Protokoll der Sitzung vom 25.05.2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die dritte Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

- Herr Kollege Arp, die Lautsprecheranlage ist in der Tat defekt. Wir haben hier ein Ersatzmikrophon. Ich werde mich bemühen, etwas lauter zu reden.

Erkrankt sind die Herren Abgeordneten Peter Sönnichsen und Günter Neugebauer. Wir wünschen beiden Kollegen gute Besserung.

(Beifall)

Beurlaubt ist für heute der Kollege Jens-Christian Magnussen.

Die langjährigen Abgeordneten Jost de Jager, Heinz Maurus und Klaus Schlie haben ihre Mandate niedergelegt und sind aus dem Schleswig-Holsteinischen Landtag ausgeschieden. Für ihre Arbeit im Landtag spreche ich ihnen im Namen aller Abgeordneten an dieser Stelle Dank und Anerkennung aus.

(Beifall)

Der Landeswahlleiter hat als Nachfolgerin für den ausgeschiedenen Landtagsabgeordneten Heinz Maurus Frau Susanne Herold festgestellt. Als Nachfolger für Herrn Klaus Schlie hat der Landeswahlleiter Herrn Werner Kalinka festgestellt. Nachfolger für Herrn Jost de Jager wird nach Feststellung des Landeswahlleiters der Kollege Frank Sauter. Die Abgeordneten haben ihre Landtagsmandate am 28. April 2005 angenommen.

Ich werde die Verpflichtung in der Weise vornehmen, dass ich die Eidesformel verlese und Sie bitte, den Eid so zu leisten, dass Sie nach der Eidesformel einzeln zu mir kommen und die Worte nachsprechen: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe“. Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.

Ich bitte nunmehr die drei Abgeordneten zur Verpflichtung nach vorn. Die Anwesenden bitte ich, sich zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich. Die Abge- ordneten Susanne Herold, Werner Kalinka und Frank Sauter werden nach folgender Ei- desformel vereidigt: Ich schwöre, meine Pflichten als Abgeordnete/Abgeordneter ge- Schleswig-Holsteinischer Landtag (16. WP) - 3. Sitzung - Mittwoch, 25. Mai 2005 47

(Präsident Martin Kayenburg)

wissenhaft zu erfüllen, Verfassung und Gesetze zu wahren und dem Lande unbestechlich und ohne Eigennutz zu dienen, so wahr mir Gott helfe. - Die Abgeordneten werden von Präsident Martin Kayenburg durch Handschlag verpflichtet.)

Ich bedanke mich und gratuliere Ihnen. Ich wünsche Ihnen für unser Land und für die Bürger des Landes eine erfolgreiche gemeinsame Arbeit mit allen hier Anwesenden.

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Wirtschaftsausschuss hat mit Drucksache 16/85 einen Bericht- und eine Beschlussempfehlung zum Thema Bundesratsinitiative zur Änderung der Post- und Universaldienstleistungsverordnung vorgelegt. Ich schlage Ihnen vor, diese Angelegenheit als Tagesordnungspunkt 28 a in die Tagesordnung einzureihen und den Tagesordnungspunkten ohne Aussprache hinzuzufügen. - Ich höre keinen Widerspruch. Wir werden so verfahren.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich darauf verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Für die Tagesordnungspunkte 5, 6, 9, 11 bis 13, 28 und 33 ist eine Aussprache nicht geplant. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die Tagesordnungspunkte 24 und 25 zu tauschen. Ferner soll der Tagesordnungspunkt 29 von der Tagesordnung abgesetzt werden. Eine Beratung dieses Tagesordnungspunktes ist für die Juni-Tagung des Landtages vorgesehen. Ebenfalls abgesetzt werden soll der Tagesordnungspunkt 32.

Anträge zur Aktuellen Stunde und Fragen zur Fragestunde liegen nicht vor. Im Rahmen der heutigen Plenarsitzung findet um 17 Uhr eine Feierstunde zur Würdigung „50 Jahre Bonn/Kopenhagener Erklärungen“ statt. Der ehemalige dänische Außenminister und heutige Vizepräsident des Folketings, Herr Niels Helveg Petersen, wird unser Gast sein und im Rahmen dieser Feierstunde zu Ihnen sprechen.

Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratungen der dritten Tagung. Wir werden unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause jeweils längstens bis 18 Uhr tagen. - Ich höre keinen Widerspruch. Wir werden so verfahren.

Meine Damen und Herren, es ist mir eine Freude, heute auf der Tribüne Vertreterinnen und Vertreter

der Beruflichen Schulen am Ravensberg, Kiel, herzlich willkommen zu heißen.

(Beifall)

Mit besonderer Freude möchte ich dem Kollegen Herrn Ehlers zu seinem heutigen Geburtstag gratulieren. Er kommt wie auf ein Stichwort!

(Beifall)

Lieber Kollege Ehlers, das hohe Haus gratuliert Ihnen ganz herzlich und wünscht Ihnen für das neue Lebensjahr Glück, Gesundheit und natürlich auch Erfolg.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Regierungserklärung zu Beginn der Legislaturperiode „Gemeinsam mit den Menschen SchleswigHolstein wieder auf Erfolgskurs bringen“

Ich erteile dem Herrn Ministerpräsidenten das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 166.000 Menschen in Schleswig-Holstein sind arbeitslos. Das Wirtschaftswachstum ist viel zu gering. Die Investitionen sind zu niedrig. Die Qualität der schulischen Bildung ist zu niedrig. Die Verwaltung des Landes und der Kommunen ist so, wie sie ist, nicht zukunftsfähig. Das Land sitzt auf einem Schuldenberg von 20 Milliarden €. Das Defizit im laufenden Haushalt beträgt rund 1,7 Milliarden €. Das ist dramatisch mehr, als der geltende Haushalt aufweist, und mehr, als wir es noch vor wenigen Wochen erwartet hatten.

Auf uns kommen zusätzliche Zinslasten in dreistelliger Millionenhöhe zu. Die Pensionslasten steigen Jahr für Jahr und werden sich bis zum Jahr 2020 rundweg verdoppeln. Diese Bilanz legen wir Ihnen offen und ehrlich vor. Offen und ehrlich gehen wir mit dieser Bilanz um. Wir verdecken nichts und wir beschönigen nichts. Offenheit und Ehrlichkeit werden Merkmal unserer Politik sein.

(Beifall bei CDU und SPD)

Angesichts dieser Bilanz ist nach dem Wahlergebnis vom 20. Februar die große Koalition die einzig verantwortbare Konsequenz. Diese Landesregierung wird sich in den kommenden Jahren auf das Wesentliche konzentrieren. Das sind mehr Arbeitsplätze und interessante berufliche Perspektiven für die Menschen unseres Landes und eine gute und solide Bildung und Ausbildung für unsere Kinder und Jugendlichen.

Bei allem, was in den vergangenen Jahren geleistet worden ist, ist auch einiges liegen geblieben. Wir

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

werden das entschlossen anpacken. SchleswigHolstein braucht wieder mehr Zuversicht, Mut und Aufbruchstimmung. Wir brauchen weniger staatliche Gängeleien und mehr Unternehmergeist. Ich setze dabei auf alle Schleswig-Holsteiner und ihre Liebe zum Land. Ich setze auf Freiheit und Verantwortung, auf soziale Gerechtigkeit und auf Leistungsbereitschaft. Das sind Werte, die unsere Arbeit für Schleswig-Holstein begleiten sollen.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Die Menschen wissen, dass ernste und harte Zeiten bevorstehen. Wir werden ihnen gegenüber ehrlich sein und nichts versprechen, was wir nicht halten können. Das Einzige, meine Damen und Herren, was ich ihnen verspreche, ist, dass die gesamte Landesregierung in den nächsten fünf Jahren mit voller Kraft für unser Heimatland arbeiten wird.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir wollen Schleswig-Holstein wieder auf Kurs bringen. Das heißt, dass Einzelinteressen im Interesse des Ganzen zurückstehen müssen. Ich appelliere an die Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Verbände, an Parteien, Gewerkschaften und nicht zuletzt an die Wirtschaft: Rufen Sie nicht immer gleich nach der Regierung, sondern packen Sie auch selbst mit an! Unser Land wieder nach vorn zu bringen, muss für alle Ehrensache sein. Schleswig-Holstein ist jede Anstrengung wert.

