Rainer Wiegard

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Anstalt „Einheitlicher Ansprechpartner“, den wir Ihnen vorgelegt haben, wollen wir einen Einheitlichen Ansprechpartner in Schleswig-Holstein für alle Dienstleister errichten, die sich gründen oder ansiedeln, erweitern oder verändern wollen. Dieser Einheitliche Ansprechpartner kann in allen Verwaltungsverfahren im Lebenszyklus eines Unternehmens eingeschaltet werden. In unserem Bundesland ist dann - so kann man fast sagen - der olympische Behördenmehrkampf mit diversen Formularen und Anlaufstellen, den es bisher gab, vorbei.
Die Funktion des Einheitlichen Ansprechpartners wird in einer schlanken und leistungsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts wahrgenommen. Wir sind mit dieser Lösung Vorreiter unter den Bundesländern. Es ist, wie ich finde, ein besonders gutes partnerschaftliches Signal, dass die Handwerkskammern, die Industrie- und Handelskammern und die kommunalen Landesverbände diese Lösung unterstützen und sich an der gefundenen Rechtsform gemeinsam beteiligen werden. Die Anstalt und der Ansprechpartner sollen dafür sorgen, dass Verfahren mit der Verwaltung schneller und leichtgängiger abgewickelt werden, von der Existenzgründung über die Ansiedlungs- und Erweiterungsaktivitäten bis zur Ausweitung des Produktionssortiments. Dadurch soll demjenigen die Arbeit erleichtert werden, der etwas leisten will. Die von uns in gemeinsamer Arbeit mit den beteiligten Verbänden und Organisationen gefundene und Ihnen vorgeschlagene Lösung ist eine praxisorientierte Lösung. Erstmals wird eine solche Organisation in einer gemeinsamen Kooperation von Land, Kommunen und Kammern getragen. Dies ist ein schleswigholsteinisches Modell, das von anderen Bundesländern und in einer Anhörung des Europäischen Parlaments als sehr gut umsetzbar bewertet wurde.
Mit dem Einheitlichen Ansprechpartner beschleunigen wir Verfahrensabläufe, modernisieren wir die Verwaltung und tun einen Schritt auf dem Weg zur schlankesten Verwaltung der Bundesländer. Um dies gewährleisten zu können, werden alle elektronischen Verfahren, die zu diesen Verwaltungsprozessen gehören, beschleunigt und vereinheitlicht werden müssen. Deshalb ist dies ein großer Modernisierungsakt.
Der Gesetzentwurf befördert eine Vielzahl von Verfahrenserleichterungen für die private Wirtschaft. Sie kann durch die elektronische Abwicklung von Verwaltungsverfahren, die bisher weithin auf Papier stattgefunden haben, erheblich an Dynamik gewinnen, und unser Land bekommt Standortvorteile. Die Verwaltungsverfahren werden insgesamt einfacher, transparenter und unbürokratischer. Die öffentliche Verwaltung in Schleswig-Holstein soll dadurch besser, schneller und preiswerter werden. Besonderes in wirtschaftlich angespannten Zeiten werden es die guten und die flexiblen Verwaltungen sein, die den Wettbewerb um Unternehmen, um Arbeitsplätze und damit um wirtschaftliches Wachstum gewinnen. Die gemeinsame Anstalt „Einheitlicher Ansprechpartner Schleswig-Holstein“ soll dazu einen Beitrag leisten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aktiengesellschaften unterliegen nach dem Aktiengesetz einer sehr detaillierten geschäftlichen Prüfung ihrer Aktivitäten, die im Jahresabschluss unter anderem in der Gewinn- und Verlustrechnung, der Bilanz und dem Lagebericht darzustellen sind. Die Prüfung der Jahresabschlüsse erfolgt nach einheitlichen Standards und Anforderungen. Sie hat die Funktion, die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und mögliche Geschäftsrisiken festzustellen. Das Ergebnis der Abschlussprüfung durch unabhängige Wirtschaftsprüfer ist die Grundlage für die Feststellung des Jahresabschlusses und für eine zu beschließende Entlastung der Geschäftsführung und der Aufsichtsorgane.
Die schwierige Geschäftsentwicklung bei der HSH Nordbank war Auslöser für eine umfangreiche und weit über das übliche Maß einer Jahresabschlussprüfung hinausgehenden Prüfung bei der HSH Nordbank AG. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates hat im Einvernehmen mit den Anteilseignern im November 2008 den neuen Abschlussprüfer der HSH Nordbank, die KPMG, beauftragt, zusätzlich über den Rahmen der Abschlussprüfung hinaus alle wesentlichen Kapitalmarkttransaktionen im Hinblick auf das bilanzielle Risiko für den Jahresabschluss 2008 zu überprüfen. Der Prüfungsbericht liegt vor. Er umfasst mehr als 2.000 Seiten. Die darin enthaltenen Feststellungen und Hinweise werden in einem geordneten Verfahren abgearbeitet. Das geschieht durch den Vorstand, durch den Aufsichtsrat und durch den neu gebildeten Gesellschafterausschuss unter Beteiligung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.
Aufgrund einzelner Hinweise in diesem Prüfungsbericht der KPMG hat der Aufsichtsratsvorsitzende im April 2009 in Abstimmung mit den Anteilseignern die Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer mit der Prüfung beauftragt, „ob heutige oder frühere Vorstände der Bank in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich in vollem Umfang ihre
Pflichten zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte erfüllt haben“.
Dieser Auftrag betrifft das Kreditinvestmentportfolio, das Risikomanagement und die Strategieumsetzung seit Gründung der HSH Nordbank. Ziel ist es, die Prüfungsberichte der im Auftrag des Aufsichtsrat veranlassten erweiterten Abschlussprüfung der KPMG durch unabhängige Anwälte daraufhin zu untersuchen, ob sich hieraus möglicher weiterer Handlungsbedarf ergibt.
Die erhebliche Ausweitung des Umfangs der Abschlussprüfung hat also genau die von den Organen und dem Aktiengesetz beabsichtigte Aufgabe erfüllt. Nach Abschluss dieser Prüfung und nach Abarbeitung der Feststellungen und Hinweise erstens im Prüfungsbericht der KPMG und zweitens in dem noch nicht vorliegenden ergänzenden Prüfungsbericht von Freshfields wird neu zu entscheiden sein, ob es darüber hinaus weiteren Prüfungsbedarf gibt. Wir sind derzeit der Meinung, dass es eine Vielzahl von Feststellungen und Hinweisen gibt, die dieses Volumen darstellen lassen.
Zur Frage der Prüfung durch die Landesrechnungshöfe ist festzustellen, dass durch die Gründung der HSH Finanzfondsanstalt und die von dieser Anstalt gehaltenen Anteile an der Bank - die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein haben eine Anteilsmehrheit erhalten - auch eine Prüfung durch den Landesrechnungshof nach dem Haushaltsgrundsätzegesetz möglich ist - möglich ist, Frau Kollegin Heinold, nicht vorgeschrieben! Wir haben uns deshalb mit der Freien und Hansestadt Hamburg darauf verständigt, die Satzung der HSH Nordbank AG zu ändern und ein Prüfungsrecht für die Rechnungshöfe der Länder einzuräumen.
Insofern stimmen wir hier in der Absicht völlig überein.
Was die Frage von sonstigen Sonderprüfungen anbetrifft, bitte ich schlicht und ergreifend darum, dass wir zunächst einmal die Prüfungsergebnisse nicht nur auswerten, sondern auch die Feststellungen und Hinweise umsetzen, die darin enthalten sind, und die Notwendigkeiten, die sich daraus ergeben, im Einzelnen prüfen, um nach Abschluss des letzten Prüfungsberichtes, der möglicherweise im Juli 2009 vorgelegt werden wird, dann zu weiteren Entscheidungen zu kommen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann es immer wieder bedauern, dass eine solche Diskussion so häufig auch von Debatten begleitet wird, die nicht gerade von umfassender Sachkenntnis und manchmal noch nicht einmal detaillierter Sachkenntnis geprägt sind. Die Landesregierung nimmt selbstverständlich die Verantwortung als bedeutender Anteilseigner der HSH Nordbank wahr. Ihre Begriffsdefinition, Frau Heinold, von „aus dem Staube machen“ belegt lediglich, dass Sie erstens von den Aufgaben und zweitens von der Funktion eines Aufsichtsrates überhaupt keine Ahnung haben.
Aber das gilt ja für andere Gremien, denen Sie angehören, auch. Sehen Sie, der Finanzminister ist für alle Beteiligungen zuständig, unabhängig davon, ob er in den Aufsichtsgremien sitzt oder nicht. Das gilt zum Beispiel auch für die AKN, wo ich auch nicht in den Aufsichtsgremien sitze. Dennoch habe ich die Verantwortung dafür in der Landesregierung und die Landesregierung insgesamt. Da ändert sich gar nichts.
Die Wahrnehmung der Verantwortung für den bedeutend gewachsenen Anteil an der gemeinsamen Landesbank Hamburg Schleswig-Holstein geschieht künftig einerseits unmittelbar durch zwei Mitglieder der Landesregierung in dem auf Initiative Schleswig-Holsteins geschaffenen Gesellschafterausschusses, dem jeweils zwei Vertreter der Anteilseigner sowie der Vorsitzende des Aufsichtsrats und der Vorstandsvorsitzende angehören. Hier werden insbesondere die strategischen Interessen der Anteilseigner - Umsetzung der Beschlüsse zur Restrukturierung und die Planungsvorgaben, die Lage und die Entwicklung der Bank im Hinblick auf die Auswirkungen auf das Kapital, das von den Anteilseignern gehalten wird - begleitet.
Der Gesellschafterausschuss tagt künftig regelmäßig in einem vierwöchigen Turnus, und er hat, obwohl er gar keine Organstellung hat, die entscheidende Bedeutung in den weiteren Beratungen zur Struktur und zur Umsetzung der Bank.
Kollegin Herdejürgen hat das Beispiel genannt, dass die Durchsetzung der Forderung der Anteilseigner im Zusammenhang mit dem Garantievertrag notwendig war. Frau Herdejürgen, in der Tat, das ist nicht im Aufsichtrat geschehen, sondern es ist auf der Anteilseignerseite geschehen.
Deshalb ist schon sehr zu differenzieren, an welcher Stelle diese Dinge geschehen.
