Johann Wadephul
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Frau Präsidentin! Mein sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Stegner, es mutet schon etwas eigenartig an, dass gerade Sie in dieser Landtagsdebatte uns auffordern, Farbe zu bekennen. Das machen wir beim Thema Mindestlohn natürlich sehr gern, weil die Meinung der Union dazu bekannt ist. Ich werde sie gleich noch einmal darlegen und versuchen, Ihnen das in einer gewissen Differenziertheit zu erklären, weil manches von dem, was sie gesagt haben, schlicht Phrasendrescherei war. Das hilft uns bei der Frage auch nicht weiter.
Mindestlohn ist wirklich ein Frage, die auch nach allen Föderalismuskommissionen zur Bundesgesetzgebung gehört.
Ich rede gern über diese Themen und werde mich damit - so der Wähler es will - im nächsten Deutschen Bundestag auch beschäftigen. Aber dass Sie als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten beim Thema Schuldenbremse in der Landesverfassung Schleswig-Holstein hier schweigen, beim Thema HSH Nordbank, wo Sie vom Oppositionsführer direkt einige Fragen präsentiert bekommen haben, schweigen und als Einziges bisher Dreiminutenbeiträge abliefern, wo Sie in der Tat berechtigterweise verdienten Kollegen Ihrer Fraktion Lorbeerkränze geflochten haben - wer so ausfällt in der letzten Sitzung dieses Landtags, kann uns nicht auffordern, hier Farbe zu bekennen!
Sie weichen auf ein bundespolitisches Allerweltsthema der deutschen Linken aus, was Sie auf das Engste mit der Linkspartei Oskar Lafontaines und Gregor Gysis verknüpft. Lange hat es Widerstand in der Sozialdemokratischen Partei gegen die Mindestlohnforderung gegeben, irgendwann sind Sie an der Stelle umgekippt. Ich glaube, in allen weiteren Fragen wird das wahrscheinlich auch noch geschehen. Es ist bemerkenswert und soll in diesem Hohen Haus auch festgehalten werden: Alles, was das Herz linker Traditionalisten erwärmt, kommt von Ralf Stegner.
Wer so eine dezidiert linke Politik will, soll sie wählen. Wer eine Politik der Mitte für Deutschland und Schleswig-Holstein will, der soll Peter Harry Carstensen und Angela Merkel wählen.
In der Sache will ich gern das aufgreifen, was Sie vorhin gesagt haben: Es ist in der Tat - da sind nicht Sie der Erfinder, auch nicht derjenige, der in diesem Hause der Erste wäre, der darauf hingewiesen hat - ein hohes christliches - Kollege Fischer, das wird Sie als kirchenpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion vielleicht interessieren - Anliegen, Menschen aus der Armut zu führen sowie einen anständigen Lohn für anständige Arbeit zu zahlen.
Herr Kollege Nabel, aber die Päpste, die das schon vor Jahrhunderten gefordert haben, waren keine Sozialisten, und die brauchen wir auch heute nicht, um so einen Grundsatz in der deutschen Politik durchzusetzen.
Für die Sozialdemokraten - das stellen wir fest - ist der Mindestlohn das Zaubermittel gegen alles, gut gegen Lohndumping, gegen Abhängigkeit von ergänzenden Transferleistungen, gegen Armut.
Dabei sollte allen in diesem Hohen Haus die fatale Nebenwirkung, die der Kollege Stegner gerade missachtet hat, spätestens seit dem Post-Mindestlohn bekannt sein: Entlassene PIN-Mitarbeiter können am Mindestlohn nichts, aber auch gar nichts Zauberhaftes entdecken; sie sind arbeitslos, sie haben Arbeitsplätze verloren. Deshalb gilt der Satz: Sozial ist, was Arbeit schafft.
Für uns als CDU-Fraktion ist die Linie klar: Der Staat - das haben wir bei der HSH Nordbank und anderswo gesehen - ist nicht der bessere Banker, der Staat ist auch nicht der bessere Tarifpartner oder der bessere Lohnfestsetzer, sondern das ist Aufgabe der Tarifvertragsparteien.
Bei Ihrer Solidarität zu den Gewerkschaften, die Sie immer wieder verspüren, unterstützen Sie doch die Gewerkschaften dabei, deren Job es ist, mit den Arbeitgebern Lohn auszuhandeln! Da hat sich der Staat in keiner Weise einzumischen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vorhin haben wir wieder das Friseurbeispiel gehört. Jeder wird aber sicherlich unterschreiben, dass das kein Stundenlohn sein kann. Bei manch einem Haarschnitt ist es sicherlich möglich, mehrer Kunden innerhalb einer Stunde zu bedienen, abgesehen von meinem Kollegen Stritzl - um einmal ein unverdächtiges Beispiel zu wählen.
Ich will mit einer Mär aufräumen, die Sie gerade wieder einmal versucht haben zu verbreiten, Herr Kollege Stegner. Sie erweckten den Eindruck, als ob es in Deutschland erlaubt wäre und es gar keine Sanktionen dagegen gäbe, derart niedrige Löhne zu zahlen. Hierzu gibt es eine gefestigte Recht
sprechung. Das sage ich Ihnen als Arbeitsrechtler. Es gibt eine gefestigte Rechtsprechung aller Arbeitsgerichte in Deutschland. Diese wird auch durchgesetzt, wenn man es denn will. Danach müssen zwei Drittel eines jeweiligen Tariflohnes gezahlt werden. Alles darunter ist sittenwidrig. Das kann auch durchgesetzt werden.
Das führt dazu, dass beispielweise eine Angestellte eines Textildiscounters, die jahrelang 5,20 € pro Stunde bekommen hat, eine Nachzahlung von über 10.000 € durchgesetzt hat, weil der Stundenlohn im nordrhein-westfälischen Einzelhandel bei 9,82 € brutto liegt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Eindruck ist schlichtweg falsch, als wären solche Menschen in Deutschland bei einer derart ausgefeilten arbeitsgerichtlichen Rechtssprechung rechtlos. Das ist eine Volksverdummung, und das muss richtiggestellt werden.
Dann kommen wir zu der Frage -
- Wenn ein gesetzlicher Mindestlohn nicht gezahlt würde, müsste auch geklagt werden. Herr Kollege Baasch, so viel sollten mittlerweile auch Sie von unserem Rechtsstaat verstanden haben. Es gibt jedoch eine Menge gesetzlicher Vorschriften, an die sich die Menschen nicht halten. Darüber kann ich Ihnen eine Menge erzählen.
Nun stellt sich die Frage, welcher gesetzliche Mindestlohn der richtige ist. - Herr Kollege Stegner, dazu haben Sie in der Debatte nichts gesagt. Dabei fängt die Streiterei an, die wir übrigens auch schon in der neuen Mindestlohnkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen SPD-Politikers Klaus von Dohnanyi führen. DGB-Chef Sommer fordert einen Mindestlohn von 7,50 €. Die Sinnhaftigkeit dieser Forderung wird von anderen Mitgliedern dieser Kommission bestritten. Die Linke fordert bekanntlich 10 €. Das heißt, wir würden es den Koalitionsverhandlungen von Herrn Stegner und einigen politischen Verrückten in der Linkspartei in SchleswigHolstein überlassen, welcher Mindestlohn in Schleswig-Holstein gezahlt werden soll.
Meine Damen und Herren, wer das den Menschen ernsthaft als eine bessere Form der Lohnfindung verkaufen will, der soll das meinetwegen auch in einer namentlichen Abstimmung im Landtag Schleswig-Holstein darstellen. Damit gewinnen wir jede Wahl.
Vor einigen Tagen war ich am Brahmsee und bin am Hause des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt vorgefahren. Dabei dachte ich an die heutige Debatte und überlegte mir, ein Zitat von Helmut Schmidt - ein anerkannter Sozialdemokrat, den auch Sie kürzlich besucht haben und mit dem Sie sich für Ihr Parteiblättchen ablichten ließen - herauszusuchen. Über dieses Thema hätten Sie einmal mit ihm sprechen sollen. Mit der freundlichen Genehmigung der Präsidentin darf ich Helmut Schmidt zitieren:
„Wenn Sie den Mindestlohn zu hoch ansetzen, dann provozieren Sie Schwarzarbeit, oder Sie provozieren die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Wenn Sie ihn zu niedrig ansetzen, dann provozieren Sie Frühverrentung oder freiwillige Arbeitslosigkeit.“
Wo der Sozialdemokrat Helmut Schmidt recht hat, hat er recht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Damit steht er übrigens nicht allein.
