Protokoll der Sitzung vom 25.05.2005

ausgaben. Gute Haushaltspolitik besteht somit auch darin, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Die Landesregierung wird deshalb Steuerreformen dann mittragen, wenn sie der Wirtschaft Impulse geben und für das Land und die Kommunen nicht zu einem Minus in den Kassen führen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Meine Damen und Herren, unser Ziel ist es, die Aufgaben von Bund und Ländern klar zu trennen und in der Folge auch die Finanzströme daran auszurichten. Deshalb brauchen wir eine Neubestimmung des Föderalismus. Die Bürgerinnen und Bürger müssen wieder erkennen, wer politisch für was verantwortlich ist. Demokratie muss transparent sein - sonst verliert sie an Zustimmung. Wir sind bereit, Aufgaben vom Bund zu übernehmen. Allerdings darf der Bund dieses Angebot nicht dazu missbrauchen, sich zu sanieren. Die Bundesregierung, jede Bundesregierung, kann bei allem, was im Interesse von SchleswigHolstein und von Deutschland liegt, mit unserer fairen Unterstützung rechnen. Wir werden in Berlin mitmischen. Wir werden für Schleswig-Holsteins Interessen streiten. Wir werden unsere Anstrengungen im norddeutschen Verbund verstärkt koordinieren. Unsere Landesvertretung in Berlin wird in ihrer Funktion deutlich gestärkt.

Ab dem 1. November übernimmt Schleswig-Holstein den Vorsitz im Bundesrat. Auch das ist eine prima Gelegenheit, um für Schleswig-Holstein die Werbetrommel zu rühren. Wir werden sie zu nutzen wissen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Meine Damen und Herren, was für den Föderalismus gilt, trifft auch auf die Verwaltung des Landes und der Kommunen zu: Sie sind so, wie sie sind, nicht zukunftsfähig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Jetzt klatschen diejenigen, die vorher die Verantwortung dafür hatten, das zu ändern.

(Beifall bei der CDU)

Das ist sehr schön. Wir werden es wahrscheinlich noch häufiger erleben, dass sie klatschen können.

Wir verwalten zu viel, zu detailverliebt und somit zu teuer. Die Verwaltung muss neu geordnet, schlanker, preiswerter, leistungsstärker und noch bürgernäher werden. Unser Kurs ist dabei klar: Die Arbeit der Ministerien werden wir auf die staatlichen Kernaufgaben beschränken. Polizei, Justiz, Finanzverwaltung sowie Hochschulen und Bildung bleiben Landesauf

gabe. Andere Landesbehörden wie zum Beispiel die Staatlichen Umweltämter, die Ämter für ländliche Räume, die Katasterämter, das Landesamt für Gesundheit und Arbeitssicherheit sowie das Landesamt für Natur und Umwelt werden so weit wie möglich aufgelöst. - Jetzt können Sie klatschen.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Vier bis fünf Dienstleistungszentren in kommunaler Trägerschaft sollen dann den Hauptteil von den übrig bleibenden Aufgaben erledigen. Wir werden alle Dienststellen bei uns gründlich durchleuchten, Doppelzuständigkeiten auflösen, Standards so weit wie möglich vereinheitlichen, senken oder freigeben. Was von den Kommunen und anderen geregelt werden kann, muss das Land nicht vorgeben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir wollen die Zahl der kommunalen Verwaltungseinheiten im kreisangehörigen Bereich deutlich verkleinern. Diese Verwaltungen sollen 8.000 bis 9.000 Einwohner umfassen. Diese größeren Verwaltungen werden dann auch weitere Kreis- und Landesaufgaben übernehmen. Für die Neuordnung der Ämterebene soll das Gesetz am 1. April 2007 in Kraft treten. Ich appelliere an die Gemeinden und Kreise, uns auf diesem Weg konstruktiv zu begleiten. Wir bieten den Kommunen faire Partnerschaft an. Wir werden auch die anstehende Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs nicht dazu missbrauchen, den Kommunen in die Tasche zu greifen.

