedenfalls hat heute weder der Finanzminister noch die Ministerpräsidentin darauf eine Antwort gegeben.

Wir geben heute bei extrem niedrigen Zinsen - ich habe das vorhin schon einmal angesprochen - jeden vierten Steuereuro für Zinsen aus. Deshalb fehlt uns viel Geld für Investitionen und wichtige Aufgaben in Bildung, innerer Sicherheit und zur Schaffung von Arbeitsplätzen.

(Rainer Wiegard)

Die Frage ist: Wie können wir es vor künftigen Generationen ethisch verantworten, dass wir nicht alles daransetzen, heute die Leistungen, die wir zu erbringen haben, eben nicht über Kredite, sondern aus laufenden Haushalten zu finanzieren? Was setzen wir an Überlegungen daran, den Aufwand, den wir heute Glauben betreiben zu müssen, so zu verringern, dass wir mit den Einnahmen auskommen? Das ist die Kernfrage, mit der wir uns wirklich verantwortlich auseinander zu setzen haben.

Das heißt: Wir müssen von Aufgaben Abschied nehmen, auch wenn wir von ihnen glauben, dass sie eigentlich ganz sinnvoll und notwendig wären.

(Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

- Lieber Herr Hay, wir haben Ihnen im vergangenen Jahr einen ganzen Reformkatalog vorgelegt. Sie haben ihn hier in Bausch und Bogen verdammt. In den Jahren zuvor haben wir in einer Vielzahl einzelner Beiträge Ihnen Handreichungen gegeben. Sie haben bisher aber überhaupt keinen Ansatz gemacht, dazu konkret beizutragen, wie wir im Verwaltungsbereich mittelfristig zu einer deutlichen Verkürzung der Personalkosten kommen können. Natürlich ist das morgen noch nicht möglich. Was Sie vor drei Jahren nicht auf den Weg gebracht haben, kann nicht bis morgen realisiert sein. Aber was Sie heute nicht auf den Weg bringen, wird auch übermorgen noch nicht realisiert sein. Das ist das entscheidende Problem, dem wir uns zu stellen haben. Sie haben auf diese Frage aber keine Antwort gegeben. Ich hoffe, dass wir im Laufe der Beratung bis zur zweiten Lesung darauf eine Antwort bekommen werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf dem Finanzausschuss zur Federführung und allen übrigen Ausschüssen zur Mitberatung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die Ausschussüberweisung ist entsprechend beschlossen. Somit ist der Tagesordnungspunkt 37 erledigt.

Bevor wir zu den Tagesordnungspunkten 12 und 15 kommen, darf ich zunächst aufrufen:

Start der LKW-Maut

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/2854

Wer nimmt seitens der CDU-Fraktion die Begründung der Dringlichkeit vor? - Herr Kollege Eichelberg!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gestern wahrscheinlich alle mit Bedrücken festgestellt, dass die Mauteinführung zwar stattfinden soll, aber all das, was wir als Grundvoraussetzung verlangt haben und was die Länder dem als Kompromiss mit auf dem Weg gegeben haben, nicht realisiert werden kann. Das heißt, die Kompensation für die vielen Fuhrunternehmer, die gerade in den Flächenstaaten wie Schleswig-Holstein besonders betroffen sind, wird nicht umgesetzt. Damit entfällt die Geschäftsgrundlage.

Deshalb ist die Dringlichkeit für den vorgelegten Antrag zu bejahen. Am 8. September wird es eine Sondersitzung des Bundesverkehrsausschusses geben. Ich meine, er sollte wissen, wie wir darüber denken.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es ist für die Dringlichkeit gesprochen worden. Liegen weitere Wortmeldungen vor? - Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es gut, dass der verkehrspolitische Sprecher der CDU Radio hört.