Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem letzten Forstbericht hat sich die forstpolitische Situation in Schleswig-Holstein erheblich verändert. Ich meine, nicht so sehr zum Positiven, wenn ich hierbei an den Landeswald denke. Die politischen Diskussionen um den Verkauf des Landeswaldes bis hin zur Umstrukturierung und Neuorganisation der Landesforstverwaltung haben im Land für erhebliche Unruhe gesorgt.
Inwieweit, lieber Kollege Ehlers, nun die Diskussionen um weitere Verkäufe von Landeswaldflächen abgeschlossen sind, wird sich noch zeigen.
Für den SSW steht fest, dass wir diesen Weg der Landesregierung damals nicht mitgegangen sind, und dazu stehen wir auch weiterhin. Denn es ist den Menschen im Land nicht zu vermitteln, dass der Wald zu teuer sei und daher verkauft werden müsse. Der Landeswald gehört nicht der Regierung, sondern den Menschen in Schleswig-Holstein, und er hat eine große ökologische Funktion und dient vornehmlich der Erholung. Deshalb darf er nicht verkauft werden, und, meine Damen und Herren, er darf auch nicht unter rein finanziellen Gesichtspunkten betrachtet werden.
Die Landesregierung sorgt aber auch immer wieder für Unsicherheit in der Forstverwaltung. Der vorliegende Bericht macht deutlich, dass der im Jahr 1996 begonnene Umorganisationsprozess in der Landesforstverwaltung auch im Berichtszeitraum fortgesetzt wurde. In dem Zeitraum von 2003 bis 2007 wurde demnach der Personalbestand in der Landesforstverwaltung von 308 auf 249 Beschäftigte verringert. Das entspricht einem Personalabbau von 20 %.
- Jawohl, Herr Minister, das ist wieder schlecht. Das ist nämlich mehr als in den meisten anderen Bereichen der Verwaltung. Hier scheint uns auf jeden Fall das Ende der Fahnenstange erreicht zu sein.
Nominell besonders stark war der Personalabbau bei den Forstwirten. Deren Zahl wurde von 181 auf 145 reduziert. Auch wenn alle Fraktionen Sie heute gelobt haben: Mit diesem Personalbestand wird man den Aufgaben nicht mehr so nachkommen können, wie man das in der Vergangenheit getan hat. Denken Sie bitte auch daran, dass in Bezug auf die Wälder auch Gemeinwohlleistungen erbracht werden müssen. Dafür brauchen wir Personal.
Immer wieder wird insbesondere in der Forstwirtschaft von Nachhaltigkeit gesprochen. Nachhaltigkeit gilt es auch bei der Personalstruktur zu bedenken. Denn angesichts der vielen neuen Herausforderungen im Forstsektor aufgrund des zunehmenden Einflusses der nationalen und internationalen Umweltpolitik - Stichworte sind hier biologische
Vielfalt, Biodiversitätsstrategie, Klimarahmenkonvention - kann und darf die Personaldecke nicht noch dünner werden.
Wenn wir also derartige umweltpolitische Forderungen - neben dem regulären Geschäft - umsetzen wollen, so lässt sich dies nur wuppen, wenn auch das entsprechende Personal zu Verfügung steht. Hier kann und darf deshalb nicht weiter gespart werden.
Eine wichtige Grundlage für die Konsolidierung der Arbeit der Landesforsten ist, dass die Gemeinwohlleistungen, die in den letzten Jahren zugenommen haben, nicht die Anstalt Schleswig-Holsteinische Landesforsten belasten, sondern dass diese Leistungen aus dem Landeshaushalt finanziert und gesteuert werden.
Ein Problem, das wir in Schleswig-Holstein darüber hinaus bereits seit Jahrzehnten zu lösen versuchen, ist die Anhebung des Waldanteils auf 12 % der Landesfläche. Leider macht der Bericht deutlich, dass die Neuwaldbildungsrate im Berichtszeitraum sogar auf 207 Hektar pro Jahr gesunken ist. Es bleibt leider festzustellen, dass die Große Koalition keine Antwort auf dieses Problem hat. Nach unserer Auffassung müssen nötigenfalls auch europäische Umweltförderprogramme besser als bisher genutzt werden, auch wenn dies in den betroffenen Waldbereichen zu Nutzungseinschränken führen wird. Das ist immer noch besser, als auf das Ziel einer zwölfprozentigen Neuwaldbildung zu verzichten.
