Protokoll der Sitzung vom 25.02.2009

Ich finde auch die Aufforderung an den Ministerpräsidenten merkwürdig - ich kann es nicht fassen -, jetzt dringend die Gehaltsstrukturen der Vorstandsmitglieder zu korrigieren, die unter Ihrer parlamentarischen Aufsicht in den Gremien eingeführt worden sind. Ich habe im Finanzausschuss ausgeführt, welche Verwunderung mich erreicht

hat, als ich in den Aufsichtsrat kam und festgestellt habe, wie bestimmte Strukturen dort sind. Ich habe sie übrigens zum Teil verändert.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das Parlament nimmt sie nicht zur Kenntnis!)

Warum haben Sie, wenn Sie das jetzt so kritisieren, diese Nachfragen in der Vergangenheit nicht gestellt?

Lieber Wolfgang Kubicki, ich möchte auf einige Teile Ihrer Rede kurz eingehen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie im November die Zu- sage gemacht oder nicht? Das ist der Punkt!)

Der Minister hat das Wort, Herr Hentschel, und nicht Sie!

Gucken Sie einfach in die entsprechenden Richtlinien! Sie können alles nachlesen. Soll ich Ihnen jetzt noch die Regelungen vorlesen?

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Kubicki, Sie haben zu Recht gefordert, dass wir prüfen müssen - ich habe das übrigens in meiner Regierungserklärung im November als auch heute in meinem Beitrag dargestellt, dass wir natürlich gucken müssen -, wo es Verantwortlichkeiten auch innerhalb der Gremien der Bank gibt, wo es konkrete Nachfragen, Prüfungen, Kritik, möglicherweise auch weiter gehende Maßnahmen geben muss, wenn sich einzelne Mitglieder in ihren Verantwortungsbereichen nicht an klare, eindeutige Regeln gehalten haben. Das gilt für Vorstandsmitglieder wie auch für Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene. Das gilt für Wirtschaftsprüfer, die möglicherweise nicht die hinreichenden Prüfungen in der notwendigen Tiefe gemacht haben könnten.

Ich sage das mit aller Vorsicht. Das gilt für Aufsichtsräte, die daraufhin möglicherweise die notwendigen Fragen nicht gestellt haben. Das gilt für mich ganz genauso. Das gilt auch für die Bankaufsicht. Das gilt natürlich auch für die Beiräte. Wir werden hier im Parlament sehr ausführlich darüber berichten, wenn diese Prüfungen abgeschlossen sind. Dafür braucht es aber eine klare Grundlage. Der Prüfungsbericht zum Jahresabschluss 2008

(Minister Rainer Wiegard)

wird dafür in Gänze eine Grundlage für die Prüfung sein.

Ich hätte mich sehr darüber gefreut, wenn Sie etwas mehr auf meinen Beitrag zum zukünftigen Geschäftsmodell eingegangen wären, das sich sehr wohl von dem unterscheidet, was die Bank heute hat. Es unterscheidet sich auch von dem, was wir nach dem 5. September vorgeschlagen haben. Das war noch vor der Lehman-Krise. Ich denke, dass dies der entscheidende Punkt der Diskussion sein muss, und zwar neben der Frage, ob die Risiken richtig eingeschätzt und eingeplant worden sind. Die Frage, ob das Geschäftsmodell zukunftsfähig ist, ist die entscheidende Frage. Wenn wir diese Frage nicht mit Ja beantworten können, wenn wir nicht der Meinung sind, dass die Chancen deutlich größer sind als die Risiken, dann kann man dieses Geschäftsmodell nicht wählen. Ich bin überzeugt davon, dass das Geschäftsmodell richtig ist.