Im Aufsichtsrat selbst haben die Anteilseigner künftig jeweils ein Grundmandat, das für Schleswig-Holstein von Lutz Koopmann, dem Vorsitzenden des Vorstands der Investitionsbank, wahrgenommen wird. Mit Herrn Koopmann ist eine Vereinbarung beschlossen worden, die die Information und Rückkopplung der Beteiligungsverwaltung der Landesregierung über alle Angelegenheiten des Aufsichtsrates sicherstellt. Herr Koopmann ist ein ausgewiesener anerkannter Bankfachmann, der zudem bereits seit Jahren in besonderer Weise schleswig-holsteinische Interessen an prägnanter Stelle gerade in diesem Bereich vertritt. Deshalb, glaube ich, ist er ein ausgezeichneter Mann auf diesem Platz.
Darüber hinaus haben sich die Regierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein darauf verständigt, weitere sechs Sitze
- Lars Harms, Schleswig-Holstein hat nicht nur zwei Sitze, sondern es hat ein Grundmandat und gemeinsam mit Hamburg weitere sechs Sitze - gemeinsam mit Vertretern aus der Wirtschaft und vorrangig aus dem Finanzdienstleistungsbereich zu besetzen.
Mit Hilmar Kopper - das wurde von Einzelnen genannt - hat der Ministerpräsident einen Aufsichtsratsvorsitzenden gewinnen können, der die Neustrukturierung als erfahrener Bankfachmann, renommierte Persönlichkeit mit fundierter Kenntnis und vor allen Dingen mit extrem vielen guten Beziehungen in die Finanzwelt begleiten kann.
Neben Hans Werner Blöcker als Vertreter der norddeutschen Wirtschaftsverbände gehören dazu ausnahmslose frühere Vorstandsmitglieder renommierter Unternehmen. Die Namen sind hier genannt worden. Detlev Bremkamp, Allianz, Dr. Joachim Lemppenau, Volksfürsorge, Bernd Wrede, Kühne & Nagel und Hans Reckers, Deutsche Bundesbank, der ab November zur Verfügung steht. Damit ist dieser Aufsichtsrat hochkarätig und fachkundig besetzt und sichert ein Höchstmaß an Kontrolle der Arbeit des Vorstands. Ich bin außerordentlich dankbar, dass es gelungen ist, den Aufsichtsrat mit die
sen anerkannten Fachleuten und Persönlichkeiten zu besetzen.
Die Landesregierung wird im ständigen Dialog mit unseren insgesamt acht Vertretern - gemeinsam mit Hamburg mit insgesamt acht Vertretern - im Aufsichtsrat und dem Gesellschafterausschuss den schwierigen Prozess der Restrukturierung begleiten.
Meine Damen und Herren, wer immer nur darauf schaut, welche Anteile wir haben und dass wir anteilsgemäß die politische Beteiligung dort sicherstellen, der wird auch zu den vier Grundrechenarten zurückkehren müssen. Ein Blick in das Aktien- und Mitbestimmungsgesetz macht ja deutlich, dass, wenn wir 85 % der Anteile haben, niemals über 85 % der Sitze im Aufsichtsrat verfügen werden, weil 50 % der Sitze im Aufsichtsrat allein bereits den Arbeitnehmervertretern zustehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir die besonderen Interessen der Anteilseigner auf beiden Seiten wahrnehmen, sowohl in dem neu gebildeten Gesellschafterausschuss als auch im Aufsichtsrat auf der Anteilseignerseite. Wir werden das in sehr intensivem Dialog mit unseren Vertreterinnen und Vertretern in beiden Bereichen tun.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Herbst 2008 befand sich die HSH Nordbank insbesondere aufgrund der Insolvenz von Lehman Brothers in einer außerordentlich schweren Krise. Seitdem ist es gelungen, bis Mitte dieses Jahres alle erforderlichen Schritte zur Rekapitalisierung des Bankinstituts einzuleiten und abzuschließen. Sowohl die Garantien des SoFFin und der Anteilseigner der Länder wie auch die Kapitalerhöhung der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein sind per 30. Juni 2009 wirksam geworden. Damit ist zunächst allen regulatorischen Anforderungen termingerecht zum 30. Juni 2009 entsprochen worden.
Die in diesem Zusammenhang stehende Resolution des Landtags zur HSH Nordbank schreibt die neuen Regeln der Good Governance als feste Bedingung für die gewährten Landeshilfen fest. Hierzu gehören auch eine Begrenzung der Vorstandsgehälter auf das vom SoFFin festgelegte Niveau und eine Veränderung der künftigen Gehaltsstrukturen, die eine nachhaltige Geschäftspolitik gegenüber einer kurzfristigen Renditeoptimierung bevorzugen.
Zur Umsetzung dieses Ziels haben die Anteilseigner durchgesetzt, dass die Vorstände eine Selbstverpflichtung unterschrieben haben. Ab dem 1. Juli 2009, dem Inkrafttreten der Garantievereinbarung, orientiert sich künftig die Vergütung auf allen Ebenen der Bank am langfristigen Erfolg. Es werden keine Anreize gesetzt - die hat es in der Vergangenheit in der Tat gegeben -, um unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen.
Für den Vorstand gilt, dass eine Begrenzung der monetären Vergütung der Festgehälter auf 500.000 € greift, solange die Dividendenfähigkeit der Bank nicht hergestellt ist.
Alle Vorstandsmitglieder haben einer entsprechenden Anpassung ihrer Verträge ab 1. Juli 2009 zugestimmt. Dies gilt auch für Herrn Professor Nonnenmacher. Damit sind die Anforderungen des Landtags in seiner Resolution erfüllt.
Allerdings stand dem Vorstandsvorsitzenden Professor Nonnenmacher aus seinem bisherigen Anstellungsvertrag ein Sonderkündigungsrecht zum 31. Juli 2009 zu. Bei seinem Weggang wäre die HSH Nordbank verpflichtet gewesen, seine bisherigen Ansprüche in Höhe von rund 2,9 Millionen € zu erfüllen. Die HSH Nordbank hätte unter diesen schwierigen Umständen zusätzlich auch noch das Know-how eines leistungsfähigen Vorstandsvorsitzenden verloren. Dies hätte für die Bank zu weiteren Belastungen geführt.
Schon die BaFin hat in den zurückliegenden Monaten die vollständige Wiederbesetzung des Vorstandes gefordert. Ein weiteres Ausscheiden hätte hier ein falsches Signal gegeben. Es bestand vielmehr ein vitales Interesse insbesondere der Anteilseigner, den Vorstandsvorsitzenden Professor Nonnenmacher zu halten.
Hierfür hat sich auch der neue Aufsichtsratsvorsitzende Herr Kopper ausdrücklich ausgesprochen.
Einen neuen Aufsichtsrat zu installieren bei gleichzeitigem Verlust des aktiven Vorstandsvorsitzenden wäre ein deutlich schwierigerer Vorgang gewesen, als er es ohnehin schon war.
Vor diesem Hintergrund hat der Präsidialausschuss einen Verhandlungskorridor für den Aufsichtsratsvorsitzenden beschlossen. Ergebnis ist eine Einmalzahlung in der Größenordnung von 1,4 Millionen € sowie eine ab dem 60. Lebensjahr wirksame Altersversorgung mit einem versicherungstechnischen Barwert von 1,5 Millionen € und die Akzeptanz der Begrenzung des Gehalts auf 500.000 € ab dem 1. Juli 2009.
Der Vorstandsvorsitzende hat in der zurückliegenden Zeit ein akzeptiertes Restrukturierungskonzept erarbeitet und im Wesentlichen auch in den Vereinbarungen zwischen SoFFin, BaFin und EUKommission im ersten Durchgang umgesetzt. Er nimmt seit geraumer Zeit gleichzeitig vier Vorstandsressorts wahr, das für Finanzen, das für Risiko, das Vorstandsressort und das für Organisation.
Durch diese Vereinbarung, für die der Präsidialausschuss dem Aufsichtsratsvorsitzenden Verhandlungsvollmacht gegeben hat, konnte der Verzicht von Herrn Nonnenmacher auf sein Sonderkündigungsrecht und die Fortsetzung des bestehenden Anstellungsvertrags erreicht werden.
Dies ist eine außerordentlich schwierige Entscheidung gewesen, meine Damen und Herren. Wir haben in diversen Gesprächen den Versuch gemacht, diese nach rückwärts wirkende Zahlung in eine Zahlung umzuwandeln, die mehr in die Zukunft gerichtet ist und an dem künftigen Erfolg des Unternehmens bemessen wird. Dies ist nicht erreicht worden. Ich bedaure das außerordentlich.
Nun gibt es eine rechtliche Würdigung und eine persönliche Würdigung dieses Vorgangs. Die
rechtliche Würdigung hat ergeben, dass es für die Bank und für die Anteilseigner keine insgesamt wirtschaftlichere Lösung gegeben hätte. Die Barauszahlung von rund 2,9 Millionen € oder den Vertrag abzugelten, bei gleichzeitigem Verlust des Vorstandsvorsitzenden und der Notwendigkeit, in relativ kurzer Zeit einen neuen zu finden - in dieser Abwägung haben wir uns für die gefundene Lösung entschieden.
Dennoch, die persönliche Würdigung der Forderung von Herrn Nonnenmacher ergibt, was mir einmal beigebracht wurde, nämlich: So etwas tut man nicht.
Ich habe unmittelbar, nachdem wir in einem Abstimmungsgespräch mit Hamburg über die Situation gesprochen haben, am 23. Juni 2009 dem Kollegen Hay, der gleichzeitig mit mir im Aufsichtsrat sitzt, über diese beabsichtigte Vertragsgestaltung informiert. Wir haben vereinbart, dass Herr Hay die Abstimmung mit der A-Seite vornimmt. Herr Hay hat mir nach Abwägung der möglichen Optionen sein Einvernehmen zu dieser Vorgehensweise erklärt.
Ich habe im Zusammenhang mit der Sitzung des Präsidialausschusses, in der wir dem Aufsichtsratvorsitzenden den Verhandlungskorridor aufgegeben haben, auch die finanzpolitischen Sprecher der regierungstragenden Fraktionen und den Vorsitzenden des Finanzausschusses über die fünf Punkte des Abstimmungsgesprächs mit Hamburg informiert.
Darüber hinaus haben wir in einer kleinen Koalitionsrunde am 30. Juni vor der Kabinettssitzung unter anderem auch über diese Vertragsgestaltung gesprochen in der Abwägung der Frage, ob damit für die Zukunft die Resolution des Landtages, Begrenzung der Bezüge auf 500.000 € Festgehalt ab 1. Juli 2009 während der Laufzeit der Garantie, eingehalten wurde.
