Nach Berechnungen des „Kindergartenmonitors“ geben Familien mit einem Kindergartenkind, die über ein Jahreseinkommen von 45.000 € verfügen, in Flensburg 1.500 € für eine Halbtagsbetreuung aus. Für die sechs Monate, über die wir heute streiten, sind es 750 €, die diese Familien mehr zur Verfügung hätten. Das ist Geld, das unmittelbar konsumiert werden würde und mit sofortiger Wirkung die Binnenkonjunktur in Schleswig-Holstein ankurbeln könnte. Ist das nichts, meine Damen und Herren von CDU und SDP?
Ihr jetziger Vorschlag, nur den Januar beitragsfrei zu stellen und ab Februar wieder Gebühren zu kassieren, löst in den Kommunalverwaltungen maximales Chaos aus.
Bei den Eltern und in den Kindertagesstätten, bei den Trägern, bei den Kommunen stößt das Unterfangen auf Unverständnis. Soll der Fehler im Gesetz nun zulasten der Eltern korrigiert werden? Meine Fraktion sagt ganz klar: Nein, lassen wir das Gesetz, wie es ist! Entlasten wir die jungen Familien schon jetzt! Geben wir ab sofort jedem Vorschulkind die Chance, von einem Kindergartenbesuch zu profitieren, eine Chance auf frühkindliche Bildung und auf größtmögliche Chancengleichheit!
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Günter Neugebauer [SPD]: Sie standen früher einmal für solide Finanzen!)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da beide Kolleginnen der Großen Koalition von „der“ Opposition sprachen, will ich sagen: Der SSW ist Opposition, aber es ist mir wichtig festzuhalten, dass wir als Opposition weder in dieser Sache noch in anderen Fragen unsere Meinung in den Fluren von FDP und Grünen abgeben.
Es gehört zu meinem Politikverständnis, dass Menschen nicht unverhoffte Geschenke gemacht werden sollten.
Wir alle haben den Entwurf für das Haushaltsbegleitgesetz in den Händen gehabt. Wir alle haben die Hand dafür oder dagegen gehoben.
- Ja. Wir alle haben den Fehler nicht rechtzeitig gesehen. Deshalb gibt es keinen Grund, schadenfroh mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Das ändert natürlich nichts daran, dass offensichtlich irgendwo schlampig gearbeitet worden ist. Ich gehe davon aus, dass einige Menschen bei dieser Debatte zu Recht tiefrote Ohren bekommen. Denn irgendjemand hätte uns vor diesem Schlamassel bewahren können. Dann müsste der Landtag das Gesetz nicht im Hauruck-Verfahren wieder ändern. Dann wären vor allem die Eltern in Schleswig-Holstein vor den falschen Erwartungen bewahrt worden, die durch die öffentliche Debatte über den Fehler geweckt und leider von den Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geschürt wurden.
Trotzdem: Der SSW steht zu dem, was wir im Dezember 2008 mitgetragen und damit auch mitbeschlossen haben. Niemand wird ernsthaft behaupten können, dass irgendjemand in diesem Raum bewusst die Beitragsfreiheit ab Januar 2009 beschlossen oder sich gegen eine Beitragsfreiheit ab Januar geäußert hat. Wenn wir uns selbst als Parlament ernst nehmen, müssen wir durchführen, was der Landtag wollte, und dürfen uns nicht von einem handwerklichen Fehler leiten lassen.
In der Sache kann es keine Zweifel daran geben, dass wir Eltern lieber früher als später von Kita-Gebühren befreien wollen. Wer sich aber gegen die vorliegende Lösung stellt, muss auch sagen, wo die knapp 17 Millionen € dafür herkommen sollen. Wir können es nicht. Von der HSH Nordbank nehmen können wir es auch nicht, wie es die Grünen mit einem ebenso flotten wie platten Spruch unterstellt haben. Also bleiben nur Kredite.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie haben per Gesetzesänderung einen Vorschlag für Mehreinnahmen einge- bracht!)
- Das ist etwas anderes, liebe Kollegin Heinold. Darüber können wir reden. Wir reden hier aber über etwas anderes. Sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen.
Im Moment nimmt der Staat Schulden ohne Ende auf, um die Konjunktur zu retten. Es wäre einfach zu einfach, jetzt eine zweistellige Millionensumme zusätzlich aufzunehmen, um im ersten Halbjahr 2009 die Kita-Beiträge für die größten Kindergartenkinder zu bezahlen. Damit würden wir uns eine Menge Ärger und Unmut ersparen; das ist klar. Aber das Geld kommt nicht irgendwo her. Es wird den heutigen Kindergartenkindern irgendwann fehlen, zum Beispiel wenn es darum geht, Mängel in der Bildung zu beheben.
