Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Diese Angaben machen insgesamt deutlich, dass das Geschäftsmodell der Sparkassen nach wie vor zukunftsfähig ist. Zu einer nüchternen Analyse der Situation der Sparkassen gehört es aber auch, dass aufgrund der Entwicklung im Bereich der Realwirtschaft und aufgrund des starken Engagements der Sparkassen bei der Finanzierung unserer mittelständischen Wirtschaft in diesem Jahr mit einem erhöhten Einzelwertberichtigungsbedarf bei Krediten an Firmenkunden gerechnet werden muss. Auch vor diesem Hintergrund ergibt sich für die Sparkassen aus der Krise der HSH Nordbank eine besondere Problematik. Bei einem Anteil über 14 % an der HSH Nordbank spüren dann natürlich auch die Sparkassen die dramatischen Auswirkungen der Finanzkrise und müssen sich entsprechend darauf einstellen und Konsequenzen für ihre Geschäftspolitik ziehen.

Für das Jahr 2008 wird die HSH Nordbank ihre wirtschaftlichen Ziele nicht erreichen und einen Fehlbetrag ausweisen. Daraus ergeben sich hohe Abwertungsrisiken für die Beteiligung der schleswig-holsteinischen Sparkassenorganisation an der HSH Nordbank sowie Rückstellungsrisiken im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der Bank.

Die Botschaft, die die Regierung im Interesse der Kreditversorgung unserer heimischen mittelständischen Wirtschaft um die Jahreswende verkündet hat, lautet: Die Landesregierung steht zu den schleswig-holsteinischen Sparkassen. Sie wird Hilfe leisten, wenn und soweit es erforderlich ist. Der Nachweis, dass diese Hilfe erforderlich ist, ist vom Sparkassen- und Giroverband unverzüglich durch belastbare Fakten zu erbringen. Die Landesregierung hat deshalb dem Sparkassen- und Giroverband eine Garantieerklärung angeboten, mit der ein Bilanzverlust aus einer vorübergehenden Wertminderung der Aktien vermieden werden soll. Über Art,

Umfang und alle Modalitäten befinden wir uns in intensiven Gesprächen mit dem Sparkassen- und Giroverband.

Wir wissen dabei um die hohe wettbewerbsrechtliche Hürde. Nicht nur deshalb werden die Sparkassen auch gegenüber Regierung und Parlament den Nachweis über die Notwendigkeit einer derartigen Hilfe führen müssen. Für die Leistung einer Garantie soll dann gelten, dass jede Leistung ihren Preis hat, der von den Sparkassen zu bezahlen wäre.

(Günter Neugebauer [SPD]: Sehr richtig!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir in der derzeitigen Situation aus meiner Sicht überhaupt nicht gebrauchen können, ist eine erneute Privatisierungsdiskussion bezüglich der Sparkassen, wie sie von der FDP mit ihrer Presseinformation vom 21. Januar erneut initiiert worden ist.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Sparkassen die Möglichkeit zu schaffen, Beteiligungskapital von anderen Mitgliedern der Sparkassenorganisation aufzunehmen, ist eine Option, die einer sorgfältigen Prüfung bedarf und die in jedem Fall europarechtskonform ausgestaltet werden muss. Diese Frage ist allerdings unabhängig von den anstehenden Problemen im Zusammenhang mit der HSH Nordbank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Herrn Innenminister für seinen Bericht, eröffne die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Tobias Koch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich zu Beginn festhalten: Die schleswig-holsteinischen Sparkassen sind trotz der Krise gut aufgestellt. Sie sind neben Privatbanken und Genossenschaftsbanken die unverzichtbare dritte Säule im Bankwesen Deutschlands, und sie tragen in vorbildlicher Art und Weise dazu bei, die Kreditversorgung der regionalen Wirtschaft auch in diesen schwierigen Zeiten zu gewährleisten.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Anliegen der CDU-Fraktion ist es, dass das auch in Zukunft so bleibt. Diese Absicht liegt so