Es gab von keiner Seite ein Nein zu diesen Vorgängen. Es gab meines Erachtens auch keine Alternative dazu. Ich bin sehr erstaunt, dass diese Vorgehensweise und diese Art des Abstimmungsprozesses nunmehr von Einzelnen infrage gestellt werden.
Meine Damen und Herren, zunächst zu dem Vorwurf, die Landesregierung würde nicht informieren. Die Information, über die wir hier heute diskutie
ren, ist durch die Landesregierungen von Hamburg und Schleswig-Holstein erfolgt.
- Das ist nicht wahr, Herr Kollege Hentschel. - Beide Länder haben vereinbart, dass die Vertragsgestaltung mit Herrn Nonnenmacher entgegen allen Regeln zu veröffentlichen ist, und es hat deshalb, ich meine am vergangenen Freitag, den gleichlautenden Brief der beiden Regierungschefs -
- Nein, Entschuldigung, das ist nicht wahr.
Wir haben vereinbart, dass dieser Sachverhalt ausnahmsweise veröffentlicht wird. Ausnahmsweise heißt -
Bitte, Herr Harms!
- Herr Kollege Harms, weil - wie ich eben ausgeführt habe - es nicht üblich ist - gucken Sie auch einmal in die Regelungen der Landesverfassung -, personelle Angelegenheiten in öffentlicher Sitzung von Landtagen zu behandeln. Es gibt klare Zuständigkeiten und Kompetenzen. Wenn wir hier die Ausnahme gemacht haben, dann deshalb, weil wir selbst meinten, dass dies ein schwerwiegender Vorgang ist, der aber nicht - wie hier behauptet wurde - gegen die gefundenen Regeln spricht. Ab 1. Juli 2009, ab Inkrafttreten der Garantie, wird natürlich die Begrenzung der Vorstandsgehälter eingehalten. Ich habe das hier ausgeführt: Alle Vor
standsmitglieder haben in einer Selbstverpflichtung, soweit sie denn bisher oberhalb dieses Vertrages Bezüge erhalten haben, darauf verzichtet, diese künftig zu erhalten.
Bitte sehr!
- Dieser Darstellung kann ich ganz sicher widersprechen. In der Geschwindigkeit, die Sie da unterstellen, ist bisher noch nie ein Brief in der öffentlichen Verwaltung entstanden, insbesondere nicht einer, der zwischen zwei Ländern auch noch abgestimmt werden muss.
Bitte sehr!
- Nein, Frau Spoorendonk, die Regeln der SoFFin gelten nun einmal mit Inkrafttreten der Garantievereinbarung und nicht vorher. Hier geht es darum, dass der Vorstandsvorsitzende erstens aus seinem Anstellungsvertrag von 2007 Ansprüche hat und zweitens Ansprüche aus der Änderung des Anstellungsvertrages im November 2008 ableitet.
Die hat er vor Inkrafttreten dieser Garantiebedingungen geltend gemacht. Darüber ist eine Verständigung erfolgt, die ja nicht -
- Frau Kollegin, selbstverständlich ist dort eine Verständigung erfolgt. Anders gäbe es - das habe ich hier dargelegt, und auch andere Redner haben es ausgeführt - erstens unmittelbar den Mittelabfluss von 2,9 Millionen € und zweitens den Verlust des Vorstandsvorsitzenden. Sie sehen, dass mit dieser Extremposition und der Lösung, die jetzt gefunden wurde, nicht gerade Zufriedenheit auf allen Seiten herrscht, aber es ist eine Lösung, die einen Kompromiss darstellt.
Bitte sehr.
- Das habe ich eben schon einmal beantwortet, Herr Kollege. Wir haben bereits bei der Beratung über die Modalitäten dieses Vertrages entschieden, dass wir - wenn es zu einer solchen Vereinbarung kommt - die Modalitäten publizieren wollen. Wir hatten darum gebeten, dass der Aufsichtsratsvorsitzende die Modalitäten unmittelbar im Anschluss an die konstituierende Aufsichtsratssitzung verkündet.
Meine Damen und Herren, wir haben die Begrenzung der Vorstandsgehälter während der Laufzeit der Garantie eingehalten. Der Vertrag von Herrn Nonnenmacher, der mit ihm im Jahre 2007 geschlossen wurde, wurde im November 2008 in zwei Punkten ergänzt.. Zum Ersten wurden die Festbezüge an die Bezüge, die vorher seinem Vorgänger zustanden, angepasst, und zum Zweiten wurde das von Herrn Nonnenmacher verlangte Sonderkündi
gungsrecht eingeführt. Herr Nonnenmacher hat darauf bestanden, weil im November noch völlig unklar war, in welcher weiteren Entwicklung sich diese Bank möglicherweise befindet, ob es Fusionen gibt, ob der SoFFin Garantien gewährt, welche Möglichkeiten sich auch immer ergeben.
Es hat im Kabinett dazu einen Umlaufbeschluss gegeben, in dem die Mitglieder des Aufsichtsrats ermächtigt wurden, einem Vorschlag des Aufsichtsratsvorsitzenden zu folgen und einen zeitlich befristeten - das war noch der Ursprungsvorschlag Sondervertrag mit Herrn Nonnenmacher abzuschließen. Aus den Verhandlungen hat sich dann ergeben, dass diese zeitliche Befristung mit einem deutlich erhöhten Gehalt ein Sonderkündigungsrecht geworden ist. Das ist ein Kabinettbeschluss vom 14. November 2008. In der darauf folgenden Kabinettssitzung habe ich über die endgültige Gestaltung des Vertrages berichtet, was das Sonderkündigungsrecht betrifft.
Es ist im Übrigen nicht - wie hier dargestellt - bei dem Abschluss des Vertrags mit Herrn Nonnenmacher im Jahr 2007 irgendeine besondere Abfindungsregelung vereinbart worden, sondern es handelt sich hier - wie zu allen Zeiten und auch zu allen früheren Regierungszeiten - um einen Zeitvertrag, der, wenn er aus ordentlichem Grunde gekündigt wird, auszuzahlen ist. Nichts anderes ist hier erfolgt. Dies ist die Rechnung. Man kann darüber streiten, ob das so richtig ist oder nicht.
Herr Kollege Stegner, was ich bemerkenswert finde, ist, dass Sie jegliche Verantwortung für die Situation dieser Bank von sich weisen. Da bin ich schon einigermaßen erstaunt.
Herr Stegner, wegen der Worte, die Sie gefunden haben, muss ich doch noch einmal sagen: Sie hätten in der Zeit der Information über die vorgesehene Regelung Zeit gehabt, sehr deutlich zu sagen, dass Sie auf keinen Fall bereit sind, diese Vertragsgestaltung mit zu tragen. Sie haben auch für die Zeit vorher jegliche Verantwortung von sich gewiesen. Das finde ich sehr bemerkenswert.
In der Zeit von 1996 bis 2005 hat diese Bank eine Gewährträgerhaftung von über 60 Milliarden aufgebaut. Das war bis Mitte 2005 nicht die Regierungszeit der Christlich-Demokratischen Union in diesem Land, sondern Ihre Zuständigkeit.
Von 2001 bis 2004 sind in Ihrer Verantwortung 1 Milliarde € Kredit aufgenommen worden, um sie
als stille Beteiligung dieser Bank zu geben, die damit dann Kreditersatzgeschäfte betrieben hat. Auf diese musste die Bank inzwischen Abschreibungen in der Größenordnung von 3 Milliarden vornehmen. Ich finde es sehr makaber, sich heute hier hinzustellen und zu sagen: Mit allem haben wir nichts zu tun,
das ist alles die Regierungszeit von Wiegard, der bekanntermaßen erst nach Ablauf - fast, bis auf zwei Monate - dieser Gewährträgerhaftung hier die Arbeit aufnehmen konnte.
Bitte sehr.
Wenn Sie so nett wären, diese Frage zu beantworten. Wären Sie auch so freundlich, darüber zu sprechen, ob es sich damals bei der Festlegung der Vorstandsgehälter durch den Präsidialausschuss um Manager gehandelt hat, deren Bank nur noch dadurch existierte, dass die öffentliche Hand sie stützte?
- Herr Kollege Stegner, ich bin Ihnen für diese Frage sehr dankbar, weil ich damit noch einmal auf eine Situation eingehen kann, die ich bereits mehrfach kritisch angemerkt habe.
Ich war sehr erstaunt, als ich - ich glaube im Juni Aufsichtsratsmitglied und Aufsichtsratsvorsitzender, als Nachfolger von Frau Simonis, wurde, feststellen zu müssen, dass der Kapitalmarktvorstand, der im Wesentlichen für Kreditersatzgeschäfte zuständig ist, ein um etwa 50 % höheres Gehalt bekommt als der Vorstandsvorsitzende - das war schon sehr erstaunlich -,
ebenso wie manche Altersversorgungsregelungen, die ich in meiner Zuständigkeit als Erstes verändert habe, und zwar begrenzt habe.
Zu der Frage, welche Haftungsrisiken das Land Schleswig-Holstein eingegangen ist, verweise ich noch einmal auf die Frage. Ausschließlich in der Zeit von 1996 bis zum Auslaufen der Gewährträgerhaftung am 18. Juli 2005 ist das am Ende 2008 noch mit über 60 Milliarden € valutierte Volumen der Gewährträgerhaftung entstanden. Ausschließlich in dieser Zeit.
Sie wissen, dass wir uns in der Diskussion über mögliche Alternativen zu der Vorgehensweise gezwungen gesehen haben, insbesondere auf die Frage der Gewährträgerhaftung Rücksicht zu nehmen, weil sie uns sonst vom Volumen her erschlagen hätte. Die 1 Milliarde € Schulden, die als stille Beteiligung hineingegeben wurden, die wir in der Zwischenzeit - übrigens im Einvernehmen; auch da können Sie sich nicht herausstehlen - in haftendes Eigenkapital umgewandelt haben, haben wir heute noch.
Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das die Frage, ob es weitere Verträge ähnlicher Art gibt. Ich antworte darauf wie vorhin schon: Wir haben hier über einen Ausnahmefall entschieden, dass wir in diesem Ausnahmefall Öffentlichkeit herstellen, weil es sich um einen Vorgang von besonderer Bedeutung handelt. Ich bin nicht bereit - weder nach den Regeln des Aktienrechts noch nach den Regeln der schleswig-holsteinischen Landesverfassung -, hier öffentlich Auskunft zu geben. Wir können gern im Beteiligungsausschuss - soweit das zulässig ist - miteinander darüber reden. Ich bitte, mir die Fragen da noch einmal zu stellen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manchmal ist es ja gut, wenn man Reden hält und nicht schreibt, denn so schnell kann man sie gar nicht umschreiben, wie man sie halten muss. Insofern möchte ich sehr deutlich sagen, Herr Kollege
Weber, weil wir beide ja im Koalitionsausschuss vertreten waren, dass für uns Regel vor Klage gilt. Sie hingegen wollten Klage ohne Regel. Wir nehmen jetzt zur Kenntnis, dass Sie dieses Meinungsbild ändern. Das ist gut so.
Ich bin aber auch über andere Entwicklungen, Wendungen nicht nur erstaunt, sondern auch erfreut. Das betrifft, Herr Kollege Hentschel, die Entwicklung, die Sie gemacht haben. Es ist schon bemerkenswert, in welcher Weise Sie hier verfassungsrechtliche Regeln einfordern, die Sie in den neun Jahren, in denen Sie an der Regierung beteiligt waren, regelmäßig nicht eingehalten, sogar gebrochen haben.
Herr Kollege Hentschel, ich begrüße ja diese positive Entwicklung, aber stelle fest: Sie haben es in den Jahren 1996 bis 2005, als Sie hier die Regierungsverantwortung getragen haben, in keinem Jahr geschafft, die Kreditaufnahme kleiner zu halten als die Investitionen und den Vermögensverzehr. Deshalb ist es ja gut, dass Sie jetzt auf diesen Weg kommen. Aber wir müssen schon an die Geschichte erinnern dürfen.
Herr Kollege Kayenburg, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie durch die Verbindung Ihrer beiden Anträge sehr deutlich gemacht haben, worauf es ankommt: Wenn man das eine tut, muss man vorher das andere auch tun, nämlich in der Verfassung klar regeln, wie wir künftig mit Neuverschuldung umgehen. Eine Klage gegen die Verfassungsregeln im Grundgesetz kann nicht für sich allein stehen, denn wenn sie Erfolg hätte, was ja in breiten Teilen des Hauses vermutet wird, dann würden wir, wenn wir nicht eine eigene Verfassungsregel in unsere Verfassung aufnähmen, ohne eine solche dastehen. Das wäre kontraproduktiv. Das ist nicht gewollt.
Ich persönlich darf hinzufügen, dass es für mich ohnehin fraglich ist - das hat jetzt nichts mit dem rechtlichen Rahmen zu tun -, ob staatliche Organe das Recht haben, in beliebiger Höhe und auf unabsehbare Zeit heute noch nicht geborene Generationen mit Schulden zu belasten, um damit den heutigen Lebensstandard zu finanzieren.
Deshalb ist es gut, dass wir mitten in dieser politischen Weichenstellung stehen. Es geht um die zentrale Frage, ob wir es wirklich ernst meinen damit, unseren Kindern, Enkeln und eben denen, die es noch nicht gibt, tragfähige, belastbare öffentliche Haushalte zu hinterlassen, oder ob wir, wie eben dargestellt, unseren heutigen Lebensstandard - nur darum geht es ja im Zweifel - auf deren Kosten einrichten.
Nicht das künftige Verbot, immer wieder neue Schulden auf die bestehenden draufzupacken, treibt uns in den Ruin, sondern die Summe der Schulden und deren Folgen haben uns der eigenen Handlungsmöglichkeiten beraubt. Im vergangenen Jahr hat Schleswig-Holstein fast 1 Milliarde € Zinsen für alte Schulden und noch einmal 1 Milliarde € für Pensionsleistungen finanziert. Das bedeutet, 2 Milliarden € von den 7 Milliarden €, die wir insgesamt an Einnahmen zu verzeichnen haben, also knapp 30 %, haben wir für die Vergangenheit verwendet, nicht für Zukunft, nicht für Kinder, nicht für Familien, nicht für Bildung, nicht für die Verbesserung der Infrastruktur, um daraus künftigen Nutzen zu ziehen.
Die Schuldengrenze, die wir entweder in der Verfassung des Bundes zu akzeptieren haben oder in die Verfassung des Landes hineinschreiben müssen, lässt ab 2020 - ich glaube, da gibt es Einvernehmen - die Aufnahme von Krediten in konjunkturellen Normallagen nicht mehr zu. Das ist auch der Inhalt Ihres Antrages, Herr Kayenburg.
Mit der Verpflichtung auf diese gemeinsame Regel erhalten finanzschwache Länder, darunter Schleswig-Holstein, entsprechende Konsolidierungshilfen. Auch darüber haben wir hier mehrfach miteinander gesprochen. Für Schleswig-Holstein macht das neun Jahre lang jährlich 80 Millionen € Konsolidierungshilfe aus. Das ist nach unserer Auffassung kein hinreichender Ausgleich für die strukturelle Finanzschwäche unseres Landes bei gleichzeitig völlig identischem Aufgabenkatalog der Länder. Mehr war derzeit nicht zu erreichen, übrigens auch deshalb, weil die bisherigen Hilfen an strukturschwache Länder, die es seit den frühen 90er-Jahren in Deutschland gibt, nicht entsprechend eingesetzt worden sind, nämlich eben zur Reduzierung der Schuldenlast, sondern für viele andere Aufgaben. Es liegt an uns, in dem uns zur Verfügung stehenden Zeitraum den entsprechenden Nachweis zu bringen, dass das hier geschieht. Insofern müssen wir im Rahmen der weiter gehenden Verhandlungen über einen neuen Länderfinanzausgleich an dieser Stelle weitere Möglichkeiten eröffnen.
Der von uns vorgeschlagene Altschuldentilgungsfonds wäre nach unserer Auffassung ein noch besserer Schritt gewesen, weil er beinhaltete, dass in dem gleichen Zeitraum, in dem dieses Schuldenpaket aufgebaut worden, dieser durch Tilgung auch wieder abgebaut wird. Das war im Konsens von Bund und 16 Ländern nicht durchsetzbar, auch wegen der Erfahrungen in der Vergangenheit.
Weil der Kollege Stegner vorhin gesagt hat, es gebe bezüglich des Altschuldentilgungsfonds ein Erfinderrecht, möchte ich den Unterschied deutlich machen. Der Kollege Stegner hat 2003 oder 2004 keinen Altschuldentilgungsfonds, sondern einen Altschuldenfonds vorgeschlagen. Da ging es nämlich darum, die bestehenden Schulden, die aufgelaufenen Schulden beiseite zu stellen und nur noch den Zinsdienst zu leisten. Ich sage erneut zu diesem Vorschlag, den wir auch in der Diskussion im Rahmen der Föderalismuskommission II gehört haben: Ich glaube nicht, dass die Schulden der Vergangenheit von so großer Bedeutung sind, dass man sie für die Ewigkeit betonieren muss und nur noch die Zinsen zu bedienen hat, sondern dass wir daran arbeiten müssen, die Schulden, die in zwei Generationen aufgebaut worden sind, in zwei Generationen wieder abzubauen. Das wird unsere Aufgabe sein.
Deshalb ist es gut, meine Damen und Herren, dass wir uns jetzt wohl im Wesentlichen auf ein paar Kernpunkte verständigen können. Ich habe große Hoffnung, dass wir in der Lage sind, das, was an landesspezifischen zusätzlichen Regelungen erforderlich ist, schaffen zu können, nämlich für die Bremse. In der Verfassung verankern wir ja nur die Grenze, also dass wir keine Schulden machen, oder wenn, dann unter ganz bestimmten Bedingungen. Aber wir müssen auch den Weg dahin organisieren, und das ist die Bremse. Dabei, diesen Bremsweg zu organisieren - das ist bei einigen auch hier in den Redebeiträgen angeklungen -, wird viel Gummi auf der Straße bleiben. Da haben wir noch viel zu tun. Deshalb sollten wir jetzt dringend unsere Schularbeiten machen, diese landesspezifischen Regeln erarbeiten und gleichzeitig über die verfassungsrechtlichen Grundlagen sehr sorgfältig miteinander reden. Dazu gibt es Gelegenheit, wenn wir die Anträge von Herrn Kayenburg an die entsprechenden Ausschüsse überweisen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einigen Redebeiträgen ist angeklungen, dass wir in der Tat auf einem guten Weg waren. Beim Regierungsantritt 2005 hat der Haushalt einen Fehlbetrag von 1,7 Milliarden € ausgewiesen. Ende 2008 waren es unter 300 Millionen €, also rund 1,4 Milliarden € weniger. Alle Steuermehreinnahmen in dieser Zeit haben wir konsequent zur Senkung des Fehlbetrags verwendet. Das ist die eigentliche Botschaft.
Wenn man sich in den Ländern und beim Bund umsieht, stellt man fest, dass nicht überall so verfahren wurde. Ich meine mich zu erinnern, dass beim Bund etwa ein Drittel der Steuermehreinnahmen für die Senkung verwendet wurde. Wir hingegen haben die Steuermehreinnahmen voll für diesen Zweck eingesetzt. Das heißt, dass alle zwangsläufigen Mehrausgaben, insbesondere für bessere Bildung durch zusätzliche Lehrkräfte, für den notwendigen Ausbau der in der Vergangenheit vernachlässigten Infrastruktur, für Tarifsteigerungen und Ähnliches aus Umschichtungen im übrigen Haushalt finanziert worden sind.
Wir haben im Jahre 2008 die geringste Neuverschuldung, wenn man Vermögensverzehr hinzurechnet, seit über 20 Jahren registrieren können. Ohne Risikovorsorge, die ja schließlich auch aus allerdings verfassungsrechtlich zulässigen - Krediten finanziert ist, gilt dies sogar für die Zeit seit 1978. In den Jahren 2007 und 2008 haben wir erstmals seit 1996 im Vollzug wieder verfassungsgemäße Abschlüsse vorgelegt. Für die Jahre 2009 und 2010 gilt dies für den Ursprungshaushalt auch.