Ich möchte noch eine Richtigstellung der von Ihnen dargestellten Zahlen vornehmen. Herr Kubicki, es bleibt dabei, die Bank hat in diesen Jahren 500 Millionen € gezahlt. Dass Sie Vergütungen für stille Beteiligungen nicht aufführen und sich nur auf Dividenden konzentrieren, ist in der Tat nicht die richtige Rechnung. Die Bank hat diese 500 Millionen € erwirtschaftet, um sie an Schleswig-Holstein zahlen zu können. Dafür, dass Schleswig-Holstein Kredite aufgenommen hat, um die Beteiligung zu finanzieren, können wir die Bank nicht haftbar machen.

Sie haben mich persönlich auf eine andere Art und Weise angesprochen als in den vergangenen Wochen. Ich will deutlich dazu Stellung nehmen, weil Sie meine angebliche besondere Nähe zur Bank kritisiert haben. Ich empfehle einen Blick in das Aktiengesetz. Da steht drin, was für Aufsichtsräte gilt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich empfehle einen Blick in die Verfassung!)

Das gilt für alle Aufsichtsräte, unabhängig davon, ob sie Teil der Mitarbeitervertretung sind.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Auf dieser Bank sitzen Sie nicht als Aufsichtsrat!)

Herr Fraktionsvorsitzender, das gilt für alle Aufsichtsräte, egal ob sie Anteilseigner oder was auch immer sind. Daneben gibt es selbstverständlich einen besonderen öffentlichen Auftrag, der damit in Verbindung steht. Deshalb sage ich Ihnen: Wenn diese Bank geschlossen wird, dann sind die Vermögenswerte des Landes weg. Ich könnte Ihnen ein Zitat aus Ihrer Rede vom 12. November vorlesen.

Ich lasse das jetzt weg. Mein Engagement ist, die Vermögenswerte des Landes zu erhalten und nach Möglichkeit auszubauen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Mein Engagement richtet sich darauf, dass diese Bank wieder profitabel aufgestellt wird, denn wenn sie geschlossen wird, besteht die Möglichkeit der Wertaufholung nicht mehr. Deshalb bleibt nur dieser Weg, die Bank wieder profitabel aufzustellen; entweder so, wie das im Geschäftsmodell vorgesehen ist, oder - wie ich deutlich ausgeführt habe mit anderen optionalen Modellen, die man anschließend daran anbinden kann, und zwar mit dem eindeutigen Ziel, dass das, was als Ergebnis dabei heraus kommt, ein positives Ergebnis ist. Ziel muss sein, dass wieder Dividenden gezahlt werden können und dass der Aktienwert wieder von dem außerordentlich niedrigen Niveau, das wir jetzt wahrscheinlich erreicht haben, ansteigt. Ziel muss sein, durch den Verkauf dieser Aktien, die wir jetzt über diese gemeinsame Anstalt erwerben, das eingesetzte Kapital zurückzuerhalten. Ich halte das für einen wichtigen Gesichtspunkt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hamburg und Schleswig-Holstein dauerhaft zu 85 oder zu 90 % Anteilseigner dieser Landesbank bleiben. Ich glaube, dass eine Verringerung des Anteils beider Länder auf deutlich unter 50 % möglich ist und dass diese Bank wieder in einen Wettbewerb mit anderen Banken eintreten kann.

(Beifall bei CDU und SPD)

Durch den Herrn Minister sind für die Fraktionen neue Redezeiten von 10 Minuten entstanden. Zunächst hat Frau Abgeordnete Monika Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Finanzminister, Sie lassen mir keine Wahl. Ich zitiere aus dem Ergebnisvermerk des Gesprächs vom 20. Februar im Bundesministerium der Finanzen. Die Teilnehmer waren Carstensen, Freytag, Wiegard, Nawrath, Bastian, Nonnenmacher, Reichle. Dort steht unter Punkt 2:

„In einer Telefonkonferenz des Lenkungsausschusses am heutigen Tag wurde bestätigt, dass es bei den Entscheidungen aus dem November verbleibt. Tragfähiges Geschäftsmodell; Altlasten/Nicht strategische Portfoli