Meine Damen und Herren, wir haben uns ein ehrgeiziges Ziel vorgenommen: Wir wollen die Nettoneuverschuldung in der laufenden Legislaturperiode halbieren und gleichzeitig die Investitionsquote steigern. Wenn wir das schaffen, haben wir auch wieder eine Chance, einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen. Wir werden dieses Ziel erreichen, wenn wir miteinander und nicht gegeneinander handeln. Wir brauchen ein grundlegendes Umdenken, einen Mentalitätswechsel bei den Bürgerinnen und Bürgern, in der Politik, bei Vereinen und Verbänden, bei Gewerkschaften und Lobbyisten. Wir brauchen einen Pakt der Vernunft, um unser schönes SchleswigHolstein gemeinsam auf den Weg in eine gesicherte Zukunft zu bringen. Wir wollen die Menschen in Schleswig-Holstein in diesen Prozess mit einbinden.

Die Personalkosten sind der größte Ausgabenblock des Landes. Rund 60 % der Steuereinnahmen geben wir für Personal aus. Jedem muss klar sein, dass auch das auf die Dauer so nicht weitergeht. Die öffentlichen Bediensteten sind nicht überbezahlt. Aber wir haben zu viele. Wir haben deshalb zu viele, weil die Politik ihnen zu viele Aufgaben zugewiesen hat. Mit der Reduzierung von Aufgaben muss die Zahl der

Beamten, Angestellten und Arbeiter im Landesdienst daher deutlich sinken. Wir wollen den Abbau sozialverträglich machen. Wir werden Aufgaben komplett streichen, Aufgaben an Kommunen abgeben und Aufgaben privatisieren. Wir setzen auf Private Public Partnership, werden Bürokratie abbauen und das Thema E-Government in allen Verwaltungsbereichen deutlich voranbringen.

Schwierige Zeiten meistert man nicht, indem man weniger arbeitet. Alle müssen mehr arbeiten. Zum 1. August 2006 werden wir die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten auf 41 Stunden erhöhen. Im Gegenzug wollen wir bei ihnen in dieser Legislaturperiode keine weiteren Abstriche bei Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld vornehmen.

Bei den Lehrkräften wird sich die Unterrichtsverpflichtung entsprechend um eine halbe Unterrichtsstunde erhöhen. Ausgenommen davon sind die Lehrerinnen und Lehrer an den Hauptschulen. Durch die Erhöhung der Lehrerarbeitszeit schaffen wir mehr Unterricht im Umfang von deutlich mehr als 300 Stellen.

Bei den laufenden Verhandlungen über die Modernisierung des Bundesangestelltentarifvertrages brauchen wir Fortschritte bei den Arbeitszeitfragen und bei den Sonderzuwendungen. Angesichts sicherer Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst und der dramatischen Haushaltslage werden manche Forderungen von Gewerkschaften nicht mehr verstanden. Die Gewerkschaften wissen, dass sie genauso wie die Regierung im Interesse des Gemeinwohls handeln müssen. Darauf vertrauen wir. Wir werden diese Gemeinwohlorientierung aber auch einfordern.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir brauchen in den Verwaltungen auch künftig junge Leute mit frischen Ideen. Der öffentliche Dienst des Landes wird auch weiter kräftig ausbilden. Auch das sehr erfolgreiche Bündnis für Ausbildung werden wir mit den Unternehmen des Landes und den Tarifpartnern weiterführen. Wir müssen den jungen Menschen zeigen, dass sie gebraucht werden, dass sie mit Arbeit selbst ihr Einkommen verdienen und ihren Platz in der Gesellschaft finden können.

Allein durch Einsparungen ist dieser Haushalt nicht in Ordnung zu bringen. Das kann nur gelingen, wenn ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum von deutlich mehr als zwei Prozent erreicht wird. Wachstum ist die Basis für mehr Steuereinnahmen und sinkende Sozial

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

ausgaben. Gute Haushaltspolitik besteht somit auch darin, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.