Ich möchte an dieser Stelle einmal aus den Bemerkungen des Landesrechnungshofs zitieren. In den mir bekannten Berichten des Rechnungshofs, stellt die Passage, die ich Ihnen zitieren möchte, meines Erachtens eine Einmaligkeit dar. Bei aller zum Teil berechtigten, zum Teil auch etwas forcierten und ambitionierten Kritik will ich die folgende Passage zitieren:
„Von 2005 bis 2007 kürzte die Landesregierung die Nettokreditaufnahme sogar um mehr, als das Land an zusätzlichen Steuern
einnahm. Die Landesregierung ist mit den zusätzlichen Steuereinnahmen verantwortungsvoll umgegangen.“
So steht es auf Seite 43 im Bericht des Rechnungshofs für 2009. Ich glaube, dass das eine Nachricht ist, die erfreuen kann und die für künftige Jahre auch anspornen kann. In früheren Berichten werden Sie eine solche Aussage sicherlich nicht finden.
Auf diesem Wege wollten wir weiter voranschreiten. Nun hat uns die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise voll erwischt und uns zunächst einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht, diesen Weg konsequent fortzusetzen. Deutschland befindet sich in der schwersten Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik. Wir erwarten in diesem Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von etwa 6 %. Für das Jahr 2010 schwanken die Prognosen nach wie vor, wobei im Prinzip von einem Null-Wachstum ausgegangen wird.
Auch auf dem Arbeitsmarkt sind die Auswirkungen der negativen wirtschaftlichen Entwicklung deutlich zu spüren. Die Rezession der deutschen Wirtschaft hat auch im Mai und Juni 2009 die sonst übliche Frühjahrsbelebung deutlich überlagert. Die Zahl der Arbeitslosen in Schleswig-Holstein ist im Juni gegenüber dem Vorjahresmonat um fast 5.500 gestiegen und gegenüber dem Vormonat saisonbedingt nur um 1.900 zurückgegangen. Der immer noch relativ hohe Beschäftigungsstand ist vor allem der starken Nutzung des Instruments der Kurzarbeit geschuldet.
Damit sind insgesamt drei von vier Zielen des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes nicht erreicht. Es liegt eine gesamtwirtschaftliche Störung vor, die besondere Maßnahmen erfordert. Bereits mit dem Ursprungshaushalt für 2009 und 2010 und mit dem 1. Nachtragshaushalt haben wir die Konjunkturpakete I und II, über die von den Ländern mit dem Bund verhandelt worden ist, auf den Weg gebracht. Wir haben für die schnelle Umsetzung der Vorhaben alle erforderlichen Schritte eingeleitet, um unserer Wirtschaft Wachstumsimpulse zu geben. Herr Kollege Kubicki, Sie haben vorhin darauf hingewiesen, dass dieser Haushalt nichts für Wachstum hergibt. Ich will Ihnen deshalb noch einmal die Zahlen nennen.
Wir haben in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 1,4 Milliarden € für Investitionen ausgewiesen. In den Jahren 2007 und 2008 waren es 1,5 Milliarden €. In den Jahren 2009 und 2010 sind es 2,15 Milliarden €. Das sind 50 % mehr als in den
Jahren 2005 und 2006. Ich glaube, das ist ein bedeutender Beitrag. Deshalb ist es auch nicht sinnvoll, in einer Zeit, in der Einnahmen wegbrechen, genau an diesen Stellen, wie es früher üblich war, Kürzungen vorzunehmen. Dazu dient im Übrigen auch die neue Schuldenbegrenzungsregelung. Sie ermöglicht uns Überbrückungsmaßnahmen in konjunkturell schwierigen Zeiten. Alles andere würde wie in früheren Jahren zu prozyklischem Verhalten führen und die Schwierigkeiten noch verstärken.
Nie zuvor hat es einen derartigen Absturz der öffentlichen Einnahmen in dieser Dimension und mit solcher Geschwindigkeit gegeben. Deshalb führt an der vorübergehenden Erhöhung der Neuverschuldung leider kein Weg vorbei. Ich bedauere das ausdrücklich. Bei den gegebenen wirtschaftlichen Rahmendaten gibt es finanzpolitisch aber keinen anderen sinnvollen Weg, der nicht mehr Schaden anrichten würde. Auf dem genannten Wege ermöglichen wir es, dass sich die Konjunktur nicht weiter abschwächt, indem öffentliche Investitionen ausfallen, sondern die automatischen Stabilisatoren ihre antizyklische Wirkung entfalten, wie wir alle hoffen und wie wir aus einzelnen Berichten, die uns erreichen, auch erkennen können.
Für die Einhaltung des Konsolidierungspfades wir wollen den Blick auch über die Haushaltsjahre 2009 und 2010 hinaus richten - ist es wichtig, dass zumindest die zusätzlichen Zinsen, die wir aufgrund der zusätzlichen Kreditaufnahme nun aufwenden müssen, und die unabweisbaren Mehrausgaben - beides zusammen summiert sich auf etwa 80 Millionen € - in den laufenden Haushalten erwirtschaftet werden. Die Deckungslücke ist genannt worden. Ich brauche das Zahlenwerk nicht zu wiederholen. Die meisten kennen es ohnehin aufgrund des intensiven Studiums des Haushaltsgesetzes.
Wir werden trotz der Krise an unserem Ziel einer nachhaltigen und generationengerechten Politik festhalten. Wir werden bereits jetzt Regelungen für die Zurückführung der aufgenommenen Kredite treffen, um den weiteren Anstieg der Verschuldung einzugrenzen und die Tragfähigkeit des Haushalts für die Zukunft nicht durch eine unkontrollierbare Zinsbelastung zu gefährden.
Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir in das vorliegende Gesetz eine Regelung aufgenommen, wonach die konjunkturell bedingten neuen Schulden wieder zurückgeführt werden. Herr Kubicki, wir haben in der Tat eine Sichtweise - diese haben wir übrigens auch im Finanzausschuss dargestellt -, was strukturelle Schulden und was konjunkturell
bedingte Schulden sind und wie sie voneinander abzugrenzen sind. Über diese Sichtweise gibt es mit den anderen Ländern und dem Bund aber noch keine Verständigung. Es konnte sie auch noch nicht geben, weil die Regelung erst vor vier Wochen Bundestag und Bundesrat passiert hat und weil, soweit mir bekannt ist, auch der Bundespräsident das Gesetz bis heute noch nicht unterzeichnet hat. Das heißt, wir befinden uns in der Phase der Vorbereitung, eine Abstimmung herbeizuführen.
Wir wollen jedenfalls, dass das, was jetzt an zusätzlichen, konjunkturell bedingten neuen Schulden gemacht werden muss, im nächsten positiven Konjunkturzyklus wieder zurückgeführt wird. Für die Zurückführung wollen wir - deshalb kann man dem, wie ich glaube, auch grundsätzlich zustimmen, ohne das Zahlenwerk zu kennen - die Mittel einsetzen, die das Volumen der Einnahmen bei durchschnittlicher steuerlicher Entwicklung übersteigen. Ausgangspunkt ist dabei die normale Aufwärtsentwicklung. Wenn man sich zu dieser Lösung heute nicht bekennen will, so finde ich das vor dem Hintergrund aller anderen Erklärungen zur Konsolidierung, die man sonst hört, doch einigermaßen bemerkenswert.
Ich habe - das ist hier angeklungen - am Freitag vergangener Woche im Bundesrat gegen das Bürgerentlastungsgesetz gestimmt. Dies hatten wir im Kabinett so verabredet. Ich will hier noch einmal deutlich Folgendes sagen. Wenn alle Länder und der Bund Schleswig-Holstein bis 2013 Finanzhilfen in der Größenordnung von 240 Millionen € gewähren wollen, um einer Notsituation abzuhelfen, gleichzeitig aber ein einziges Gesetz beschließen, durch das Schleswig-Holstein mit 800 Millionen € belastet wird, dann konterkarieren sich diese beiden Entwicklungen gegenseitig. Deshalb sage ich: Wir müssen zukünftig aufpassen, welche Entscheidung wir sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite treffen.
Frau Spoorendonk, Ihr Einwand ist ja richtig, dass ein Teil dieses Gesetzes auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts basiert. Aber das Bundesverfassungsgericht hat an keiner Stelle entschieden, dass es keinerlei Kompensation für Einnahmeausfälle geben darf. Politikgestaltung beinhaltet beides. Ich finde, hier hat es sich der Bund sehr einfach gemacht, indem er ebenso wie bei Pendlerpauschale und anderen Gesetzen nur gesagt hat, wir setzen das um. Die Folge ist Einnahmerückgang. Wir haben hinreichend genug mit dem Bund über diese Maßnahmen geredet und deutlich gemacht, dass wir eine Kompensation erwarten, übrigens
nicht nur für die Länder, sondern auch für den Bund, denn hier trifft ihn das Gleiche. Der Bund steigert seine Kreditaufnahme in diesem Jahr von geplanten 6 Milliarden € auf 86 Milliarden €. Ich halte es für notwendig, dass wir darüber ein bisschen mehr nachdenken.
Zu den strukturellen Maßnahmen, die hier seitens der Opposition kritisch angemerkt worden sind: Wir haben einen 2. Nachtrag für die Haushaltsjahre 2009 und 2010, um das finanziell sicherzustellen, was an Aufgaben enthalten ist. Aber wir wissen aus den Steuerschätzungen und den Prognosen sowohl der wissenschaftlichen Institute als auch der Bundesregierung, dass diese negative Einnahmeentwicklung weit über die Jahre 2009 und 2010 anhalten wird. Insofern ist es notwendig, sich bereits heute und nicht erst dann, wenn diese Haushaltsjahre abgeschlossen sind, über strukturelle Maßnahmen, über Entlastung der Kommunen und darüber Gedanken zu machen, auf welche Weise wir gesetzliche und nicht gesetzliche Leistungen des Landes reduzieren, um darauf zu reagieren, dass wir nach 2010 bezüglich der Einnahmesituation unter dem Niveau der Vergangenheit liegen. Wahrscheinlich werden wir erst 2013 das Einnahmeniveau des Jahres 2008 erreichen. Das wollten wir mit dem Hinweis in der Begründung zu diesem Haushaltsgesetz bereits heute deutlich machen. Dass dafür noch nicht alle strukturellen Maßnahmen, dass dafür noch nicht die Umsetzung dieser Notwendigkeiten im Detail vorgenommen worden sind, leuchtet jedem ein, der schon einmal Regierungspolitik betrieben hat. Aber das trifft ja nicht auf jeden in diesem Hause zu.