Eine positive Entwicklung ist im Berichtszeitraum auf dem Holzmarkt zu verzeichnen. So ist ab 2005 zu erkennen, dass durch die gestiegenen Energiepreise die Nachfrage nach Brennholz erheblich zugenommen und sich entsprechend auf den Holzpreis ausgewirkt hat. Die weltweite Wirtschaftskrise wird aber auch die Holzwirtschaft in den kommenden Jahren nicht unberührt lassen. Die ersten Ausläufer waren 2007 bereits zu verzeichnen.
Die Frage lautet deshalb: Welche Strategien sind geplant, um der Wirtschaftskrise zu begegnen? Ein guter Ansatz ist meines Erachtens das Holzimpulsprogramm. Aber ich denke, diesen und andere Schritte sollten wir im Ausschuss näher erörtern. Wir müssen neben dem Bericht, der uns jetzt vorliegt, festlegen, wie die Gemeinwohlleistungen erbracht werden sollen, die nach unserer Auffassung immer noch nötig sind. Diese dürfen wir uns nicht wegsparen. Wir müssen fragen, welche Einnahmen
wir haben und was wir für die größte umweltpolitische Maßnahme des Landes Schleswig-Holstein immer noch an Geld aufwenden. Das sollte es uns zumindest wert sein.
Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/2526, dem Umwelt- und Agrarausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, auf der Tribüne begrüßen wir Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schulen am Schützenpark in Kiel mit ihren Lehrkräften sowie Mitglieder des SPD-Ortsvereins Schönberg. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen!
Konsequenzen aus Misshandlungen und anderem Unrecht in Kinder- und Erziehungsheimen in Schleswig-Holstein
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/2539
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion der CDU hat die Frau Abgeordnete Heike Franzen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befassen uns heute wieder einmal mit einem Thema, das uns sehr betroffen macht, mit den Geschehnissen in den Kinder- und Jugendheimen in den Jahren zwischen 1945 und den 70er-Jahren. Nach wie vor sind wir alle gefragt, wenn es um die Aufklärung und die Anerkennung des von den Betroffenen erfahrenen Leides geht.
Für die CDU-Fraktion begrüße ich es ausdrücklich, dass wir uns hier in diesem Parlament auf einen interfraktionellen Antrag verständigt haben. Damit setzen wir ein deutliches Zeichen, dass wir uns gemeinsam der Verantwortung stellen wollen. So sollten wir auch weiterhin gemeinsam beraten, welchen Beitrag dieses Parlament leisten kann, damit die Betroffenen zu ihrem Recht kommen.
Die Landesregierung hat sich bereits im Jahr 2007 dieser Thematik angenommen. Die Sozialministerin hatte runde Tische mit Betroffenen einberufen, um zu der Aufarbeitung der Geschehnisse beizutragen. Inzwischen liegen Dokumentationen dieser Gespräche vor, und Mitarbeiter des Ministeriums sind damit beschäftigt, die inzwischen aufgefundenen rund 7.000 Akten aus dieser Zeit aufzuarbeiten.
Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir darüber hinaus eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschehnisse in den Kinder- und Jugendheimen in Schleswig-Holstein erreichen.
Inzwischen ist auf Bestreben des Petitionsausschusses des Bundestages nach dem schleswig-holsteinischen Vorbild ein bundesweiter runder Tisch eingerichtet worden. Er hat die Aufgabe, die Heimerziehung unter den damaligen rechtlichen, pädagogischen und sozialen Bedingungen aufzuarbeiten, Hinweise auf den Heimkindern zugefügtes Unrecht zu prüfen und sich auch mit den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und psychischen Folgen der damaligen Heimerziehungspraxis auseinanderzusetzen, die Verantwortlichkeiten zu klären und schließlich auch zur zeitgeschichtliche Einordnung der Fälle.