(Minister Lothar Hay)

wohl den Überlegungen der Koalitionsfraktionen zu einer Änderung des Sparkassengesetzes als auch dem Vorschlag der Landesregierung für eine Garantieerklärung zugunsten der Sparkassen zugrunde. In beiden Fällen geht es darum, unsere Sparkassen zu stärken, indem wir für eine ausreichende Eigenkapitalausstattung sorgen. Dadurch sollen die Sparkassen in die Lage versetzt werden, auch zukünftig die Bürgerinnen und Bürger, die Handwerker und den Mittelstand vor Ort ausreichend mit Krediten zu versorgen.

Meine Damen und Herren, ich finde beide Vorschläge höchst ehrenwert. CDU- und SPD-Fraktion nehmen damit ebenso wie die Landesregierung ihre Verantwortung für unser Land und für die Bürgerinnen und Bürger wahr.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: In welcher Form denn?)

Alle Vorschläge rundweg abzulehnen, ohne dabei auch nur einen einzigen eigenen Lösungsvorschlag zu unterbreiten, ist einfach zu wenig, meine Damen und Herren von den Grünen.

Auch die Opposition trägt Verantwortung für unser Land. Ich frage mich: Wo sind eigentlich die grünen Ideale und Werte geblieben, wenn Sie in der aktuellen Krise ausschließlich versuchen, daraus politisches Kapital zum eigenen Vorteil zu ziehen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welchen Vorschlag haben Sie denn? - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ma- chen Sie ja gar nicht!)

Ich glaube, damit ist zu den Diskussionsbeiträgen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN alles Erforderliche gesagt.

Herr Kollege Kubicki, ich will mich jetzt gern den Vorschlägen der FDP zuwenden,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die kennen Sie doch noch gar nicht!)

die immerhin in der letzten Woche eigene Vorschläge unterbreitet hat. Das gilt es zunächst einmal anzuerkennen. Allerdings ist schnell festzustellen, wenn man sich diese Vorschläge anschaut, dass die damit verbundenen Fragezeichen und Probleme weitaus größer sind als die noch offenen Detailfragen aufseiten der Koalitionsfraktionen und der Landesregierung.

Nehmen wir zum Beispiel den Vorschlag, den Sparkassen ihren Anteil an der HSH Nordbank zu einem fairen Preis abzukaufen. Würde sich dieser faire Preis am aktuellen Verkehrswert bemessen

das ist die übliche Grundlage zwischen Vertragspartnern; das weiß niemand besser als die Liberalen -, dann wäre den Sparkassen damit überhaupt nicht geholfen. Ganz im Gegenteil. Denn der aktuelle Verkehrswert dürfte nach erfolgter Wertberichtigung deutlich unterhalb des bisherigen Buchwertes liegen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wo denn?)

Er dürfte deutlich unter dem bisherigen Buchwert liegen. Wenn dann das Land zu diesem Preis die Anteile ankauft, ergibt sich für die Sparkassen unmittelbar ein realisierter Kursverlust, der das Eigenkapital mindert und die Kreditvergabefähigkeit einschränkt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Zurufe von der FDP)

Offensichtlich meint die FDP mit dem fairen Preis aber gar nicht den Verkehrswert, sondern sie meint einen am bisherigen Buchwert orientierten Preis.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie haben über- haupt keinen Verkehrswert, weil die Aktien nicht gehandelt werden!)

- Ja, wir können sie aber bewerten, mithilfe von Wertgutachten können wir die Anteile bewerten.