Meine Damen und Herren, Schleswig-Holstein hat keine Chance, Rundumsorglospakete anzubieten. Wir müssen Bürgern, Unternehmen, Vereinen, Verbänden, Organisationen reinen Wein einschenken und bereits heute sagen, dass künftig schwierige Zeiten auf uns zukommen. Alles, was auf Wunschlisten steht, kann nur durch Verzicht auf Leistungen an anderer Stelle finanziert werden. Wir haben gelernt: Kinder und Enkel haften für ihre Eltern.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Insbesondere der letzte Beitrag bot eine ganze Menge an Stoff für eine ganz neue Diskussion, wenn man sie denn führen wollte. Frau Kollegin Spoorendonk, ich möchte Ihnen zunächst zwei Dinge entgegnen: Die Bremse kommt nicht in die Verfassung, sondern die Grenze kommt in die Verfassung. Die Bremse führt zur Grenze, und diese Grenze steht ab 2020 für uns als Regel fest. Natürlich mag man darüber diskutieren, warum man sich überhaupt so eine Grenze geben muss und ob der gesunde Menschenverstand nicht ausreicht. In der Tat zeigen die letzten 40 Jahre, dass der gesunde Menschenverstand nicht ausgereicht hat und dass wir eine solche generelle Regel brauchen.
Wenn man in diesem Zusammenhang diese Sätze sagt, von denen ich in den letzten Wochen mehrere gehört habe, dann haben wir einen Nachholbedarf. Es hieß, die Schuldenbremse treibe uns in den Ruin. Ich glaube, das haben Sie gesagt. Es hieß auch, die Schuldenbremse sei eine Zukunftsbremse. Angesichts dieser Sätze haben wir in der Tat noch einen Diskussionsnachholbedarf zu diesem Sachverhalt.
Nicht die Schuldenbremse treibt uns in den Ruin, sondern die Schulden haben uns in den Ruin getrieben. Deshalb müssen wir auf die Bremse treten. Zukunftsbremse ist ein ähnlicher Begriff. Meine Damen und Herren, im vergangenen Jahr haben wir fast 1 Milliarde € an Zinsen aus unserem Haushalt bezahlt, und zwar aus den Einnahmen. Das waren Zinsen, die wir nur für die Vergangenheit gezahlt haben. Ich frage nun: Was ist eigentlich die Zukunftsbremse?
Ist es eine Zukunftsbremse, wenn wir die Schulden begrenzen? Auf welche Weise soll das geschehen?
Jeder mag die Zahlen selbst nachvollziehen, um sich dieses Problems noch einmal zu bemächtigen.
Wir haben seit 1970 für Zinsen mehr Geld ausgegeben, als wir an Schulden aufgenommen haben. Das heißt, jedes Mal, wenn wir zur Sparkasse gegangen sind und einen neuen Kredit aufgenommen haben, dann hat der Sparkassendirektor an der Eingangstür schon gelauert und gesagt: Lasst das man gleich hier, das ist für die Zinsen von gestern. Deshalb haben wir von diesen Schuldenaufnahmen gar nichts gehabt. Deshalb warne ich diejenigen, die schon wieder daran arbeiten zu sagen, wir müssen eine Grenze einführen, die es uns wieder erlaubt, begründungslos oder mit Begründung - das sei mir zunächst einmal egal - neue Schulden zuzulassen. Wir haben schon genug Schulden, wir brauchen keine neuen Schulden.
Lieber Kollege Hentschel, daher ist dies ein bemerkenswerter Weg, das muss ich Ihnen sagen. Der Weg, den Sie als Regierungspartei, die neun Jahre lang versucht hat, hier zu regieren und es in keinem einzigen Regierungsjahr geschafft hat, einen Jahresabschluss vorzulegen, der den Regeln der Verfassung für einen ordentlichen Haushalt entspricht, gegangen sind, ist bemerkenswert. Im Verlauf der gesamten 90er-Jahre hatten wir in jedem einzelnen Jahr Einnahmen, die über den langfristigen Steuereinnahmen lagen. Diese Regierung hat nicht nur die Regeleinnahmen ausgegeben, sondern auch das, was darüber hinaus eingenommen wurde. Weil das nicht reichte, wurde auch noch die Neuverschuldung bis zur zulässigen Grenze ausgekostet. Ein Redner hat es vorhin angeführt: Darüber hinaus wurde auch noch nahezu das gesamte Landesvermögen veräußert und ebenfalls verarbeitet.
Meine Damen und Herren, wer nach so kurzer Zeit zu der Erkenntnis kommt, diesem Haus einen Gesetzentwurf für die Änderung der Landesverfassung vorzulegen, in dem steht, es dürften - lassen wir das Regelwerk im Detail beiseite - künftig keine neuen Schulden mehr in Normallagen gemacht werden, der verfolgt einen anerkennenswerten Weg; insbesondere dann, wenn man dabei die Vergangenheit berücksichtigt. Herzlichen Dank also für die Erkenntnis.
Dabei ist die Grenze, über die viel diskutiert wurde und noch diskutiert wird, ein ganz besonders markanter Punkt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die
jenigen, die diesem Landtag mehr als eine Wahlperiode lang angehören, wissen, was die erste Frage ist, wenn man als Regierung in seine Fraktion geht. Mir fällt gerade ein, das gilt nicht nur, wenn man in seine Fraktion geht. Es gilt eigentlich für alle, dass die erste Frage ist: Wie viel Spielraum haben wir denn noch? Damit ist - ohne dass jemand überhaupt die Begriffe genannt hätte - die Frage gemeint, wie weit die Neuverschuldung weg von der verfassungsmäßig zulässigen Grenze ist. Das ist in jeder Runde die erste Frage.
Wenn man sich die vergangenen 40 Jahre ansieht, dann muss man nicht nur nach Schleswig-Holstein gucken. Vielmehr kann man auch den Bund und ebenfalls jedes andere Bundesland nehmen. Diese Grenze hat immer eine magische Wirkung gehabt. Nein, das war nicht immer so. Es gab ein paar Ausnahmen.
Ich fange mit dieser Ausnahme an: Als ich 2005 ins Amt kam, da hatte die Verfassungsgrenze überhaupt keine Wirkung mehr. Sie war nämlich so weit überzogen, und zwar um mehr als das Dreifache, dass es dem Parlament schließlich egal war, ob da noch 100 Millionen € draufkamen oder nicht. Wenn wir uns aber in einigermaßen erreichbarer Nähe dieser Grenze bewegen, dann hat man - wenn man einen Entwurf mit einer Neuverschuldung oberhalb dieser Grenze angesiedelt hat - in der Tat eine magische Wirkung, indem man sagt, wir müssen jetzt darunter bleiben. Im umgekehrten Fall, wenn sich eine Regierung bemüht, unterhalb dieser Grenze zu bleiben, entsteht umgekehrt genauso die magische Wirkung. Man versucht dann, die eine oder andere Ausgabe irgendwie doch noch unterzubringen, weil es ja zulässig ist.
Deshalb kann es für mich nur eine Grenze geben. Diese lautet bei dem Zustand, in dem sich unser Land befindet: In normalen und konjunkturell guten Zeiten darf man keine neuen Schulden auf die alten Schulden draufpacken. In normalen und guten Zeiten muss man das tun, was uns unsere Großeltern beigebracht haben. Man muss Geld zurücklegen, und zwar nicht so, dass man aus der noch zur Verfügung stehenden Kreditmenge Rücklagen bildet. Das ist zum Teil kritisiert worden. Vielmehr müssen wir aus Haushaltsüberschüssen Rücklagen für die Zeiten bilden, die auch kommen und schlechter sind.
Wir müssen auch Schulden tilgen.
Sie wissen, dass Schleswig-Holstein den Vorschlag für einen Altschuldentilgungsfonds gemacht hat. Danach sollten wir diese Schulden in einem Zeit
raum von 50 Jahren, in dem diese Schulden auch entstanden sind, wenn wir die Phase mit einer Bremse hinzuzählen, wieder tilgen. Das ist nicht gelungen. Hier gibt es nur eine Absichtserklärung, aber ich sage sehr deutlich: Da wir uns in diesem Haus eigentlich darüber einig waren, dass dies der richtige Weg gewesen wäre, bedeutet er natürlich auch das Folgende: Bevor man mit einer Nettotilgung beginnt, muss man erst einmal die Null erreicht haben, sonst geht es nicht. Wer daher keine Null erreichen will, der kann auch nie zu einer Nettotilgung kommen. Das kann nicht funktionieren.
Deshalb müssen wir zunächst einmal feststellen: Die Regel im Grundgesetz gilt. Wenn der Bundespräsident das Gesetz unterschrieben hat und wenn es veröffentlicht ist, dann gilt es, und zwar unabhängig davon, ob der Schleswig-Holsteinische Landtag oder andere Landtage der Auffassung sind, sie müssten dies selbst und in eigener Verantwortung regeln. Darüber kann man sehr wohl reden, dazu gibt es Vorschläge, die ich von Anfang an teile. Wenn wir sagen, wir wollen eine Klage gegen den Ort dieser Vorschrift anstrengen, nämlich das Grundgesetz, dann müssen wir zunächst unsere Hausaufgaben selbst gemacht haben und eine entsprechende Regelung vorgesehen haben.
Wir sollten uns keinen Illusionen hingeben, was diese Entscheidung für Schleswig-Holstein bedeutet. Ich habe hin und wieder gehört und gelesen, dass Einzelne ausführen, wir müssten nur unseren Personalhaushalt reduzieren, die Zahl der Stellen kürzen, dann könnten wir das strukturelle Defizit ausgleichen.
Meine Damen und Herren, unabhängig davon, dass wir zwischen Bund und Ländern noch feststellen müssen, was denn die Definition eines strukturellen Defizits ist - das haben wir bisher noch nicht übereinstimmend für alle Länder und den Bund gemacht, sondern wir haben eine eigene -, lag dieses Defizit bis 2008 bei einer Größenordnung von 500 Millionen € bis 600 Millionen €. Es wird in den nächsten Jahren deutlich steigen.
Das strukturelle Defizit wird steigen, weil auf der Einnahmeseite strukturelle Veränderungen vorgenommen werden. Der Bund wird uns demnächst wieder Gesetzentwürfe dazu vorlegen. Von der 1 Milliarde € Mindereinnahmen, die wir im nächsten Jahr haben werden, werden weit über 300 Millionen € auf Steuerrechtsänderungen zurückzuführen sein, die das Verhältnis von Einnamen und
Ausgaben strukturell beeinträchtigen. Insofern werden wir dann über eine größere Summe strukturellen Defizits reden. Das beinhaltet auch die Frage, ob wir künftig dem Bundesfinanzminister folgen, wenn er Vorschläge macht, die erheblichen Einfluss auf unsere Einnahmen haben.
