Protokoll der Sitzung vom 17.03.2005

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam in den kommenden fünf Jahren konstruktive Politik für dieses Land und für die Menschen dieses Landes gestalten, sachlich, ideenreich, mutig und auch ruhig mit dem Blick über den politischen Tellerrand. Dann - da bin ich sicher - werden das Vertrauen und das Zutrauen der Bürgerinnen und Bürger, die der Schleswig-Holsteinische Landtag dringend für seine Politikgestaltung braucht, wieder wachsen. Davon werden wir letztlich alle profitieren.

(Anhaltender Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich rufe jetzt Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Wahl und Vereidigung der Landtagspräsidentin oder des Landtagspräsidenten

Wahlvorschlag der Fraktion der CDU Drucksache 16/1

Der Landtagspräsident ist in geheimer Wahl für die Dauer der Wahlperiode zu wählen. Als gewählt gilt, wer mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhält.

Wir werden jetzt in die Wahlhandlung eintreten. Mir liegt - wie auch Ihnen - dazu die Drucksache 16/1, der Wahlvorschlag der Fraktion der CDU, vor. Es wird vorgeschlagen, den Abgeordneten Martin Kayenburg zum Landtagspräsidenten zu wählen. Ich muss formal fragen, ob weitere Vorschläge unterbreitet werden. - Das ist erkennbar nicht der Fall.

Dann sollte ich Ihnen noch einige Hinweise zum Ablauf des Wahlvorgangs geben, meine Damen und Herren. Die Stimmzettel erhalten Sie linker Hand von mir; im rückwärtigen Bereich hinter dieser schönen Wand befindet sich die Wahlkabine und rechter Hand von mir dürfen Sie dann den Stimmzettel in die Wahlurne werfen. Ich bitte Sie, bei der Wahlhandlung in der Kabine hinter mir nur den dort ausgelegten Bleistift zu verwenden und mit diesem Bleistift Ja, Nein oder Enthaltung anzukreuzen. Anschließend werfen Sie bitte den gefalteten Stimmzettel in die Wahlurne, die rechts von mir steht.

Wenn es keine weiteren Wortmeldungen mehr gibt, können wir den Wahlakt eröffnen und ich darf die Schriftführerinnen zu meiner Rechten und zu meiner Linken bitten, die Namen aufzurufen.

(Namensaufruf und Stimmzettelabgabe)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch Herr Wiegard hat seine Stimme abgegeben. Damit ist der Wahlakt beendet. Ich unterbre

(Alterspräsident Günter Neugebauer)

che jetzt die Sitzung für zehn Minuten, damit wir die Stimmen auszählen können.

(Unterbrechung: 11:33 bis 11:39 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich darf die Sitzung wieder eröffnen und das Ergebnis der Wahl bekannt geben. Für den Wahlvorschlag, den Abgeordneten Martin Kayenburg zum Landtagspräsidenten zu wählen, wurden 69 Stimmen abgegeben. Davon waren 69 Stimmen gültig. Mit Ja haben 60 Abgeordnete gestimmt, mit Nein neun.

(Anhaltender Beifall)

Ich hatte noch keine Gelegenheit festzustellen, dass der Abgeordnete Kayenburg damit zum Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages gewählt worden ist. Herr Kayenburg, formal muss ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, die Wahl anzunehmen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ja, ich nehme die Wahl an!)

Dann möchte ich Ihnen - das ist ja eben schon geschehen - die Glückwünsche des hohen Hauses aussprechen und Sie bitten, zur Eidesleistung an das Rednerpult zu treten. Ich spreche Ihnen die Eidesformel vor und bitte Sie, sie mir nachzusprechen.

(Die Anwesenden erheben sich - Präsident Martin Kayenburg wird nach folgender Ei- desformel vereidigt: Ich schwöre, meine Pflichten als Abgeordneter gewissenhaft zu erfüllen, Verfassung und Gesetze zu wahren und dem Lande unbestechlich und ohne Ei- gennutz zu dienen, so wahr mir Gott helfe.)

Ich wünsche Ihnen viel Freude in diesem hohen Amt und eine gute Hand bei der Wahrnehmung Ihrer Aufgaben zum Wohle des Landes Schleswig-Holsteins und seiner Menschen. - Herzlichen Glückwunsch!