- Das waren zwei ganz klare Argumente gegen Mindestlöhne. So äußert sich nicht nur Helmut Schmidt, sondern auch der Vorsitzende der IG BCE, Hubertus Schmoldt. Ihn als Gewerkschaftler sollten Sie vielleicht noch ernst nehmen, wenn Sie für Gewerkschaften noch etwas ausrichten wollen. Es stellt sich sonst die Frage, was Sie letztlich noch regeln wollen. Er ist der Auffassung, dass gesetzlicher Mindestlohn das deutsche Tarifmodell untergräbt und die Gewerkschaften bei ihrer ureigensten Aufgabe der Lohnfindung schwächt.
Die deutsche Tarifautonomie, die durch Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes garantiert ist, ist ein hohes Verfassungsgut, um das uns viele beneiden. Viele, die einen Mindestlohn eingeführt haben, haben das deswegen gemacht, weil sie keine starken Gewerkschaften haben, die die Arbeitnehmerrechte wahrnehmen. Die CDU steht hinter den Gewerkschaften und traut ihnen zu, die Lohnfindung durchzuführen. Sie will, dass sie weiterhin ihre Kernaufgabe wahrnehmen.
Sie führen an, alle EU-Länder hätten einen Mindestlohn eingeführt. Diese rein quantitative Betrachtung ist natürlich auch daneben.
Wer sich intensiv mit dieser Frage auseinandersetzt, kommt zu dem Ergebnis, dass Mindestlöhne in Rumänien und Polen bei etwa 1 € liegen. In Frankreich liegen sie bei 8,82 €. Infolgedessen ist die Jugendarbeitslosigkeit fast doppelt so hoch wie die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland. Auch das ist mittlerweile anerkannt.
Viele Franzosen bedauern diesen Umstand. Wir kommen also auf einen interessanten Punkt. Das muss einmal gesagt werden. Sie machen Politik für diejenigen, die Arbeit haben. Wir machen Politik für diejenigen, die Arbeit bekommen sollen. Diese hoffen mittlerweile auf die Union, aber nicht mehr auf Sie.
Ich nehme zur Kenntnis, dass meine Redezeit und im Übrigen auch meine Zeit in diesem Hohen Haus abgelaufen ist. Ich bedanke mich für die lebhafte Begleitung meiner Rede. Ich bedanke mich für das gute Miteinander, das wir abgesehen von einigen Zwischenrufen insgesamt in diesem Hohen Haus hatten. Insbesondere bedanke ich mich für das große Vertrauen, das ich auf Vorschlag des Ministerpräsidenten in meiner Fraktion gefunden habe. Wir haben viele schöne und auch viele schwierige Stunden miteinander gehabt. In dieser Stunde denke ich besonders an Monika Schwalm, die mir nach wie vor fehlt.
Herr Präsident, Sie haben mich gerade etwas irritiert. Ich wollte beantragen, dass wir abschnittsweise über den Antrag der FDP abstimmen, nämlich zuerst über die Nummern 1 und 2 und dann über die Nummer 3. Ich bitte das Hohe Haus darum, die Abstimmung gegebenenfalls zu wiederholen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat umfänglichst den Beratungsgang dargestellt. Ich kann sagen: Die CDU-Fraktion bleibt bei ihrer Auffassung und unterscheidet sich darin von anderen Fraktionen. Darüber wird zu sprechen sein. Eine Schuldenbremse ist richtig. Eine Schuldenbremse muss verfassungsrechtlich verankert werden. Das schulden wir unseren Kindern und Enkelkindern. Deswegen sollte der Landtag heute hier so entscheiden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDUFraktion hat immer gesagt, dass sie der Auffassung ist, dass eine Verankerung im Grundgesetz, die mit verfassungsändernder Mehrheit von Bundestag und Bundesrat vorgenommen worden ist, verfassungsrechtlich überprüft werden soll. Sie hat aber
auch klar gesagt, dass wir auf keinen Fall eine Situation wollen, wo wir ohne hinreichende Prüfung der Verfassungslage überstürzt Klage erheben, Herr Kollege Kubicki,
- ich werde gleich dazu kommen -, dann gegen die Änderung des Grundgesetzes klagen und sich der Landtag gleichzeitig nicht in der Lage sieht, eine Verfassungsänderung in Schleswig-Holstein durchzuführen.
Das war auch die bisherige Position der FDP, die sie aufgegeben hat. Darüber werden wir noch zu diskutieren haben. Wir bleiben dabei: Am Schluss muss es eine verfassungsrechtliche Regelung geben, lieber hier in der schleswig-holsteinischen Landesverfassung, zumindest jedoch im deutschen Grundgesetz. Das ist notwendig.
Deswegen ist meine Bitte, dass alle anderen Fraktionen ihre grundsätzlichen Positionen dazu formulieren.
Seitens der SPD-Fraktion haben wir keine klare Bekundung, was nun gewollt ist. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, der sich um das höchste Staatsamt des Landes Schleswig-Holstein bewirbt, hat noch zu Beginn dieses Jahres eine entsprechende Regelung in der Verfassung als rituelle Selbstfesselung bezeichnet und als staatlich verordnetes Verarmungsprogramm für Schleswig-Holstein.
Herr Stegner, erklären Sie hier und heute dem Hohen Haus, ob Sie an diesen Formulierungen festhalten, oder ob Sie sich davon verabschieden und sich zu einer Schuldenbremse bekennen!
Ich halte es für notwendig, dass wir eine Klärung bekommen, weil es nicht angehen kann, dass der Partei- und Fraktionsvorsitzende der SPD sich in dieser Art und Weise diskreditierend über eine Schuldenbremse äußert und er dann den wackeren Kollegen Puls nach einer Ausschusssitzung vorschickt, um zu bekennen, die SPD sei ja für eine Verfassungsänderung. Dass der Kollege Kubicki das gleich glaubt, ist wahrscheinlich seinen blauen Augen zu verdanken - heute auch in den „Lübecker Nachrichten“ zu bewundern, ich bitte den Artikel zu lesen; er hat darauf mehrfach aufmerksam gemacht.
Hier und heute kann das Hohe Haus entscheiden, ob es eine Verfassungsänderung will oder nicht. Deswegen ist die Antragslage, die der Kollege Kayenburg vorgelegt hat, in sich konsistent: Wenn wir zu einer Verfassungsänderung kommen - ich werde für meine Fraktion nachher eine namentliche Abstimmung beantragen -, dann wird sich die CDU-Fraktion der Klage anschließen. Wenn wir nicht dazu kommen, können wir zum jetzigen Zeitpunkt selbstverständlich nicht klagen.
Deswegen sage ich den Sozialdemokraten: Hier und jetzt ist das Parlament. Nicht wolkige Auskünfte über die Zukunft, nicht Erklärungen des Kollegen Puls, den ich persönlich sehr schätze und der bedauerlicherweise wie ich selber dem Landtag nicht mehr angehören wird, sondern eine Erklärung desjenigen, der hier in Schleswig-Holstein regieren will, ist notwendig. Die Erklärung der SPD-Fraktion und die Entscheidung der SPD-Fraktion ist jetzt und in dieser Sitzung erforderlich.
- Herzlichen Dank, Herr Kollege Astrup, ich freue mich, dass Sie so gesund in unsere Reihen zurückgekehrt sind. Diese Zwischenrufe haben mir auch gefehlt.
Dann war da noch der Kollege Kubicki,
damals aber noch Oppositionsführer - so schnell geht es -,
der sagte - Frau Präsidentin, ich bitte um die Genehmigung, zitieren zu dürfen -:
„Ich sage für meine Fraktion ganz klar: Wenn eine Klage gegen die Bundesregelung zur Schuldenbremse dazu missbraucht werden soll, hier einen finanzpolitischen „langen Schuh“ hinzulegen und sich aus der Verantwortung zu stehlen, dann werden wir nicht als Kläger auftreten.“
„Wir verlangen von den Sozialdemokraten heute“
- Ergänzung vom 19. Juni
„das klare Bekenntnis, dass Sie eine Landesregelung für eine Schuldenbremse nicht blockieren werden, und wir erwarten vor Klageerhebung die Einleitung eines entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens hierzu.“
Ich möchte erst einmal diesen Gedanken zu Ende bringen, weil ich das Zitat schon wichtig finde, Herr Kollege Kubicki.
- Sie haben ja angekündigt, dass Sie mich nachher zitieren wollen. Das ist immer lohnenswert. Aber ich sage Ihnen, wenn Sie am 19. Juli diese Position aufgebaut haben, müssen Sie dem Hohen Haus schon erklären, warum Sie sich von dieser Position verabschieden.