(Minister Rainer Wiegard)

en werden abgebaut und von Alteigentümern getragen, jetzt 7 % Kernkapitalquote ist von Alteigentümern sicherzustellen.“

Das sagt eindeutig, dass es im November diese Vereinbarung gab. Es gab die Vereinbarung, dass von den Alteigentümern das alte Risiko sicherzustellen ist, es gab aber auch die Erhöhung der Kernkapitalquote. Herr Finanzminister, wenn Sie uns weismachen wollen, Sie hätten versucht, das, was im November vereinbart wurde, jetzt noch zu verändern, dann frage ich Sie: Wer soll Ihnen das glauben? Sie haben den Grundpfeiler im November gelegt.

Eines nehme ich Ihnen besonders übel: Ich habe im Finanzausschuss mehrfach nachgefragt, wer vorgegeben hat, dass die Kernkapitalquote auf 7 % erhöht werden muss. Das steht nicht im Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Es steht nicht in der Verordnung. Sie haben uns auch ansonsten keine rechtliche Grundlage vorgelegt. Als ich das dritte Mal im Finanzausschuss nachgefragt habe, hieß es, es gebe einen neuen Vermerk der EU. Auch den haben wir bis heute nicht erhalten. Der wurde damals aus der Tasche gezogen.

Sie haben bis vor Kurzem den Eindruck erweckt, Sie würden tatsächlich versuchen, den SoFFin am Rettungspaket zu beteiligen, und zwar unter genau diesen Bedingungen. Das waren von Anfang an keine ernsthaften Verhandlungen. Alle Bedingungen hatten Sie bereits im November unterschrieben. Es ist kein Wunder, dass der Bund uns nicht hilft.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Minister, Sie sollten Personen, die anderer Auffassung sind als Sie, nicht unterstellen, dass Sie nicht auch die Vermögensinteressen des Landes im Auge haben. Ich unterstelle Ihnen auch nicht, dass Sie die Vermögensinteressen des Landes nicht im Auge haben. Wir kommen so nicht weiter. Ihre Ausführungen, dass Sie als Aufsichtsratsmitglied besondere Verpflichtungen gegenüber der Bank haben, sind zutreffend. Sie haben als Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein von Verfassung wegen einen davon separierten Auftrag, der nicht darin besteht, die Interessen der Bank

wahrzunehmen, sondern die Interessen des Landes. Das muss nicht immer deckungsgleich sein.

Ich komme nun zu einem Punkt, der mich mittlerweile berührt, Herr Dr. Stegner. Der Herr Ministerpräsident oder auch Sie versuchen zu insinuieren, die Beiratsmitglieder der HSH Nordbank hätten irgendeine Möglichkeit der Kontrolle oder Einwirkung. Schon in der Satzung steht, dass der Beirat den Vorstand beraten soll, soweit der Vorstand den Rat überhaupt will. Seitdem ich dem Beirat angehört habe -

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

- Herr Kollege Astrup, ich komme gleich darauf, weil ich diese arrogante Überheblichkeit des Nichtwissens mittlerweile für unerträglich halte.

(Holger Astrup [SPD]: Dito, Herr Kollege!)

- Ich kann damit leben. Die Frage ist, ob die Wählerinnen und Wähler des Landes damit leben können. Das werden sie der Sozialdemokratie dieses Landes noch zeigen, keine Sorge. Keine Sorge, die Ypsilanti des Nordens - Stegner - wird das noch erleben.

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass der Vorstand den Sachverstand der Beiratsmitglieder jemals in Anspruch genommen hat. Wir haben dauernd Flip-Charts gesehen, die Sie auch gesehen haben. Sie haben gezeigt, wie toll alles funktioniert. Es wurde nur abgesegnet: Die Kollegin Heinold ist da, der Kollege Kayenburg sitzt dort auch, auch Lars Harms und die Kollegin Spoorendonk. Es gab nicht einmal die Frage, ob wir etwas dazu beisteuern sollten. Damit dieses Märchen aufhört, sage ich: Ich hatte im August 2007 während einer Beiratssitzung - und der damalige Beiratsvorsitzende Marnette war anwesend - den damaligen Vorstandsvorsitzenden Berger gefragt, ob die HSH Nordbank auf dem Subprime-Markt in den USA engagiert sei. Er hat mir erklärt: Nein. Wir wissen, das war eine Lüge. Ich habe gefragt. Sie haben das offensichtlich nicht getan.