(Anhaltender Beifall)

Vielen Dank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor der Wahl habe ich gesagt, ich sei überhaupt nicht nervös. Nachdem ich hier stehe, kann ich Ihnen versichern: Ich bin nervös. - Ich danke Ihnen für dieses wirklich großartige Ergebnis.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, heute ist für uns alle und heute ist für Schleswig-Holstein ein wichtiger, die Zukunft entscheidender Tag. Einige meiner Gedanken will ich

Ihnen deshalb mitteilen, bevor wir zu den weiteren Wahlen kommen. Zunächst aber danke ich Ihnen, sehr geehrter Herr Alterspräsident Neugebauer, für Ihre umsichtige Amtsführung und Ihre bedenkenswerten Worte, die Sie an uns alle gerichtet haben. Sie haben das Amt und die Funktion des Alterspräsidenten in jeder Hinsicht jugendlich souverän bekleidet. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Ihnen allen gratuliere ich zur Wahl und zur Annahme Ihres Mandats und darf Sie herzlich zum Beginn der 16. Wahlperiode des Schleswig-Holsteinischen Landtages begrüßen. Mein besonderes Willkommen gilt den 19 neuen Abgeordneten im nunmehr 69 Frauen und Männer starken Landtag. Sie sind allesamt natürlich nicht neu im politischen Geschäft, gleichwohl ist das Plenum für Sie ein noch ungewohnter Ort. Ich kann Ihnen versichern: Man gewöhnt sich schnell daran. Wie Sie gerade gehört haben, sind selbst die an Parlamentsjahren Ältesten in diesem Haus im Grunde immer noch jung geblieben, weil sie die Herausforderungen des Mandats angenommen haben.

Ich bin überzeugt, Ihnen wird die Einarbeitung in den „Stil des Hauses“ schnell gelingen. Sie werden aber auch mit Ihren bisherigen politischen, beruflichen und persönlichen Erfahrungen dieses Parlament bald bereichern und den künftigen Stil des Parlaments aktiv mitgestalten. Ich freue mich auf ein konstruktives Miteinander mit Ihnen allen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich danke Ihnen sehr für das Votum und das großartige Vertrauen. Das mir übertragene Amt werde ich mit der gebührenden Neutralität und Überparteilichkeit führen. Ich werde mich in meiner Amtsführung an meinem unmittelbaren Vorgänger im Amt und an den inhaltlichen und repräsentativen Anforderungen orientieren, die mit diesem Amt verbunden sind. Sie dürfen darüber hinaus - ich hoffe, Sie verstehen das nicht als Drohung - auch mit politischen Impulsen meinerseits rechnen.

Der Landtagpräsident hat wie alle Abgeordneten in diesem hohen Haus die Möglichkeit, Inhalte anzugehen und zu bewegen, die für unser Land und seine Bürger Nutzen schaffen und Sinn stiften. Dies kann - und für mich ergänze ich: muss - er in einem gewissen Rahmen außerhalb des parteilichen oder Fraktionszwanges tun. Lieber Kollege Neugebauer, hier nehme ich Ihre Worte bezüglich des Appells für eine neue politische Kultur auf und verstehe sie gleichzeitig als Spiegel für meine Amtsführung. Die Darstellung und Wahrung des Ansehens des Parlaments und

(Präsident Martin Kayenburg)

seiner Arbeit - das umfasst mit Sicherheit auch, wenn Sie mir diesen Ausdruck gestatten, das Betriebsklima dieses Hauses - gehören zu den vornehmsten Aufgaben, die mit dem Amt des Landtagspräsidenten verbunden sind. Dem fühle ich mich zutiefst verpflichtet. Was ich aus dem Amt heraus zur Gewinnung von mehr Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik und in die Politiker dieses Landes leisten kann, werde ich nach Kräften tun. Der Landtagspräsident dient nach seiner Verpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes dem Parlament und dem Parlamentarismus an erster Stelle. An diesem Bewusstsein wird sich meine Amtsführung ausrichten. Oder - um es einmal salopp zu formulieren -: Sie werden schon sehen, was Sie an mir haben, im positiven Sinn - ich werde darauf zurückkommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die politische Konstellation der kommenden Jahre wird aller Voraussicht nach allen Abgeordneten ein Höchstmaß an zeitlicher und inhaltlicher Leistung sowie große Disziplin abverlangen, dies nicht nur, weil der Landtag von 89 auf 69 Abgeordnete geschrumpft ist, sondern besonders wegen der nach wie vor wachsenden Zahl an politischen Aufgaben und Inhalten, die entweder im Landtag selbst oder im eigenen Wahlkreis bewegt und bewältigt werden müssen. Diejenigen von uns, die dem Landtag schon länger angehören, wissen das und die neuen Kolleginnen und Kollegen haben dies in den Fraktionssitzungen bereits eindringlich vermittelt bekommen. Ich kann von dieser Stelle keine Entwarnung geben, sondern will dies sogar bekräftigen.