Konsistentes politisches Verhalten, lieber Herr Kollege Kubicki, sieht anders aus.
Jetzt beantworte ich die Zwischenfragen.
Jawohl!
Das ist mir nicht entgangen, man hätte nur die ganze Zeit im Sommer nutzen können,
um eine Verfassungsänderung hier zu beraten und auch durchzuführen. Dazu sehen sich Fraktionen nicht in der Lage.
Herr Kollege Kubicki, auch als Anwalt stelle ich Ihnen die Frage: Was ist das eigentlich für eine Position, erst einmal eine Klage zu erheben, aber schon den Hintergedanken zu haben, die Klage wahrscheinlich wieder zurückzunehmen, weil Sie darauf vertrauen – das ist die Logik hinter Ihrem Vorgehen -, dass dieser Landtag mit den Stimmen der SPD eine Zweidrittelmehrheit zusammenbekommt, um eine Schuldenbremse zu beschließen?
Eine Verfassungsklage muss gut überlegt sein, und ein Landtag sollte keine Klage vor dem höchsten deutschen Gericht anstrengen, wenn sie vermeidbar ist.
Vielmehr sollte er vorher seine Hausaufgaben machen und klären, ob er eine Änderung der Landes
verfassung will. Sie, Herr Kollege Kubicki, wollen sie, aber die SPD will sie nicht. Sie sollten nicht Steigbügelhalter der Sozialdemokraten sein.
Das Schwanken zwischen den Fronten bekommt Ihnen nicht gut, Herr Kollege Kubicki. Aber allen wird klar: Wer eine bürgerliche Mehrheit will, der sollte CDU wählen. Das ist, glaube ich, das Beste.
Jetzt komme ich zu den Grünen, Herr Kollege Hentschel. Sie wollen der Verfassungsänderung möglicherweise zustimmen, aber Ihre Spitzenkandidatin Monika Heinold liebäugelt nun auch mit RotRot-Grün. Abgesehen davon, dass das arithmetisch nicht reichen wird, und abgesehen davon, dass ich es für unverantwortlich hielte, wenn die Linkspartei politische Verantwortung in Schleswig-Holstein bekäme,
will ich mich einmal mit Ihren finanzpolitischen Ansichten, Frau Heinold, auseinandersetzen, die ich immer sehr ernst genommen habe. Ich habe Sie bisher als Verfechterin finanzpolitischer Nachhaltigkeit an der Seite von Finanzminister Rainer Wiegard und der CDU-Fraktion wahrgenommen; Sie haben sehr ernsthafte Anträge eingebracht.
Schauen Sie sich aber einmal an, was die Linkspartei für Schleswig-Holstein will. Ich nenne nur zwei Beispiele: Sie will ein Ausgabenprogramm in Höhe von 3,5 Milliarden € pro Jahr.
- Natürlich sind Sie nicht dafür verantwortlich. Aber Sie wollen mit eben dieser Linkspartei, die ein derartiges Ausgabenprogramm plant, hier in Schleswig-Holstein regieren, sagen aber gleichzeitig, dass Sie eine Schuldenbremse verfassungsrechtlich verankern wollen. Das glaubt Ihnen niemand. Sie führen die Wählerinnen und Wähler hinters Licht.
Außerdem muss die Forderung der Linkspartei nach kostenlosem öffentlichen Nahverkehr für alle stärker an die Öffentlichkeit.
Herr Kollege Stegner, in Ihrer Position kommt es in der Tat nicht auf die Mark oder den Euro an. Als Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein haben Sie schon einmal ein tolles Stück abgeliefert, indem Sie im Januar 2005 sagten, wir würden eine Punktlandung hinlegen, die dann um gerade mal 1 Milliarde € danebenging. - Wer so rechnet, der sollte nicht als Finanzminister und erst recht nicht als Ministerpräsident Verantwortung hier in Schleswig-Holstein übernehmen.
Ich fasse zusammen: Entweder findet das Hohe Haus jetzt die Kraft für eine Verfassungsänderung das stünde uns gut zu Gesicht -, oder wir finden diese Kraft nicht. In der namentlichen Abstimmung nachher wird sich zeigen, wer bereit ist, verantwortliche Politik für die zukünftigen Generationen zu machen, und wer nicht dazu bereit ist. Wenn wir diese Kraft nicht finden, sollten wir als SchleswigHolsteiner in einer gewissen Bescheidenheit einsehen, dass es eine verfassungsändernde Mehrheit im Deutschen Bundesrat und im Bundestag gegeben hat und kein anderes Bundesland gegen die Schuldenbremse klagt, weil alle der Auffassung sind, dass das, was Günther Oettinger und Peter Struck für Deutschland entwickelt haben und was im Grundgesetz verankert wurde, eine gute Regelung für die Zukunft unseres Landes ist. Wir sollten es dann bei der Schuldenbremse im Grundgesetz belassen. Das ist das Beste, was wir für unsere Kinder und unsere Enkelkinder tun können.
Herr Kollege Kubicki, ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie versucht haben, mich milde zu stimmen, während ich aufstand.
- Nein.
Dennoch habe ich zwei Fragen. Die erste Frage lautet: Räumen Sie ein, dass Sie bisher in diesem Hause eine andere Auffassung zur Frage der Klageerhebung vertreten haben,
- Nein.
nämlich dass zunächst eine Verfassungsänderung durchzuführen ist und dass dann eine Klage zu erfolgen hat?
- Nein.
Meine zweite Frage lautet: Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass die Klagerücknahme der CDU-Fraktion eine Folge geänderter politischer Verhältnisse und eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag gewesen ist und dass sie insofern mit der aktuellen Situation nicht vergleichbar ist?
- Herr Kollege Wadephul, zum ersten Punkt sage ich Nein, weil meine Aussage immer die war, dass das Verfahren auf den Weg gebracht werden muss.
Wir können gern zitieren, es ist alles dokumentiert. Ich sage noch einmal: Wir haben bis zur Einreichung der Klage - das dauert noch ein bisschen ausreichend Gelegenheit, in der nächsten Legislaturperiode das auf den Weg zu bringen, was wir so unterstelle ich es einmal - alle gemeinsam wollen. Zu Ihrer zweiten Frage sage ich: Herr Kollege Wadephul, auch die Frage der Klagerücknahme kann in einem Koalitionsvertrag zwischen uns beiden vereinbart werden. Dem steht nichts entgegen.
Ich gehe davon aus, dass wir im Haus die einfache Mehrheit erhalten werden, wenn nicht sogar die Zweidrittelmehrheit. Das würde ausreichen. Ich hoffe, Sie sehen das nach wie vor so. Sie müssen der deutschen Öffentlichkeit - den Schleswig-Holsteinern - erklären, warum Sie jetzt von einem einstimmigen Beschluss des Landtags Abstand nehmen wollen, eine Klage zu erheben, um unser Recht als Landtag gegenüber dem Bund zu verteidigen. Das müssen Sie erklären. Wahrscheinlich hat Ihre Bundeskanzlerin gesagt, sie sei not amused, wenn unmittelbar vor der Wahl das Signal aus Schleswig-Holstein kommt, dass man rechtlich gegen eine Bundesregelung vorgeht, die dort alle begrüßt haben.
Der Gesetzentwurf des Landtagspräsidenten, dem wir zustimmen werden, ist aus unserer Sicht derzeit das Beste, was als Kompromisslösung vorhanden ist. Deshalb stimmen wir dem zu. Wir tun dies auch, um zu dokumentieren, dass es uns darum geht, etwas Vernünftiges in der Verfassung zu verankern. Die Sozialdemokraten haben erklärt, sie stellen hierzu die Zweidrittelmehrheit nicht her. Ich glaube, dass wir in der nächsten Legislaturperiode sehr zeitnah zu einer Regelung kommen können, die in diesem Haus eine Zweidrittelmehrheit findet.
Ich sage noch einmal: Sonst wird die FDP alles daransetzen, um sicherzustellen, dass wir die bundesrechtliche Regelung, die wir für verfassungswidrig halten, behalten. Das wäre bedauerlich, aber es wäre ein Signal dahin gehend nach außen, dass wir nicht wollen -
- Herr Kollege Dr. Stegner, Ihr Rechtsverständnis ist in der Vergangenheit ordentlich dokumentiert worden. So viele Verfassungsbrüche, wie Sie sie auf den Weg gebracht haben, hat keiner vor Ihnen geschafft.
- Ja, ja.