Aber Sie meinen offensichtlich ja den bisherigen Buchwert, so wie die Anteile bei den Sparkassen in den Büchern stehen, und schlagen vor, dass das Land die Anteile zu einem derartigen Preis ankaufen soll, mit anderen Worten zu einem deutlich überhöhten Preis, der nicht dem aktuellen Wert entspricht. Dieses würde zulasten des Landes gehen und daraus würde sich unmittelbar der EU-rechtliche Tatbestand einer unerlaubten Beihilfe ergeben. Der ist doch um Längen gravierender, als es die rechtlichen Fragen sind, die bei einer Garantieoder Bürgschaftserklärung derzeit noch offen sind. Ein derart überhöhter Kaufpreis ist doch als eine unmittelbare Beihilfe viel, viel schwieriger EU-rechtlich zu lösen, als das bei einer Bürgschaftserklärung der Fall ist.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der FDP)

Im Übrigen gibt es noch eine weitere Konsequenz: Wenn das Land die Anteile ankauft, wird Schleswig-Holstein auf einmal zum allergrößten Aktionär der HSH Nordbank. Wenn das eintreten würde, was uns der Kollege Kubicki schon die ganzen letzten Wochen vorhersagt, nämlich dass die Anteilseigner noch weiteres Kapital zuführen müssen, dann müsste auch Schleswig-Holstein den weitaus größ

(Tobias Koch)

ten Teil dieser Eigenkapitalaufstockung tragen. Das wären weitere Risiken im dreistelligen Millionenbereich für das Land Schleswig-Holstein. Das kann auch die FDP nicht ernsthaft wollen.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Oppositionsführer, haben Sie eine Frage an den Redner der CDU?

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich erläutere Ihnen das gern später noch einmal genauer, Herr Kollege Kubicki.

Für das Sparkassengesetz schlägt die FDP vor, dass sich alle schleswig-holsteinischen Sparkassen an einer neuen Sparkassenholding beteiligen, welche sich umgekehrt wiederum mit 25,1 % an allen Sparkassen beteiligt. Es bleibt das Geheimnis der FDP, wie auf diesem Wege auch nur eine Sparkasse einen einzigen Euro zusätzlich an Eigenkapital erhalten soll. Das ist doch ein reines Nullsummenspiel.

Dann die nächste Ungereimtheit: Entscheidungen über Beteiligungen sollen autonom vom jeweiligen Eigentümer der Sparkasse getroffen werden. Hierfür bedürfe es einer Zustimmung von 75 % des Stammkapitals. Nach den eigenen Vorschlägen der FDP verfügen zumindest die öffentlichen Eigentümer nur noch über 74,9 % - Pech, da fehlen leider 0,1 %. Also, die öffentlichen Eigentümer könnten zumindest nach den Vorstellungen der FDP nicht mehr autonom über Anteilseigner entscheiden.

Sollte es aber dennoch zu einer Beteiligung Dritter kommen, dann will die FDP auch die Beteiligung privater Aktionäre zulassen und glaubt, mit einer gesetzlichen Regelung, dass mindestens 50,1 % der Anteile von der öffentlichen Hand zu halten seien, alles geregelt zu haben.

Meine Damen und Herren, ich frage mich, warum wir uns im Augenblick über die Hamburger Sparkasse so sehr den Kopf zerbrechen, wenn das alles so einfach ist, und man nur einfach in das Gesetz hineinschreiben müsste, 50,1 % müssen bei der öffentlichen Hand liegen. Das wäre, sobald sich Private beteiligen, doch ein ganz klarer Verstoß gegen die Kapitalmarktfreiheit innerhalb der Europäischen Union. Private Anteilseigner würden diskri

miniert, indem ihnen gesetzlich ein Mehrheitserwerb verboten wird. Eine solche gesetzliche Regelung ist doch anschließend das Papier nicht wert, auf dem sie steht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Zurufe von der FDP)

Ich bin deshalb so ausführlich auf die Vorschläge der FDP eingegangen,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Weil Sie keine ei- genen haben!)

um gerade in der Abgrenzung aufzuzeigen, dass die Überlegungen der CDU und SPD sowie der Landesregierung deutlich realistischer sind, wirkliche Problemlösungen bieten und wesentlich geringere rechtliche Probleme aufwerfen.