Das bedeutet allerdings auch, dass wir wirklich zur Kenntnis nehmen müssen, dass es nicht ausreicht, an der Zahl der Stellen zu drehen, um damit den Haushalt strukturell ausgeglichen zu gestalten.
Ich bitte, die vier Grundrechenarten anzuwenden: Bei 600 Millionen € strukturellen Defizits - wenn ich die alte Zahl nehme -, hieße das, 12.000 Stellen abzubauen. Wir haben in der Verwaltung nur 8.000 Stellen. Wir müssten also eineinhalbmal so viele Stellen streichen wie wir haben.
Deshalb bitte ich, mit großer Sorgfalt darüber nachzudenken und - auch was die öffentliche Wirkung anbelangt - deutlich zu machen: Wir werden mehr tun müssen, als „nur“ 5.000 Stellen abzubauen. Wir werden auch in unsere gesetzlichen und nicht gesetzlichen Leistungen und Verpflichtungen hineinschauen müssen und schauen, welche wir auf dem Weg bis 2020 noch finanzieren können.
Wir müssen sehr viel intensiver als in den letzten 20 Jahren Wert darauf legen und daran arbeiten, die eigene Leistungsfähigkeit, die Wirtschaftskraft des Landes Schleswig-Holstein positiv zu beeinflussen und einen Pfad zu mehr Wachstum zu eröffnen. Ohne Wachstum wird dies alles nicht gelingen.
Deshalb ist es notwendig, die eigenen Anstrengungen zur Unterstützung und zum Ausbau der Infrastruktur deutlich zu verstärken und zu verbessern.
Wir haben in den beiden Haushaltsjahren 2009 und 2010 für Investitionen 800 Millionen € mehr vorgesehen als in den beiden Haushalten 2005 und 2006. Sie können daran erkennen, wie wichtig diese Aufgabe sein wird.
Meine Damen und Herren, das ist nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was wir in den nächsten Wochen miteinander zu erörtern haben. Ich sage noch einmal: Die Regel im Grundgesetz gilt, so lange das Bundesverfassungsgericht sie nicht aufgehoben hat. Wir tun gut daran, möglichst schnell unsere Schularbeiten zu machen und dies auch für Schleswig-Holstein umzusetzen. Auf welchem Wege dies geschieht, ist zweitrangig, wenn man sich zuerst einmal über die Sache verständigt hat. Dann
können wir den Weg auch gemeinsam miteinander gehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ratingagentur S&P hat fünf Landesbanken zurückgestuft. Die beiden Agenturen Moody’s und Fitch sehen dafür offensichtlich derzeit keine Veranlassung.
Ich denke, dass die Entscheidung der Ratingagentur aus folgenden Gründen sehr intensiv zu hinterfragen sein wird: Wir haben ein Restrukturierungskonzept beschlossen. Die Trennung von Kernbank und Konsolidierungsbank ist eingeleitet. Alle Anteilseigner unterstützen dieses Konzept. Der SoFFin hat Liquiditätsgarantien bewilligt. Hamburg und
Schleswig-Holstein werden eine Risikogarantie übernehmen und Eigenkapital in der notwendigen Größenordnung zuführen. Der SoFFin steht für gegebenenfalls notwendige Kapitalmaßnahmen für die neue Kernbank zur Verfügung. Darüber hinaus hat der Bund inzwischen seinen Widerstand aufgegeben, neue Strukturen für Konsolidierungsbanken zuzulassen, wie es seit langer Zeit unsere Forderung ist. Zugleich beraten Länder gemeinsam mit dem Bund über neue Strukturen der Landesbanken. Deshalb ist die Entscheidung von Standard & Poor's sehr sorgfältig zu hinterfragen.
Natürlich hat ein Downgrade Auswirkungen, wenn auch noch nicht im Augenblick. Ich denke, es wird einen Abfluss von bestehenden Einlagen und eine Verschlechterung der Refinanzierungskonditionen geben. Das kann im Augenblick durch die beantragten und bewilligten Liquiditätsgarantien des SoFFin ausgeglichen werden.
Aber auch wenn es kurzfristig möglicherweise keine Auswirkungen geben wird, auch nicht auf das Restrukturierungskonzept, so ist doch völlig klar, dass alles das, was wir derzeit an Maßnahmen ergreifen, was an Beschlüssen gefasst wurde und was derzeit diskutiert wird, das Ziel hat - und haben muss -, die Bank wieder zum A-Rating zurückzuführen. Dies gilt im Übrigen gleichermaßen für die anderen Landesbanken. Deshalb ist die zügige Umsetzung des Restrukturierungskonzeptes und damit Schaffung der Rahmenbedingungen ebenso unabdingbar wie die Herstellung neuer Konsolidierungsbankstrukturen auf der Bundesebene.
Zum zweiten Fragenkomplex: Alle Anteilseigner, auch Flowers und der SGV, unterstützen das Restrukturierungskonzept. Alle Anteilseigner, auch Flowers und der SGV, begrüßen, dass Hamburg und Schleswig-Holstein Risikogarantien abgeben. Auch Flowers und der SGV begrüßen, dass wir Eigenkapital in der beträchtlichen Größenordnung von 3 Milliarden € zuführen.
Herr Senator Freytag und ich haben in der vergangenen Woche noch einmal bilaterale Gespräche geführt und, Herr Kollege Hay, auch im Aufsichtsrat die anderen Anteilseigner ausdrücklich eingeladen, sich an den von Hamburg und Schleswig-Holstein beschlossenen Maßnahmen zu beteiligen. Wir haben Herrn Flowers ausdrücklich gebeten, möglichst vor dem 30. Juni noch einmal darüber nachzudenken, ob er sich nicht in der Größenordnung seines Anteils von knapp 26 %, also etwa 800 Millionen €, auch an der Eigenkapitalmaßnahme beteiligen möchte.
- Er hat jedenfalls nachdenklich genickt. Ich hoffe, dass das kein Bruch der Vertraulichkeit von Aufsichtsratssitzungen ist.
Die Anfechtungsklage wird nach Auffassung der Bank, der Länder und unserer Rechtsvertreter nicht von Erfolg gekrönt sein. Ich bitte um Verständnis, dass wir über die Abwehrmaßnahmen, die wir vorgesehen haben, nicht öffentlich diskutieren.
Wir haben mit der Änderung des Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetzes erwirkt - anders, als der Bund dies zunächst wollte -, dass auch wir in der Lage sein werden, auf der Hauptversammlung mit der Mehrheit der Anteile Entscheidungen zu treffen; die Sperrminorität ist außer Kraft gesetzt. Ich sage sehr deutlich: Es geht hier um die Festlegung des Preises für die Aktien. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn von den Ländern verlangt wird, unter sehr hohem Aufwand Eigenkapitalmaßnahmen zu beschließen und Risikogarantien abzugeben, während diejenigen, die sich nicht daran beteiligen, davon besonders profitieren wollen. Wir werden über den Aktienpreis selbstverständlich ausgleichen, was wir an besonderem Aufwand leisten. Das ist derzeit der Unterschied in der Bewertung. Darüber werden wir mit den anderen Anteilseignern bis zum letzten Tag diskutieren. Ich sage sehr klar: Wir werden im Sinne des Landes Schleswig-Holstein und seiner Bürgerinnen und Bürger entscheiden. Es gibt keine Bevorteilung von Anteilseignern, die sich nicht beteiligen.
Die dritte in dem Antrag formulierte Frage stellt sich am Ende der Diskussion, wie die Landesbankenstruktur nach dieser Finanzkrise aussehen wird. Deshalb ist es heute schlicht und ergreifend zu früh, über Rechtsformen zu philosophieren.
Meine Damen und Herren, die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein vertreten massiv die Interessen zur Sicherung ihrer Vermögenswerte - unserer Vermögenswerte! Ich habe die herzliche Bitte, dass alle an diesem Verfahren Beteiligten - auch das Parlament, alle Fraktionen, auch die Opposition
an dieser Maßnahme mitwirken.
Und das, was möglicherweise durch das Downrating an Abfluss von liquiden Mitteln erfolgen könnte - was niemand genau vorhersagen kann -, das erfolgt in demselben Umfang auch, indem in aller Öffentlichkeit permanent diese Bank in eine Diskussion gebracht wird, die sie aus Sicht der Einleger sehr kritisch bewerten lässt.
- Herr Kubicki, das ist kein Quatsch, sondern das sind Fakten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will zunächst auf die Anmerkungen von Lars Harms eingehen. Herr Kollege Harms, ich bin einigerma
ßen verwundert, dass Sie sagen, dass die Landesregierung als Anteilseigner seit über einem Jahr untätig geblieben sei. Ich kann es eigentlich nicht fassen. Offensichtlich sind Sie nach dem, was Sie hier ausgeführt haben, an nichts beteiligt.
Wir haben als Anteilseigner - und zwar alle vier Anteilseigner - unmittelbar nach Vorlage des Jahresergebnisses 2007 den Vorstand beauftragt. Das war im Mai 2008, also jetzt vor einem Jahr. Wir haben den Vorstand beauftragt, unverzüglich ein Konzept zur Straffung des Geschäftsmodells, zur Kostenreduktion, zur Anpassung an den Markt und zur Reduzierung des Geschäftsvolumens vorzulegen. Das Programm ist über den Sommer hinweg vom Vorstand entwickelt worden. Es wurde Anfang September 2008 den Gremien zur Entscheidung vorgelegt, und zwar unter dem Begriff „wetterfest“. Ich kann mich daran erinnern, dass auch viele aus dem Kreis dieses Landtags zum Teil recht kritisch beäugt und kommentiert haben, dass der Vorstand ein Konzept vorgelegt hat, das damals bereits unter anderem eine Halbierung des Neugeschäfts und eine deutliche Reduzierung der Mitarbeiterzahl um 750 vorgesehen hat.
Unmittelbar nach der Lehman-Pleite, als die Auswirkungen der Finanzmarktkrise Dimensionen angenommen hatten, die bis dahin niemand erwartet hatte, haben wir noch einmal eine weitere deutliche Konzentration des Modells vorgesehen. Sich hier hinzustellen und zu sagen, es sei seit einem Jahr nichts passiert, ist unglaublich.