Vor diesem Hintergrund hat sich der SSW dafür entschieden, den Gesetzentwurf der Großen Koalition zu unterstützen. Um es ganz klar zu sagen: Es macht überhaupt keinen Spaß, die Beitragsfreiheit für fünf Monate wieder abzuschaffen. Wir sehen aber wirklich keinen anderen verantwortungsvollen Weg.
Wer jetzt einfach die Beibehaltung der Beitragsfreiheit ab dem 1. Januar 2009 fordert, nimmt den Landtag nicht ernst. Der muss auch klar benennen, wo die zusätzlichen Millionen herkommen sollen.
Ansonsten muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, dass es hier und heute eigentlich nur um platten Wahlkampf geht. Es ist schäbig, bei den Menschen und den Familien bewusst falsche Er
wartungen zu wecken, nur um im Superwahljahr 2009 billige Punkte machen zu können. Dafür ist dieses Thema zu ernst und zu wichtig.
Eine letzte Bemerkung. Das Nachsitzen ist zwar morgen Abend beendet, aber für die Große Koalition gibt es immer noch reichlich Schulaufgaben zu machen. Sie muss endlich klipp und klar sagen, wie Sie sich die Umsetzung der Gebührenbefreiung in der Praxis vorstellt. Es ist immer noch nicht ersichtlich, wer wem wann wie viel zahlt. Bisher blickt kaum jemand durch, wie es nach dem 1. August 2009 wirklich laufen soll. Das zeigt auch die aktuelle Stellungnahme der kommunalen Landesverbände. Jetzt rätseln alle, wie sie den Eltern die Januar-Gebühren erstatten sollen. Es wird höchste Zeit, dass die Große Koalition diese chaotische Reform in den Griff bekommt. Das, was jetzt beschlossen worden ist, sollte eigentlich ein Grund zur Freude sein. Das ist es nicht. Es ist bitter, es ist ärgerlich, und es ist chaotisch.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kollegin und Kollegen! Zunächst einmal muss bei den Redebeiträgen von CDU, SPD und SSW, die bei der Frage der Schülerbeförderungskosten diesen vehementen Appell an die Haushaltsdisziplin gerade nicht erhoben haben, festgestellt werden, dass die Beitragsfreiheit momentan Gesetzeslage ist. Was die Große Koalition machen will, ist eine Rücknahme dieser Beitragsfreiheit ab 1. Februar 2009. Wir reden hier nicht über 20 Millionen €, sondern über 17 Millionen €, weil 2,9 Millionen € für Januar bereits weg sind und nachfinanziert werden müssen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, an das Problem heranzugehen, das wir jetzt haben. Die erste Vorgehensweise ist die, dass man sagt: Leute, es war alles ein Fehler, und wir drehen das jetzt wieder zurück, wir machen das zum 1. Februar 2009 so, wie wir das ursprünglich geplant haben. Die zweite Vorgehensweise wäre gewesen, in der jetzigen Situation, in der beispielsweise der Bund Kindern mit Familien mit der Kinderprämie zur Hilfe kommen will, zu
sagen: Lasst uns gemeinsam in dem 8-Milliarden-€-Haushalt sehen, ob wir 17 Millionen € herausschneiden können, um die Beitragsfreiheit bis zum 31. Juli 2009 für die Eltern zu garantieren, die nach dem 1. August 2009 nichts mehr davon haben. Das wäre auch eine Möglichkeit gewesen.
Die Tatsache, dass die Große Koalition dies nicht macht und nicht will, ist ein Affront gegen die Eltern. Ich hätte mir gewünscht - ich jedenfalls hätte das gemacht -, dass man sich hinsetzt und guckt, wo wir 17 Millionen € herbekommen.
Ich bin sicher: Wenn es uns nicht mehr gelingt, aus einem 8-Milliarden-€-Haushalt 17 Millionen € herauszuschneiden, können wir nach Hause gehen.
Ich erinnere daran, dass der Finanzminister, als der Haushaltsentwurf eingebracht worden ist, mit den gleichen Argumenten vehement dafür gekämpft hat, dass daran keine Veränderungen vorgenommen werden, weil die Verschuldung so hoch ist und die nächsten Generationen belastet werden. Und dann kommen die regierungstragenden Fraktionen, weil sie sagen, das Parlament entscheidet, und hauen noch einmal locker und easy 150 Millionen € oben drauf. Wo war denn da die Verantwortung für die kommenden Generationen und für die Eltern, Frau Kollegin Spoorendonk?
Man kann also auch anders daran herangehen. Wir würden gern anders daran herangehen, als Sie das wollen. Denn jede Erklärung zugunsten der Eltern, zugunsten der frühkindlichen Förderung ist Makulatur. Frau Kollegin Schümann, jede Erklärung zu dem, was 2011 passieren soll, ist Makulatur, weil der Haushalt des Jahres 2011 mit Sicherheit nicht besser aussieht als der Haushalt des Jahres 2009. Das kann ich Ihnen sicher sagen.