Protokoll der Sitzung vom 25.03.2009

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Es ist diese Form der Missachtung des Parlamentes, die Sie als Gesprächspartner jedenfalls für mich nicht mehr infrage kommen lässt.

Nur wenn die fünf Punkte, die Sie im Übrigen auch in der von der FDP-Fraktion heute vorgelegten Resolution wiederfinden, verbindlich festgeschrieben sind, werden die Risiken für den Landeshaushalt beherrschbar. Es werden aber gleichzeitig die notwendigen Konsequenzen gezogen, um die Fehler der Vergangenheit zukünftig zu vermeiden. Nur dann kann die FDP-Fraktion dem vorgelegten Gesetzentwurf zustimmen.

Erlauben Sie mir abschließend noch ein Wort zu dem vorgelegten Resolutionsentwurf der beiden regierungstragenden Fraktionen. Auch dem könnten wir zustimmen. Aber er geht uns nicht weit genug. Ich konzediere, dass beide Fraktionen damit an die Grenze dessen gegangen sind, was man als Regierungsfraktionen machen kann, bevor man die Abberufung des eigenen Ministers fordert.

(Zuruf: Ach!)

- Es ist so. - Als Ministerpräsident und als Finanzminister würden mir die Ohren klingeln, wenn eine stärkere Einbindung, eine stärkere Kontrolle durch das Parlament gefordert wird, wenn es doch bisher angeblich so gut gelaufen ist. Es ist ein Ausdruck

(Wolfgang Kubicki)

auch des Misstrauens der regierungstragenden Fraktionen gegenüber der bisherigen Informationspolitik der eigenen Landesregierung und der Darstellung in Parlament und in der Öffentlichkeit.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Zwei weitere kurze Anmerkungen zum Schluss. Herr Minister, Sie haben in der Öffentlichkeit und auch hier im Parlament wieder erklärt, bei der Ankündigung einer Sonderprüfung am 12. November 2008 hätte jeder vernünftige Sachkundige erkennen können, dass es sich dabei um eine verstärkte Prüfung innerhalb des Jahresabschlusses gehandelt habe. Sie hätten nur den Begriff „Sonderprüfung“, der ein fester Terminus ist - wie Sie wahrscheinlich wissen - gebraucht, um die außergewöhnliche Maßnahme zu verdeutlichen. Sie dürfen dann nicht nur das erste Zitat nehmen, sondern auch das zweite. Dazwischen gab es noch einen weiteren Beitrag. Sie haben am 12. November im Landtag wörtlich erklärt:

„Ich glaube, dass der außergewöhnliche Weg, den wir gewählt haben, gut ist. Es ist außergewöhnlich, dass der Aufsichtsrat am Vorstand vorbei eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einer Sonderprüfung beauftragt.“

Es geht weiter:

„Eine Ausnahme bildet der Jahresabschluss, bei dem geschieht das sowieso.“

Als Jurist kann ich Ihnen das nun ganz genau sagen: Empfängerhorizont lautet, eine Sonderprüfung außerhalb des Jahresabschlusses. Sonst hätte der zweite Satz überhaupt keinen Sinn.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Sie haben bei uns den Eindruck erweckt, es werde eine Sonderprüfung durchgeführt. Tatsächlich war die nie beauftragt, wie die KPMG festgestellt hat.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ein Letztes, weil das wirklich zeigt, wie Sie mit dem Parlament umgehen und warum unser Unmut so groß ist. Vor zehn Wochen haben wir die Frage der Ausschüttung von 200 Millionen € an die stillen Beteiligten bei der HSH Nordbank thematisiert. Vor zehn Wochen haben die Kollegin Heinold und ich gesagt, dass wir das europarechtlich für bedenklich halten angesichts der Entscheidung der EUKommission zur BayernLB. Sowohl vom Vorstand

der Bank als auch von Ihnen ist erklärt worden, das sei europarechtlich unproblematisch. Und an dem Tag, an dem Sie dem Parlament versprochen haben, die testierte Bilanz vorzulegen, kommen Sie und sagen: Bedauerlicherweise muss das verschoben werden, weil die bereits bestehende Bilanz geändert werden muss, denn zufälligerweise habe man nach dem 18. März 2008 in Gesprächen mit der EUKommission erfahren, dass die Bedenken hätte. Die hat noch weitere Bedenken!