Neben den Betroffenen und Vertretern des Bundestags und der Bundesregierung arbeiten auch die Länder und Kommunen ebenso wie Vertreter der konfessionellen Trägervereine an diesem runden Tisch mit. In einem Jahr soll ein Zwischenbericht vorliegen. Ende 2010 soll mit einem Abschlussbericht zu rechnen sein. Der runde Tisch steht vor der schwierigen Aufgabe, für diesen komplizierten Fall eine möglichst breit akzeptierte Lösung zu finden. Wir hier in Schleswig-Holstein wollen unseren Beitrag dazu leisten und fordern daher die Landesregierung auf, ihren bisher eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen und an der Arbeit des runden Tisches im Bund mitzuwirken.
Bei all den berechtigten Diskussionen um die Heimerziehung in den Jahren von 1950 bis 1970 dürfen wir aber nicht den Eindruck erwecken, dass in der damaligen Heimerziehung pauschal alle jungen
Menschen geschädigt, ausgebeutet und misshandelt worden sind. Viele Einrichtungen haben Kindern und Jugendlichen geholfen, sie gefördert und gestärkt, und das nicht immer unter den einfachsten Arbeitsbedingungen. Auch diesen Einrichtungen und den damaligen Beschäftigten gegenüber müssen wir gerecht bleiben.
Ein besonders erschreckendes Beispiel der Heimerziehung in Schleswig-Holstein war das Landesfürsorgeheim Glückstadt. Betroffene berichten von unbezahlter Zwangsarbeit, von Misshandlungen und Missbrauch, von menschenunwürdigen Erziehungsmaßnahmen wie tagelanger Isolationshaft in einer Arrestzelle oder Essensentzug und von schwersten Demütigungen. Sie berichten, dass sie teilweise bis heute unter dem damals Erlebten leiden. Und sie leiden nicht nur psychisch. Oft sind auch die Rentenansprüche niedrig, weil die damals geleistete Arbeit offiziell gar nicht registriert wurde.
Und: Glückstadt war kein Einzelfall. Bundesweit hat es diese Methoden in Erziehungsheimen gegeben. Das, was in Glückstadt und an anderen Orten von Betroffenen zu Recht als Unrecht angeprangert wird, kann niemand von uns hier wieder ungeschehen machen.
Darum will ich für die CDU-Fraktion, wie in unserem gemeinsamen Antrag formuliert, noch einmal deutlich machen: Wir sehen und erkennen erlittenes Unrecht und Leid, das Kindern und Jugendlichen in den 50er- bis 70er-Jahren in Kinder- und Erziehungsheimen widerfahren ist, und wir bedauern dies zutiefst.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jahrzehntelang wurde das an Heimkindern verübte Unrecht verdrängt, totgeschwiegen oder verharmlost. Ministerin Trauernicht sagt in der Dokumentation zum zweiten runden Tisch in Schleswig-Holstein:
„Die Aufarbeitung der bundesdeutschen Fürsorgeerziehung nach 1945 bis in die 1970erJahre ist inzwischen auch in anderen Bundes
ländern Thema für Länderparlamente und Regierungen. … Dabei darf auch die Frage nach finanziellen Entschädigungen nicht außen vor bleiben, denn dieses Thema betrifft viele Menschen in allen Bundesländern - teilweise auch solche, die in mehreren Einrichtungen von unterschiedlichen Trägern in verschiedenen Ländern waren.“
Am 17. Februar 2009 ist der runde Tisch „Heimkinder“ auf Einladung des Bundestags zum ersten Mal zusammengetreten. Insofern ist die Entwicklung schon über unseren interfraktionellen Antrag hinweggegangen, in dem noch von einem empfohlenen runden Tisch auf Bundesebene die Rede ist.
Seine Leiterin, die frühere Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer, hat klargestellt, das es sich beim runden Tisch nicht um ein Tribunal handelt, das Anklage, Verteidigung und Urteil beinhaltet; es soll in erster Linie den Betroffenen als Schlüsselpersonen des Prozesses der Aufklärung ein Forum verschaffen, um sich mit ihrem Erleben, ihrer Geschichte und ihren Forderungen für die Aufarbeitung einzubringen. Natürlich sind aber auch Jugendämter, Richter von Vormundschaftsgerichten sowie die öffentlichen und privaten Trägen solcher Einrichtungen an der Aufarbeitung am runden Tisch beteiligt.