Wir sagen auch vor der Wahl noch einmal ausdrücklich: Wir werden uns von den Sozialdemokraten nicht hinter die Fichte führen lassen, denn wenn die Zusagen, die im Innen- und Rechtsausschuss und heute im Plenum gegeben wurden, wenn die Zusagen, die der Kollege Weber im Innen- und Rechtsausschuss persönlich abgegeben hat, nicht eingehalten werden, dann werden wir entsprechende Maßnahmen und Wege finden, das durchzusetzen, was wir für sinnvoll halten. Es kann nicht sein, dass man weiterhin auf Kosten der nächsten Generation Champagnerpartys feiert. Das wäre politisch wirklich veranwortungslos.
Herr Kollege Dr. Wadephul, die CDU-Landesregierung hätte es in den letzten Wochen auch in der Hand gehabt, durch einen entsprechenden Gesetzentwurf vielleicht dazu beizutragen, eine sinnvolle Lösung zu finden. Das hätte man bei den Aussagen, die Sie gemacht haben, erwarten können. Sie hatten seit dem 15. Juli genauso viel Zeit wie alle anderen auch, eine sinnvolle Lösung auf den Weg zu bringen. Dem haben Sie sich -
- Ich kann mich daran erinnern, wie sehr Sie über den Kollegen Kayenburg hergefallen sind. Das kann ich dokumentieren.
Ich finde es beachtlich. Ich habe großen Respekt davor, dass der Landtagspräsident als einzelner Abgeordneter den Mut aufbringen muss, eine entsprechende Regelung einzubringen, weil Sie als Fraktion den Mut oder die Möglichkeit nicht hatten. Darunter steht nicht die Unterschrift der CDU-Fraktion, sondern dort steht nur Martin Kayenburg
- Ich hätte erwartet, dass die CDU-Fraktion eine entsprechende Regelung einbringt und dass nicht der Herr Landtagspräsident als Einzelperson aufgrund seiner persönlichen Überzeugung, die er dokumentiert hat, so in Vorleistung treten muss. Dazu werden aber sicher Sie oder der Herr Landtagspräsident noch Stellung nehmen. Jedenfalls den anderen vorzuwerfen, sie hätten die Zeit nicht genutzt, ist merkwürdig. Wir sind genauso wie Sie und viele andere aus diesem Hohen Haus auch am 15. Juli von der Auflösung dieser Großen Koalition überrascht worden. Der Kollege Astrup hat die Ewigkeitsgarantie für die Große Koalition im Kopf gehabt. Das ist bedauerlicherweise oder Gott sei Dank aufgelöst worden.
Ich sage auch hier: Dokumentieren wir, dass wir zu dem stehen, was wir bisher gesagt haben. Dokumentieren wir, dass wir ernst meinen, was wir gesagt haben, und dass wir das tun. Nehmen wir in der nächsten Legislaturperiode zügig eine Verfassungsänderung in Angriff, die das Wort auch verdient. Tun wir dies für die Landesverfassung Schleswig-Holsteins. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Als kleine Drohung an die Sozialdemokraten, falls wir sie überhaupt brauchen, sage ich: Sollten Sie sich verweigern, dann wird es mit unserer Unterstützung keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zulasten der Bundesregelung geben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rede fing so staatspolitisch an, und ich dachte, Ralf Stegner würde heute in der Lage sein, eine große Rede zu halten. Und dann wieder das Übliche: Ich weiß alles. Ich habe die Wahrheit gepachtet. Ralf Stegner wird Ministerpräsident. Die Erde ist eine Scheibe. - Das war das Motto, das wir gehört haben.
Herr Kollege Stegner, mich enttäuscht die Polemik Ihrer Rede. Mich irritiert Ihre Selbstgewissheit, und ich bin entsetzt über Ihren Wirklichkeitsverlust.
Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Es liegt mir fern, Ihnen als jetzigem Oppositionsführer - herzlichen Glückwunsch; mein Beileid, Herr Kollege Kubicki - Vorschriften zu machen, was Sie zu sagen haben. Aber wir sind ja in den letzten Tagen von dem einen oder anderen Sozialdemokraten gemahnt worden, ein bisschen auf den Stil des Landes und der politischen Auseinandersetzung zu achten. Da muss ich schon sagen: Wir haben uns schon daran gewöhnt, dass Sie regelmäßig davon reden, das, was wir machten, sei würdelos und stillos.
Schäbig ist das Verhalten des Herrn Ministerpräsidenten nach Ihrer Auffassung ohnehin; das haben Sie mehrfach, auch heute wieder, gesagt.
Sie erkennen einen schlimmen Rückfall in die Zeiten von früher - was immer das bedeuten soll. Vielleicht sind wir da wieder bei Ihrem Twitter-Eintrag der vergangenen Woche. In einem Fernsehbeitrag haben Sie es fertiggebracht, dreimal „Schande“ und viermal „Lüge“ oder „gelogen“ zu sagen. Lieber
Herr Kollege Stegner, bei allem Respekt vor Ihrem Intellekt und Ihrem akademischen Werdegang erlaube ich mir einen deutlichen Appell an Ihre gute Kinderstube: Lassen Sie so etwas schlicht und ergreifend bleiben!
Es hilft, wenn man sich in der Sache darauf einlässt. Das zeigt ein bisschen, welches Problem Sie aus meiner Sicht im Kern haben. Ich bin ja dankbar, wenn ich Sie auf ein bedeutendes, modernes Buch aufmerksam machen konnte. Vielleicht sollten Sie nicht nur nachlesen, was andere darüber im „Kindler“ schreiben. Lesen Sie es sich einmal selber durch. Ich verstehe Ihr Interesse am Biedermann, aber ich finde, Sie sollten sich einmal mit dem Brandstifter, mit dem, was er gemacht hat, auseinandersetzen.
Ein wenig mehr Selbstreflexion täte Ihnen gut. Sie sagen ja an diesem Pult immer, Sie seien bescheiden und würden auch eigene Fehler anerkennen; das findet sich mehrfach im Protokoll. Nur, es gilt der alte Satz: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Sie haben verschiedene Fässer in das Dachgeschoss der Großen Koalition hineingerollt; der Herr Ministerpräsident hat sie noch einmal angesprochen. Das begann damit, dass Sie sich von der Kürzung der Beamtenpensionen beziehungsweise der Weihnachtsgeldzahlungen abgesetzt haben, und ging bis hin zu den jüngsten Schreiben an die GdP, die Sie vorhin wiederum nur selektiv zitiert haben, den entscheidenden Teil nämlich weglassend und den Eindruck erweckend, die CDU habe jemals die Absicht gehabt, im operativen Bereich der Polizei irgendetwas zu sparen, was schlicht und ergreifend falsch ist. Das ist Ihr Kernproblem.
Deswegen sage ich Ihnen, lieber Herr Stegner: Sie haben uns in der letzten Unterredung hier an die zahlreichen Besuche im Vatikan erinnert. Es ist richtig: Wir hatten dort interessante Aufenthalte und haben interessante Gespräche geführt, auch mit Seiner Heiligkeit Papst Benedikt.
Sie sind mit Ihrer Selbstgewissheit besser bei der Pius-Bruderschaft aufgehoben. Darüber sollten Sie einmal nachdenken. Ein Stück weit isoliert sind Sie damit mittlerweile nach meiner Wahrnehmung auch in der eigenen Partei. Das sollten Sie irgendwann zur Kenntnis nehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit sind wir beim Kern der Frage, die wir hier miteinander zu diskutieren haben: Wollen Sie eigentlich die Auflösung des Schleswig-Holsteinischen Landtags zum Zwecke der Neuwahl am Tage der Bundestagswahl, oder wollen Sie die Auflösung nicht? - Nach Ihrer Rede rätsele ich einmal mehr: Was will der SPD-Fraktionsvorsitzende eigentlich?
In seiner Rede am 17. Juli hat er gesagt:
„… wir brauchen einen Neuanfang und es wird Neuwahlen geben müssen.“
Im Deutschlandfunk am 18. Juli:
„Es wird Neuwahlen geben, und die SPD wird dem nicht im Wege stehen.“
An anderer Stelle, in demselben Interview:
„Auch die SPD ist dafür - die Koalition ist ja kaputt -, dass es bald zu Neuwahlen kommt. Die wird es ja auch geben … “
Ihre Fraktion haben Sie unter Punkt 6 beschließen lassen:
„Die SPD-Fraktion wird vorgezogene Neuwahlen nicht blockieren. Die Menschen wollen nunmehr keinen Dauerstreit, sondern eine schnelle Lösung.“
Dann nehmen Sie hier ganz bewusst die Stellung des Oppositionsführers ein und machen damit deutlich - auch mit Ihrer Erklärung, die nachvollziehbar und logisch ist; so weit ist noch alles in sich schlüssig -, Sie trügen diese Regierung nicht mehr mit. Aber dann stellen Sie sich hier in diesem Haus, wie gerade eben, an dieses Pult, gerieren sich als oberster Verfassungshüter des Landes Schleswig-Holstein und reden von einer „fingierten“ Vertrauensfrage. Herr Stegner, einmal mehr die Aufforderung an Sie: Bekennen Sie Farbe! Was wollen Sie eigentlich?
