mer noch bedeutet, dass man im kommenden Jahr den Bürgerinnen und Bürgern mehr Schulden auf die Schultern lädt, ist dabei semantisch etwas unter den Tisch gefallen, und das wird jetzt offenbar. Deswegen müssen wir darüber reden, was wir machen können. Da sollte jeder sagen - auch hier in der Debatte -, was er will.
Für meine Fraktion - ich will das gleich noch im Einzelnen ausführen - erkläre ich klar: Wir wollen ein Ende des Schuldenmachens. Wir wollen eine verfassungsrechtliche Verankerung eines Schuldenverbots, einer Schuldenbremse, und wir wollen auch die dazu notwendige Finanzpolitik machen, damit wir dies erreichen können.
Herr Kollege Hentschel, deswegen helfen uns Reden nicht weiter, in denen Sie einerseits sagen: Ich wäre auch für eine Schuldenbremse, ich halte sie auch für richtig - etwas anderes ist moralisch und politisch auch gar nicht verantwortbar -, nur wird es nicht gehen. Es möge sich hier jemand hinstellen, wenn er was anderes will.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum streichen Sie den kon- kreten Absatz aus dem Antrag?)
Wenn dann gesagt wird, das sei nicht möglich, dann darf ich auf ein aktuelles Schreiben vom Präsidenten des Landesrechnungshofs an den Präsidenten des Landtags hinweisen, mit dessen freundlicher Genehmigung ich aus dem Brief vom 24. Februar 2009 auszugsweise - Seite 5 - zitieren möchte:
„Nach den Beschlüssen der Föderalismuskommission malten einige öffentlich den Teufel an die Wand: Wenn das Land ab 2020 ohne Schulden auskommen müsse, dann müsse es bald Tausende Bedienstete entlassen. Das ist falsch.“
„Diese Argumentation spielt nur denjenigen in die Hände, die eine Lösung durch eigene Kraftanstrengung ablehnen.“
Lieber Herr Kollege Hentschel, sagen Sie, ob Sie an einer eigenen Lösung mitwirken oder ob Sie sie ablehnen!
Herr Kollege Hentschel, Ihre Regierungsbilanz ist bekanntlich ein Haushalt gewesen, der im Wahljahr um 1 Milliarde € unterfinanziert war. Ich unterstelle Ihnen an der Stelle keinen Vorsatz, sondern dass es ein Betriebsunfall gewesen ist. Das geschieht zu Ihren Gunsten, obwohl es Leute gibt, die das anders sehen und sagen, das sei System gewesen.
Wer hier einen Haushalt hinterlassen hat, der um 1 Milliarde € unterfinanziert war, sollte an dieser Stelle entweder konkrete Vorschläge machen oder zu dem Thema schweigen.
Deswegen werden wir uns miteinander mit dieser Frage selbstverständlich in Zukunft beschäftigen müssen, und jeder kann dazu konkrete Vorschlägen machen. Wir hören uns die sehr genau an.
Übrigens: Pauschale Behauptungen in die Richtung, irgendeine Verwaltungsreform würde Geld sparen, wie Sie sie heute wieder geäußert haben, machen nur dann Sinn, wenn Sie das auch mit Zahlen unterlegen. Und wir müssen nicht nur Geld bei den Kommunen sparen, was gut ist, sondern auch endlich beim Land.
Ich will etwas zu dem verfassungsrechtlichen Aspekt sagen, der auch diskutiert worden ist: Verfassungsrechtlich ist die CDU-Landtagsfraktion der Auffassung, dass eine Schuldenbremse in der Tat im Grundgesetz nicht verankert werden kann, weil sie in das Haushaltsrecht dieses Landes eingreift. Auch diejenigen, die das auf Bundesebene formulieren, müssen zur Kenntnis nehmen: Wir sind ein
Bundesstaat, es gibt eine Staatlichkeit in SchleswigHolstein, es gibt ein demokratisch gewähltes Parlament. Wenn eine Schuldenbremse verankert wird, wird sie durch diesen Landtag mit der erforderlichen verfassungsgebenden Mehrheit verankert, oder sie wird nicht verankert.
Ich sage jetzt auch teilweise in den Beifall der anderen Fraktionen hinein, dass ich in der Tat der Auffassung bin, dass wir das auch machen müssen. Ich bin in der Tat der Auffassung, dass eine Politik, die unseren Kindern und Kindeskindern immer mehr Schulden hinterlässt, moralisch-ethisch nicht verantwortbar ist. Das hat übrigens der neue demokratische Held der freiheitlichen Welt, Barack Obama, heute Nacht in seiner ersten Ansprache vor dem Kongress fast wörtlich so formuliert. Deswegen bin ich auch der Auffassung, dass wir das verfassungsrechtlich verankern sollten.
Nun hat es darüber Verhandlungen auf Bundesebene gegeben. Alle, die nicht an den Verhandlungen teilgenommen haben, hätten es natürlich besser gemacht als diejenigen, die für uns verhandelt haben. Der Herr Ministerpräsident, der Finanzminister und der Justizminister haben die Landesregierung dort vertreten. Ich möchte dazu zwei Anmerkungen machen. Erstens. Ich bin nach wie vor dem Ministerpräsidenten und dem Justizminister dieses Landes sehr dankbar, dass sie den Altschuldenfonds vorgeschlagen haben.
In nicht offiziellen Gesprächen mit Vertretern anderer Bundesländer hört man im Nachhinein durchaus: Das hätten wir wahrscheinlich machen sollen, das wäre die einzig lautere Lösung für dieses große Problem gewesen.
