Ich erteile das Wort dem Herrn Berichterstatter des Umwelt- und Agrarausschusses, dem Herrn Abgeordneten Klaus Klinckhamer.
Vielen Dank. Das war kurz und schmerzlos. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 2. Februar 2007, vor mehr als zwei Jahren also, hat die grüne Fraktion den Entwurf eines Gesetzes zur Tierschutz-Verbandsklage hier im Hohen Hause eingereicht. Heute stehen wir hier, um den Entwurf von der Mehrheit des Hauses wieder begraben zu lassen. Wie konnte es dazu kommen? Wir erinnern uns: Analog dem Verbandsklagerecht für Umweltverbände sollte auch den Tierschutzverbänden die Möglichkeit gegeben werden, gegen Verwaltungshandeln zu klagen.
Die Erfahrung im Umweltrecht zeigt bis auf den heutigen Tag, dass von diesem Recht nicht exzessiv Gebrauch gemacht wird, sondern dass damit sehr verantwortungsvoll umgegangen wird. Das existierende Tierschutzgesetz gibt den Tieren zwar Rechte, und mit der Aufnahme des Zieles Tierschutz in die Verfassung ist der Tierschutz in den Verfassungsrang gehoben worden, aber diese Rechte finden keine Durchsetzung. Tiere können ihr Recht nicht einklagen. Hier besteht eine Umsetzungslücke, die wir schließen wollten.
Daher trägt unsere Gesetzesinitiative die Überschrift „Dem Tier eine Stimme geben“. Analog könnte man zum Umweltrecht sagen, dass die Naturschutzverbände der Natur, die auch für sich selber nicht ihre Rechte einklagen kann, eine Stimme geben.
Unser Gesetzesentwurf vergibt das Klagerecht mit klar definierten Einschränkungen. Nicht jeder darf davon Gebrauch machen. Nur Verbände, deren fachliche Eignung nachgewiesen ist und die seit mindestens fünf Jahren bestehen, bekommen ein Mitwirkungsrecht und letztlich auch das Klagerecht und dürfen damit dem Tier eine Stimme geben.
Ein Tierschutz-Verbandsklagerecht hätte ein deutliches Signal gesetzt: Schleswig-Holstein setzt sich an die Spitze der Bewegung für fortschrittliches Tierrecht.
- Herr Kollege Ehlers, es ist immer interessant, wo Ihre Zwischenrufe auftauchen. Man kann das nämlich nicht anders als heuchlerisch bezeichnen,
wenn der Kollege Ehlers vor wenigen Tagen in einer Pressemitteilung noch erklärte, es ginge ihm um juristische Bedenken. Bei der Einbringung des Gesetzes zeigte sich die CDU noch offen. Jetzt sagt sie, leider gehe es aus rechtlichen Gründen nicht auf der Landesebene. Wörtlich führte der CDUSprecher aus, es ginge nicht um grundsätzliche Vorbehalte, sondern um rechtliche Gründe. - Originalton Ehlers. Nachdem ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes diese Bedenken ausräumte, hieß es dann im Ausschuss von der CDU-Seite, man hätte noch inhaltlichen Beratungsbedarf.
Der Gesetzentwurf stand siebenmal auf der Tagesordnung des Umwelt- und Agrarausschusses. Sie haben die Beratung über den Antrag sechsmal aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt. Über zwei Jahre lang haben Sie nicht entschieden und den Antrag verschleppt.
Ihre Entscheidungsunfähigkeit und Ihre Mutlosigkeit sollten nach dem Motto „Das wird schon keiner merken“ kaschiert werden. Erst als klar wurde, dass die Grünen in ihrer Beharrlichkeit nicht nach
lassen werden, haben Sie sich zu einer Entscheidung durchgerungen. Von der CDU hieß es Nein, weil Sie die Interessen der industriellen Landwirtschaft und der Massentierhalter offensichtlich höher bewerten als den Schutz der Tierwelt. Von der SPD hieß es Nein, weil sie nicht den Mut und das Rückgrat hatte, das Gesetz durchzukämpfen.
Dies ist nicht nur ein Armutszeugnis für die CDU, die in Sonntagsreden gern von der Bewahrung der Schöpfung schwadroniert, sondern auch für die SPD, die mal wieder kein Stehvermögen gezeigt hat.
Mit im Boot ist auch die FDP, die das Gesetz im Ausschuss abgelehnt und keine Änderungsvorschläge erarbeitet hat. Wir dürfen auf den Beitrag der Liberalen zu diesem Thema gespannt sein.
Wenn der Landtag heute der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgt, wird die Chance verpasst, den Tieren eine Stimme zu geben. Das ist traurig für die vielen gequälten Kreaturen, die sich nicht wehren können. Es ist ein weiterer Beleg -
- Ich kann nur davor warnen, hier zu grummeln und das lächerlich zu machen. Zum Glück sind sehr viele Menschen, die vielleicht diese Debatte verfolgen, im Tierschutz organisiert oder an Tierschutzfragen interessiert. Bei Ihnen sind diese Menschen jedenfalls nicht aufgehoben. Das ist traurig.