Die CDU-Landtagsfraktion geht diesen schwierigen Weg mit. Nachdem es nicht möglich war, am Montag bei der offiziellen Abstimmung über den Auflösungsantrag, den wir gemeinsam mit den Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den Abgeordneten des SSW gestellt hatten, diesen Weg zu gehen, müssen wir heute den weiteren Schritt gehen, der logisch ist und der auch in der Konsequenz Ihrer öffentlichen Erklärungen steht, Herr Kollege Stegner.
Ich bin mit meiner Fraktion der Auffassung, dass eine stabile Mehrheit in diesem Haus für die Lan
desregierung von Peter Harry Carstensen nicht mehr gegeben ist. Deshalb werde ich mich bei der kommenden Abstimmung der Stimme enthalten. Zugleich habe ich meiner Fraktion empfohlen, sich ebenfalls zu enthalten. Dies ist in dieser konkreten Verfassungssituation eine Gewissensentscheidung einer jeden Abgeordneten und eines jeden Abgeordneten.
- Frau Kollegin Franzen, im Gegensatz zu dem offensichtlichen Verhalten in Ihrer Fraktion am vergangenen Montag übe ich in dieser Situation keinen Fraktionszwang aus, sondern ich überlasse es jedem einzelnen Abgeordneten, wie er sich in dieser Situation verhält. Das ist vielleicht ein Unterschied in der Parlamentskultur, die wir in den Fraktionen miteinander üben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Entscheidung fällt vielen von uns und auch mir nicht leicht.
Ich bin - um das deutlich zu sagen - nicht der Meinung eines Kommentators einer schleswig-holsteinischen Zeitung, die Große Koalition trete mit leeren Händen vor die Wählerinnen und Wähler. In diesem Regierungsbündnis wurde gerade zu Beginn manches erreicht. Die Verknüpfung von Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik unter Minister Dietrich Austermann erwies sich als ebenso sinnvolle wie effektive Zusammenführung der Stärken unseres Heimatlandes. Ob es um die wissenschaftlichen Exzellenzcluster, das Hochschulgesetz, die gezielte Strukturförderung im Schleswig-HolsteinFonds oder das Vorantreiben von schon visionären Infrastrukturmaßnahmen wie der festen Fehmarnbelt-Querung ging - diese Landesregierung unter Führung von Peter Harry Carstensen sorgte für Wachstum, Zuversicht und Arbeitsplätze.
Gemeinsam mit Umwelt- und Landwirtschaftsminister Dr. Christian von Boetticher gelang es, eine moderne Umweltpolitik mit den Menschen und nicht gegen sie zu machen.
Unser Landesnaturschutzgesetz schützt die natürlichen Lebensgrundlagen effektiv und nimmt die Menschen unseres Heimatlandes auf diesem Weg mit.
Ausdrücklich möchte ich die erfolgreiche Politik der bisherigen sozialdemokratischen Ressorts hinzuzählen: Mit Innenminister Dr. Ralf Stegner verabschiedeten wir beispielsweise ein Polizeigesetz, das gegen mannigfache Widerstände - auch unserer damaligen Opposition - durchgesetzt werden musste, das aber das Prädikat „Wir sichern Recht und Ordnung und stärken unserer Polizei den Rücken!“ wirklich verdient hatte.
Ebenso gehören moderne und zukunftsgerichtete Gesetzesvorhaben wie das gemeinsam mit Justizminister Uwe Döring erarbeitete Jugendstrafvollzugsgesetz oder das mit Sozialministerin Dr. Gitta Trauernicht erarbeitete Kinderschutzgesetz zu den Erfolgen der Großen Koalition.
Ich bleibe - auch im Vorfeld des Landtagswahlkampfes - dabei, dass unser neues Schulgesetz richtig war und dass der jahrzehntelange Streit zwischen rechts und links um das richtige Schulsystem in unserem Land zu Recht beendet wurde. Dies ist auch ein Verdienst von Ute Erdsiek-Rave.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir bekennen uns zu diesem Schulgesetz, und wir leben es - Herr Kollege Stegner, im Gegensatz zu Ihren Ausführungen - in allen seinen Ausprägungen, auch mit Streit in der eigenen Partei.
Es gibt viele Kommunalpolitiker in der Union, die sich vor Ort für eine Gemeinschaftsschule entschieden haben. Es wirft ein gewisses Schlaglicht auf Ihren politischen Stil, dies in Abrede zu stellen. Ich möchte mir das, was es dort an neuen Gemeinsamkeiten in der Bildungspolitik gegeben hat, auch durch einen harten Wahlkampf nicht völlig nehmen lassen.
Mit Lothar Hay als Fraktionsvorsitzendem und mit ihm als Innenminister habe ich persönlich und hat meine Fraktion insgesamt gut zusammengearbeitet. Wenn Sie heute sagen, dass Sie die Privilegien der Ministerien nicht davon abhalten, hier Ihren Weg zu gehen, ist es schon fast tragisch, dass Lothar Hay mit dem Verlust des Amtes dafür bezahlen muss, dass Sie diesen ganz speziellen Weg, Herr Kollege Stegner, in dieser Koalition gegangen sind.
Von Anfang an musste jedoch im Fokus unserer Politik die Haushaltslage des Landes stehen. Schwieriger hätte die Ausgangslage kaum sein können. Der vom damaligen, vormaligen Finanzminister Dr. Ralf Stegner vorgelegte Haushalt, den er später einmal verharmlosend „Wahlkampfhaushalt“ nannte, verschleierte eine Nettoneuverschuldung für das Jahr 2005 von sage und schreibe 1,7 Milliarden €.
Von Anbeginn an hat die CDU in diesem Politikbereich einen völlig anderen Schwerpunkt gesetzt als viele - nicht alle - Sozialdemokraten in diesem Haus.
Es geht, wie ich in der Debatte der vergangenen Woche schon gesagt habe, die dem Koalitionsausschuss gewidmet war, darum, nachhaltige Politik zu machen.
Finanzminister Rainer Wiegard, der ganz neue Schwerpunkte in der schleswig-holsteinischen Finanzpolitik gesetzt hat, die ein dauerhaftes Verdienst seiner Politik in diesem Amt sind - das kann man schon jetzt feststellen -, hat dieses Haus in den Haushaltsberatungen immer wieder auf seine Verantwortung für kommende Generationen hingewiesen.
Er hat mit uns erreicht, dass erste, wichtige Weichenstellungen zu einer Konsolidierung unseres Haushalts erfolgen konnten. Doch letztlich - der Herr Ministerpräsident hat die Entwicklung nach dem letzten Koalitionsausschuss beschrieben - fehlte an den entscheidenden Weichenstellungen der SPD - jedenfalls in ihrer Gänze - die Kraft und die Bereitschaft, wirklich das Ruder herumzureißen.
Von einer Politik, die das Land sehenden Auges mit dem verniedlichenden Ausspruch: „Wir können doch das Land nicht kaputtsparen“ in den Abgrund führt, abzulenken, dazu ist die CDU-Fraktion in diesem Haus gemeinsam mit der CDU-Regierung nicht bereit.
Diese Auffassung ist Grundlage unserer Finanzpolitik in den vergangenen vier Jahren gewesen. Wir haben dem schon in dem ersten gemeinsamen Entschließungsantrag der damaligen Koalitionsfraktionen von CDU und SPD Ausdruck verliehen. Wieder und wieder haben wir erleben müssen, dass diese Politik letztlich nicht getragen wird. Wie anders
kann man sich beispielsweise das auch vom Ministerpräsidenten angesprochene Theater um die irrsinnigen Versprechungen hinsichtlich zweier weiterer kostenloser Kindergartenjahre erklären?
In der heutigen Debatte muss etwas zum Thema HSH Nordbank gesagt werden. Kollege Dr. Stegner hat dazu die Behauptung erhoben, es gehe darum, vom Thema HSH Nordbank abzulenken.