Ich sage Ihnen: Wer so unprofessionell in einer solchen Situation öffentlich mit dieser Bank umgeht, hat jeden Anspruch verloren, der Opposition vorzuwerfen, sie würde die Bank schlechtreden und die Geschäftsfelder der Bank unterminieren. Jeden Anspruch!

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich will Ihnen auch sagen, warum. Uns ist erklärt worden, diese Zahlungen müssten geleistet werden, weil ansonsten zweistellige Milliardenbeträge abgezogen würden und die Bank in die Illiquidität gehe, und dazu gebe es keine Alternative. Nun erfahren wir, dass es durch die Beteiligung des SoFFin eine Alternative gibt. Das, was die Europäische Kommission gemacht hat, ist doch das, was der gesunde Menschenverstand einem eigentlich sagt. In einer Phase, in der die Bank Verluste macht, in der sie Steuergelder beanspruchen will, ist es nahezu unvernünftig und vor allen Dingen unverantwortlich, 200 Millionen € dieser Steuergelder über die Bank durchzuleiten an private Dritte, die darauf keinen Anspruch haben.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wer in diesem Zusammenhang nicht begreift, Herr Finanzminister, dass die Volksseele kocht, dass die Leute draußen keine Lust mehr haben, diesen dauernden Reden von Alternativlosigkeit zu folgen, der muss sich nicht wundern, der muss sich auch über Wahlergebnisse nicht wundern, wie die Union sie eingefahren hat.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Oppositionsführer. Es haben jetzt nach § 52 die Fraktionsvorsitzenden die Möglichkeit zu antworten. Ich erteile das Wort dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Dr. Johann Wadephul.

(Wolfgang Kubicki)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entscheidung über die Neuausrichtung der HSH Nordbank, über die wir heute mit dem Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein in erster Lesung beraten, ist eine Vielzahl von Gesprächen, Anhörungen, Sitzungen, gemeinsamen Beratungen der Fraktionen in den letzten Wochen und Monaten vorausgegangen. Fast täglich haben uns Anfragen von besorgten Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen, aber nicht zuletzt auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der in ihrer Existenz jedenfalls zeitweise auch bedrohten HSH Nordbank erreicht. Es sind aufwühlende Zeiten, in denen wir zwischen Entsetzen und Erleichterung schwanken. Erstmals zwingt uns die weltweite Finanzkrise, deren Ursprung viele Jahre zurück in einer amerikanischen Immobilienkrise liegt, zu einer Entscheidung über die Existenz einer systemischen Bank in Schleswig-Holstein und Hamburg.

Die Chronologie dieser Krise bei der HSH Nordbank beginnt bereits im November 2007. Wie andere Landesbanken in Deutschland geriet sie immer stärker in den Strudel der internationalen Finanzkrise. Abschreibungen, Wertberichtigungen und Kapitalbedarf stiegen dramatisch an. Der geplante Börsengang liegt auf absehbare Zeit auf Eis. Dabei ist die HSH Nordbank ein führender Finanzdienstleister im Transportbereich und weltweit größter Schiffsfinanzierer. Sie hat für Norddeutschland, für unsere Region eine herausragende Bedeutung. Wir stehen also als Abgeordnete vor einer Entscheidung enormer Tragweite für unser Land, für die HSH Nordbank, für die Mitarbeiter, für die Wirtschaft, für das gesamte Bankensystem in Deutschland.

Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise, meine sehr verehrten Damen und Herren, zeigt, wie schon die Debatten im vergangenen Herbst, dass wir vor einer Renaissance der Politik stehen, in der der Staat als letzter Retter in der Not gesehen wird. Nachdem Banken und Wirtschaft, genauer gesagt viele Unternehmensleitungen, versagt haben, haben die Bürger wie selten zuvor in den vergangenen Jahrzehnten in diesen Tagen und Wochen hilfesuchend auf Parlamentarier, auf Regierungen, auf Oppositionen geschaut, auch schwankend zwischen Entsetzen und Sorge um den eigenen Arbeitsplatz, Ungewissheit über die zukünftige Entwicklung und Hoffnung auf ein schnelles Vorbeiziehen der Krise an einem selbst.