Das muss und soll allerdings nicht entmutigen, ganz im Gegenteil. Wer dieses Mandat anstrebt, der oder die will gestalten. Das Maß und die Möglichkeit der politischen Gestaltung sind groß und wir alle sollten sie nutzen. Allerdings - für diese Aussage braucht es keine prophetischen Gaben - werden Wohltaten absehbar kaum zu vergeben sein. Dafür wird es keine finanziellen Spielräume geben. Dennoch ist es unser aller Aufgabe, die Möglichkeiten der Gestaltung so auszuschöpfen, dass mit den vorhandenen Ressourcen ein Optimum für die Menschen in diesem Land erreicht wird.

Hier und heute ist Politik deshalb vor allem ein Wettbewerb der Ideen wie wohl niemals zuvor. Dieses Parlament und seine Abgeordneten haben nach meiner festen Überzeugung die Qualität, um gute Politik für unser Land zu gestalten und zu gewährleisten. Dabei gilt es zuallererst die Inhalte, die aus eigener Kraft und Verantwortung unseres Mandats politisch gestaltbar sind, anzugehen. Jedoch - das hat der Kollege Neugebauer bereits angesprochen - ist es genau

so wichtig, gemeinsam mit Verbänden, Institutionen und Unternehmen dieses Landes die Bereiche und Segmente zu gestalten, die Politik beziehungsweise die politischen Kräfte dieses Landes nicht aus eigener Kraft mit Inhalten zukunftsweisend ausfüllen können.

Ich bin überzeugt: Alle in diesem Haus haben den guten Willen zur Zusammenarbeit, wenn sie das Land nach vorn bringt, auch und besonders im Verhältnis zu den übrigen Bundesländern. Die Zeiten, in denen wir - mit „wir“ meine ich uns alle, Politiker, Verbände, Unternehmen, gesellschaftliche Kräfte - es uns leisten konnten, aus Eitelkeit oder aus Machtdünkel die Chancen für Verbesserungen in unserem Land auszulassen und politische Grabenkämpfe zu führen, sind wahrlich vorbei.

Bevor ich missverstanden werde: Mein Appell ist nicht auf die jeweilige politische Konstellation gerichtet, sondern ich fordere: Lassen Sie uns eine Allianz aller Kräfte schmieden, die dieses Land voranbringen können, ohne dass wir dabei unsere politische Überzeugung aufgeben müssten. Verantwortung gegenüber den Bürgern muss für jede unserer Entscheidungen unabdingbar der wichtigste Maßstab sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wort von der politischen Gestaltung bringt mich auf einen besonderen Punkt, der auch in dieser Legislaturperiode auf mehreren Ebenen das Maß an Zukunftsfähigkeit dieses Landes, aller Bundesländer, ja ganz Deutschlands bestimmen und über unsere Reformfähigkeit mitentscheiden wird. Ich meine die Modernisierung des Föderalismus, die auch weiterhin unter Beteiligung des Schleswig-Holsteinischen Landtages bewegt werden muss.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat bereits im Jahr 2001 in einer gemeinsamen Entschließung aller Fraktionen seine Vorschläge für eine Modernisierung des Föderalismus unterbreitet und sie 2004 bestätigt. Mit dem Lübecker Konvent im März 2003 haben wir alle 16 Landtage in dieser Frage unter eine gemeinsame Flagge gebracht. In der Folge war dieser Landtag unter maßgeblicher Mitgestaltung durch seinen Präsidenten Heinz-Werner Arens derjenige, der als wesentlicher Wegbereiter dafür gesorgt hat, die Bundeskommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung zusammenzubringen und in ein Verhandlungsmandat zu bringen, um die notwendige Entflechtung von Kompetenzen, Verantwortungen und Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern vorzunehmen. Das Engagement dieses Landtages war weiß Gott kein Selbstzweck. Es war ein Zeichen des Selbstbewusstseins dieses Parlaments, Reformen anzupacken und die Leistungsfähigkeit der parlamentarischen Arbeit und deren Ergebnisse verbessern zu

(Präsident Martin Kayenburg)

wollen, wobei vor allem mehr Transparenz und Effizienz der politischen Entscheidungen gewollt waren.