Dazu ist aus Sicht meiner Fraktion zu sagen, dass wir es schlicht für ausgeschlossen halten, dass irgendjemand - wenn er es denn überhaupt wollte von diesem Thema ablenken könnte. Denn das Thema HSH Nordbank ist für unser Bundesland schlichtweg existenziell, möglicherweise sogar existenzbedrohend.
Dieser Landtag ist auch mit Stimmen meiner Fraktion im Frühjahr dieses Jahres Verbindlichkeiten in einem Volumen eingegangen, die einmalig für unser Bundesland sind. Diese Entscheidung ist nach sorgfältigem Abwägen und Inanspruchnahme umfänglicher Beratungen erfolgt. Allein dieses finanzielle Engagement verlangt von jedem verantwortlichen Landespolitiker, dass auch jeder Winkel der Bank daraufhin ausgeleuchtet wird, wie es zu einer derart katastrophalen Entwicklung unserer gemeinsamen Landesbank kommen konnte.
Zwar sind auch andere Banken - auch andere Landesbanken - in einer ähnlich schwierigen Situation. Dennoch ist es unabweisbar, dass es unsere Landesbank besonders schwer erwischt hat. Es gibt hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass dem unverantwortliches Handeln vorausgegangen ist.
Deshalb wird die CDU-Landtagsfraktion ihrer Nachfolgefraktion ans Herz legen, die im jetzigen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss unter Vorsitz des Kollegen Arp begonnene Arbeit fortzusetzen. Dies haben wir in der Fraktion so beschlossen.
Dabei wird selbstverständlich das Handeln aller Akteure in der Bank wie auch aller Aufsichtsgremien zu beleuchten sein. Dies gilt ohne Ansehen der Person. Nur damit dies jetzt auch klar ist: Wir werden in diesem Zusammenhang auch aufzuklären ha
ben, wie es in den Jahren 1996 bis 2005 zu fast 60 Milliarden € Gewährträgerhaftung kommen konnte, für die das Land jetzt in der Verantwortung steht. Wenn es nämlich stimmt, dass das KPMGGutachten dies ursächlich auf das sogenannte Schnellankaufverfahren zurückführt - dies berichtet jedenfalls der Norddeutsche Rundfunk -, dann muss geklärt werden, wer dafür ab 2004 im Risikoausschuss Verantwortung trug.
Im Übrigen wird das Land gemeinsam mit der Hansestadt Hamburg alle Kräfte aufbieten müssen, um diese HSH Nordbank zu stabilisieren, Risiken zu minimieren und sich möglichst schnell von dieser Bank zu trennen. Es wird voraussichtlich eine Herkulesaufgabe der neuen Landesregierung werden, dies - in welcher Zusammensetzung seitens der Bank auch immer - schnell und effektiv fortzuführen.
Die Umstände der von Herrn Nonnenmacher in skandalöser Weise geltend gemachten Sonderzahlung wurden in diesem Haus mehr als ausreichend diskutiert. Dennoch veranlassen mich die Äußerungen von Herrn Dr. Stegner in diesem Haus, nochmals darauf in der gebotenen Kürze als derjenige einzugehen, der in dieser Koalition - glaube ich als Einziger Bedenken und Warnungen ausgesprochen hat. Ich habe für mich und für meine Fraktion zu keinem Zeitpunkt in Anspruch genommen, dass ich ein Veto eingelegt hätte, weil ich nicht alle Informationen hatte, die die Regierungsmitglieder und die Aufsichtsratsmitglieder hatten. Aber, Herr Kollege Dr. Stegner, hier jetzt immer noch die Geschichte zu erzählen, es gäbe keine manifeste SPDBeteiligung an dieser Entscheidung, entspricht schlicht nicht den Tatsachen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der schlimme Rückfall in frühere Zeiten weckt in vielen von uns - insbesondere in denjenigen, die schon in den 80er-Jahren am politischen Leben teilgenommen haben - böse Erinnerungen. Ich habe das nur am Rande als Mitglied der Jungen Union und als junges Mitglied in der CDU erlebt. Aber die früher offenkundige Feindseligkeit, insbesondere zwischen CDU und SPD - und ich stelle mich jetzt nicht hin und benenne Schuldige und Unschuldige -, hat mich für mein politisches Leben geprägt. Deswegen möchte ich mit dem Appell enden, dass wir bei den gegenseitigen Verletzungen, die wir uns zufügen, aufpassen und unsere besondere Verantwortung für politischen Stil in unserem Heimatland
wahrnehmen. Für den kommenden Wahlkampf muss aus meiner Sicht gelten: „Hart, aber fair“! Der Wahlkampf kann reinigend und klärend für das politische Klima und die Konstellationen in Schleswig-Holstein sein. Wir alle haben gelernt, dass Umfragen nicht das Wahlergebnis sind. Deshalb steht uns, steht allen Beteiligten auch eine gewisse Demut an. Nichts ist gewonnen für diejenigen, die in den Umfragen vorn liegen, nichts ist zerronnen für diejenigen, die hinten liegen.
Hören wir auf, uns gegenseitig Mätzchen, Taktierereien und Ähnliches zu unterstellen und hinreichende Sekundärtugenden abzuerkennen! Lassen Sie uns in dem normalen Streben jeder politischen Bewegung, politische Macht auszuüben, mit möglichst viel Sachpolitik um die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger kämpfen! Lassen Sie uns dazu in der jetzt folgenden Abstimmung den Weg frei machen!
Herr Landtagspräsident! Ich beantrage, die Sitzung zu unterbrechen, eine Ältestenratsitzung einzuberufen und uns die Möglichkeit zu geben, in den Fraktionen zusammenzukommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens. Herr Kollege Stegner, mit dem Parlament wird nicht umgegangen, sondern das Parlament geht mit sich selber um. Es trifft Entscheidungen darüber, wann und wo es welchen Tagesordnungspunkt berät. Nur weil Ihre Fraktion bei einem Punkt keine Mehrheit hat, sollte man nicht abstrakt darüber reden, dass mit dem Parlament schlecht umgegangen wird, sondern das ist schlicht und ergreifend Ausdruck des Umstands, dass eine Mehrheit dieses Plenums etwas anderes möchte als Sie. Möglicherweise werden Sie sich an diesen Zustand gewöhnen müssen.
Zweitens. Dieses Parlament hat im zuständigen Fachausschuss am vergangenen Freitag - darüber sollten Sie sich von Ihren Fachpolitikern informieren lassen; die waren nämlich dabei - dieses Thema drei Stunden lang beraten, und zwar intensivst. Hier den Eindruck zu erwecken, als würde dieses Parlament mit diesem schwerwiegenden Vorfall, der uns natürlich alle besorgt macht, der uns energiepolitisch alle zum Nachdenken veranlasst, nicht entsprechend umgehen, und das Thema würde von uns nicht behandelt werden, ist falsch, Herr Kollege Stegner.
Sie sollten Ausschussarbeit hier nicht so geringschätzend beurteilen, wie es den Eindruck hat.
Drittens. Auch wenn wir sicherlich energiepolitisch in diesem Haus gerade über den Punkt - auch in der Großen Koalition - immer gestritten haben: Wir werden am kommenden Donnerstag über diesen Punkt miteinander zu reden haben. Das ist vereinbart. Ich werde jeden von Ihnen, der sich jetzt lautstark zu Wort meldet, am Donnerstag daraufhin prüfen, ob er hier im Plenum sitzt und an der Debatte teilnimmt.
Ich hoffe, Ihren Worten werden dann Taten folgen.
Ich sage für die CDU-Fraktion dem Kollegen Hentschel ausdrücklich Dank für die Bereitschaft, das zu vertagen. Wir werden hier diskutieren. Wir sind zu einer konstruktiven Diskussion und auch zu einer konstruktiven Beratung über den Antrag bereit. Vielleicht findet man an der einen oder anderen Stelle sogar Gemeinsamkeiten. Dazu sind wir bereit. Darüber werden wir in den nächsten Tagen mit Ihnen gemeinsam beraten, und dann sollten wir am Donnerstag in die Sachdebatte eintreten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst für meine Fraktion ausdrücklich Holger Astrup alles Gute wünschen. Uns hat das sehr betroffen gemacht. Mit großen Erschrecken haben wir die Nachricht von seiner Erkrankung gehört. Auch wenn wir heute hier schwierige Punkte zu beraten haben, sind unsere Gedanken bei ihm.
Meine Damen und Herren, die Überschriften der bundesweiten Medien sind nicht gut. Schleswig
Holstein ist in aller Munde, überall auf Seite eins. Die Kommentarlage ist schwierig. Die „Süddeutsche Zeitung“, sicherlich nicht unbedingt ein konservatives Blatt, titelt auf Seite eins: „Chaos in Schleswig-Holstein“.
