Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 32. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.
Beurlaubt sind Frau Abgeordnete Ingrid Franzen und Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg ganztags und ab heute Mittag der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.
Ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich darauf verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 7, 18, 20, 22 und 23 sowie 27 bis 35 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden soll der Tagesordnungspunkt 36, Transparenter und gerechter Zugang zu Organspenden.
Ein Antrag zu einer Fragestunde liegt nicht vor, wir werden die Tagung aber mit einer Aktuellen Stunde beginnen. Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratungen in der 32. Tagung.
Wir werden heute unter Einschluss einer einstündigen Mittagspause und morgen mit einer zweistündigen Mittagspause jeweils längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist ein Ende der Sitzung gegen 13 Uhr zu erwarten. Eine Mittagspause ist Freitag nicht vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.
Auf der Tribüne begrüßen wir ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Städtischen Realschule Plön sowie Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schule am Schützenpark in Kiel mit ihren Lehrkräften. - Seien Sie uns alle sehr herzlich willkommen!
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält Herr Fraktionsvorsitzender KarlMartin Hentschel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit vielen Jahren werden in Schleswig-Holstein Investitionen im Verkehrsnetz, insbesondere im Schienennetz, mit Hinweis auf die Fehmarnbelt-Brücke blockiert.
Nach den jüngsten Informationen wird es dringend Zeit, dass die Regierung dem Parlament sagt, was eigentlich los ist.
Am 1. August 2007 teilte die Bundesregierung mit, dass Ende 2007 - also vor einem halben Jahr - ein Staatsvertrag über Bau und Vertrieb der Fehmarnbelt-Querung vorliegen sollte. Damals wurden die Gesamtkosten mit 5,6 Milliarden € beziffert. 834 Milliarden € davon sollten aus dem Plafond Schleswig-Holsteins im Bundesverkehrswegeplan bezahlt werden, also mit Geld aus Schleswig-Holstein. „Zusätzliche Haushaltsmittel werden hierfür nicht zur Verfügung gestellt“ - so die Bundesregierung. Die Mauteinnahmen gehen zu 100 % an Dänemark.
Am 14. Februar dieses Jahres legte der Naturschutzbund ein neues Gutachten vor. Danach ist bei der Auslastung der Brücke nach den aktuellen Verkehrsprognosen nur noch mit 10 % zu rechnen. Die Kosten werden sich voraussichtlich auf 9 Milliarden € erhöhen.
Der Verkehrsminister soll das Projekt begrüßt haben. Offensichtlich glaubte er zu dem Zeitpunkt schon selber nicht mehr an die Brücke,
Am 4. Mai 2008 teilte Austermann nun dem NDR mit, dass bis zum Sommer ein Entwurf vorgelegt werden soll, und jetzt hat das Bundesverkehrsministerium am 15. Mai 2008 mitgeteilt, dass „die Planungen und Kostenrechnungen weiter konkretisiert werden“ müssen Auf die Frage, ob die Kostenkalkulation von 5,6 Milliarden € noch gelte, sagte die Bundesregierung sybillinisch: Es lägen ihr keine anderen belastbaren Informationen vor, aber es sei vereinbart - man höre! -, die Lage neu zu erörtern, wenn sich die Voraussetzungen für das Projekt deutlich anders entwickelten. Zu deutsch: Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Sache erheblich teurer wird.
Auf die Frage nach den angeblichen Kompensationsmaßnahmen für die Insel Fehmarn, die der Ministerpräsident hier im Landtag am 11. Juli 2007 versprochen hat, antwortet die Bundesregierung: „Die vorliegenden Studien … zeigen positive Nettoarbeitsplatzeffekte.“ Diese Antwort kann man nur so verstehen: Es gibt kein Geld.
Ein Jahr nach Ankündigung des Staatsvertrages ist das Projekt der Fehmarnbelt-Querung unklarer denn je. Was sollen wir eigentlich davon halten, wenn der Bundesumweltminister hier nach Schleswig-Holstein kommt und erklärt, der Brückenschlag sei nur noch eine „bekloppte Idee“?
Deshalb fragt er sich, „was ausgerechnet einen Landesminister wie Herrn Austermann dazu veranlasst, hier dänische Interessen zu vertreten“.
(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:] Das fragt man sich allerdings! - Zurufe von CDU und FDP)
Am Tag darauf gibt Bettina Hagedorn - immerhin die Stellvertreterin des SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner, also eines der Regierungspartner dieses Landes - in der Zeitung bekannt: Es sei ein neues Gutachten über den Abstand der Brückenpfeiler erforderlich geworden. Außerdem äußert sie: Das Verhalten der DB AG spreche „nicht unbedingt für die hohe Priorität, die die Bahn Herrn Austermanns Lieblingsprojekt beimisst“. Sie fordert Herrn Austermann auf, er solle aufhören, „Nebelkerzen“ zu werfen - so die stellvertretende SPD-Vorsitzende. Die Fehmarnbelt-Querung entpuppe sich “als unbezahlbares Wolkenschloss“, das das Schicksal des bayerischen Transrapids aufgrund explodierender Baukosten teilen werde.
Meine Damen und Herren, wir als Opposition fragen uns natürlich: Hat Frau Hagedorn recht? Wie kommt sie dazu, solche Aussagen zu machen?
Ich finde, der Landtag hat einen Anspruch darauf zu wissen, was eigentlich los ist und was hier gespielt wird.
Der Ministerpräsident muss endlich ein Machtwort sprechen und das Projekt beerdigen, bevor es zum Milliardengrab für Schleswig-Holstein wird.
Zur Beantwortung der gestellten Fragen erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So viele falsche Aussagen in einer so kurzen Zeit habe ich selten gehört.
Es fängt bei der Aussage an, dass Straßenbau in Schleswig-Holstein blockiert sei. Herr Hentschel, Sie sollten sich einmal aus Kiel herausbegeben, durchs Land fahren und die Baustellen zählen, insbesondere die großen Baustellen. Das kann nur dafür sprechen, dass hier gebaut wird wie noch nie. Das ist in der Tat auch richtig. Wenn Sie die ausge
gebenen Bundes- und Landesmittel für Straßenbau zusammen nehmen, dann werden Sie feststellen: So viel wurde noch nie gebaut. Wir haben im letzten Jahr 211 Millionen € umgesetzt. Das hat es bisher noch nicht gegeben.
Der Landesstraßenbau schlug mit 47 Millionen € zu Buche. Auch das hat es bisher noch nicht gegeben. Das gilt im Übrigen auch für den Radwegebau. Wir bauen mindestens doppelt so viel Radwege, wie Sie zu der Zeit gebaut haben, als Sie mit der SPD zusammen die Regierung gestellt haben.