Dieser Landtag ist sich in der vergangenen Legislaturperiode in der Sache einig gewesen. Ich bin sicher, wir sind es immer noch. Wir brauchen einen modernen deutschen Staat, eine Stärkung der Kompetenzen der Länder und eine Stärkung der Landesparlamente und des Parlamentarismus der Länder. Das ist gut für unser Land und das ist gut für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.

Ich habe gesagt, ich komme auf Vorschläge zurück. Eine Neubelebung des Parlamentarismus der Länder und eine Stärkung der Landesparlamente bedeutet für mich auch eine Stärkung des Selbstwertgefühls des Parlaments als Ganzes und jedes einzelnen Parlamentariers. Die Legislative erhält auf Zeit vom Bürger den Auftrag zur Gestaltung des Gemeinwesens. Das Parlament gibt den grundsätzlichen Auftrag zum Regierungshandeln. Das ist durch die Aushöhlung des Föderalismus vielfach aus dem Blickfeld der Bürger entschwunden und hat zu einem Ansehens- und auch Machtverlust der Landesparlamente geführt.

Wenn wir aber Politik- und Politikerverdrossenheit überwinden wollen, müssen wir mit neuem Selbstbewusstsein unsere Wahrnehmbarkeit nach innen, auch gegenüber der eigenen Regierung, und nach außen stärken und verbessern. Wir müssen zeigen, dass wir für die Gestaltung der Politik einstehen, dass wir die Kompetenz für Entscheidungen haben und wahrnehmen und dass wir letztlich die Verantwortung für die Entwicklung dieses Landes übernehmen. Wenn der Bürger wieder erkennen kann, dass wir diese Verantwortung übernehmen, werden wir auch Vertrauen in die Politik zurückgewinnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Landtag steht mit seiner Arbeit seit vielen Jahren auch für die Verbesserung der politischen Zusammenarbeit im Ostseeraum und für das Zusammenwachsen der Ostseeregion. Es ist nicht unwesentlich auch das Verdienst dieses Parlaments und meines Amtsvorgängers, dass Schleswig-Holstein einen guten Namen als verlässlicher Partner im baltischen Raum hat. Neben den vielen Verknüpfungen auf wirtschaftlicher und kultureller Ebene im Ostseeraum gilt es künftig vor allem - das sollte ein Schwerpunkt sein -, die parlamentarische Dimension der Kooperation weiter voranzutreiben.

Dieses hohe Haus war in der Vergangenheit oft genug Impulsgeber in diesem Prozess. Wir haben viele Türen öffnen und viele Entwicklungen unterstützen beziehungsweise initiieren können, die Menschen, Unternehmen und Politik zusammengeführt haben.

Wir sind weiterhin im Gespräch. Lassen Sie uns die guten Voraussetzungen nutzen und in den kommenden Jahren gemeinsam weitere Schritte der Zusammenarbeit im Ostseeraum gehen, um die großen Potenziale, die das Baltikum und die gesamte Ostseeregion nach wie vor in sich bergen, nicht zuletzt zum Nutzen Schleswig-Holsteins und ganz Europas auszuschöpfen.

Die parlamentarische Dimension betrifft selbstverständlich nicht nur den Ostseeraum. Wir sind gut beraten, wenn wir den Blick nicht nur in die Ferne schweifen lassen, sondern auch vor unsere Haustür richten. Aufseiten der Regierung gibt es bereits seit längerem umfangreiche und prosperierende Kontakte nach Hamburg. Aus gutem Grund: Die Partnerschaft zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein ist zweifellos eine Win-Win-Beziehung. Beide Seiten profitieren von der Kooperation und dementsprechend gestaltet sich die Partnerschaft immer intensiver und mit immer größerem Nutzen für beide Länder.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag wiederum hat gute Kontakte zur Hamburgischen Bürgerschaft. Ich werte es gleichermaßen als Ehre und als Kompliment an das gesamte hohe Haus, dass der Bürgerschaftspräsident der Freien und Hansestadt Hamburg, Herr Berndt Röder, heute bei uns zu Gast ist und die konstituierende Sitzung verfolgt.

(Beifall)