Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle sehr herzlich. Erkrankt ist die Kollegin Monika Schwalm. Wir wünschen ihr von hier aus gute Besserung.

(Beifall)

Beurlaubt ist der Abgeordnete Thomas Stritzl.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne begrüßen wir ganz herzlich Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrern der Hauptschule Nortorf, Mitglieder und Gäste des SPD-Ortsvereins Schenefeld, Kreis Pinneberg, und Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Siebenbäumen, Kreis Herzogtum Lauenburg. - Herzlich willkommen Ihnen allen!

(Beifall)

Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 4 und 33:

Gemeinsame Beratung

a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV AG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/1566

Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses Drucksache 16/1743

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/1770

b) Staatsmonopol bei Sportwetten aufbrechen private Wettanbieter zulassen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/970

c) Staatliches Lotteriemonopol erhalten - Vertrieb liberalisieren

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/999

Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses Drucksache 16/1752

Ich erteile das Wort dem Berichterstatter des Finanzausschusses, dem Herrn Abgeordneten Günter Neugebauer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Guten Morgen! Der Finanzausschuss, für den ich hier zu berichten habe, hat sich in mehr als 15 Monaten in vielen Sitzungen mit dem Glücksspielstaatsvertrag befasst, zuletzt in seiner Sitzung vor genau einer Woche. In den Beratungen waren folgende Themen besonders dominierend: Erstens. Übereinstimmung des Glücksspielstaatsvertrages mit dem EU-Recht und der deutschen Verfassung, zweitens Suchtgefährdung von Lotterie- und Sportwettenteilnehmern und drittens Einflussnahme auf die Entwicklung der Einnahmen aus Konzessionsabgaben und Lotteriesteuern für den Landeshaushalt.

Insgesamt fokussierte sich im Finanzausschuss die Diskussion auf die Frage Privatisierung und Liberalisierung oder Erhaltung des staatlichen Monopols bei den Lotterien.

Nach schriftlichen Anhörungen von 24 Verbänden und Einzelpersonen sowie diversen Eingaben von Lotterie- und Wettanbietern und unter Beteiligung des Wissenschaftlichen Dienstes konnte der Finanzausschuss seine Beratungen am 6. Dezember, also vor einer Woche, abschließen. Der mitberatende Innen- und Rechtsausschuss hatte einen Tag vorher auf die Abgabe einer eigenen Stellungnahme verzichtet.

Nach einer intensiven Befragung der Landesregierung entschied sich der Finanzausschuss am 6. Dezember mehrheitlich letzten Endes für die Erhaltung des staatlichen Monopols und die Zustimmung zu dem vom Finanzausschuss noch in zwei Paragraphen geänderten Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag. Zwei Anträge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der FDP zur Liberalisierung des Lotteriebetriebes beziehungsweise zur Zulassung privater Wettanbieter fanden keine Mehrheit. Die Abstimmungsergebnisse können Sie im Einzelnen in den Drucksachen 16/1752 und 16/1743 nachlesen. Die Einzelheiten erspare ich mir.

Im Ergebnis darf ich Ihnen, meine Damen und Herren, im Namen des Finanzausschusses die Annah

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me der Beschlussempfehlungen Drucksache 16/ 1743 und Drucksache 16/1752 empfehlen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die CDUFraktion hat der Abgeordnete Frank Sauter.

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Vorsitzende des Finanzausschusses hat es bereits gesagt: Wir haben eine sehr lange und umfangreiche Beratung hinter uns. Die Fraktion der CDU sieht den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland sowie das damit in Verbindung stehende Ausführungsgesetz in Bestand und Umsetzung rechtlich mit erheblichen Risiken verbunden. Diese Beurteilung teilen wir mit dem Wissenschaftlichen Dienst des Landtages, der in seinem Gutachten zu dem Schluss kommt, dass „gegen zentrale Teile des Glücksspielstaatsvertrages rechtliche Bedenken bestehen, aus denen sich ein beträchtliches Risiko für den gesamten Bestand des Glücksspielstaatsvertrages ergeben kann“.

So konnte im Gesetzgebungsverfahren nicht eindeutig nachgewiesen werden, dass das Monopol im Bereich von Lotto und Sportwetten das einzig zweckdienliche und verhältnismäßige Mittel ist, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen. Dies gilt umso mehr, als der Glücksspielstaatsvertrag lediglich Lotterien und Sportwetten regelt, andere Glücksspiele wie das Automatenspiel und Pferdewetten trotz nachweislich höheren Suchtpotenzials jedoch unberücksichtigt lässt.

Auf die Einschätzungen der EU-Kommission, der Glücksspielstaatsvertrag verstoße wegen des Verbots des Internetspiels gegen EU-Recht und stelle insgesamt einen Eingriff in Werbe- und Wettbewerbsfreiheit dar, sei hier auch hingewiesen.