Deswegen ist diese Debatte für uns ein Wendepunkt. Wir alle müssen wissen, was wir in den nächsten Tagen entscheiden, wozu wir stehen und wie wir Glaubwürdigkeit erzeugen. Haben wir eine nachvollziehbare politische Linie oder ist es vordergründige Taktiererei?
Ich sage es vorweg: Die Würfel sind gefallen. Der Ministerpräsident und die größte Koalitionsfraktion haben erklärt, dass eine Fortsetzung dieser Koalition nicht möglich ist. Wenn das so ist, dann sollte man einen klaren Schnitt ziehen. Dann sollte diese Legislaturperiode beendet werden. Dann sollte dieser Landtag die Kraft und die Größe haben, dies selbst in der Weise zu tun, die die Verfassung dafür in erster Linie vorsieht, nämlich durch einen Auflösungsbeschluss.
Ich möchte die Sozialdemokraten daher aufrufen, diesen Weg mitzugehen, der nicht einfach ist, der nicht selbstverständlich ist, der sicherlich schwerfällt, aber der der geradlinige Weg ist, den wir miteinander gehen sollten. Voraussetzung für eine Zusammenarbeit ist, dass man sich gemeinsame Lösungen zutraut. Die Frage muss man klären.
Wenn dann in den vergangenen Tagen - heute lesen wir es wieder in der Zeitung - gefordert wurde, der Ministerpräsident solle zurücktreten, dann frage ich natürlich diejenigen, die das fordern, und das sind die Sozialdemokraten: Wie wollen Sie überhaupt mit diesem Ministerpräsidenten weiter regieren? Wo ist die Logik dieses Handelns? Erläutern Sie das bitte dem Hohen Haus.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man dann weiter spekuliert, was der nächste Schritt wäre, dann käme man zu dem Ergebnis, dass möglicherweise in diesem Haus eine Vertrauensfrage zur Abstimmung steht. Dann stünden wir vor der Frage: Wollen Sozialdemokraten dann in der Tat der Öffentlichkeit erklären, sie hätten Vertrauen zu diesem Ministerpräsidenten, dessen Rücktritt sie gerade noch gefordert haben und gegen den sie, hätte die Vertrauensfrage Erfolg, sofort wieder Wahlkampf führen müssten?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, welche Logik liegt darin? Welche Logik liegt in Ihrem
Handeln? Was wollen Sie eigentlich den Bürgerinnen und Bürgern erklären, weshalb Sie diese Koalition fortführen wollen?
Es ist traurig. Ich meine, der Anlass ist eine ernsthafte Debatte über das, was hier ansteht. Ich glaube, dass Sie dem in der Tat gerecht werden sollten. Ich kann das derzeit nicht erkennen.
Die Koalition stand unter einem schwierigen Stern, als sie begann. Das Wahlergebnis war nicht so, wie viele es erwartet hatten. Die CDU wurde stärkste Partei. Eine Große Koalition wurde von den Sozialdemokraten brüsk zurückgewiesen. Man versuchte ein anderes Bündnis zusammenzuschmieden. Nach einer denkwürdigen Nichtwahl gab es dann doch noch die Möglichkeit, hier eine Große Koalition zusammenzubringen.
Peter Harry Carstensen ist in jeder Phase dieser Großen Koalition die Integrationsfigur gewesen, der gegen viele Widerstände in meiner Fraktion und Partei die Koalition letztlich zusammengehalten hat.
Die ersten beiden Jahre waren gut; das kann man nicht anders sagen. Dann wurde es schwierig, als Claus Möller weg war, als wir einen anderen Landesvorsitzenden hatten.
- Die SPD, in der Tat, Frau Kollegin!
Dieser versuchte jede Gelegenheit zu nutzen, zu Beschlüssen, die gefasst wurden, immer abweichende Meinungen zu äußern. Drei Schritte vor und zwei zurück! Ich habe mich in den vergangenen Jahren oftmals erinnert gefühlt an Josef Schmitz und den Freund, den er mit zu Herrn Biedermann brachte.
Das war der Brandstifter. Wir vereinbaren miteinander Kürzungsvorschläge im Haushalt.
Die beinhalten Kürzungen von Beamtenzahlungen - schwierig genug. Kaum ist dies geschehen, gibt es eine Mai-Kundgebung. Herr Stegner geht hin und sagt, er will das einkassieren, entschuldigt sich hinterher - hat er nie gesagt, war nie so gemeint.
Im September 2007: Persönliche Erklärung, in der er erklärt, dass man seiner Partei die Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten nur habe abhandeln können, weil die Union dem Schulgesetz sonst nicht zugestimmt hätte - was falsch war. In der zweiten persönlichen Erklärung entschuldigt er sich dafür - war nicht so gemeint.
Aber zwei Absätze später verteidigt er seine Auffassung zur Schülerbeförderung.
Wir machen einen Koalitionsausschuss unter größten Schwierigkeiten - Die Mehrheit der Union drängt den Ministerpräsidenten - so viel ist öffentlich bekannt - dringend dazu, Herrn Stegner zu entlassen. Einmal mehr ist es Peter Harry Carstensen, der die Hand zur Versöhnung reicht und ermöglicht, dass man weiterarbeiten kann. - Vorangegangen war eine konfrontative Situation im Innenressort, eine einmalige Situation in Schleswig-Holstein, dass die gesamte kommunale Ebene nicht mehr mit der Landesregierung kommunizieren wollte. Das hatte der Innenminister angerichtet, der damalige Innenminister Dr. Stegner, und es bedurfte wieder des Einsatzes von Peter Harry Carstensen, um das zu kitten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
So ging es in diesem Jahr weiter - mit einigen Unterbrechungen; ich will gar nicht alle Episoden neu erzählen. Wir verständigen uns auf eine Sanierung des maroden Landeshaushalts sowie einen massiven Stellenabbau ohne Vorschläge der SPD, und schon schreibt Herr Stegner in einem Brief an Herrn Malchow, die SPD habe Kürzungsvorschläge der Union im operativen Bereich der Polizei verhindert, was wieder falsch ist - war auch nicht ganz so gemeint, er steht ja zur Koalition.
So geht es hin und her bis hin zu der von mir in diesem Haus ganz bewusst angesprochenen TwitterMeldung zur Retropolitik der 70er/80er Jahre, „Aufklaren“ von Herrn Engholm sei wieder notwendig. Das wird nicht hier klargestellt, das macht hinterher der Sprecher - war auch wieder nicht so gemeint, meine sehr verehrten Damen und Herren. So geht es immer weiter.
Diese Politik ist es, die unser Vertrauen erschüttert hat. Es gipfelte gestern darin, dass Herr Stegner sich hier hinstellte - ich habe von meinem Platz dazu auch verbal interveniert - und, nachdem er erst gesagt hat, er habe nichts gewusst - das war eine Falschmeldung des „Abendblattes“, die komischerweise nicht richtiggestellt wurde -, sagte, da war die SPD-Fraktion nicht eingebunden, was Frau Ute Erdsiek-Rave richtigstellte; natürlich war sie eingebunden. - Dann hat keiner zustimmt, dann hat nur das Kabinett zugestimmt, und am Schluss hieß es gestern hier: In den Gremien habe man nicht zugestimmt. - Immer wieder ein Stückchen anders die Wahrheit hinbiegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, bis zu der ritterlich zu nennenden Äußerung des Innenministers Lothar Hay, für die ich in der Lage hohen Respekt und Anerkennung zolle.
Wieder einmal waren Sachen fast ganz richtig aber eben nicht mehr.
Und dann hören wir aus rot-grünen Kreisen, man wundere sich eigentlich, dass Herr Stegner jetzt schon attackiere, das wolle er doch erst nach dem 27. September machen. Das ist eben der Blick in die Zukunft, den Sie dann werfen. Und da sind wir in der Situation in der Geschichte von Max Frisch, wo der Spirituosenfabrikant Biedermann die Dachstühle aller Nachbarn brennen sieht, jedoch glaubt, seiner würde niemals brennen, sehr verehrte Damen und Herren.