Die globalen Finanzmärkte haben ganz offensichtlich versagt. Was mich bestürzt, ist: Viele Banker, viele Verantwortliche in den Vorständen und auch in den Aufsichtsräten schweigen umso mehr, je tiefer wir in die Finanzkrise hineinrutschen. Deswegen sage ich, etwas anknüpfend, nicht genau das aufnehmend, was der Bundespräsident gestern gesagt hat: Ich erwarte keinen Kotau, von niemandem, auch nicht vonseiten der HSH Nordbank, aber Erklärungen, wie all dies geschehen konnte, auch Entschuldigungen von solchen, die in den vergangenen Jahren mit einem sehr selbstbewusstem Nimbus auch uns gegenüber aufgetreten sind, das erwarte ich schon, und das fehlt nach wie vor, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Dies ist die beste Erklärung für Regierung und Parteien, das erschütterte Vertrauen der Menschen in Demokratie, in die Handlungsfähigkeit von Staat und Wirtschaft und auch in das System der sozialen Marktwirtschaft wieder zurückzugewinnen. Wer Marktradikalismus geißelt, der sollte nicht der Staatswirtschaft das Wort reden.

(Beifall bei der CDU)

Auch in dieser Zeit gilt es, Augenmaß zu behalten und das Bewährte weiter zu unterstützen.

Ich möchte an dieser Stelle für meine Fraktion sagen, dass ich außerordentlich froh bin über das bisherige parlamentarische Verfahren. Angesichts der Tragweite der gemeinsamen Entscheidung mit der Hamburgischen Bürgerschaft hat es sich als richtig erwiesen, dass es im Ältestenrat - da gilt mein ausdrücklicher Dank allen Fraktionsvorsitzendenkollegen und dem Landtagspräsidium - möglich gewesen ist, dass wir die Lesungen in diesem Hohen Hause mit denjenigen in der Hamburgischen Bürgerschaft abgestimmt haben. Ich lasse mir den Vorwurf einer Verzögerung des Verfahrens an der Stelle nicht gefallen. Es ist notwendig, dass wir sorgfältig abwägen. Es kann nicht sein, dass wir entscheiden, bevor im Hamburgischen Parlament ein einziges Wort darüber gesprochen worden ist.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Vor allem die letzte Sitzung des Finanzausschusses vom vergangenen Donnerstag über mehrere Stunden hinweg hat viele kritische Punkte beleuchtet und auch viele Fragen geklärt. Die wertvollen Stellungnahmen des Leiters des Bankenrettungsfonds SoFFin, Herr Dr. Rehm, und des Präsidenten der Finanzaufsicht BaFin, Herr Sanio, haben bei der Entscheidungsfindung für meine Fraktion für Klar

heit gesorgt und Bauchschmerzen gelindert; ganz weg sind sie nicht. Ich will ganz offen sagen - der Kollege Kubicki hat es angesprochen -: Dieses Hin und Her über die 200-Millionen-Ausschüttung irritiert, und ich gehe davon aus, dass wir weitere Irritationen mit dieser Qualität nicht erleben werden; denn in der Tat ist es nicht ganz einfach, die wirtschaftliche Situation der HSH Nordbank und das, was wir zu verantworten haben, den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären.

Ich möchte die parlamentarischen Beratungen an der Stelle vorläufig zusammenfassen; sie gehen ja noch weiter. Ich möchte an dieser Stelle den Kolleginnen und Kollegen in den zuständigen Fachausschüssen meinen Dank und meine Anerkennung sagen und möchte, nachdem ich ihn heute Morgen kritisiert habe, den Kollegen Neugebauer an der Stelle mit warmen Worten erwähnen: Lieber Kollege Neugebauer, meinen herzlichen Dank dafür, dass Sie mit Umsicht und Fachkunde diesen Ausschuss geleitet haben. Das empfindet meine gesamte Fraktion so.