Ich danke Herrn Abgeordneten Matthiessen. - Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Claus Ehlers das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ich in den letzten Wochen zu hören bekam, hat mit demokratischer Teilhabe nicht viel zu tun, Herr Matthiessen. Ich habe in der Landtagssitzung im Februar 2007 bereits gesagt, dass ich nicht von einer übermäßigen Inanspruchnahme eines Klagerechts durch die Verbände ausgehe. Offensichtlich aber warten einige Tierschützer nur darauf, sich endlich zu Prozesshanseln aufschwingen zu können. Lieber Herr Kollege Nabel, einige E-Mails lassen diesen Schluss ausdrücklich zu. Es wird behauptet, der Tierschutz sei in SchleswigHolstein unter die Räder oder unter die Hufe gekommen. Zu diesem Ergebnis kann man nur kommen, wenn man alles bisher Erreichte einfach unter den Tisch fallen lässt.
Nein, ich habe acht Seiten vor mir liegen, mit denen werde ich sonst nicht fertig. Das kann er nachher allein mit mir besprechen.
Der Tierschutz ist im Grundgesetz verankert, die Verbände sind nach § 15 Tierschutzgesetz an den Tierschutzkommissionen der Länder und ebenfalls an den Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Die CDU kann es sich einfach machen und erklären, sie schließt sich der Auffassung des Berliner Senats an. In Berlin wird das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände mit der Begründung abgelehnt, damit werde der Forschungsstandort Berlin erheblich gefährdet. Das Max-Planck-Institut für Biochemie hat in einem Schreiben dringend aufgefordert, das Klagerecht für Tierschutzverbände nicht einzuführen. Es sieht dadurch ebenfalls die Forschung gefährdet.
Auch wir sind der Überzeugung, dass wir die Forschung in Lübeck, Kiel und anderswo nicht infrage stellen dürfen. Als den Verbänden in Bremen das Recht zur Feststellungsklage eingeräumt wurde, haben einige gejubelt. Sie sollten sich einmal mit Juristen über den Unterschied zwischen einem Ver
bandsklagerecht und der Feststellungsklage unterhalten, Herr Matthiessen. Der federführende Abgeordnete in Bremen hat erklärt, die Länder hätten nicht die Möglichkeit, ein Verbandsklagerecht einzuführen. Deshalb habe man nur die Feststellungsklage zugestanden. Unverändert gibt es bis heute in keinem einzigen Bundesland ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände; auch nicht in den Bundesländern, in denen Sozialdemokraten und Grüne gemeinsam regieren.
- Das werden hoffentlich auch nicht mehr. Das Ansinnen Schleswig-Holsteins, im Bundesrat das Verbandsklagerecht durchzusetzen, ist mit eins zu fünfzehn gescheitert. Schleswig-Holstein war allein im Haus.
Gegen wen soll sich das Klagerecht wenden? Meine Kollegin Sandra Redmann hat in der Landtagssitzung am 22. Februar 2007 gesagt, die Tierschützer hätten kein Mitspracherecht bei Tierversuchen und bei allen Tierhaltungsformen in der Landwirtschaft. Soll sich das Klagerecht insbesondere auf diese Gruppen beziehen? - Das stelle ich als Frage in den Raum.
Ich betone ausdrücklich, dass nicht alles, was in der Landwirtschaft geschieht, von mir akzeptiert wird. Es gibt hier noch viel zu tun. Dies ist jedoch Aufgabe der Politik und nicht der Verbände. Es ist auch nicht Aufgabe der Gerichte. Wofür sonst sind wir vom Volk gewählt und legitimiert? Wir selbst haben Verantwortung zu übernehmen und die Verantwortung nicht abzuwälzen.
Wir haben die Verantwortung für den Tierschutz und auch für die Existenz unserer Landwirtschaft. Tierhaltende Betriebe komplett infrage zu stellen, findet - jedenfalls bei uns - keine Zustimmung. Einige Tierschützer und Vegetarier machen das und verknüpfen mit der Verbandsklage die Hoffnung, dem Rest der Menschheit vor den Gerichten eine vegetarische Lebensweise aufzwingen zu können. Lieber Herr Dr. Garg, einige E-Mails, die wir bekommen haben, gehen auch in diese Richtung.
Wir leben in einer freien Gesellschaft, die Veränderungen zulässt und auch will. Verbände sind an der Willensbildung beteiligt. Sie haben jedoch weder
die Aufgabe, Entscheidungen des Parlaments abzunicken, noch sind sie Kontrollinstanz. Sie haben mit vielfältigen Mitteln ihre Auffassungen deutlich zu machen.