Ich will hier nicht auf alle Punkte eingehen, aber ich will noch einmal die Diskussion über die Landesbanken, die nicht Gegenstand des heutigen Dringlichkeitsantrags war, die aber sehr wohl Gegenstand der Beratungen von Mittwoch und der vergangenen Monate war, aufnehmen. Herr Kollege Hentschel, weil Sie offensichtlich nichts davon wissen, erbitte ich Ihre besondere Aufmerksamkeit. Frau Heinold, ich habe am 12. November 2008 unter anderem ausgeführt:
„Der Kapitalmarkt wird nach überstandener Krise nicht wieder so aussehen wie vor der Krise. Das erfordert vor allem die Konzentration der Banken auf eigene Geschäftsmodelle. Wenn sich aber alle auf demselben Markt tummeln, wird der Markt für alle kleiner. Deshalb wird es notwendig sein, die Landesbanken insgesamt neu aufzustellen - nicht etwa, um damit die Krise zu bewältigen; das wird nicht gelingen -, und zwar für die Zeit danach. Hier kann die HSH Nordbank einen
deutlichen Beitrag zur Neustrukturierung … leisten.“
- Das war am 12. November 2008. Da haben wir mit dem Notwendigen reagiert.
Am 10. Dezember 2008 habe ich an derselben Stelle ausgeführt:
„Die Ministerpräsidenten der Trägerländer von Landesbanken beraten derzeit gemeinsam mit ihren Finanzministern über Notwendigkeiten, Chancen und Risiken von Fusionen der Landesbanken in Deutschland. Dazu zählen regionale wie funktionale Strukturfragen. Sie beraten über mögliche regionale Gliederungen, wie sie auch in dem Vorschlag der Sparkassen- und Giroverbände mit drei Landesbanken zum Ausdruck kommen.“
Dann wird dezidiert das mögliche Modell, eines dieser möglichen Modelle, dargestellt. Ich habe weiter ausgeführt:
„Deshalb werden darüber hinaus auch verschiedene funktionale Varianten diskutiert, bei denen einzelne Landesbanken ihre Stärken ergänzen, ohne zugleich Klumpenrisiken überdimensional werden zu lassen und die Chancen eher im Wachstum aus gegenseitiger Stärke heraus als in Kostensenkungen zu sehen.“
Das war im Dezember 2008.
Dazu gehören auch Überlegungen zu verbundenen Modellen, bei denen sich mit regionalen und funktionalen Geschäftsmodellen aufgestellte Landesinstitute unter einer - laut Arbeitstitel - gemeinsamen Bank deutscher Länder als Holding versammeln könnten. Sie können das alles im Protokoll nachlesen. Ich will das nur deutlich machen, weil Sie immer sagen, Sie seien über nichts informiert, Sie seien nicht über Gespräche informiert und darüber, welche Varianten diskutiert werden. Sie sind in der Tat informiert.
Ich möchte den Gedanken im Zusammenhang gern zu Ende führen, und dann bin ich gern bereit, Ihre Zwischenfrage zuzulassen, Herr Kollege Harms.
Am 6. Mai 2009, am Mittwoch, als es darum ging, hier Bericht zu erstatten über das, was im Landes
bankensektor in der Diskussion ist, habe ich berichtet:
„Es ist notwendig, über Zusammenschlüsse von Landesbanken zu verhandeln, wenn jede einzelne Landesbank vor Ort ihre Hausaufgaben erledigt hat, und mit der gleichen Sorgfalt und Zielrichtung, wie das hier geschehen ist, die definitiven Risiken ihrer bisherigen Geschäfte klar von dem zukünftigen Geschäftsmodell abgegrenzt hat.“
Ich habe weiter ausgeführt, dass es nicht nur im Bereich der Kernbanken, sondern auch der Abbaubanken notwendig ist, dass wir anschluss- und beteiligungsfähig bleiben und dass wir dem Bundesfinanzminister hierzu entsprechende Vorschläge gemacht haben, übrigens bereits vor Monaten. Deshalb bin ich sehr froh, dass der Bund endlich seinen Widerstand aufgibt, hier neue Strukturen zuzulassen. Ich habe dazu ausgeführt:
„Wir … legen Wert auf eine breite Definition der einlieferbaren Aktiva, auf geringere regulatorische Vorschriften, auf erleichterte Bilanzierungsvorschriften zur Vermeidung von Abwertungen und auf bessere Refinanzierungsmöglichkeiten durch den Bund.“
- Alles hier dargelegt. Also kommen Sie bitte nicht und behaupten, Sie hätten von nichts gewusst!
Jetzt lasse ich gern Ihre Zwischenfrage zu.
Wie ist der Stand der Dinge, dass dieses Modell auch durchgesetzt wird, wie ist der Verhandlungsstand mit den entsprechenden Partnern, dass man dieses Modell zum Wohle der HSH Nordbank umsetzen kann?
- Herr Kollege Harms, vielleicht können wir da die Wortmeldung des Ministerpräsidenten eben zurückspulen und ablaufen lassen: Es gibt noch keine Entscheidung für irgendein Modell, weder von uns noch von Bayern noch von Nordrhein-Westfalen, auch nicht von Baden-Württemberg. Ich könnte sie jetzt alle aufzählen, Sie kennen die Länder selbst.
- Das ist ein Vorschlag, über den zu diskutieren sein wird. Ich bin sehr erstaunt darüber.
Wenn Sie das eben verfolgt haben - ich habe dieses Modell als eine von mehreren Varianten -
Herr Kollege Hentschel, ich versuche es noch einmal sachlich, auch wenn es schwer ist, denn offensichtlich haben Sie auch die Äußerungen in den letzten Monaten nicht nachvollziehen können. Vielleicht müssen wir da noch einmal andere Informations- und Kommunikationswege gehen. Die sind ja in der Tat auch zu verbessern.
Ich sage Ihnen noch einmal: Wir werden uns nicht jetzt auf ein Modell festlegen, ohne zu wissen, wie ein mögliches Geschäftsmodell einer solchen Bank aussieht und wie die möglichen Risiken, die darin schlummern, aussehen. Deshalb geht es zunächst darum - was die HSH Nordbank gemacht hat -, für alle Banken zu definieren, welches die Risiken sind, die in strukturierten Papieren möglicherweise schlummern, und welches die Risiken sind, die sich aus dem aktuellen Kreditgeschäft dieser Banken ergeben. Wie können diese separiert werden, wie können wir sie in der neuen Struktur von Konsolidierungsmodellen des Bundes separieren, und wie können wir dann mit einem oder mehreren neuen Geschäftsmodellen zu Strukturen kommen? Diese Strukturen können verschiedene Varianten sein, die wir aufgezählt haben. Darüber wird mit den Trägerländern der Landesbanken, dem Bundesfinanzminister und der BaFin und dem SoFFin sorgfältig diskutiert.
Erst wenn diese Separierungszahlen offenliegen, wenn wir wissen, welche Risiken ausgeklammert
und wie behandelt werden, können wir uns konkret auf ein Modell verständigen.
Worum es jetzt geht, ist, dass der Bund eingesehen hat, dass wir kurzfristig doch die Lösung für sogenannte „Bad Banks“ auf den Weg bringen; dass wir durchgesetzt haben, dass das Modell, das den Landesbanken hilft, dabei mit zu berücksichtigen ist; dass wir umgesetzt haben, dass die Leistungsfähigkeit des SoFFin über den 31. Dezember 2009 hinaus verlängert wird und dass wir in diesem Zusammenhang - Frau Kollegin Heinold, wenn Sie erst Fragen stellen und sich dann unterhalten, wundern Sie sich nachher wieder, dass Sie von nichts wissen - zwischen den Bundesländern und mit dem Bundesfinanzminister einen Weg vereinbaren, wie wir zu neuen Strukturen kommen. Das wird der Gegenstand der Beratungen sein. An diesen Beratungen werden selbstverständlich auch die Gremien des Landtags beteiligt sein.
Auch zu den Gesprächen der vergangenen Wochen und zu dem Gespräch von Dienstag gibt es bisher noch keine schriftliche Unterlage. Wir werden die Gremien des Landtags auf die Weise, wie der Ministerpräsident das angeboten hat, so lange mündlich informieren, wie es nur auf diese Weise möglich ist, und dann konkret, sofort und unverzüglich in die Beratungen einbinden, wenn konkrete Unterlagen der Bundesregierung hierzu vorliegen. Ich gehe davon aus, dass das nächste Woche der Fall sein wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weil sich die Kollegin Heinold beharrlich weigert, gegebene Informationen zur Kenntnis zu nehmen, die ich eben noch einmal dargelegt habe - weil sie es in der Zeit offensichtlich vorgezogen hat, sich mit anderen zu unterhalten, statt die erbetenen Informationen entgegenzunehmen -, will ich es noch einmal versuchen.
Ich habe am 6. Mai 2009 - am Mittwoch - das Parlament über die Absichten der Landesregierung und die Gespräche, die dazu geführt worden sind, informiert. Ich habe ausgeführt - Anschluss- und Beteiligungsfähigkeit gilt auch für die Konsolidierungsbank -, dem Bundesfinanzminister in einem Gespräch im Februar 2009 dazu entsprechende Vorschläge gemacht zu haben. Seinerzeit wurden sie jedoch abgelehnt.
Inzwischen sind sie Gegenstand der Beratungen zwischen dem Ministerpräsidenten und der Bundesregierung, zuletzt gestern Abend, das war Dienstag. Ich habe Sie darüber informiert. Ich habe gesagt:
„Dabei geht es darum, die Rechtsform einer Bundesanstalt zu nutzen, um unter diesem Schirm eigene Anstalten der Landesbanken oder anderer Institute zu bilden ….“
Wenn ich den Namen AidA nicht genannt habe, wenn Sie den Zusammenhang selbst nicht verstehen, sage ich jetzt einmal: Das entspricht dem AidA-Modell - damit Sie es verstehen.
Weiter habe ich ausgeführt, welches die Bedingungen sind, mit denen der Ministerpräsident in diese Gespräche gegangen ist -
- Frau Heinold, wir legen Wert auf eine breite Definition für einlieferbare Aktiva. Das ist eben anders als das Zweckgesellschaftsmodell, das der Bund favorisiert hat. Wir wollen geringere regulatorische Vorschriften, erleichterte Bilanzierungsvorschriften zur Vermeidung von Abwertungen und die Refinanzierungsmöglichkeiten durch den Bund und den SoFFin.