(Beifall bei CDU, SPD und SSW)

Wir setzen ganz klar auf freiwillige und einvernehmliche Lösungen. Sollten wir allerdings auf diesem Weg nicht die nötigen Fortschritte erzielen, wird das Land auch gesetzliche Regelungen treffen.

(Beifall bei CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch auf Landesebene machen wir klar Schiff mit der Landesinitiative für Verwaltungsmodernisierung und Deregulierung. Damit kommen alle Landesregelungen auf den Prüfstand, vor allem die Bauordnung, das Naturschutzgesetz und das Denkmalschutzgesetz,

(Beifall bei der CDU)

das Jagdgesetz, das Waldgesetz und das Wassergesetz, das Bodenschutzgesetz und das Landesabfallgesetz. Wir machen Genehmigungsverfahren schneller und werden Fristen für ihre Abwicklung vorgeben.

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Wir haben sicherlich etwas vergessen, Frau Kollegin, aber wir haben fünf Jahre Zeit, viel Zeit, die Sie

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

nicht genutzt haben. Wir werden vieles aufräumen, was Sie an Gerümpel liegen gelassen haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn wir unsere Verwaltung besser machen wollen, kommt der norddeutschen Zusammenarbeit besondere Bedeutung zu. Nicht jedes Land muss alles vorhalten. Vieles können wir gemeinsam erledigen. So sparen wir Geld. Wir Norddeutschen müssen aber auch im internationalen und nationalen Wettbewerb enger zusammenarbeiten als bisher, zum Beispiel beim Bundesverkehrswegeplan, bei einem Luftverkehrs- und Flughafenentwicklungskonzept, den Hochschulplänen und den Forschungsinstituten. Wir werden Schleswig-Holstein und Hamburg zu einer gemeinsamen Wirtschafts- und Verwaltungsregion ausbauen. Das hat für mich Toppriorität. Darin bin ich mir mit Ole von Beust einig: Echte Kooperationen sind besser als virtuelle Nordstaatdebatten.

(Beifall bei CDU, SPD und des Abgeordne- ten Dr. Heiner Garg [FDP])

Auch im Norden unseres Landes können wir weitere Wirtschaftspotenziale erschließen. Wir werden dafür die Kooperation mit Dänemark verstärken. Wir achten darauf, dass sich das Land als Ganzes positiv entwickelt, nicht nur im prosperierenden Süden, sondern auch in allen anderen Landesteilen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Bildungspolitik ist Gesellschaftspolitik und Wirtschaftspolitik. Wer heute in Bildung investiert, kann sich einer hohen Rendite sicher sein. Deshalb werden wir die kreativen, intellektuellen und sozialen Potenziale jedes Kindes fördern, und zwar vom Kindergarten über die Schulen, Berufsschulen und Lehrstätten bis hin zu den Hochschulen. Wer bei uns die Schule verlässt, muss für Berufsausbildung oder Studium fit sein. Daher hat für meine Landesregierung Bildung höchste Priorität.

(Beifall bei CDU, SPD und des Abgeordne- ten Dr. Heiner Garg [FDP])