Ich war anschließend bei Ihnen. Ich habe zweimal ein Vieraugengespräch mit Herrn Berger geführt, und zwar im Januar 2008 und im September 2008. Ich habe Sie anschließend darüber unterrichtet, dass das, was er mir gesagt hat, mit Ihren Informationen nicht deckungsgleich war. Ich habe Ihnen gesagt, dass dies uns beide veranlassen sollte, einmal darüber nachzudenken und intensiver nachzufragen, was die Geschäftspolitik des Vorstands angehe.

Ich will daraus jetzt nicht weiter zitieren. Aber Sie werden das bestätigen, dass ich Sie darauf hinge

(Monika Heinold)

wiesen habe, dass seine Auskünfte, die er mir gegenüber in langen Gesprächen getätigt hatte, mit denen, die er Ihnen gegenüber gegeben hat, nicht übereinstimmen. Das hat das Vertrauensverhältnis komplett unterminiert. Ich habe also mehr getan, als offensichtlich Aufsichtsratsmitglieder wie der Genosse Stegner, der ansonsten sehr viel dafür übrig hat, Kontrolle auszuüben.

Damit das aufhört, erkläre ich jetzt hier zu Protokoll - und ich werde das heute auch der Bank gegenüber erklären -: Ich werde aus dem Beirat der HSH Nordbank aussteigen. Meine Fraktion hat darüber beraten. Wir werden auch kein weiteres Beiratsmitglied für die HSH Nordbank entsenden. Ich wäre dankbar, wenn die anderen Mitglieder des Hohen Hauses darüber nachdenken würden, ob sie sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, für Fehlverhalten des Vorstands oder des Aufsichtsrats einstehen zu müssen.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden hier über sehr ernsthafte Angelegenheiten, wir reden aber nicht alle mit Ernsthaftigkeit über die Angelegenheiten. Ich möchte schon einmal sagen, dass ich eben etwas ganz Neues gelernt habe. Ich habe gelernt, dass der „Parlamentsneuling“, der Herr Oppositionsführer, extra aufgefordert werden muss, seine Meinung kundzutun. Das war mir ganz neu. Ich hatte bisher immer den Eindruck, Sie äußern sich, egal ob Sie jemand fragt oder nicht. So kennen wir Sie seit Jahren hier. Hier hat überhaupt niemand behauptet, dass der Beirat sozusagen die Bank kontrolliert. Das machen die Aufsichtsgremien, in der Tat. Aber wenn man sich in Anklägerpose hinstellt und sagt, man hätte das alles wissen können und müssen mit der Weltwirtschaftskrise, mit der Finanzkrise, mit dem Zusammenbrechen von Märkten, dem Verstaatlichen von Banken, dem Verschwinden von Investmentbanken und all dieses, dann darf man doch einmal fragen: Ist es eigentlich aktenkundig, dass der Herr Abgeordnete Kubicki seit 1994 im Beirat Fragen dieser Art gestellt hat? Ist es eigentlich überliefert, dass bei Besuchen in Luxemburg und anderswo, wo solche Modelle zum Kreditersatzgeschäft vorgestellt worden sind, empörende Pressemitteilungen des

Abgeordneten Kubicki an die Öffentlichkeit gelangt sind, wo er die Landesregierung vor solch fatalen Irrwegen warnt? - Ich kann mich nicht entsinnen. Unser Archiv gibt das nicht her. Und das ist sehr ordentlich, das sozialdemokratische Archiv. Nur darum geht es.