(Beifall bei CDU und SPD)

An zweiter Stelle danke ich für die sorgfältigen Beratungen den Kolleginnen und Kollegen der SPDLandtagsfraktion und insbesondere meinem Fraktionsvorsitzendenkollegen Dr. Ralf Stegner für ein vertrauensvolles und professionelles Zusammenwirken gerade in diesen schwierigen Zeiten.

Letztlich danke ich der FDP-Landtagsfraktion, die heute durch ihren Vorsitzenden eine bemerkenswerte Rede hat halten lassen. Man muss dabei berücksichtigen - ich sage auch etwas zu den Angriffen in Richtung Union und Finanzminister; das kommt noch, aber ich will erst das Positive erwähnen, weil das für mich im Vordergrund steht, Herr Kollege Kubicki -, immerhin ist die FDP nicht Regierungspartei, trägt also weder in Schleswig-Holstein noch in Hamburg Verantwortung.

(Jürgen Weber [SPD]: Das ist auch gut so! - Beifall bei der SPD)

- Ich weiß nicht, Sie haben ja nachher noch Gelegenheit, auch nach vorne zu treten. Ich versuche immer noch, das Resümee meiner Rede selber zu ziehen. Aber okay. Wir wollen auch bitte nicht zu vertrauensvoll zusammenarbeiten, nicht, dass es da Irritationen gibt.

Die FDP hätte es sich an der Stelle insofern mit Fundamentalopposition besonders leicht machen können. Die FDP hat in der vergangenen Zeit durch Herrn Kubicki, der natürlich, das sage ich in allem

Ernst, über deutlich mehr Fachkunde verfügt als jedenfalls ich selber, mit vielen Voraussagen, auch negativen Voraussagen recht behalten. Das muss man an der Stelle ausdrücklich konzedieren. Ich finde es positiv, dass die FDP-Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein angekündigt hat, dass sie wird zustimmen können, dass sie sogar unsere Resolution für zustimmungsfähig hält.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das will ich als Positivum unterstreichen. Wenn ich die Unterschiede zwischen unseren beiden Resolutionen sehe, sind das eigentlich nur Marginalien. Deswegen möchte ich die vier Kollegen auffordern, sich einen letzten Ruck zu geben und insgesamt dem Gesamtpaket trotz der formulierten Beschwerden zuzustimmen. Ich denke, das wäre ein wirkliches Zeichen der Stärke eines selbstbewussten Parlamentarismus, Herr Kollege Kubicki, wenn Sie an der Stelle einen Schlussstrich ziehen und sagen könnten: Nach all der Arbeit können wir am Schluss zustimmen, weil es keine Alternative gibt. Dazu möchte ich Sie jedenfalls auffordern.

(Beifall bei CDU und SPD)

Zur Rücktrittsforderung hat der Herr Ministerpräsident das Erforderliche in der erforderlichen Kürze gesagt. Die Forderung wird natürlich durch Wiederholung nicht richtiger und auch nicht dadurch, dass man sagt, der Finanzminister sei kein Gesprächspartner, indem man ihn hier gleichermaßen auch parlamentarisch anspricht. Ich denke, wir sollten im Gespräch miteinander bleiben.

Zu der Frage, was im letzten November war, muss ich schlicht und ergreifend sagen, dass sich die HSH Nordbank damals - das ist vom Finanzminister geschildert worden - in einer außerordentlich kritischen Situation befand. Es gab schlicht und ergreifend gar keine Alternative dazu, gegenüber den entsprechenden Bundesinstitutionen diese Erklärungen abzugeben. Und dass die Empfänger - Sie haben ja über den Empfängerhorizont gesprochen - , dass diese hoch qualifizierten Frauen und Männer in Berlin und in Bonn, in den beiden Institutionen, exakt wissen, dass natürlich die Erklärung eines Landesfinanzministers unter dem Vorbehalt des jeweiligen Landesparlamentes steht, das versteht sich doch von selbst. Insofern - muss ich einmal sagen ist nicht bei irgendeinem Empfänger der Eindruck erweckt worden, hier sollte irgendetwas am Landtag vorbei geschehen. Deshalb geht die Forderung an der Stelle auch fehl.