(Beifall bei der CDU sowie der Abgeordne- ten Birgit Herdejürgen [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deswegen sage ich noch einmal Dank für diesen Vorschlag und diese Initiative. Vielleicht haben wir eine Chance, das später wieder aufzugreifen.
Nun ist unstreitig, dass die Millionen, die zugesagt sind - 80 Millionen € stehen in Rede -, aus unserer
Sicht zu wenig sind. Das weiß ich, das haben auch alle gesagt. Im Übrigen hat das auch der Herr Ministerpräsident öffentlich gesagt.
Aber wir sind nicht allein auf dieser Welt. Man kann ja gern so tun, als wäre Schleswig-Holstein das einzige Bundesland in Deutschland. Das ist aber nicht der Fall. Wir haben eine Diskussion mit anderen. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber ich habe schon Diskussionen miterlebt, obwohl ich an den Beratungen nicht teilgenommen habe, bei denen mir Vertreter von CDU-Fraktionen anderer, reicher Bundesländer gesagt haben: Bei uns kostet der Kindergartenbesuch Geld, wenn ihr SchleswigHolsteiner meint, dass ihr dafür Geld habt, das völlig zu bezahlen, geht es euch wohl haushaltspolitisch nicht so schlecht, wie ihr in den Diskussionen der Föderalismuskommission II immer sagt. Das sage ich ganz offen, wo jeder weiß, dass die CDUFraktion vorgeschlagen hat - das ist auch parlamentarisch umgesetzt worden -, dass das dritte Kindergartenjahr ab Sommer frei wird. Das sage ich auch für die politischen Diskussionen, die wir in der Koalition haben werden. Ob wir uns die anderen beiden Jahre noch leisten können, daran sind meine Zweifel eher größer geworden - auch, dass wir das im bundesweiten Konzept vermitteln können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die politische Lage in Deutschland ist so, dass die 80 Millionen € zugesagt sind. Unter anderem hat SPD-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück gesagt, es gibt keinen Cent mehr. Wir stehen schlicht und ergreifend vor der Frage, ob wir sagen, nein, das ist uns zu wenig. Ich erlebe das manchmal bei meiner kleinen Tochter, die sagt, sie wolle nicht nur zwei Haribos, sondern sie hätte fünf haben wollen und die zwei nehme sie jetzt nicht. Man kann sich so verhalten, aber wer das so macht, muss den Bürgerinnen und Bürgern hinterher auch erklären, dass er die 80 Millionen € pro Jahr ausgeschlagen hat. Ich warne davor, hier hochnäsig zu sein. Es ist zu wenig, aber es ist immerhin Geld für Schleswig-Holstein, und wir sollten dieses Geld im Zweifel annehmen.
Ich möchte eine abschließende Bemerkung machen, die ein wenig hinüberleitet - das ist in einer Diskussion schon der Fall gewesen - in die Diskussion, die wir noch zur HSH Nordbank führen werden.
Die finanzpolitische Lage für Schleswig-Holstein ist außerordentlich ernst. Und ich will jetzt einmal
die verschiedenen umgangssprachlichen Bemerkungen, mit denen eine Insolvenz umschrieben wird, beiseite lassen, und auch die Frage, ob die auf das Land passen oder nicht. Ich halte von Dramatisierungen in öffentlichen Diskussionen da derzeit relativ wenig. Sie ist außerordentlich ernst, und sie ist durch das, was wir bei der HSH Nordbank werden machen müssen, auch nicht besser geworden. Das weiß auch jeder. Die Risiken sind nicht unerheblich.
Meine Damen und Herren, nur wenn wir ein wenig Selbstachtung haben, sollten wir uns als schleswigholsteinische Parlamentarier vornehmen, diese Sache selber zu bereinigen und selbst auf Vordermann zu bringen. Ich traue uns das als Schleswig-Holsteiner zu. Ich halte in diesem Zusammenhang überhaupt nichts von Debatten, dass es Schleswig-Holstein jetzt so schlecht ginge, dass wir ad hoc mit Hamburg fusionieren müssten. Dazu gilt nicht nur der Satz, den der Ministerpräsident einmal in einem anderen Zusammenhang gesagt: „Zwei Kranke in einem Bett werden noch kein Gesunder.“ Dazu gehört auch, dass ich der Auffassung bin, dass wir bei aller Diskussion, die es darüber in Zukunft möglicherweise noch einmal geben wird - schon sagten sollten: Die Suppe, die wir uns eingebrockt haben - das gilt über Parteigrenzen hinweg -, die löffeln wir auch selber aus. Zur Selbstachtung der Politik in Schleswig-Holstein gehört es dazu, dass wir die Schulden, die gemacht worden sind, auch selber wieder bereinigen und abbauen. Und dazu müssen wir Kraftanstrengungen der praktischen Politik der nächsten Jahre unternehmen.
Ich rufe uns alle dazu auf: Fangen wir an, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist für unsere Kinder die einzig verantwortliche Politik, die wir hier noch machen können.
Für die Fraktion der SPD hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unseren Kindern und Enkeln nur Schulden zu hinterlassen, ist falsch. Deshalb sind vernünftige Regelungen zur Schuldenbegrenzung notwendig und vernünftig. Den zweiten Teil, den Barack Obama heute Nacht auch noch gesagt
hat, füge ich später an, Herr Kollege Wadephul. Er hat nämlich auch noch gesagt, woher er das holen will.