Jedes Kind muss gefördert werden, damit es gut in die Welt starten kann. Kindertagesstätten leisten dabei eine herausragende Arbeit. Der Landeszuschuss in Höhe von 60 Millionen € für die Kindertagesstätten bleibt deshalb auch voll erhalten. Wir werden den Bildungsauftrag für die Kindertagesstätten konkretisieren, die Kooperation von Schulen und Kindertagesstätten verbessern und die Mitwirkungsrechte von Eltern festschreiben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Kindertagesstätten sind der zentrale Baustein für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir wollen, dass Eltern frei entscheiden können, ob sie beim Kind bleiben oder nach einer kurzen Pause wieder anfangen zu arbeiten. Kinder sind nicht nur persönliches Lebensglück für Mütter, Väter, Omas, Opas, Onkel und Tanten, sondern auch die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für ein gutes Zeugnis in der Bildungspolitik werden wir uns vor allem bei zwei Aufgaben mächtig ins Zeug legen: Für mehr Unterricht und für besseren Unterricht. Deshalb besetzen wir in dieser Legislaturperiode alle rund 3.700 frei werdenden Lehrerstellen neu. Für mehr Unterricht wird auch der Vertretungsfonds „Jede Stunde zählt“ mit Mitteln in Höhe von 10 Millionen € pro Jahr weitergeführt. Zum 1. August dieses Jahres gibt es 200 neue Stellen. Auch in den Haushalten 2007 bis 2010 werden wir neue Stellen schaffen. Ab 2006 gibt es zusätzlichen Unterricht im Umfang von mehr als 300 Stellen durch eine Erhöhung der Pflichtstunden. Dadurch können der Englischunterricht in den Grundschulen und die Verlässliche Grundschule realisiert, der noch bis zum Schuljahr 2009/2010 wachsende Lehrerbedarf gedeckt und die angestrebte Unterrichtsgarantie verwirklicht werden. Das wird trotz der schwierigen finanziellen Ausgangssituation ein absoluter Schwerpunkt meiner Regierungsarbeit sein.

Wir ziehen aus PISA Lehren! Wir investieren sehr gezielt in die Qualität der schulischen Bildung. Zentrale Vergleichsarbeiten und Abschlussprüfungen, verbindliche Bildungsstandards, interne und externe Evaluationen und der Schulbetrieb sollen Lehrenden und Lernenden helfen, sich ständig zu verbessern. Künftig gibt es zum Schulabschluss zentrale Prüfungen. Eine Prüfung wird es auch nach der 10. Klasse im Gymnasium geben. Fordern und Fördern sind für mich auch in der Bildungspolitik zwei Seiten ein und derselben Medaille. Deshalb werden wir die individuelle Förderung auch der Schulkinder stärken. Rückstufung soll es nach der 6. Klasse nicht mehr geben und das Sitzenbleiben soll deutlich zurückgehen.

Die Landesregierung wird in dieser Legislaturperiode das Abitur nach zwölf Jahren landesweit einführen. Es geht nicht an, dass unsere Kinder im Vergleich mit anderen zu spät ins Berufsleben starten.

(Beifall bei SPD)

Gleichzeitig werden wir die gymnasiale Oberstufe und die Abiturprüfung neu gestalten. Wir wollen so die Qualität der allgemeinen Hochschulreife absi

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

chern. Wir werden das System auf überwiegenden Unterricht im Klassenverband umstellen und ein viertes schriftliches Prüfungsfach einführen. Andere Länder haben sich diesbezüglich schon erfolgreich auf den Weg gemacht. Das gegliederte Schulwesen bleibt in dieser Legislaturperiode grundsätzlich erhalten. Es wird weiterentwickelt. Darüber hinaus kann es ein Nebeneinander von gegliedertem Schulwesen und Gemeinschaftsschulen geben, wenn Eltern und Träger es wollen.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer erfolgreichen Schule gehört neben den Lerninhalten, einem sozialen Klima und einer guten Ausstattung auch ein gutes Management.

Wir wollen daher die Position der Schulleitung stärken und den Schulen mehr Eigenverantwortung übertragen bei der Personalauswahl, bei den konkreten Unterrichtsverpflichtungen und bei der Gestaltung des Schulalltages.

Unsere Hochschulen sind für Schleswig-Holstein ein ganz wichtiger Standortfaktor. Wenn wir mehr Wachstum wollen, müssen wir auf neue Ideen, neue Verfahren und neue Produkte setzen. Dazu müssen wir den Forschungs- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ausbauen. Vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmer sollen einen besseren Zugang finden. Mit der Zusammenlegung von Wissenschaft und Wirtschaft in einem Ministerium setzen wir ein klares politisches Signal in diese Richtung.

(Beifall bei CDU und SPD)