Wir sind nicht so gutgläubig und irrezuführen wie dieser Mann, sondern wir sind diejenigen, die eine nüchterne Analyse dessen durchführen, was in dieser Koalition noch möglich ist, in einer Lage, wo dieses Land handlungsfähig sein muss. Die HSH Nordbank hat uns hier mehrfach miteinander beschäftigt, und es ist mitnichten sicher, dass es nicht neue Probleme dort gibt. Die Wirtschafts- und Finanzkrise - das sagen wirklich alle voraus - wird von uns äußerste Kräfte und Entschlossenheit verlangen und nicht Kabinettsvorlagen wie diejenigen, die für den 3. Juli zugesagt waren und dann letztlich das Papier nicht wert waren, auf dem sie geschrieben waren, sondern sie wird Einschnitte verlangen, die wir einer Bevölkerung zu erklären haben, die erwartet, dass eine Landesregierung und eine Koalitionsmehrheit zusammenstehen. Das können wir in dieser Lage nicht mehr erwarten. Das ist die nüchterne Analyse, die aufseiten der Union zu dem Trennungsbeschluss geführt hat und die jetzt
von der SPD fordert, dass sie springt. Hier ist Rhodos, hier muss gesprungen werden, spätestens am Montag.
Ich kann Sie nur auffordern: Stellen Sie sich der Situation, in der Sie sich befinden! Lesen Sie das durch und hören Sie sich an, was bundesweit - sogar international - zu dieser Lage gesagt wird! Um es mit Tom Buhrow zu sagen: Eine Zwangsregierung macht wirklich keinen Sinn. - Deswegen: Geben Sie den Weg frei für Neuwahlen! Geben Sie den Weg frei für eine Auflösung dieses Landtags! Haben Sie den Mut, als Herausforderer anzutreten! Haben Sie die Zuversicht in die eigenen Möglichkeiten, und stellen Sie sich der Auseinandersetzung mit den Wählerinnen und Wählern am 27. September diesen Jahres.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich appelliere ausdrücklich an die sozialdemokratische Fraktion: Lassen Sie sich hier nicht in Geiselhaft nehmen,
sondern befreien Sie sich, und machen Sie den Weg frei für eine ordentliche Herbeiführung eines Wahltermins am 27. September dieses Jahres.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Recht ist vom Landtagspräsidenten darauf hingewiesen worden, dass es unglücklich ist, die HSH-Nordbank-Debatte in einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Debatte über die Beendigung der Koalition zu stellen, die wir spätestens in der nächsten Woche beschließen werden. Ich möchte aber doch auf einige Punkte hinweisen, die mir auch für die Zukunft und für die neue Legislaturperiode, in der ich dem Landtag nicht mehr angehören werde, wichtig erscheinen.
Erstens. Ich teile die Empörung, die große Teile der Bevölkerung, große Teile dieses Hauses, wenn nicht das gesamte Haus, über die Sonderzahlung an Herrn Nonnenmacher empfinden. Voll und ganz halte ich sie für berechtigt. Ich denke, wir sollten als Politiker diese Empörung auch artikulieren.
Zweitens. Es ist richtig, dass Einvernehmen mit der CDU-Fraktion nicht erzielt worden ist. Richtig ist sogar, dass ich Bedenken geäußert habe, eine solche Vereinbarung zu schließen.
Drittens ist aber auch richtig - Herr Finanzminister hat den Abwicklungsprozess hier umfänglich dargestellt -, dass die Regierung im Juni dieses Jahres ebenso wie schon unter anderen Aspekten im November des vergangenen Jahres einen schwierigen Abwägungsprozess vorzunehmen hatte, der Interessen des Landes zu berücksichtigen hatte, die spezielle Situation der HSH Nordbank mit einem verkleinerten oder nicht vollständig besetzten Vorstand, mit Kritik der BaFin und auch mit Sorge darum, wie man dieses Haus weiterführen kann und letztlich auch mit einer zum Teil gesicherten Vertragsposition des Vorstandsvorsitzenden.
Deshalb bin ich an dieser Stelle der Auffassung gewesen - bei allem Selbstbewusstsein als Parlamentarier -, dass man hierzu seine Meinung in Kenntnis einiger Tatsachen - nicht aller Tatsachen - als Parlamentarier und auch als Abgeordneter sagen sollte, aber die letzte Entscheidung an dieser Stelle beim Kabinett liegt. Zu dieser Letztentscheidung bekennt sich die CDU-Fraktion - richtigstellend, was wir dazu gesagt haben -, aber auch einer Verantwortung dafür, was unsere Kabinettsmitglieder dort
gemacht haben, sich dieser Verantwortung ebenfalls zu stellen. Deshalb stehen wir bei allem, was getan worden ist, hinter Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und hinter Finanzminister Rainer Wiegard.
Deswegen, Frau Erdsiek-Rave, möchte ich schon auf einige Punkte hinweisen, die mich irritieren. Finanzminister Wiegard hat darauf hingewiesen, dass das gesamte Kabinett im November des vergangenen Jahres über die Vertragskonditionen von Herrn Nonnenmacher aufgeklärt worden ist, dass das mitgeteilt worden ist.
- Dann mag das bitte noch klargestellt werden.
Viertens. Frau Erdsiek-Rave hat in den „Lübecker Nachrichten“ vom 15. Juli dieses Jahres ausdrücklich - Teile davon hat sie klargestellt; die erwähne ich jetzt ausdrücklich nicht - darauf hingewiesen, dass die SPD-Fraktion in Person des Ausschussvorsitzenden Günter Neugebauer, der Sprecherin Birgit Herdejürgen am 26. Juli über diese Sonderzahlung informiert worden ist, wie übrigens die CDU-Fraktion -
- Ich zitiere, was Frau Erdsiek-Rave in wörtlicher Rede in den „Lübecker Nachrichten“ am 15. Juli 2009 erklärt hat. Sie hat daraufhin eine Pressemitteilung herausgegeben, ein bestimmtes Zitat richtiggestellt, aber diese Passage hat sie so stehenlassen. Sie wird wissen, warum.
Ich halte es allerdings für sehr beschwerlich, dass wir bei einer derartigen Debatte nicht in der Lage sind, dazu - - Aber ich akzeptiere den Hinweis, wenn Sie das so handhaben wollen, Frau Präsidentin, und formuliere meinen letzten Satz. - Dies alles wissend halte ich es für hoch problematisch, Herr Kollege Stegner, dass Sie den Eindruck erwecken, als habe die Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein mit den Vorgängen überhaupt nichts zu tun. Sie lassen nicht nur Ihre eigenen Minister im Regen stehen, Sie lehnen die Verantwortung für gemeinsames Handeln an dieser Stelle ab, obwohl hier ge
meinsam gehandelt wurde und obwohl Ihre Minister dort mitgemacht haben. Das spricht für sich.
Herr Abgeordneter Dr. Stegner, wollen Sie in Abrede stellen, dass Finanzminister Rainer Wiegard mit Innenminister Lothar Hay gesprochen hat
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vergangene Sitzung des Koalitionsausschusses liegt keine vier Wochen zurück. Doch wenn man die Landespolitik in Schleswig-Holstein beobachtet, dann haben wir zwischenzeitlich schon wieder Ereignisse – Krümmel wird am Freitag diskutiert – oder auch jüngste Diskussionen, dass man denkt, es liegt eine halbe Ewigkeit zurück.
Ich glaube, das haben dieser Koalitionsausschuss, die Ergebnisse und die Grundlagen dieses Antrags nicht verdient. Denn es sind wichtige Dinge für die Zukunft des Landes beraten worden. Kaum jemals zuvor wurde das Prinzip der Nachhaltigkeit so sehr in den Mittelpunkt gerückt wie bei diesen Beschlüssen.
Wir kennen seit 1992, seit der UNO-Umweltkonferenz in Rio, dieses Wort. Es wurde von den Grünen – Kollege Kubicki von der FDP hat in der Tat ein bisschen Nachholbedarf in dem Bereich – in der Umweltdebatte in den 90er-Jahren eingeführt. Mittlerweile verwenden aber alle politischen Parteien diesen Begriff und verknüpfen damit ein bestimmtes Prinzip politischen Handelns.
Ganz allgemein habe ich folgende Definition gefunden: Das Konzept der Nachhaltigkeit beschreibt die Nutzung eines regenerierbaren Systems in einer Weise, dass dieses System in seinen wesentlichen
Eigenschaften erhalten bleibt und sein Bestand auf natürliche Weise nachwachsen kann.
Das ist eine sehr allgemeine Definition, die mittlerweile auch völlig zu Recht nicht nur auf ökologische Fragen definiert und beschränkt wird, sondern umfassender, insbesondere auch auf Fragen der Finanzpolitik. Denn so richtig es war und bleibt, auf die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen zu achten, so richtig und so notwendig ist es, dass bei der Bewahrung unseres sozialen Staatswesens die Erhaltung der Finanzkraft des Staates mehr und mehr in den Fokus politischen Handelns geraten muss.