Nun weiß die CDU-Fraktion auch, dass bei zahlreichen Gesetzen und Rechtsnormen unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, ob sie verfassungsoder EU-rechtskonform sind oder nicht. Die Landesregierung hat in der letzten Sitzung des Finanzausschusses noch einmal dargelegt und begründet, dass sie sowohl den Staatsvertrag als auch das Ausführungsgesetz für verfassungs- und EU-rechtskonform hält. Gleichwohl wäre es aus Sicht der CDU

Fraktion sinnvoller gewesen, die Sportwetten vom Lottomonopol zu trennen und gesondert zu regeln.

Das von unserer Landesregierung gewählte Verfahren ist auch dadurch beeinflusst, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass sämtliche anderen Bundesländer durch Zustimmung zum Staatsvertragsentwurf das Glücksspiel neu regeln. Ein Sonderweg Schleswig-Holsteins macht keinen Sinn und würde unserem Land eher Nachteile als Vorteile bringen. Hinzu kommt die Terminierung des Bundesverfassungsgerichts zur Neuregelung des Sportwettenrechts. Sie zwingt, heute zu entscheiden und nicht irgendwann.

Trotz aller weiterhin bestehenden Zweifel und Bedenken wird die CDU-Fraktion deshalb heute dem Ausführungsgesetz ihre Zustimmung erteilen. Man könnte auch etwas salopper formulieren: im Zweifel für die Landesregierung! Die Fraktion der CDU im Schleswig-Holsteinischen Landtag hält es jedoch für erforderlich, unmittelbar nach Inkrafttreten des Staatsvertrages das Glücksspielrecht gemeinsam mit den anderen Bundesländern weiterzuentwickeln. Wir begrüßen entsprechende Initiativen der Landesregierung ausdrücklich.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Günter Neugebauer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten sagen: im Zweifel für die Bürger.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Oh Gott, oh Gott! Das ist etwas ganz Neues!)

Ich will das begründen: 76 % der von FORSA, also von einem seriösen Unternehmen, befragten Bundesbürger sind der Ansicht, dass Glücksspiele wie bisher in beschränktem Maße zur Verfügung stehen und staatlich kontrolliert werden sollten. Mit unserer heutigen Zustimmung zum Glücksspielstaatsvertrag entsprechen wir diesem Bürgerbegehren.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich!)

Das staatliche Monopol im Lotteriewesen bleibt erhalten. Wir erfüllen damit auch die Auflagen des Bundesverfassungsgerichts aus seinem bekannten Urteil vom 28. März des letzten Jahres: Erstens. Der kommerzielle Missbrauch des natürlichen Spieltriebs wird im Hinblick auf die nachteiligen

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(Günter Neugebauer)

Folgen für die Spielsucht verhindert. Zweitens. Der Staat wird präventiv tätig, um die individuellen und gesellschaftlichen Folgen von Spielsucht einschließlich der Beschaffungs- und Begleitkriminalität zu begrenzen.

Nicht die Gewinnsucht der Anbieter, sondern die Vermeidung von Spielsucht bei den Nutzern wird künftig das Lotteriegeschehen nicht nur in Schleswig-Holstein bestimmen und das ist auch gut so.

In der Beurteilung der Gefährdung und der Spielsucht beim Lotteriebetrieb sind sich alle befragten wissenschaftlichen Gutachter einig, auch wenn sie nach unserer Überzeugung zu Recht - sehr wohl zwischen der geringeren Spielsuchtgefährdung beim Lotto gegenüber der wesentlich intensiveren Gefährdung bei Sportwetten differenzieren.

Mit diesem Staatsvertrag vermeiden wir, dass Deutschland in doppelter Hinsicht zur Spielwiese aller europäischer Wettanbieter wird. Von den bekannt gewordenen Aktivitäten einer bestimmten Wettmafia in Europa will ich jetzt gar nicht reden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist wirklich unglaublich!)

Wir Sozialdemokraten, Kollege Kubicki, haben im Finanzausschuss ohne Vorbehalte und sogar einstimmig, aber nach intensiven Beratungen dem Staatsvertragsentwurf der Landesregierung zugestimmt und das tun wir auch heute. Nur selten hat ein Gesetzentwurf in Schleswig-Holstein eine so intensive Begleitung durch Gutachter, Juristen und Lotterieanbieter erfahren und ist so lange diskutiert worden. Doch heute muss entschieden werden. Es muss deswegen entschieden werden, weil wir - da hat Kollege Sauter völlig recht - einen Sonderweg gegenüber allen anderen deutschen Bundesländern nicht beschreiten wollen, weil die negativen Folgen für unser Land und für den Landeshaushalt unkalkulierbar sind. Auch wenn wir die juristischen Ratschläge, die den Finanzausschuss zuhauf erreicht haben, sehr ernst nehmen, sind wir dennoch der Auffassung, dieser Staatsvertrag ist europatauglich, und er ist aus unserer Sicht auch verfassungskonform.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: An diese Sätze werde ich in einem halben Jahr erinnern!)

- Ja, da reden wir miteinander. Im Übrigen entscheiden weder Sie noch ich über die Verfassungskonformität, sondern die dafür in der Rechtsordnung vorgesehenen Organe, Kollege Kubicki.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das beruhigt, Kollege!)